BT-Drucksache 18/3288

Scanning von Kfz-Kennzeichen

Vom 20. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3288
18. Wahlperiode 20.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Herbert Behrens, Ulla Jelpke, Kerstin Kassner,
Katrin Kunert, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Petra Pau, Martina Renner,
Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Halina
Wawzyniak, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Scanning von Kfz-Kennzeichen

Mithilfe von „automatischen Kennzeichenlesegeräten“ (AKLS) lassen sich die
Kfz-Kennzeichen aller vorbeifahrenden Autos und Lastkraftwagen erfassen.
Die auf diese Art und Weise gelesenen Kennzeichen können dann mit Datenban-
ken daraufhin abgeglichen werden, ob es sich unter Umständen um ein gestoh-
lenes Fahrzeug handelt, um ein Fahrzeug, das zurzeit gar nicht zugelassen oder
versichert ist, oder ob gar nach diesem Kennzeichen aktuell gefahndet wird.
Im Leitsatz 4 des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) 1BvR2074/05
bzw. 1BvR1254/07 vom 11. März 2008 (www.bundesverfassungsgericht.de/
entscheidungen/rs20080311_1bvr 207405.html) stellte das BVerfG fest:
„Die automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht anlass-
los erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Der Grundsatz der Ver-
hältnismäßigkeit im engeren Sinne ist im Übrigen nicht gewahrt, wenn die
gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von
Kraftfahrzeugkennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder
allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen
einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben. Die stichpro-
benhafte Durchführung einer solchen Maßnahme kann gegebenenfalls zu Ein-
griffen von lediglich geringerer Intensität zulässig sein.“
Weiter heißt es in den Randnummern 77 und 78:
„Von maßgebender Bedeutung für das Gewicht des Grundrechtseingriffs ist zum
einen, welche Persönlichkeitsrelevanz die Informationen aufweisen, die von der
informationsbezogenen Maßnahme erfasst werden. Mit in den Blick zu nehmen
ist auch die Persönlichkeitsrelevanz der Informationen, die durch eine weiterge-
hende Verarbeitung und Verknüpfung der erfassten Informationen gewonnen
werden sollen.
Ferner ist bedeutsam, ob der Betroffene einen ihm zurechenbaren Anlass, etwa
durch eine Rechtsverletzung, für die Erhebung geschaffen hat oder ob sie anlass-
los erfolgt und damit praktisch jeden treffen kann.
Informationserhebungen gegenüber Personen, die den Eingriff durch ihr Verhal-
ten nicht veranlasst haben, sind grundsätzlich von höherer Eingriffsintensität als
anlassbezogene. Werden Personen, die keinen Erhebungsanlass gegeben haben,
in großer Zahl in den Wirkungsbereich einer Maßnahme einbezogen, können
von ihr auch allgemeine Einschüchterungseffekte ausgehen, die zu Beeinträch-
tigungen bei der Ausübung von Grundrechten führen können. Die Unbefangen-

