BT-Drucksache 18/3557

zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Tierzucht- und Abstammungsbestimmungen für den Handel mit Zuchttieren und deren Zuchtmaterial in der Union sowie für die Einfuhr derselben in die Union KOM(2014) 5 endg. hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes Kennzeichnung von Zuchttieren und -materialien mit Klonabstammung im EU-Tierzuchtrecht verankern

Vom 17. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3557
18. Wahlperiode 17.12.2014
Antrag
der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, Bärbel
Höhn, Steffi Lemke, Markus Tressel, Annalena Baerbock, Matthias Gastel, Sylvia
Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Christian Kühn
(Tübingen), Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des
Rates über die Tierzucht- und Abstammungsbestimmungen für den Handel mit
Zuchttieren und deren Zuchtmaterial in der Union sowie für die Einfuhr derselben
in die Union
KOM(2014) 5 endg.

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes

Kennzeichnung von Zuchttieren und -materialien mit Klonabstammung im
EU-Tierzuchtrecht verankern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Klonen von Tieren mittels der Technik des Zellkerntransfers geht mit erhebli-
chen Risiken und Belastungen für die Klone selbst und deren Ersatzmuttertiere ein-
her. Nur ein geringer Prozentsatz der Klone erreicht das zuchtfähige Alter. Tier-
schutz- und Verbraucherschutzverbände fordern deshalb ein Verbot bzw. eine Kenn-
zeichnung von Produkten von Klonen und deren Nachkommen.1

Unter Produkten sind hier nicht nur Lebensmittel, sondern auch Zuchtmaterialien
(Sperma, Eizellen, Embryonen) zu verstehen. Wegen der geringen Erfolgsrate ist das
Klonen von Tieren aufwändig und teuer. Die Klone sind folglich nicht direkt für die
Lebensmittelproduktion vorgesehen, sondern die Zuchtmaterialien stellen das wirt-
schaftlich interessante Produkt der geklonten Tiere dar.

Für die Zuchtmaterialien und die Nachkommen der Klone ist deshalb eine separate
Regelung notwendig. Eine Kennzeichnung der Nachkommen und Zuchtmaterialen

1 Siehe z.B.: http://www.tierschutzbund.de/klonen-lebensmittel.html
Drucksache 18/3557 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
ist zudem zwingende Voraussetzung für eine Kennzeichnung der Lebensmittel von
Nachkommen geklonter Tiere, wie sie auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und SPD2 vereinbart und von der Bundesregierung als Ziel bestätigt wurde.3

Nach den aktuellen Regelungsvorschlägen der Europäischen Kommission zum Klo-
nen dürften sowohl Zuchtmaterialen als auch Nachkommen von geklonten Tieren
weiterhin ohne Beschränkung oder Kennzeichnung importiert, gehandelt und in der
europäischen Nutztierzucht eingesetzt werden. Die für die Lebensmittelerzeugung
relevanten Nachkommen der geklonten Tiere würden weiterhin innerhalb der EU
geduldet. Klonen würde insbesondere über den Import von Zuchtmaterial schlei-
chend Einzug in die europäische Nutztierzucht und Lebensmittelwirtschaft halten.
Den Verbraucherinnen und Verbrauchern bliebe dies allerdings verborgen, da eine
Kennzeichnung der Lebensmittel von Nachkommen von geklonten Tieren nicht vor-
gesehen ist und ohne Kennzeichnung der Zuchttiere und Zuchtmaterialien auch nicht
möglich wäre.

