BT-Drucksache 18/3347

Revision des Euratom-Vertrages

Vom 25. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3347
18. Wahlperiode 25.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner,
Kai Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Elisabeth Scharfenberg,
Maria Klein-Schmeink, Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Revision des Euratom-Vertrages

Der Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Euratom wurde
am 25. März 1957 in Rom unterzeichnet und besteht seitdem nahezu unver-
ändert. So beinhaltet er immer noch die Zielsetzung, „die Voraussetzungen für
die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen, welche die Energie-
erzeugung erweitert, die Technik modernisiert und auf zahlreichen anderen Ge-
bieten zum Wohlstand ihrer Völker beiträgt“. Die Hoffnungen auf eine saubere
und vor allem sichere Energieversorgung durch Atomenergie haben sich jedoch
nicht erfüllt. Das haben vor allem die Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und
Fukushima auf leidvolle Weise deutlich gemacht.
Der politische und gesellschaftliche Wandel bei der Akzeptanz der Atomener-
gie, der mittlerweile stattgefunden hat und seinen Ausdruck im fraktionsüber-
greifend beschlossenen deutschen Atomausstieg gefunden hat, wurde im Eura-
tom-Vertragstext bisher nicht nachvollzogen. Das steht in eklatantem Wider-
spruch zu den Bemühungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union
(EU) insgesamt, eine sichere und nachhaltige Energieversorgung durch erneuer-
bare Energien zu verwirklichen.
Mit der Erklärung zur Schlussakte von Lissabon vom 13. Dezember 2007 hat die
Bundesregierung ihre Unterstützung für eine zeitgemäße Anpassung des Eura-
tom-Vertrages zum Ausdruck gebracht. Auch die Bundesratsinitiative „Ent-
schließung des Bundesrates zur Änderung des Euratom-Vertrages – europa-
weiten Atomausstieg voranbringen“ aus dem Jahr 2011 (Bundesratsdrucksache
276/11) fordert die Bundesregierung auf, sich für die schnelle Einberufung einer
Regierungskonferenz zur grundlegenden Überarbeitung des Euratom-Vertrages
einzusetzen.
In seiner jetzigen Fassung steht der Euratom-Vertrag im Widerspruch zur Ener-
giepolitik seiner Mitgliedstaaten. Für die drängenden energiepolitischen Fragen
des 21. Jahrhunderts bietet er keine Lösungen. Deshalb bedarf es aus Sicht der
Fragesteller der Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für erneuerbare
Energien.

Drucksache 18/3347 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die dem

Euratom-Vertrag zugrunde liegende Zielsetzung, „die Voraussetzungen für
die Entwicklung einer mächtigen Kernindustrie zu schaffen“, nicht mit den
heutigen Zielsetzungen und Erfordernissen einer nachhaltigen Energiepoli-
tik der EU vereinbar ist und der Entwicklung eines zukunftsfähigen Ener-
giekonzeptes entgegensteht (bitte mit Begründung)?

2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Gründe für den Bei-
behalt des Euratom-Vertrages als eigenständiger Vertrag der Mitgliedstaa-
ten anstelle seiner Integration in die neue gemeinschaftliche Architektur der
EU im Zuge des Lissabon-Vertrages?

3. Welche Aufgaben, Projekte und Tätigkeiten stehen aktuell im Zentrum der
Arbeit von Euratom (bitte detailliert aufschlüsseln)?

4. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung bisher unternommen,
um auf EU-Ebene die Einberufung einer Regierungskonferenz zur grund-
legenden Überarbeitung des Euratom-Vertrages voranzubringen (bitte de-
tailliert aufschlüsseln)?

5. Welche konkreten Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Hinblick
auf den Beginn der neuen Amtszeit der Europäischen Kommission und das
neu gewählte Europaparlament konkrete Schritte zur Revision des Eura-
tom-Vertrages einzuleiten?
Wird sie diese umsetzen?
Wenn ja, in welchem zeitlichen Rahmen?
Wenn nein, warum nicht?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Einschätzung weiterer
Mitgliedstaaten der Europäischen Union bezüglich einer Revision von
Euratom (speziell im Zusammenhang mit der Frage der Nutzung der Atom-
energie in Zeiten der Energiewende)?

7. Teilt die Bundesregierung die Forderung der Fragesteller nach der Grün-
dung einer Europäischen Gemeinschaft für erneuerbare Energien, und gibt
es derzeit Bestrebungen in diese Richtung?
Wenn ja, wie sehen diese konkret aus?
Wenn nein, warum nicht?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung bezüglich der Höhe der EU-
Fördermittel, die zur Erforschung unterschiedlicher Energieformen in der
neuen Förderperiode zur Verfügung stehen (bitte nach den Energieträgern
Atomkraft, fossile Energieträger, erneuerbare Energien aus Wasser, Wind-
kraft, Sonne und Biogas aufschlüsseln)?

9. Gibt es in den anderen Energiebereichen (außer im Bereich Atomkraft) eine
Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, z. B. im Be-
reich der erneuerbaren Energien (bitte detailliert aufschlüsseln)?
Welche Initiativen hierzu wurden vonseiten der Bundesregierung ergriffen?

10. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher getroffen, um die For-
derung des Bundesrates (Bundesratsdrucksache 276/11) nach einer Evalu-
ierung „der Bestimmungen des Euratom-Vertrages vor dem Hintergrund der
energiepolitischen Zielsetzungen der EU, des Bundes und der Länder sowie
der vorliegenden Resultate der Stresstests der Kernkraftwerke in den Mit-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3347
gliedstaaten“ umzusetzen, und zu welchen Ergebnissen ist sie dabei gekom-
men?
Inwiefern steht sie dabei in Kontakt mit anderen Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union?

11. Wenn bisher keine Maßnahmen diesbezüglich ergriffen wurden, wird die
Bundesregierung dies noch nachholen, und wenn ja, in welchem zeitlichen
Rahmen?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 25. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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