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heit des Verhaltens wird insbesondere gefährdet, wenn die Streubreite von Er-
mittlungsmaßnahmen dazu beiträgt, dass Risiken des Missbrauchs und ein Ge-
fühl des Überwachtwerdens entstehen. Das aber ist gerade bei der seriellen Er-
fassung von Informationen in großer Zahl der Fall.“
In einigen Bundesländern wird die automatische Kennzeichenerfassung durch
die dortigen Landespolizeien punktuell angewendet. So werden u. a. im Freistaat
Bayern derzeit an zwölf Standorten, elf davon sind Autobahnen, 30 Fahrspuren
überwacht (vgl. BVerwG, Pressemitteilung vom 22. Oktober 2014 zum Urteil
vom 22. Oktober 2014, 6 C 7.13). Dabei erfassen laut Kläger, mit Verweis auf
Angaben des Landes vor dem Verwaltungsgerichtshof, die Geräte 185 Fahrzeuge
pro Minute. Nur 500 bis 600 mal im Monat, das entspricht etwa 0,0075 Prozent
der erfassten Kennzeichen, läge dabei tatsächlich ein Treffer vor, der zur Veran-
lassung einer polizeilichen Maßnahme führt. Von der Überwachung seien
monatlich circa acht Millionen Menschen betroffen (vgl. Revisionsbegründung
des Klägers vom 3. Mai 2013). Laut der Antwort der hessischen Landesregie-
rung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Jürgen Frömmert (Landtags-
drucksache 18/7590 vom 11. September 2013) hat die hessische Polizei in der
Zeit vom 2. Dezember 2010 bis 30. Juni 2013 (31 Monate) 4 309 526 Nummern-
schilder von Autos erfasst und automatisch mit Fahndungsdaten abgeglichen.
Dabei wurden 1 446 Treffer gezählt, was einer Trefferquote von 0,0336 Prozent
entspricht. In Niedersachsen steigt die Zahl der Kennzeichen-Massen-Scree-
nings seit Jahren kontinuierlich an (vgl. Antwort der niedersächsischen Landes-
regierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP, Landtagsdrucksache
17/1532 vom 9. Mai 2014). Am 30. September 2014 kündigte der niedersächsi-
sche Innenminister, Boris Pistorius, zudem an, in Niedersachsen das bundesweit
erste Pilotprojekt zur „Sektions-Geschwindigkeits-Kontrolle“ durchführen zu
wollen, in dessen Rahmen sämtliche Kraftfahrzeuge an zwei Stationen über-
wacht und identifiziert werden sollen, um anschließend auswerten zu können, ob
eine Geschwindigkeitsübertretung vorliegt oder nicht (Pressemitteilung des
niedersächsischen Innenministers vom 30. September 2014). Das Landeskrimi-
nalamt Brandenburg besitzt nach Medienberichten derzeit vier stationäre und
einen mobilen Scanner, die vermutlich an den Autobahnabschnitten A11 (Höhe
Prenden, nur Fahrtrichtung Nord), A12 (zwischen AS Storkow und AS Fürsten-
walde, beide Fahrtrichtungen) und A15 (zwischen AS Großlübbenau und
AS Vetschau, beide Fahrtrichtungen) im Einsatz sind (vgl. netzpolitik.org vom
12. Juli 2013).
Nach Aussagen des technischen Leiters der Firma Vitronic, einem der führenden
deutschen Hersteller von Bildverarbeitungssystemen zur automatisierten Kenn-
zeichenkontrolle, vor dem 10. Senat des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
liegt die Lesefehlerquote bei 5 bis 8 Prozent (vgl. Az. 10 BV 09.2641, mündliche
Verhandlung vom 10. Dezember 2012).
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies im Oktober 2014 eine Klage ge-
gen das anlasslose Erfassen und Abgleichen von Kfz-Kennzeichen auf bayri-
schen Straßen ab (BVerwG, 22. Oktober 2014, 6 C 7.13). Die Klage wurde an
das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet.
Die kürzlich bekanntgewordenen Pläne vom Bundesminister für Verkehr und
digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, für eine Pkw-Maut ab dem Jahr 2016
sehen eine elektronische Erfassung sowie einen automatisierten Abgleich der
Nummernschilder vor. Nahezu der gesamte Verkehr auf den deutschen Autobah-
nen soll auf Vorrat gespeichert werden. Der private Betreiber muss laut § 12
Absatz 1 des Entwurfs des Infrastrukturabgabengesetzes (InfrAG-E) die persön-
lichen Daten der „Maut-Kunden“ dann löschen, wenn er auch die Bewegungs-
profile löscht, also nach maximal 13 Monaten. Beim Kraftfahrt-Bundesamt da-
gegen sollen sie sogar erst nach drei vollen Jahren zum Jahresende, bestimmte
Daten wie die Fahrzeugnummer darüber hinaus erst nach sechs Jahren gelöscht

