BT-Drucksache 18/3643

Scanning von KFZ-Kennzeichen (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/3581)

Vom 19. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3643
18. Wahlperiode 19.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Herbert Behrens, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner, Katrin
Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Petra Pau, Martina Renner, Dr. Petra Sitte,
Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Halina Wawzyniak, Jörn
Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Scanning von Kfz-Kennzeichen
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 18/3581)

Nachdem die Bundesregierung ohne Angaben von Gründen die Frist zur Beant-
wortung der Kleinen Anfrage „Scanning von Kfz-Kennzeichen“ (Bundestags-
drucksache 18/3581) eine Woche überzogen hatte und am 15. Dezember 2014
einen Teil der Fragen mit der Begründung, dass diese „erst beantwortet werden
[können], wenn der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschlossen wurde“,
unbeantwortet ließ, beschloss das Bundeskabinett zwei Tage später eben jenen
Gesetzentwurf für eine Pkw-Maut (Entwurf des Infrastrukturabgabengesetzes –
InfrAG-E). Dieser sieht ab dem Jahr 2016 eine elektronische Erfassung sowie
einen automatisierten Abgleich der Kfz-Kennzeichen auf den deutschen Auto-
bahnen vor. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur von
Alexander Dobrindt (CSU) hatte vorher seinen ersten Gesetzentwurf, der unter
anderem eine dreizehnmonatige Vorratsdatenspeicherung der an den Mautstel-
len erfassten Daten vorsah, um eventuelle Erstattungsansprüche überprüfen zu
können, auf massive Kritik von Datenschützerinnen und Datenschützern hin
überarbeitet. Der überarbeitete Gesetzentwurf sah, entgegen der öffentlichen
Beteuerungen des Bundesverkehrsministers, vor, dass der private Betreiber laut
§ 12 Absatz 1 InfrAG-E die persönlichen Daten der „Maut-Kunden“ dann
löschen muss, wenn er auch die Bewegungsprofile löscht, also nach maximal
13 Monaten. Der nun vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass
Fotos und Daten gelöscht werden, sobald festgestellt wurde, dass die Maut be-
zahlt ist. Beim Kraftfahrt-Bundesamt dagegen sollen sie jedoch weiterhin sogar
erst nach drei vollen Jahren zum Jahresende, bestimmte Daten wie die Fahrzeug-
nummer darüber hinaus erst nach sechs Jahren, gelöscht werden (§ 12 Absatz 2
InfrAG-E).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie erfolgt der nach § 10 Absatz 4 Satz 2 InfrAG-E geregelte automatische

Abgleich des erfassten Kennzeichens mit den Daten aus dem „Infrastruktur-
abgaberegister“ genau?

2. An welcher Stelle im Gesetzentwurf zur Einführung einer Pkw-Maut wird
definitiv ausgeschlossen, dass die mittels des Mautsystems erfassten und ver-
arbeiteten Daten nicht an andere Behörden weitergegeben werden?

Drucksache 18/3643 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Inwieweit beinhaltet der Gesetzentwurf „die strengste Datenschutzvor-
schrift, die wir kennen“ (www.sueddeutsche.de vom 2. November 2014
„Dobrindt schließt Weitergabe von Maut-Daten für Fahndung aus“)?

4. Wieso wird auf eine Speicherung der Bewegungsdaten und Fotos im Ge-
setzentwurf nicht gänzlich verzichtet?

5. Wozu wird das zur „Erhebung, Speicherung und Verarbeitung“ nach § 10
Absatz 2 Nummer 1 InfrAG-E bezeichnete „Bild des Kraftfahrzeugs“ kon-
kret benötigt, und wie wird diese Verarbeitung personenbezogener und sen-
sibler Daten im Sinne der Verhältnismäßigkeit begründet (bitte auch Mo-
dellsituationen darstellen)?

6. Wieso wird nicht nur mit Hash-Werten der Nummernschilder gearbeitet,
statt automatisch alle Klardaten abzufragen?

7. Trifft es zu, dass man künftig ohne Maut-Einzugsermächtigung kein Auto
anmelden kann, und wenn ja, warum sollen dann die Nummernschilder von
in der Bundesrepublik Deutschland angemeldeten Fahrzeugen zentral ge-
prüft werden?

8. Wie soll das Problem der Erfassung von Nummernschildern nichtmaut-
pflichtiger Fahrzeuge (z. B. E-Mobile oder Kfz von behinderten Personen)
gelöst werden, und um wie viele Fahrzeuge bzw. betroffene Personen han-
delt es sich dabei?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Fehlerquote der eingesetzten Lese-
systeme von 7 Prozent (Bundestagsdrucksache 18/3581) im Hinblick auf
die Verhältnismäßigkeit des verfolgten Zwecks in puncto Geeignetheit?

10. Haben die Mautdaten für die Bundesregierung eine persönlichkeitsrecht-
liche Relevanz, und wenn ja, betrachtet sie die Maut-Daten als mit den Te-
lekommunikations-Vorratsdaten vergleichbar (bitte begründen)?

11. Wie sind nach Ansicht der Bundesregierung bei einer Speicherung der Be-
wegungsprofile bei einem privaten Betreiber anspruchsvolle und normen-
klare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit gewährleistet?

12. Welche Vorgaben gibt es in Sachen Datenschutz, IT-Systemschutz und an-
zuwendende Datenverarbeitungs- und Datenübertragungsverfahren bei Aus-
führung der Kontrolle „durch einen privaten Dritten“, wie in § 10 InfrAG-E
beschrieben?

13. Warum fehlt im Gesetzentwurf eine Regelung, die den privaten Betreiber
verpflichtet, die nicht automatisch erkannten Kennzeichen unverzüglich
manuell auszuwerten und damit nicht z. B. ein Jahr zu warten?

14. Warum ist es erforderlich, dass die kompletten Datensätze der Mautpreller
drei Jahre lang gespeichert werden (§ 12 Absatz 6 InfrAG-E)?

15. Wie soll man – siehe Anlage 15 des Plenarprotokolls 18/75 – mit dem Ab-
gleich des Kilometerstandes nachweisen können, dass man nicht auf Bun-
desfernstraßen gefahren ist?

16. Wann soll die Verordnung nach § 9 Absatz 5 InfrAG-E, mit der die Frage
der möglichen Erstattung der Infrastrukturabgabe für im Inland angemel-
dete Kfz geregelt werden soll, im Entwurf vorliegen (bitte begründen)?

17. Welche Datenerhebung wäre – siehe Anlage 15 des Plenarprotokolls 18/75 –
für eine Beweislastumkehr, mit der der Bund bzw. der für die Erhebung der
Infrastrukturabgabe zuständige private Dritte die Benutzung der Bundes-
fernstraßen nachweisen müsste, erforderlich (bitte begründen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3643
18. Wird sich die Bundesregierung, angesichts des zunehmenden großflächigen
Einsatzes ähnlicher Systeme durch Privatunternehmen, darum bemühen,
einen Überblick und entsprechende Zahlen über die Art und den Umfang
der Erfassung von Kennzeichen auch im nichtstaatlichen Bereich, beispiels-
weise in Parkhäusern, Parkplätzen oder auf Campingplätzen zu bekommen
(bitte begründen)?

Berlin, den 19. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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