BT-Drucksache 18/3397

Gemeinsame trilaterale Patrouillen österreichischer, italienischer und deutscher Polizei gegen unerwünschte Migration

Vom 28. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3397
18. Wahlperiode 28.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine
Buchholz, Sevim Dağdelen, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Inge Höger,
Kerstin Kassner, Dr. Alexander S. Neu, Martina Renner, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Gemeinsame trilaterale Patrouillen österreichischer, italienischer und deutscher
Polizeien gegen unerwünschte Migration

Die Polizeien aus Deutschland intensivieren nach Auskunft des Bundesministe-
riums des Innern (BMI) ihre gemeinsam mit Italien und Österreich bereits beste-
hende „grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Schleusungs-
kriminalität“ (Pressemitteilung vom 13. November 2014). Allerdings werden
hierfür aus Sicht der Fragesteller Migrantinnen bzw. Migranten und nicht deren
Helferinnen bzw. Helfer verstärkt behelligt. So würden seit Beginn der Woche
des 13. November 2014 „die gemeinsamen trilateralen Streifen österreichischer,
italienischer und deutscher Polizisten in den grenzüberschreitenden Zügen zur
Erhöhung der Kontrolldichte deutlich verstärkt“. Alle Patrouillen finden dem-
nach auf italienischem Hoheitsgebiet statt. Der Bundesminister des Innern,
Dr. Thomas de Maizière, habe des Weiteren „mit seinen italienischen und öster-
reichischen Amtskollegen vereinbart“, die europäischen „Bemühungen zur Ein-
dämmung der illegalen Migration“ durch „weitere konkrete bi- und trilaterale
Aktivitäten“ zu ergänzen. Benannt werden diese in der Mitteilung aber nicht.
Allerdings würden bereits andere „wichtige Maßnahmen erfolgreich umge-
setzt“. Diese gingen auf ein Treffen der Innenminister der Europäischen Union
(EU) am 10. Oktober 2014 zurück, wo man sich auf eine „gemeinsame Strategie
im Umgang mit den wachsenden Flüchtlingszahlen“ geeinigt habe und die
schließlich in entsprechenden Ratsschlussfolgerungen mündeten. Die Patrouil-
len und Kontrollen finden ausweislich der Mitteilung vorwiegend in „Eisen-
bahnzügen aus Italien“ statt. In die Maßnahmen seien auch die bayerische Poli-
zei, die Bundeszollverwaltung und „weitere Sicherheitspartner sowie die Eisen-
bahnunternehmen“ eingebunden. Auch hierzu erfolgt keine Mitteilung über die
Art und Weise.
Laut dem Bundesminister des Innern sei ein „verstärktes Vorgehen gegen ille-
gale Migration […] angesichts der steigenden Flüchtlingszahlen dringend erfor-
derlich“. Aus Sicht der Fragesteller sollte aber die Aufnahme, nicht die Bekämp-
fung Geflüchteter im Vordergrund stehen. Die Bundesregierung muss sich dafür
einsetzen, dass kein weiterer Druck auf Italien ausgeübt, sondern die Regierung
in Rom durch Aufnahme von Geflüchteten, die in Italien ankommen, entlastet
wird. Die ausufernden Kontrollen in Italien sind geeignet, die Reisebewegungen
Geflüchteter weiter zu verkomplizieren und erzwingen noch risikoreichere Rou-
ten. Noch mehr Tote an den Außengrenzen wären die Folgen.

Drucksache 18/3397 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Defizite sieht die Bundesregierung bezüglich der Wahr-

nehmung von Grenzkontrollaufgaben der italienischen Behörden?
2. Wer hatte die Einrichtung der Patrouillen nach Kenntnis der Bundesregie-

rung zuerst angeregt?
3. Inwiefern waren die Patrouillen auch Gegenstand von Gesprächen des Tref-

fens der Innenminister der EU am 10. Oktober 2014, und was wurde hierzu
(auch vorläufig) verabredet?

4. Inwiefern waren die Patrouillen vorher auch Gegenstand von Gesprächen
des italienischen Innenministers Angelino Alfano im September 2014 in
Berlin, und was wurde hierzu (auch vorläufig) verabredet?