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3288
werden (§ 12 Absatz 2 InfrAG-E). Nach Angaben des Bundesverkehrsministers
sollen die Daten jedoch auf keinen Fall bei Fahndungen zum Einsatz kommen:
„Die Mautdaten werden ausschließlich für die Mautentrichtung aufgenommen
und unter keinen Umständen anderen Zwecken zur Verfügung gestellt, auch
nicht dem Bundeskriminalamt oder anderen Sicherheitsbehörden“ (Bundesver-
kehrsminister Alexander Dobrindt gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ – SZ –
am 2. November 2014). Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg
Ziercke, hatte demgegenüber in der „WELT am SONNTAG“ (2. November
2014) gefordert, Mautdaten in „besonderen Ausnahmefällen der Schwerstkrimi-
nalität“ für die Fahndung zu nutzen. Er sei sich sicher, „dass dies in bestimmten
Fallkonstellationen zu einer schnelleren Täterermittlung führen würde“. Der
vom scheidenden BKA-Präsidenten immer wieder zur Begründung seiner For-
derung, Mautdaten zur Strafverfolgung freizugeben, herangezogene sogenannte
Autotransporter-Fall, taugt allerdings gerade nicht als Beleg. Vorausgegangen
waren hier jahrelange Ermittlungen eher traditioneller Art. Gleichzeitig mit dem
Scannen von fast vier Millionen Kennzeichen im Zeitraum vom 3. Dezember
2012 bis 23. Juni 2013 holte das BKA über eine halbe Million Mobilfunk-Da-
tensätze ein, die mit den Kennzeichen-Daten abgeglichen wurden (vgl. Antwort
der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bun-
destagsdrucksache 17/14794). Gleichwohl erhoben die Strafverfolgungsbehör-
den, wie z. B. der ehemalige Generalbundesanwalt Kay Nehm im Jahr 2008, der
schon Verkehrssünder per Mauterfassung verfolgen wollte (vgl. SZ vom 17. Mai
2010) und einige Bundesminister des Innern (zuletzt der damalige Innenminister
Hans-Peter Friedrich, vgl. SPIEGEL ONLINE vom 6. November 2013) und
auch frühere bayerische Landesinnenminister, wie Günther Beckstein, anläss-
lich populistisch nutzbarer Einzelfälle immer wieder diese Forderungen (vgl.
u. a. Neue Zürcher Zeitung – NZZ – vom 31. Dezember 2002). Das nährt den
Verdacht der Kritikerinnen und Kritiker, dass auch aktuell streng formulierte
Zweckbindungen solcher Befugnisse keineswegs Bestand haben müssen. Un-
klar erscheint außerdem, wieso z. B. die Kennzeichen und Daten von E-Mobilen
erfasst und gespeichert werden, da ein Fahrzeug, das ausschließlich mit einem
Elektromotor betrieben wird, ab dem ersten Tag der Zulassung für zehn oder
fünf Jahre steuerbefreit ist.
Nach Medienberichten setzen verstärkt auch Privatunternehmen ähnliche Sys-
teme offenbar großflächig ein. Laut „Norddeutschem Rundfunk“ (NDR) und
„SZ“ gab ein Hersteller an, dass die Nachfrage extrem hoch sei und alleine diese
Firma in diesem Jahr bereits etwa 200 solcher Anlagen in Parkhäusern und auf
Parkplätzen installiert hätte (vgl. www.ndr.de/nachrichten/Geparkt-gefilmt-
gespeichert,kennzeichen238.html).
Die Anbieter werben demnach ebenfalls mit Erkennungsraten von mehr als
95 Prozent und etlichen Speicher-, Such- und Exportmöglichkeiten für die er-
fassten Daten. Auch als Marketing-Werkzeug wird es angepriesen. „Jeder Park-
und Reservierungsvorgang ist eine willkommene Gelegenheit, Kundendaten zu
generieren.“ (NDR.de vom 21. Oktober 2014)
Die Datenschutzbeauftragten von Hamburg und Schleswig-Holstein betrachten
den Einsatz der Erfassungstechnik kritisch und prüfen derzeit verschiedenste
Fälle. Beispielsweise liege von den Dauerparkern am Hamburger Flughafen
keine Einwilligung zur Speicherung ihrer Daten vor. Im Regelfall existierten in
den Einsatzorten (z. B. Parkhäusern oder Parkplätzen) funktionstüchtige Ein-
fahrt- und Ausfahrtkontrollen, um eine Bezahlung sicherzustellen. Daher wäre
für die Verfolgung berechtigter Unternehmensinteressen eine Kennzeichen-Er-
fassung unter keinem Umstand erforderlich (vgl. ebd.).

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Wir fragen die Bundesregierung:
1. Setzen die Bundespolizei oder andere dem Bundesministerium des Innern

(BMI) unterstehende Polizeibehörden Kfz-Kennzeichenscanner ein?
Wenn ja, auf welcher gesetzlichen Grundlage?

2. Welche Daten, insbesondere personenbezogene Daten, werden durch den
Kennzeichenscanner erfasst, und wie und mit welcher Begründung werden
sie verwendet?

