BT-Drucksache 18/3667

Verlängerung des Betreibervertrages mit der Toll Collect GmbH bis zum 31. August 2018

Vom 19. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3667
18. Wahlperiode 19.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Herbert Behrens, Sabine Leidig, Caren Lay, Annette Groth,
Thomas Lutze und der Fraktion DIE LINKE.

Verlängerung des Betreibervertrages mit der Toll Collect GmbH
bis zum 31. August 2018

Der Betreibervertrag mit der Toll Collect GmbH wurde kürzlich um drei Jahre
bis zum 31. August 2018 verlängert (www.faz.net/agenturmeldungen/
unternehmensnachrichten/anbieter-toll-collect-betreibt-lkw-mautsystem-bis-
2018-13329286.html), der bisherige Betreibervertrag hatte eine Laufzeit bis
zum 31. August 2015. Der Verkehrsausschuss und der Haushaltsausschuss des
Deutschen Bundestages wurde über die Absicht der Vertragsverlängerung mit
einem Schreiben des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur
(BMVI) vom 14. November 2014 (Ausschussdrucksache 18(15)140) unterrich-
tet. Auf Antrag der Fraktion DIE LINKE. wurde hierzu am 25. November 2014
eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages durch-
geführt. Ein dem BMVI am 20. November 2014 mit der Bitte um Beantwortung
in dieser Sitzung vorgelegter Fragenkatalog wurde in dieser Sitzung aus Sicht
der Fragesteller völlig unzureichend beantwortet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Summen wurden der Toll Collect GmbH in den letzten fünf Jahren

jährlich als Vergütung überwiesen, und inwiefern ändern sich mit dem neuen
Betreibervertrag die vier Komponenten, davon drei variabel, aus denen sich
die Vergütung für die Toll Collect GmbH zusammensetzt (Einzelplan 12, Ka-
pitel 12 09, Titel 532 01)?

2. Mit welcher Vergütung rechnet die Bundesregierung genau für die Jahre 2015
bis 2018 vor dem Hintergrund der Aussage im Schreiben von Bundesminister
Alexander Dobrindt (Ausschussdrucksache 18(15)140), die „Betreibervergü-
tung wird auch künftig in etwa auf dem Niveau des bisherigen Finanzplans
verbleiben“?
a) Bezieht sich die Aussage zum bisherigen Finanztableau auf die tatsächlich

gezahlten, vom Bund gekürzten Haushaltsmittel, oder die ursprünglich
vereinbarten, eigentlich zu zahlenden Haushaltsmittel?

b) Um welche Summe pro Monat und Jahr kürzt der Bund seit wann die Zah-
lungen an die Toll Collect GmbH?

3. Gilt der neue, verlängerte Betreibervertrag ab 1. September 2015 oder bereits
früher (bitte begründen)?
Wenn nein, ab wann gilt er, bzw. welche Teile des neuen Vertrages gelten zu
einem früheren Zeitpunkt (bitte begründen)?

Drucksache 18/3667 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Trifft der Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 8. De-
zember 2014 („Teure Geschenke“) zu, wonach die zugestandene Rendite
der Toll Collect GmbH im ersten Geschäftsjahr 86 Mio. Euro, im zweiten
Geschäftsjahr 80 und im dritten 76 Mio. Euro beträgt?
Wenn nein, welche Rendite wird die Toll Collect GmbH jeweils im ersten,
zweiten und dritten Vertragsjahr zugestanden?

5. Wie hoch war die vertraglich zugestandene Rendite jeweils in den bisheri-
gen Vertragsjahren?

6. Welche Aufwendungen der Toll Collect GmbH sind im Sinne des bisherigen
Betreibervertrages „vergütungsrelevant“ (Berliner Zeitung vom 12. Sep-
tember 2014, „Zahlungen ohne Nachweis“)?
Welche Anforderungen stellt der bisherige Betreibervertrag an die Toll Col-
lect GmbH bezüglich des Nachweises der Vergütungsrelevanz ihrer Auf-
wendungen?

7. Trifft der Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 8. De-
zember 2014 („Teure Geschenke“) zu, wonach sich die Kostenprüfung laut
Anlage 2c des neuen Vertrages auf „zunächst hundert Belegnummern pro
Monat“ beschränkt wird?
Wenn ja, wieso müssen nicht alle Belege offengelegt werden, und nach wel-
chen Kriterien werden die vorzulegenden Belege ausgewählt?
Wenn nein, wie viele Belege sollen ab Vertragsbeginn zur Prüfung vorgelegt
werden, bzw. ab wann („zunächst“) wird die Nachweispflicht auf welches
Maß erweitert?

8. Kann der Bund nach dem neuen Betreibervertrag das Offenlegen aller Be-
lege verlangen (bitte mit Begründung)?

9. Trifft der Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 8. De-
zember 2014 („Teure Geschenke“) zu, wonach die Toll Collect GmbH im
alten Betreibervertrag alle vergütungsrelevanten Aufwendungen konkret
darlegen musste?
Wenn nein, wie genau ist die Prüfung der vergütungsrelevanten Aufwen-
dungen im alten Betreibervertrag geregelt?

10. Wie viele Belegnummern müssen derzeit von der Toll Collect GmbH offen-
gelegt werden?

11. Warum wurde der Haushaltsantrag zur Vertragsverlängerung mit Datum
vom 5. November 2014 nicht mit einem Sperrvermerk versehen, wenn die
Entscheidung für die Vertragsverlängerung zu diesem Zeitpunkt noch nicht
getroffen war?

