BT-Drucksache 18/3631

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/976 - Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung sichern

Vom 19. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3631
18. Wahlperiode 19.12.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner,
Nicole Maisch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/976 –

Zukunft der bäuerlichen Milchviehhaltung sichern

A. Problem
Die Antragsteller sehen die bäuerliche Milchviehhaltung einer starken Existenz-
bedrohung ausgesetzt. Stark schwankende Erzeugerpreise, geringe Marktmacht der
Erzeuger und das Höfesterben betreffen die Milchbäuerinnen und Milchbauern. Das
Auslaufen der Milchquote 2015 wird den Druck auf die bäuerlichen Erzeuger weiter
erhöhen.

Eine konsequente Milchpolitik, mit dem Leitbild der Kuh auf der Weide, ist nach
Ansicht der Antragsteller erforderlich, damit die Bäuerinnen und Bauern für die
Weidehaltung einen höheren Preis auf den Milchmärkten erzielen können. Auch soll
für die Verbraucherinnen und Verbraucher mehr Klarheit über Haltungsformen und
Produktionsbedingungen geschaffen werden, damit sie sich über den Einkaufskorb
bewusst für Milch aus bäuerlicher Tierhaltung entscheiden können.

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung unter anderem aufgefordert werden, die
laut Antragsteller auf Massenproduktion und Export orientierte Milchpolitik neu
auszurichten, damit die Bäuerinnen und Bauern nachhaltig und tiergerecht produzie-
ren können. Die Bundesregierung soll den Rahmen für eine faire, ökologische und
kostendeckende Milchproduktion setzen. Auf Ebene der Europäischen Union soll
sie sich für die Errichtung einer Marktbeobachtungsstelle und eines Frühwarnsys-
tems sowie Krisenmechanismen einsetzen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/3631 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/976 abzulehnen.

Berlin, den 17. Dezember 2014

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Gitta Connemann
Vorsitzende

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3631
Bericht der Abgeordneten Kees de Vries, Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Kirsten Ta-
ckmann und Friedrich Ostendorff

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 26. Sitzung am 3. April 2014 den Antrag auf Drucksache 18/976 erst-
mals beraten und an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller zielen neben einer Feststellung des Deutschen Bundestages auf die Erfüllung konkreter For-
derungen durch die Bundesregierung ab.
Der Deutsche Bundestag soll feststellen, dass die bäuerliche Milchviehhaltung zentraler Bestandteil der bäuer-
lichen Landwirtschaft in Deutschland ist und wie keine andere Bewirtschaftungsform die Kulturlandschaft
prägt. Nach Vorstellung der Antragsteller ist zugleich kein anderer Bereich der Landwirtschaft so stark in seiner
Existenz bedroht wie die Milchviehhaltung. Nach ihrer Auffassung betreffen stark schwankende Erzeuger-
preise, geringe Marktmacht der Erzeuger und das Höfesterben vor allem die Milchbäuerinnen und Milchbau-
ern. Nach Darstellung der Antragsteller musste allein in den letzten zehn Jahren ein Drittel der Milchviehbe-
triebe aufgeben. Die Antragsteller sind der Auffassung, dass das Auslaufen der sogenannten Milchquote im
Jahr 2015 den Druck auf die bäuerlichen Erzeuger weiter erhöhen wird.
Eine konsequente Milchpolitik, deren Leitbild die Kuh auf der Weide sein muss, ist nach Auffassung der An-
tragsteller zur Stärkung der bäuerlichen Milchviehhaltung überfällig. Nach ihrer Ansicht muss für die Weide-
haltung ein höherer Preis auf den Milchmärkten erzielt werden können, da diese Art der Erzeugung teurer als
die Milchproduktion in industriellen und rationalisierten Massenställen ist. Auch ist es nach Auffassung der
Antragsteller notwendig, mehr Klarheit über Haltungsformen und Produktionsbedingungen zu schaffen, damit
die Verbraucherinnen und Verbraucher sich bewusst für Milch aus bäuerlicher Tierhaltung entscheiden können.
Mit dem Antrag auf Drucksache 18/976 soll die Bundesregierung zehn Forderungen der Antragsteller nach-
kommen. Sie soll aufgefordert werden, die laut Antragsteller auf Massenproduktion und Export von Produkten
mit geringer Wertschöpfung orientierte Milchpolitik zu beenden und den Rahmen für eine faire, ökologische
und kostendeckende Milchproduktion zu setzen. Auf Ebene der Europäischen Union (EU) soll sie sich für die
Errichtung einer Marktbeobachtungsstelle und eines Frühwarnsystems sowie Krisenmechanismen, wie den
vom Europäischen Parlament (EP) vorgeschlagenen „Freiwilligen Produktionsverzicht gegen Ausfallentschä-
digung“ einsetzen. Das Grünland soll im Zuge der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU
in Deutschland wirksam geschützt und Maßnahmen vorlegt werden, um die Weidehaltung von Kühen und eine
flächengebundene Milcherzeugung zu fördern. Eine tiergerechte Nutztierzüchtung mit einer maßvollen
Milchleistung pro Kuh und einer hohen Lebensleistung statt einer kurzfristigen Hochleistung als Züchtungsziel
soll gefördert werden. Verbrauchertäuschendes Marketing soll unterbunden und Regelungen zur Verwendung
der Bezeichnung „Weidemilch“ geschaffen werden, damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine wirkliche
Entscheidungsgrundlage beim Einkauf haben.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im federführenden Ausschuss