5. Nach welchen EU-weiten oder bilateralen Rechtsgrundlagen werden die
Patrouillen durchgeführt?

6. Welches Ziel wird mit den Patrouillen verfolgt?
7. Welchen Umfang haben die Patrouillen?
8. Nach welchem Verfahren werden Orte und Personalstärke der Patrouillen

festgelegt?
9. Nach welchem Verfahren werden Personen oder Sachen zur Kontrolle aus-

gewählt?
10. Inwiefern stehen die Patrouillen im Zusammenhang mit Verträgen oder

Maßnahmen der EU, etwa der Dublin-III-Verordnung und „Triton“?
11. Auf welche Weise wird sichergestellt, dass die Auswahl der Kontrollierten

nicht mithilfe des racial profiling erfolgt?
12. Inwiefern ist auch das EU-Polizeinetzwerk RAILPOL in die Patrouillen ein-

gebunden?
13. Welche Behörden aus Italien und Österreich nehmen nach Kenntnis der

Bundesregierung an den Patrouillen teil?
14. Auf welche Weise sind „weitere Sicherheitspartner sowie die Eisenbahn-

unternehmen“ in die Patrouillen eingebunden, und um welche „Partner“
handelt es sich dabei konkret?

15. Welche weiteren Behörden welcher weiteren Länder sind mit welchem
Zweck an den Patrouillen beteiligt?

16. Inwiefern sind EU-Einrichtungen (auch zur Auswertung erlangter Daten) an
den Patrouillen beteiligt?

17. Auf welche Weise und mit welchen Aufgaben sind deutsche Polizeiangehö-
rige an den Patrouillen beteiligt?

18. Welche Aufgaben im Rahmen der Vorbereitung, Durchführung und Aus-
wertung übernahmen hierfür die Bundespolizei, die bayerische Polizei und
die Bundeszollverwaltung?

19. Inwieweit gibt die Kommentierung der italienischen Migrationspolitik
durch den bayerischen Innenminister als „Asyltourismus“ auch die Haltung
der Bundesregierung wieder (Pressemitteilung vom 13. November 2014,
abgerufen am 26. November 2014)?

20. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung des bayerischen In-
nenministers, der von „Flüchtlingsströme[n] aus Italien“ spricht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3397
21. Inwiefern sieht die Bundesregierung, wie der bayerische Innenminister, in
der Politik Italiens einen „krasse[n] Verstoß gegen das Schengener Ab-
kommen“, und worin besteht dieser demnach genau?

22. Inwiefern ist auch die Bundesregierung der Auffassung, dass sich „unter
den Asylbewerbern“ aus Italien auch „leicht Gewalttäter und Terroristen
mischen“ könnten?

23. Wie wird die Zusammensetzung der jeweiligen Patrouillen bestimmt?
24. Wann und wo haben die Patrouillen bereits stattgefunden?
25. Wie viele Personen wurden insgesamt kontrolliert, und welchen weiteren

Maßnahmen wurden diese dabei unterzogen?
26. Wie viele Personen wurden anschließend in Gewahrsam genommen, festge-

nommen oder in Abschiebelager verbracht?
27. Wann und wo sollen zukünftige Patrouillen stattfinden?
28. Wann, wo und von wem werden die Patrouillen ausgewertet?
29. Welche Zwischenergebnisse kann die Bundesregierung zum Nutzen der Pa-

trouillen mitteilen?
30. Wann und von wem wird über das Ende der Patrouillen entschieden, und

welche Kriterien sind hierfür bereits festgelegt worden?
31. Welche anderen „wichtige[en] Maßnahmen“ sind in der Mitteilung des BMI

gemeint, die mit den an den Patrouillen beteiligten Ländern bereits „erfolg-
reich umgesetzt“ werden?

32. Durch welche „weitere[n] konkrete[n] bi- und trilaterale[n] Aktivitäten“
sollen die Patrouillen, wie vom Bundesminister des Innern „mit seinen ita-
lienischen und österreichischen Amtskollegen vereinbart“, zur „Eindäm-
mung der illegalen Migration“ ergänzt werden?

Berlin, den 24.November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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