3. Wo befinden sich derartige Autobahnvideoüberwachungsanlagen im De-
tail?

4. Den Einsatz von Kfz-Scannern durch Bundesbehörden vorausgesetzt, wie
viele Kennzeichenscanner welcher Art und Herkunft sind wo, seit wann und
durch wen in Betrieb (bitte nach Anzahl der Scanner, Art und Herkunft der
Scanner, Standort, Datum der Inbetriebnahme, betreuende Institution auf-
schlüsseln)?

5. Wie viele Kennzeichen wurden durch die einzelnen Scanner seit dem Jahr
2013 erfasst, und wie viele Treffer im Sinne von erfolgreichen Ermittlungen
bzw. Strafverfolgungen welcher Art von Delikten hat es gegeben (bitte nach
Standort des Scanners, Anzahl der erfassten Kennzeichen, sich daraus erge-
benden Ermittlungen bzw. Strafverfolgungen und nach Tatbestand bzw.
Rechtgrundlage der Ermittlungen aufschlüsseln)?

6. Wie hoch ist die auf technischen Ursachen basierende Fehlerquote der Ge-
räte, und durch welche technischen Mängel kommt es zu Fehlern bei der
Erfassung der Daten (bitte nach Gerätetyp, Hersteller und Fehlerquote, Ver-
suchs- und Wirkbetrieb aufschlüsseln)?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Fehlerquoten bei auf
dem Markt befindlichen Kennzeichenscannern allgemein (bitte nach Gerä-
tetyp, Hersteller und Fehlerquote aufschlüsseln), und wie bewertet sie diese
jeweils im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des verfolgten Zwecks im
Sinne der Geeignetheit?

8. Wie hoch ist die Quote der Fehlidentifizierung durch die von den Kfz-Scan-
nern gelieferten Daten und die der damit einhergehenden Ermittlungsfeh-
ler?

9. Wie oft wurden in Fällen von Fehlidentifizierungen polizeiliche Maßnah-
men eingeleitet (bitte nach Jahren und Bundesländern aufschlüsseln)?

10. Welche polizeilichen Maßnahmen waren dies (bitte nach Jahren, Maß-
nahme und Bundesländern, z. B. Datenabgleich, persönliche Befragung,
Hausdurchsuchung, vorläufige Festnahmen aufschlüsseln)?

11. Sind Ergebnisüberprüfungen und Korrekturen durch eingesetztes Personal
nötig, und wie und von wem werden diese ggf. vorgenommen (bitte nach
Bundesland, Behörde, Personalanzahl und Kosten aufschlüsseln)?

12. Wie hoch sind die Kosten, die durch die jeweiligen Scanner seit 2013 ent-
standen sind (bitte nach Scanner, Standort, Kosten und Gesamtkosten der
Scanner-Nutzung seit 2013 aufschlüsseln)?

13. Wie lange werden die durch die Kfz-Scanner erfassten Daten durch wen ge-
speichert, und wer hat darauf Zugriff?

14. Mit welchen Datenbanken der Bundespolizei und anderer, auch europä-
ischer, Polizeibehörden werden die Daten abgeglichen?

15. Unter welchen Voraussetzungen und auf welcher rechtlichen Grundlage
werden bisher Mautdaten den Nachrichtendiensten des Bundes und der
Länder zugänglich gemacht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3288
16. An welcher Stelle im InfrAG-E wird definitiv ausgeschlossen, dass die
mittels des Mautsystems erfassten und verarbeiteten Daten nicht an andere
Behörden weitergegeben werden?

17. Inwieweit beinhaltet der Gesetzentwurf „die strengste Datenschutzvor-
schrift, die wir kennen“?

18. Wieso wird auf eine Speicherung der Bewegungsdaten und Fotos im Ge-
setzentwurf nicht gänzlich verzichtet?

19. Wozu wird das zur „Erhebung, Speicherung und Verarbeitung“ nach §10
Absatz 2 Nummer 1 InfrAG-E bezeichnete „Bild des Kraftfahrzeugs“ kon-
kret benötigt, und wie wird diese Verarbeitung personenbezogener und
sensibler Daten im Sinne der Verhältnismäßigkeit begründet (bitte auch
Modellsituationen darstellen)?

20. Wie soll das Problem der Erfassung von Nummernschildern nichtmaut-
pflichtiger Fahrzeuge (z. B. E-Mobile oder Kfz von behinderten Personen)
gelöst werden, und um wie viele Fahrzeuge bzw. betroffene Personen han-
delt es sich dabei?