Der Bundesrat hat deshalb im Februar gefordert, Regelungen zu treffen, die neben
einer umfassenden Kennzeichnungspflicht den Import von Klontieren und ihren
Nachkommen für landwirtschaftliche Zwecke verbieten. Das Ländergremium hat
weiterhin gefordert, das Inverkehrbringen von Lebensmitteln aus Nachkommen von
Klontieren zu verbieten, da diese Lebensmittel nicht anders zu bewerten seien als
die Lebensmittel aus Klontieren selbst. Der Bundesrat hat die Bundesregierung zu-
dem gebeten, „sich auch für ein Verbot des Inverkehrbringens und des Imports von
Samen und Eizellen von Klontieren einzusetzen. Für Zuchttiere, Samen, Eizellen
und Embryonen sollte eine Kennzeichnungspflicht auch bei der anstehenden Novel-
lierung des EU-Tierzuchtrechts (EU-Verordnung) berücksichtigt werden.“4

Der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments hat am 24. November in seinem
ohne Gegenstimmen angenommenen Bericht zum Vorschlag für eine Verordnung
des Europäischen Parlaments und des Rates über neuartige Lebensmittel (Novel-
Food-Verordnung) eine Kennzeichnungspflicht für die Lebensmittel von Klonen
und deren Nachkommen sowie eine Rücknahme und Überarbeitung der aktuellen
Regelungsvorschläge der Europäischen Kommission zum Klonen gefordert.5

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, folgende wesentli-
che Belange i. S. d. § 8 Absatz 4 EUZBBG im Rat der Europäischen Union
durchzusetzen:

eine Kennzeichnungspflicht für geklonte Zuchttiere und ihre Nachkommen so-
wie die jeweiligen Zuchtmaterialien in den Zucht-/Begleitbescheinigungen.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung darüber hinaus auf,

bei den Verhandlungen zur Reform der EU-Tierzuchtgesetzgebung im Rat der
Europäischen Union gegenüber den anderen EU-Mitgliedstaaten und der Euro-
päischen Kommission klar und nachvollziehbar für eine Kennzeichnungspflicht
für geklonte Zuchttiere und ihre Nachkommen sowie die jeweiligen Zuchtmate-
rialien in den Zucht-/Begleitbescheinigungen einzutreten;

sich bei den anderen Mitgliedstaaten der EU für dieses Anliegen einzusetzen mit
dem Ziel, eine ausreichende Mehrheit im Rat der EU zu erreichen;

2 „Wir streben eine Kennzeichnungspflicht für Nachkommen von geklonten Tieren und deren Fleisch an.“
3 Siehe Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Tierschutz- und Verbraucherschutzaspekte beim Umgang mit Klontieren,
deren Nachkommen und Produkten“ (BT-Drs. 18/3128) http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP18/630/63074.html.
4 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2013/0814-1-13.pdf
5 http://www.europarl.europa.eu/committees/de/envi/reports.html#menuzone

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3557
in den Verhandlungen einen entsprechenden Parlamentsvorbehalt einzulegen,

falls die geforderte Kennzeichnung nicht durchsetzbar ist;
den Deutschen Bundestag vor Beginn, während und nach Abschluss der Trilog-

verhandlungen (zum Vorschlag KOM(2014) 5 endg.) i. S. d. § 3 Absatz 1 und 2
EUZBBG umfassend, zum frühestmöglichen Zeitpunkt und fortlaufend schrift-
lich über den Fortgang der Verhandlungen und insbesondere ihr entsprechendes
Engagement zu unterrichten;

den Deutschen Bundestag i. S. d. § 3 Absatz 1 und 2 EUZBBG umfassend, zum
frühestmöglichen Zeitpunkt und fortlaufend schriftlich über die Entwicklungen
bezüglich des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und
des Rates über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen und Equi-
den, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert werden
(KOM(2013) 892 endg.) und des Vorschlags für eine Richtlinie des Rates über
das Inverkehrbringen von Lebensmitteln von Klontieren (KOM(2013) 893
endg.) zu unterrichten.

