BT-Drucksache 18/3640

Rückforderungen von Netzbetreibern an landwirtschaftliche Betriebe

Vom 19. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3640
18. Wahlperiode 19.12.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Cornelia Möhring, Dr. Kirsten Tackmann,
Caren Lay, Ralph Lenkert, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Rückforderungen von Netzbetreibern an landwirtschaftliche Betriebe

Laut einem Artikel mit dem Titel „Müssen Landwirte die Einspeisevergütung
zurückzahlen?“ im Internetmagazin „top agrar online“ vom 28. November 2014
droht in Schleswig-Holstein über hundert Landwirtinnen und Landwirten die
Rückzahlung der Vergütung gemäß dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG),
die sie für eingespeisten Solarstrom erhalten haben (vgl. www.topagrar.com).
Der Netzbetreiber, die Schleswig-Holstein Netz AG, habe festgestellt, dass ein
Teil der Betreiber ihre Anlagen nicht bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) ge-
meldet hätte. Dieser kleine Formfehler habe große Auswirkungen: Die Landwir-
tinnen und Landwirte sollen nach Angaben des Magazins die komplette Vergü-
tung vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme bis heute bzw. bis zu dem Datum zu-
rückzahlen, an dem sie die Anlage angemeldet haben. Statt der sonst üblichen
Vergütung in der Höhe von etwa 10 bis 19 Cent (ct), je nach Inbetriebnahmeda-
tum, pro Kilowattstunde (kWh) wolle der Netzbetreiber nur den Börsenstrom-
preis von 3 bis 5 ct/kWh zahlen, wie es das EEG in diesem Fall vorsieht. Diese
Zahlung reiche für die Finanzierung der Anlage nicht aus, einige Betreiber stän-
den vor dem Ruin. Auch die Banken seien laut Marktbeobachtern sehr besorgt,
erläutert „top agrar online“.
Bislang seien Anlagen betroffen, die nach dem 1. April 2012 in Betrieb gegan-
gen sind, dem Datum, an dem die EEG-Novelle 2012 in Kraft trat. Rückforde-
rungen belaufen sich laut einem im Artikel zitierten Rechtsanwalt auf 10 000 bis
über 700 000 Euro pro Betreiber, einige ständen „vor einer Katastrophe“. Seiner
Einschätzung nach hätten viele Landwirtinnen und Landwirte und selbst die
Elektroinstallateure die Bedeutung der Meldung bei der BNetzA schlicht unter-
schätzt und sie vergessen oder nicht ernst genommen in der Annahme, dass es
sich um reine Statistik handele. Er schließe aber nicht aus, dass die Schleswig-
Holstein Netz AG auch eine Mitschuld träfe. Andere Netzbetreiber hätten sich
vor der Auszahlung der Vergütung die Bestätigung der BNetzA vorlegen lassen.
Die Schleswig-Holstein Netz AG habe das nicht oder nicht konsequent gemacht,
führt der Artikel zur Auffassung des Rechtsanwalts aus, der den Angaben zu-
folge über hundert Mandantinnen und Mandanten in dieser Sache berät.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung der Sachverhalt bekannt?
2. Wie viele Betriebe sind nach Kenntnis der Bundesregierung von dem Pro-

blem betroffen?
3. Um welche Vergütungssumme handelt es sich nach Kenntnis der Bundes-

regierung bei den Rückforderungen insgesamt?

Drucksache 18/3640 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Welche Auswirkung auf die EEG-Umlage hätten ggf. die Rückzahlungen
der Landwirte und Landwirtinnen?

5. Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Rechtsauffassung des Netz-
betreibers in dieser Sache korrekt?

6. Ist die Meldung der Anlagen mit Kosten verbunden?
Besteht also die Möglichkeit, dass durch Nichtmeldung Kosten gespart wer-
den sollten, oder ist tatsächlich nur eine Nachlässigkeit der Landwirtinnen
und Landwirte zu vermuten?

7. Könnte nach Auffassung der Bundesregierung eine Nachmeldung das Ver-
säumnis der Landwirte und Landwirtinnen in der Art heilen, dass auf die
Rückforderungen verzichtet werden kann?

8. Hält die Bundesregierung die Rückforderungen für angemessen, angesichts
des vergleichsweise geringen Versäumnisses und der teilweise gravierenden
Folgen für die Betreiber?

9. Trifft nach Auffassung der Bundesregierung den Netzbetreiber eine Mit-
schuld, da dieser sich vor der Auszahlung der Vergütungen offensichtlich
keine Bestätigungen der BNetzA vorlegen lassen hat (bitte begründen)?

10. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in anderen Bundesländern die
Praxis, sich vor der Auszahlung der Vergütungen eine Bestätigung der
BNetzA über die Meldung der Anlagen vorlegen zu lassen?
Wenn ja, wo?
Oder ist dies unüblich?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Gesprächen zwischen zuständigen
Ministerien und bzw. oder der BNetzA und dem Bauernverband Schleswig-
Holstein e. V. zum Thema?
Wenn ja, welchen Inhalt haben sie, und welche Ergebnisse wurden erzielt?

12. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die betroffenen Betreiber in die-
ser Sache zu unterstützen?
Wenn ja, wie?

Berlin, den 19. Dezember 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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