12. Warum wurde für die anderen beiden möglichen Optionen (Call Option so-
wie Übernahme nach Auslaufen des Vertrages) keine jeweils mit Sperrver-
merk versehene haushalterische Vorsorge getroffen?

13. Welche Risiken sah die Bundesregierung bei der Call Option, die letztlich
den Ausschlag dafür gegeben hat, sich gegen diese Option zu entscheiden?

14. Wie groß schätzt das BMVI die Risiken eines Ausfalls der Mauteinnahmen
ein?

15. Trifft der Bericht der „Berliner Zeitung“ vom 12. September 2014 („Zahlun-
gen ohne Nachweis“) zu, dass „nicht nur die eigenen Beamten, sondern
auch ein eingekauftes Beratergremium aus TÜV- und KMPG-Beratern so-
wie Fachjuristen dazu geraten (hat), dass der Bund die Toll Collect GmbH
selbst übernimmt“ (bitte begründen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3667
16. Wäre es rechtlich möglich, eine als Prüfauftrag im Entwurf eines dritten Ge-
setzes zur Änderung des Bundesfernstraßenmautgesetzes vorgesehene
Maut für Lkw zwischen 3,5 und 7,49 Tonnen zulässigen Gesamtgewichts
durch einen Ergänzungsvertrag mit der Toll Collect GmbH noch während
der Laufzeit des verlängerten Betreibervertrages, somit also vor dem 1. Sep-
tember 2018, einzuführen?
a) Sind dazu Vorfestlegungen im Verlängerungsvertrag getroffen worden,

und wenn ja, welche sind das?
b) Plant oder erwägt die Bundesregierung die Einführung einer Vignette für

diese Fahrzeugklasse nach dem Muster der Infrastrukturabgabe für Pkw?

Geplante Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ab dem Jahr 2018
17. Welchen Charakter hatte das interne Papier des BMVI vom Juni 2014, über

das die „Frankfurter Rundschau“ u. a. am 19. November 2014 („Dobrindt
düpiert das Parlament“) berichtete, und in dem es angeblich heißt: „Die Be-
auftragung der Toll Collect mit der Aufrüstung des Erhebungssystems ohne
Ausschreibung dieses Auftrages ist vergaberechtlich risikobehaftet“?
a) Existiert ein Papier des Bundesministeriums mit der zitierten Aussage?
b) Wann hat der Bundesminister von dieser Vorlage Kenntnis genommen?

18. Ist die Entscheidung über die freihändige Vergabe der Vorbereitung der
Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen an die Toll Collect
GmbH bereits getroffen worden (siehe Handelsblatt vom 19. November
2014 „Dobrindt bleibt Toll Collect treu“?
Wenn ja, wann?
Wenn nein, welche weiteren Optionen erwägt die Bundesregierung zur Vor-
bereitung dieser Ausweitung, und bis wann soll eine Entscheidung getroffen
werden?

19. Hat die Bundesregierung ihre Entscheidung dabei auf externe Rechtsgut-
achten gestützt, bzw. zieht sie solche bei ihrer Entscheidung zu Rate?
Wenn ja, wer hat diese wann erstellt, und wann wurden oder werden diese
veröffentlicht?

20. Wodurch sind bzw. könnten aus Sicht der Bundesregierung die vergabe-
rechtlichen Bedenken bei ihrer Entscheidung für die freihändige Vergabe
der Vorbereitung der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen
ausgeräumt sein?

21. Warum müssen die notwendigen vorbereitenden Arbeiten für die Mauterhe-
bung auf allen Bundesstraßen (siehe Antwort der Bundesregierung auf die
Schriftliche Frage 54 auf Bundestagsdrucksache 18/3616) nicht ausge-
schrieben werden, wenn dies durch die Toll Collect GmbH erfolgt?

22. Bedeutet die Antwort auf die Schriftliche Frage 54 auf Bundestagsdruck-
sache 18/3616, dass die Mauterhebung auf allen Bundesstraßen nicht vor
dem 1. September 2018 starten kann (bitte begründen)?

23. Wann soll nach derzeitigem Planungsstand die Mauterhebung auf allen
Bundesstraßen beginnen (bitte begründen)?

24. Wodurch ist genau sichergestellt, dass konkurrierende Unternehmen gleiche
Chancen wie die Toll Collect GmbH bei einer Ausschreibung des Systems
zur Mauterhebung gewährt würde, und wie sind die im Schreiben vom Bun-
desminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, vom
14. November 2014 genannten „umfassenden Einsichtsrechte“ vertraglich
gesichert?

Drucksache 18/3667 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wann wurden welche konkurrierenden Unternehmen über diese Klausel(n)
in Kenntnis gesetzt, und wie haben sich diese ggf. dazu bislang geäußert?

25. Wann sollen die Gespräche bzw. Verhandlungen über die freihändige Ver-
gabe für die Vorbereitungen der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundes-
straßen 2018 an die Toll Collect GmbH (siehe Antwort der Bundesregierung
auf die Schriftliche Frage 55 auf Bundestagsdrucksache 18/3616) aufge-
nommen werden?

26. Von welchem Zeitraum für die Verhandlungen geht die Bundesregierung
derzeit aus?

27. Ist die Leistungsbeschreibung für den Auftrag zur Ausweitung auf alle Bun-
desstraßen bereits erstellt worden?
Wenn ja, seit wann liegt diese vor?
Wenn nein, bis wann soll diese erstellt sein?

28. Wann wird voraussichtlich die entsprechende Veröffentlichung bzw. Be-
kanntmachung im EU-Amtsblatt erfolgen?

Berlin, den 19. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.