BT-Drucksache 18/3554

Feinstaubemissionen aus Baumaschinen reduzieren

Vom 17. Dezember 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3554
18. Wahlperiode 17.12.2014
Antrag
der Abgeordneten Peter Meiwald, Christian Kühn (Tübingen), Annalena
Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Steffi Lemke,
Dr. Julia Verlinden, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Feinstaubemissionen aus Baumaschinen reduzieren

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, aber auch unter Klimaschutzgesichts-
punkten ist die Fortführung einer konsequenten Luftreinhaltepolitik entlang neuester
wissenschaftlicher Erkenntnisse geboten. Besonders an Konzentrationspunkten in
Städten ist die Belastung mit ultrafeinen Partikeln häufig viel zu hoch. Baumaschi-
nen stoßen auf deutschen Baustellen so viel Feinstaub aus wie der halbe Straßenver-
kehr in allen deutschen Städten zusammen. Das geht aus einer Antwort der Bundes-
regierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/1799 hervor.
Feinstaubemissionen führen zu Atemwegs-, Herz- und Lungenkrebserkrankungen.
Gerade für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Bausektor ist das Risiko, im
Vergleich zur Gesamtbevölkerung, doppelt so hoch, an Krebs oder chronischen Lun-
genleiden zu erkranken. Hinzu kommt, dass laut Umweltbundesamt sich die Todes-
fälle in Deutschland, die auf Feinstaub zurückgeführt werden, auf rund 47.000 im
Jahr summieren. Daher ist es aufgrund des Arbeits- und Gesundheitsschutzes gebo-
ten, Feinstaubemissionen zu minimieren. So wurden in der Schweiz gute Erfahrun-
gen mit der wirksamen Abgasnachbehandlung gemacht.

Auch die EU-Kommission hat das Problem der ultrafeinen Partikel erkannt und, in
Abwägung wirtschaftlicher, ökologischer, sicherheitstechnischer und gesellschaftli-
cher Vor- und Nachteile, einen Vorschlag für eine Verordnung über die Anforderun-
gen in Bezug auf die Emissionsgrenzwerte und die Typgenehmigung für Verbren-
nungsmotoren für nicht für den Straßenverkehr bestimmte mobile Maschinen und
Geräte (KOM(2014) 581 endg.; Ratsdok. 13690/14) vorgelegt. Über ein Grenzwert-
regime werden die Motorklassen von mobilen Maschinen sukzessiv ökologisch ver-
bessert.

Darüber hinaus geht aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage
hervor, dass die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene Luftqua-
lität, sowohl als Jahreswert als auch der Tageswert, an keiner Station im städtischen
Bereich derzeit eingehalten wird. Und das, obwohl die bestehende Studienlage die
Vermutung nahelegt, dass eine Schwelle, unterhalb derer keine gesundheitsgefähr-
dende Wirkung mehr zu erwarten ist, höchstwahrscheinlich nicht existiert.

Drucksache 18/3554 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Im Fall der sehr gesundheitsschädlichen ultrafeinen Partikel rät die WHO zu stren-
gen Grenzwerten. Dennoch weicht der seit 2010 in Deutschland gültige Zielwert für
ultrafeine Partikel (PM2,5) von der Empfehlung der WHO ab. Darüber hinaus zeigen
Messungen auf, dass 2013 die Empfehlungen der WHO an 51 Prozent der Messsta-
tionen in Deutschland nicht eingehalten wurden.

Es ist dringend geboten, die Emissionen ultrafeiner Partikel aus Baumaschinen wirk-
sam zu reduzieren, ohne dabei Sekundäremissionen wie Stickoxid zu erhöhen und
einen Anreiz für die Nachrüstung von wirksamen Rußpartikelfiltern oder emissions-
armer Motorentechnik und Investitionen in umweltfreundlichere Neumaschinen zu
setzen. Vor diesem Hintergrund sind die Regelungen der neuen EU-Verordnung
(KOM(2014) 581 endg.; Ratsdok. 13690/14) zu begrüßen, da sie bei den mobilen
Maschinen ab Inkrafttreten für eine schrittweise Verbesserung der Motortypen sor-
gen werden. Eine deutliche Minderungswirkung wird sich aber erst sehr langfristig
einstellen, da der Gesetzgebungsprozess sich noch hinziehen wird und der Ersatz im
Bestand befindlicher Maschinen sich viel langsamer vollziehen wird als zum Bei-
spiel im PKW-Bereich. Kurzfristiger Handlungsbedarf besteht aber aufgrund der
Feinstaubbelastungen schon jetzt. In einem vorgezogenen Schritt zur Verbesserung
für Mensch und Umwelt sollten weitere Maßnahmen ergriffen werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die dringend notwendigen Schritte für eine gesundheitsorientierte Luftreinhalte-
politik einzuleiten und hierfür folgende Maßnahmen zu ergreifen:
1. die Grenzwerte für die Feinstäube PM10 und PM2,5 in der Verordnung über

Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) anzu-
passen,

2. sich für eine bundesweit einheitliche Kennzeichnung von Baumaschinen
mit dem Ziel der vereinfachten Überwachung einzusetzen und so die Kon-
trolle der Einhaltung der Anforderungen zu erleichtern,

3. die Nachrüstung älterer Baumaschinen mit wirksamen geschlossenen Parti-
kelfiltersystemen, deren Betrieb nicht zu einer Erhöhung von Sekundä-
remissionen führt, mit Hilfe eines Förderprogramms anzureizen,

4. bei Ausschreibungen für Baumaßnahmen des Bundes sicherzustellen, dass
nur solche Unternehmen Aufträge erhalten, die Baumaschinen einsetzten,
welche mit Rußpartikelfiltern oder aber mit neuester Motortechnik nachge-
rüstet sind,

5. sich im Rahmen der Verhandlungen über die EU-Verordnung (KOM(2014)
581 endg.; Ratsdok. 13690/14) zur Verringerung der nationalen Emissionen
bestimmter Luftschadstoffe für hohe Gesundheits- und Umweltschutzni-
veaus für die Jahre 2020 und 2030 einzusetzen, um bis spätestens 2030 den
anthropogenen Feinstaub, wie bspw. aus Baumaschinen, soweit technisch
möglich zu reduzieren,

6. sich für eine Anpassung der Luftqualitätswerte in der EU-Richtlinie über
Luftqualität und saubere Luft für Europa einzusetzen, entsprechend Punkt
5 zu überarbeiten und für die Aufnahme von Grenzwerten für ultrafeine Par-
tikel wie PM2,5 und kleiner Sorge zu tragen.

Berlin, den 16. Dezember 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3554
Begründung

Laut neuen Zahlen einer Studie der WHO für das Jahr 2012 ist die Luftverschmutzung durch Feinstaub welt-
weit für 7 Millionen Tote verantwortlich. Die Außenluftverschmutzung durch Feinstaub verursacht Krankhei-
ten wie ischämische Herzerkrankung, Herzinfarkt, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Lungen-
krebs und akute Infektionen der unteren Atemwege bei Kindern, die zum Tod führen können.1 In der Europä-
ischen Union (EU) ist Feinstaub die Hauptursache umweltbedingter vorzeitiger Todesfälle.2

Als Feinstaub werden Partikel bezeichnet, die einen aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mik-
rometer (10 μm) aufweisen. Es bestehen verschiedene Kategorien für Feinstäube wie PM10 oder PM2,5, wobei
die Bezeichnung auf die Größe der Partikel zurückgeht.

Sowohl die Bundesregierung als auch die EU weisen darauf hin, dass es keinen Schwellenwert gibt, unter dem
PM2,5 keine Gefahr für die Gesundheit darstellt. Deshalb sollten, nach Auffassung der EU, für diesen Feinstaub
auch andere Regeln gelten.3

2013 hat die EU- Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Verringerung der nationalen Emis-
sionen bestimmter Luftschadstoffe und zur Änderung der Richtlinie 2003/35/EG vorgelegt. Dieser sieht stren-
gere Emissionswerte für Luftschadstoffe, wie Schwefeloxid (SO2), Stickoxid (NOx), flüchtige organische Ver-
bindungen (NMVOC), Ammoniak (NH3), Feinstaub (PM2,5) und Methan (CH4), vor. Zusätzlich hat die Kom-
mission ein neues Programm „Saubere Luft für Europa“ aufgelegt. Auch wird aktuell die Richtlinie zu mobilen
Maschinen und Geräten (97/68/EG) novelliert.4

Dennoch setzen nur wenige EU-Mitgliedstaaten die Emissionswerte für Luftqualität in nationales Recht um.
Hinzu kommt, dass die Leitlinien der WHO zur Luftverschmutzung oftmals nicht erfüllt werden, so auch in
Deutschland.5 Auch wird gerade das laufende Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland auf-
grund der Nichteinhaltung der Grenzwerte für Feinstaub der Kategorie PM10 ausgeweitet.6

1 http://who.int/mediacentre/news/releases/2014/air-pollution/en/
2 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-1274_de.htm
3 Bundestagsdrucksache 18/1799
4 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52013PC0920&from=EN
5 http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-1274_de.htm
6 Quelle: Protokoll der 81. Umweltministerkonferenz am 15.11.2013 in Erfurt, TOP 34
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.