21. Haben die Mautdaten für die Bundesregierung eine persönlichkeitsrecht-
liche Relevanz, und wenn ja, betrachtet die Bundesregierung die Mautdaten
als mit den Telekommunikations-Vorratsdaten vergleichbar (bitte begrün-
den)?

22. Wie sind bei einer Speicherung der Bewegungsprofile bei einem privaten
Betreiber anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Da-
tensicherheit gewährleistet?

23. Welche Vorgaben gibt es in Sachen Datenschutz, IT-Systemschutz und an-
zuwendende Datenverarbeitungsverfahren und Datenübertragungsverfah-
ren bei Ausführung der Kontrolle „durch einen privaten Dritten“, wie in § 10
InfrAG-E beschrieben?

24. Kennt die Bundesregierung alternative Möglichkeiten der Mauterhebung
auf deutschen Straßen, die ohne eine elektronische Erfassung der Kfz-
Kennzeichen auskommen, und wenn ja,
a) welche,
b) welche Vor- und Nachteile haben sie nach Kenntnisstand der Bundes-

regierung gegenüber der geplanten Variante,
c) welche Kosten, bzw. Einnahmen wären damit jeweils verbunden,
d) welche grundrechtsrelevanten Risiken bestehen aus Sicht der Bundes-

regierung jeweils bei den alternativen Maut-Konzepten?
25. Wie positioniert sich die Bundesregierung gegenüber der Forderung des

Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs e. V. (ADAC) zu einem „Recht
auf datenfreie Fahrt“ (www.datenschutzverein.de, DANA-Datenschutz-
nachrichten, Ausgabe 4/2009 – bitte begründen)?

26. Gibt es zum Zeitpunkt der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage schon
Voranfragen, Gespräche oder Kontakte mit „privaten Dritten“ bezüglich der
Übernahme von Kontrollaufgaben entsprechend § 10 InfrAG-E, und wenn
ja, welche Dritte sind das?

27. Mit welchem Termin rechnet die Bundesregierung für den Beginn einer
Ausschreibung für die Übernahme von Aufgaben durch private Anbieter im
Rahmen der Pkw-Maut?

Drucksache 18/3288 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
28. Gibt oder gab es Überlegungen, Teile der Infrastruktur des Toll Collect Sys-
tems zu nutzen und bei der Umsetzung der Maut-Überwachung entspre-
chend des vorgelegten Gesetzentwurfes einzubinden?
Wenn ja, welche, und in welchem Umfang?

29. Wie ist der Stand des Prozesses bzw. Schiedsverfahrens zwischen der Bun-
desrepublik Deutschland und dem Toll Collect Konsortium?

30. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass die Daimler AG und
damit mittelbar die Daimler Financial Services AG als 45-prozentiger An-
teilseigner der Toll Collect GmbH keinerlei Rücklagen für dieses Schieds-
verfahren gebildet hat (www.devianzen.de „Daimler verweigert sich seiner
Vergangenheit“, www.manager-magazin.de „Bund erwägt Milliardenrabatt
für Daimler und Deutsche Telekom“), bei dem es immerhin um eine Streit-
summe von mehr als 7 Mrd. Euro geht?

31. Stimmt die Bundesregierung der Auffassung der Fragesteller zu, dass sich
aus dieser Tatsache die Annahme herleiten lässt, dass die Daimler AG of-
fenbar seit Jahren davon ausgeht, dass es zu keinen Strafzahlungen für die
um 16 Monate verspätete Einführung des Toll Collect Systems kommen
wird, und inwiefern sind der Bundesregierung Anhaltspunkte für die Be-
gründung einer solchen Annahme bekannt?

32. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Art und den Umfang der
Erfassung von Kennzeichen auch im nichtstaatlichen Bereich, bspw. in
Parkhäusern, Parkplätzen oder auf Campingplätzen, und welche Zahlen lie-
gen ihr diesbezüglich für die Entwicklung der letzten Jahre seit dem Jahr
2009 vor (bitte nach Jahr, Ort und Zweck der Anwendung aufschlüsseln)?

33. Sieht die Bundesregierung hier datenschutzrechtliche Probleme, z. B. bei
der Einwilligung zur Speicherung der Daten, der Speicherdauer, der Bil-
dung von Bewegungsprofilen oder der Nutzung zu Marketingzwecken, und
wenn ja, welche?
Wenn nein, warum nicht?

34. Sieht die Bundesregierung diesbezüglich eigenen Handlungsbedarf, und
wenn ja, in welcher Form?

Berlin, den 19. November 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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