1. Beratungsverlauf
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat den Antrag auf Drucksache 18/976 in seiner 24. Sitzung
am 17. Dezember 2014 abschließend beraten.
Die Fraktion der CDU/CSU äußerte, es sei völlig offen, ob das Auslaufen der Milchquote zu dem von der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN prognostizierten erheblichen Strukturwandel bei der Milchbauern füh-
ren werde. Die Fraktion der CDU/CSU lehne sowohl die Antragsforderung nach Einführung einer nachfrage-
orientierten Milchmengenregulierung als auch nach einem freiwilligen Produktionsverzicht gegen Ausfallent-
schädigung als nicht zielführend ab. Die erstgenannte Forderung habe politisch keinerlei Chancen auf Verwirk-
lichung, da sie von ihrer Wirkungsweise mit der Milchquote vergleichbar sei, deren Auslaufen zum Frühjahr

Drucksache 18/3631 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2015 aus guten Gründen bereits vor geraumer Zeit beschlossen worden sei. Die Absicht der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN, eine Marktregulierung auf freiwilliger Basis schaffen zu wollen, verkenne völlig die
wirtschaftlichen Realitäten in der Milchviehhaltung. Die von den Antragstellern geforderte höhere Grundfut-
terleistung sei zu begrüßen. Allerdings würden hierfür hochwertige Grünlandflächen benötigt, deren Sicher-
stellung durch die gleichzeitig von der Fraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN verfolgte Politik der Extensivie-
rung von Grünland nicht möglich sei. Aus den genannten Gründen lehne die Fraktion der CDU/CSU den An-
trag auf Drucksache 18/976 ab.
Die Fraktion der SPD wies darauf hin, die Einführung des Milchquotensystems der EU im Jahr 1984 sei
ursprünglich für einen befristeten Zeitraum angedacht gewesen. In der Realität sei dieses System über drei
Jahrzehnte weitergeführt worden. Die Milchquote habe dennoch nicht verhindern können, dass die Strukturen
sich in diesem Sektor, u. a. gekennzeichnet durch die deutliche Abnahme der Anzahl der Milchviehbetriebe,
verändert hätten. Die stetige Bewahrung des EU-Milchquotensystems habe im Ergebnis große finanzielle Mit-
tel beansprucht, die besser in notwendige Investitionen geflossen wären. Die Fraktion der SPD stehe zum be-
reits länger feststehenden Ausstieg aus der Milchquote zum Frühjahr 2015. Bereits in den Jahren 2008/2009
sei eine ähnlich intensive Diskussion über die Zukunft der Milchwirtschaft geführt worden. Ein faktisches
Zurück zur Regulierung des Milchmarktes, wie im Antrag gefordert, lehne die Fraktion der SPD ab. Insgesamt
sei die deutsche Milchwirtschaft in der Lage, sich in der EU und auf den Märkten der Welt dem Wettbewerb
erfolgreich zu stellen, auch wenn nicht alle Regionen gleichermaßen davon profitieren würden. Von einer ge-
planten öffentlichen Anhörung des Ausschusses im März 2015 erhoffe sich die Fraktion der SPD, wie die
Maßnahmen des vorhandenen sogenannten Sicherheitsnetzes für den Milchbereich rechtzeitig und zielgerichtet
eingesetzt werden könnten.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, es passe politisch nicht zusammen, dass sich die Bundesregierung bei