Berlin, den 16. Dezember 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Nach Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA (2012) sterben bei Rindern etwa
85 bis 94 %, bei Schweinen rund 94 % der eingesetzten geklonten Embryos aufgrund epigenetischer Fehlregu-
lierungen vor, während oder kurz nach der Geburt. Auch die Gesundheit der Ersatzmuttertiere wird dadurch
erheblich beeinträchtigt.6 Eine Eurobarometer-Umfrage unter 25.000 EU-Bürgerinnen und -Bürgern zeigte er-
hebliche moralische Vorbehalte gegenüber dem Klonen zur Lebensmittelerzeugung. Zudem erklärten 83 Pro-
zent (in Deutschland 86 Prozent), sie hielten die Kennzeichnung der Produkte der Nachkommen von geklonten
Tieren für wichtig.7

Die Bundesregierung kann nicht ausschließen, dass bereits Nachkommen von Klontieren Eingang in die deut-
sche Nutztierzucht und Lebensmittelproduktion gefunden haben. Die Bundesregierung hat zudem mehrmals
bestätigt, dass ihr mangels entsprechender Erfassung keine Informationen zum Einsatz von Klonsperma in der
deutschen Nutztierzucht vorliegen.3 Derzeit geschehe dies legal und ohne Verpflichtung zu Zulassung, Kenn-
zeichnung oder Rückverfolgbarkeit. Gleichzeitig breitet sich der Einsatz dieser Technologie in der globalisier-
ten Nutztierzucht weiter aus, insbesondere seit der Deregulierung in den USA im Jahre 2008.

Der federführende Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments wird
voraussichtlich im Februar seine Position zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments
und des Rates über die Tierzucht- und Abstammungsbestimmungen für den Handel mit Zuchttieren und deren
Zuchtmaterial in der Union sowie für die Einfuhr derselben in die Union abstimmen. Danach wird nach Infor-
mationen aus Brüssel ein beschleunigtes Verfahren angestrebt, also eine Einigung zwischen dem Rat der Eu-
ropäischen Union, der Europäischen Kommission und dem Parlament in 1. Lesung, voraussichtlich schon im
Frühjahr 2015. Die o. g. Verordnung mit ihrer direkten EU-weiten Wirksamkeit ist damit in besonderer Weises
geeignet, kurzfristig die Voraussetzungen für ein späteres Verbot oder eine Kennzeichnungspflicht von Le-
bensmitteln von Nachkommen von geklonten Tieren zu schaffen. Dies wäre von besonderer Relevanz für den
Fall, dass sich das Europäische Parlament in den laufenden Trilogverhandlungen zur Novel-Food-Verordnung

6 http://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/2794.htm
7 http://ec.europa.eu/food/food/resources/publications_en.htm
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

Drucksache 18/3557 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
mit seiner Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel von geklonten Tieren und deren
Nachkommen durchsetzen kann.

Die zwei aktuellen Regelungsvorschläge zum Klonen selbst (siehe letzter Absatz) werden dagegen möglicher-
weise von der neuen Kommission zurückgezogen. Auf jeden Fall ist nicht absehbar, ob und wann es zu einer
Einigung bezüglich dieser Richtlinienvorschläge und letztlich zu einer entsprechenden nationalen Umsetzung
kommen wird. Zudem ist dort bisher keine Kennzeichnungspflicht für geklonte Zuchttiere und ihre Nachkom-
men sowie die jeweiligen Zuchtmaterialien vorgesehen.

Die Europäische Kommission hat im Dezember 2013 zwei Vorschläge zur Regulierung des Umgangs mit
Klontieren und deren Produkten in der EU vorgelegt. Es handelt sich dabei um den Vorschlag für eine Richt-
linie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Klonen von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen
und Equiden, die für landwirtschaftliche Zwecke gehalten und reproduziert werden (KOM(2013) 892 endg.)8
und den „Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über das Inverkehrbringen von Lebensmitteln von Klontieren“
(KOM(2013) 893 endg.)9. Mit diesen Vorschlägen sollen das Klonen der genannten Tiere zu landwirtschaftli-
chen Zwecken in der EU und der Import von geklonten Tieren und von Lebensmitteln dieser Tiere vorläufig
verboten werden.

8 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2013/0814-13.pdf

9 http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2013/0815-13.pdf

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