der Milch für einen völlig liberalisierten Markt ausspreche, während sie gleichzeitig beim Wein eine Mengen-
steuerung als notwendig erachte. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wolle nicht einfach
das existierende Quotensystem bei der Milch fortführen. Vielmehr gehe es darum, sich Gedanken zu machen,
wie möglicherweise ein alternatives Modell für eine Mengensteuerung eingesetzt werden könne. Die von der
Bundesregierung verfolgte Politik, Milch ohne Mengensteuerung produzieren zu lassen, ohne auf die Absatz-
märkte zu schauen, sei keine wirkliche Alternative. Der Milchmarkt sei, wie die Märkte für Lebensmittel all-
gemein, aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. ein sehr sensibler Markt, der einen regulierenden Rahmen im
Interesse der Milchbetriebe und der Verbraucher benötige. Der Antrag verzichte darauf, „große“ und „kleine“
Milchbetriebe gegeneinander zu stellen, sondern zeige durch zahlreiche detaillierte Vorschläge auf, wie eine
positive Veränderung zugunsten aller Milchbetriebe in Deutschland erreicht werden könne. Bekanntermaßen
sei zum Beispiel die genossenschaftliche Milchviehwirtschaft von ähnlichen Problemen betroffen wie einzelne
bäuerliche Familienbetriebe. Von der beabsichtigten öffentlichen Anhörung des Ausschusses im März 2015
erhoffe sie sich, dass sich mit den existierenden Problemen auf dem Milchmarkt umfassend auseinandergesetzt
werde.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, insbesondere die bäuerliche Milchviehhaltung in
Deutschland sei in ihrer Existenz stark bedroht. Eine Mitverantwortung trage die auf Produktionsausweitung
im Inland sowie auf markentlastende Exporte setzende Politik der Bundesregierung. Diese Strategie müsse
beendet und durch eine konsequente Milchpolitik zur Stärkung der bäuerlichen Milchviehhaltung ersetzt wer-
den. Ansonsten sei das Verschwinden vieler weiterer Milchbetriebe vom Markt zu befürchten. Die Lage der
Milchbäuerinnen und Milchbauern werde durch das Auslaufen der Milchquote im Frühjahr 2015 zusätzlich
erschwert. Von deren Ende würden vorwiegend große Betriebe profitieren. Die aktuelle Preis- und Mengen-
entwicklung der Milch biete wenig Anlass für Hoffnungen auf eine Änderung der ernsten Situation. Zudem
seien bisher wichtige Exportmärkte für deutsche Milchwirtschaft wie China und Russland eingebrochen bzw.
wie im Fall Russland nicht mehr existent. Vor dem Hintergrund der ernsten Lage auf dem Milchmarkt sollte
die Politik den Milchviehhaltern signalisieren, dass sie sich um sie kümmere. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN begrüße die Absicht des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, im März 2015 eine öffent-
liche Anhörung zum Thema „Instrumente für Kriseninterventionen und – management auf dem Milchmarkt“
durchzuführen.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3631
2. Abstimmungsergebnis
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des
Antrags zu empfehlen.

Berlin, den 17. Dezember 2014

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.