BT-Drucksache 18/3141

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/2710 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/588 - Kooperationsverbot abschaffen - Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz verankern c) zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Katja Dörner, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/2747- Kooperationsverbot kippen - Zusammenarbeit von Bund und Ländern für bessere Bildung und Wissenschaft ermöglichen

Vom 11. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3141
18. Wahlperiode 11.11.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 18/2710 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91b)

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Diana Golze,
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/588 –

Kooperationsverbot abschaffen – Gemeinschaftsaufgabe Bildung
im Grundgesetz verankern

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Kai Gehring, Katja Dörner, Ekin Deligöz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/2747 –

Kooperationsverbot kippen – Zusammenarbeit von Bund und Ländern
für bessere Bildung und Wissenschaft ermöglichen

A. Problem
Zu Buchstabe a
Den Hochschulen kommt eine zentrale Rolle für eine wettbewerbsfähige Wissen-
schafts- und Forschungslandschaft zu. Sie sind mit ihrer Einheit aus Forschung und

Drucksache 18/3141 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Lehre ein unverzichtbares Element des Wissenschaftssystems. Auch bilden sie ge-
genwärtig mehr als 50 Prozent eines Altersjahrganges aus. Hierbei begegnen sie viel-
fältigen Herausforderungen. Gegenwärtig kann der Bund gemeinsam mit den Län-
dern gemäß Artikel 91b Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen in Fällen überregionaler Bedeutung institutionell fördern.
Einrichtungen von Wissenschaft und Forschung der Hochschulen kann der Bund
nicht in gleicher Weise unterstützen.
Zu Buchstabe b
Durch die Föderalismusreform 2006 fällt in Deutschland der gesamte Bereich der
Verwaltung, Organisation und Gesetzgebung von Bildung in den Zuständigkeitsbe-
reich der Bundesländer. Hierdurch wurde der Wettbewerbsföderalismus verschärft,
so dass insbesondere finanzschwache Bundesländer nicht mehr genügend Mittel für
die Ausstattung ihres Bildungssystems haben. Gute Bildung ist jedoch ein gesamt-
gesellschaftliches Anliegen, das gesamtgesellschaftlich finanziert werden muss. Die
soziale Lage der Betroffenen darf nicht den Bildungszugang und den Bildungserfolg
bestimmen.
Zu Buchstabe c
Die Entscheidung zur Einführung des Kooperationsverbots im Jahr 2006 ist eine
Fehlentscheidung gewesen. Die damals geäußerten Befürchtungen sind inzwischen
eingetreten; das Bildungs- und Wissenschaftssystem weist eine erhebliche Investiti-
onsschwäche und einen gravierenden Modernisierungsstau auf. Mit dem Gesetzent-
wurf der Bundesregierung soll eine sachgerechte Kooperation in der Wissenschaft
zwischen Bund und Ländern wieder ermöglicht werden. Jedoch sollen die verfas-
sungsrechtlichen Barrieren im Bereich der Bildung bestehen bleiben.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Durch die Neufassung des Artikels 91b Absatz 1 des Grundgesetzes soll ein umfas-
senderes Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Förderung von Wissen-
schaft, Forschung und Lehre in Fällen überregionaler Bedeutung ermöglicht werden,
ohne die föderale Grundordnung zu berühren. Diese erweiterte Kooperation von
Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich soll es insbesondere gestatten, neben
Vorhaben auch Einrichtungen der Hochschulen langfristig zu fördern. Die nationa-
len und internationalen Perspektiven sollen durch die Möglichkeit einer gemeinsa-
men Grundfinanzierung der Hochschulen durch Bund und Länder gestärkt werden.
Zudem eröffnet die Grundgesetzänderung Perspektiven der Förderung des wissen-
schaftlichen Nachwuchses.
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/2710 in unveränderter Fas-
sung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN.
Zu Buchstabe b
Es muss eine umfassende Gemeinschaftsaufgabe „Bildung“ durch eine Grundge-
setzänderung geschaffen werden. Auch soll der Bund die Möglichkeit haben, unab-
hängig von seiner Gesetzgebungskompetenz, Mittel bereitzustellen. Weiterhin soll
im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Bildung“ ein kooperatives Gremium einbe-
rufen werden, das als „Bildungsrat“ die wesentlichen Akteure des Bildungs- und
Wissenschaftssystems repräsentiert.
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/588 mit den Stimmen der Fraktio-
nen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3141
Zu Buchstabe c
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung weist in die richtige Richtung. Insbeson-
dere eröffne er dauerhafte Möglichkeiten, Forschung und Lehre an Hochschulen von
dem Bund mit unterstützen zu lassen. Die großen bildungs- und wissenschaftspoli-
tischen Herausforderungen, vor denen die Bundesrepublik Deutschland steht, lassen
sich jedoch in nur gemeinsamer gesamtstaatlicher Verantwortung bewältigen. Zu-
dem ist das vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip dazu geeignet, innovative Entschei-
dungen zu verzögern. Ein moderner und kluger Bildungsföderalismus muss auch die
schulische Bildung umfassen. Da der Gesetzesvorschlag der Bundesregierung zwar
die Kooperation im Bereich der Wissenschaft zwischen Bund und Ländern möglich
machen soll, im Bildungsbereich jedoch die verfassungsrechtliche Barriere des Ko-
operationsverbotes bestehen bleiben soll, ist die geplante Grundgesetzänderung nur
die Lösung der Hälfte des Problems. Das Grundgesetz muss so geändert werden,
dass Bund und Länder gemeinsam Vereinbarungen auch im Bereich der allgemeinen
Bildung treffen können.
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/2747 mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/2710.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.

E. Erfüllungsaufwand
Keiner.

F. Weitere Kosten
Keine.
Drucksache 18/3141 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2710 unverändert anzunehmen;
b) den Antrag auf Drucksache 18/588 abzulehnen;
c) den Antrag auf Drucksache 18/2747 abzulehnen.

Berlin, den 5. November 2014

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Patricia Lips
Vorsitzende

Albert Rupprecht
Berichterstatter

Dr. Ernst Dieter Rossmann
Berichterstatter

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3141
Bericht der Abgeordneten Albert Rupprecht, Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Dr. Rosemarie Hein und Kai Gehring

I. Überweisung

Zu Buchstabe a
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2710 in seiner 58. Sitzung am 10.10.2014
beraten und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Bera-
tung und dem Innenausschuss, dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur Mitberatung sowie dem
Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung gutachtlich überwiesen.
Zu Buchstabe b
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/588 in seiner 26. Sitzung am 03.04.2014 beraten
und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung und
dem Innenausschuss, dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, dem Haushaltsausschuss, dem Aus-
schuss für Tourismus sowie dem Ausschuss Digitale Agenda zur Mitberatung überwiesen.
Zu Buchstabe c
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/2747 in seiner 58. Sitzung am 10.10.2014 beraten
und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung und
dem Innenausschuss, dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, dem Haushaltsausschuss sowie dem
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a
Während Bund und Länder gemeinsam außeruniversitäre Forschungseinrichtungen institutionell fördern kön-
nen, können Hochschulen nach gegenwärtiger Gesetzeslage lediglich in Form von thematisch und zeitlich be-
grenzten Projekten durch den Bund unterstützt werden. Da die Hochschulen mit ihrer Einheit aus Forschung
und Lehre ein zentrales Element des Wissenschaftssystems bilden, darüber hinaus noch die Aufgaben des Wis-
sens- und Technologietransfers tragen sowie mehr als 50 Prozent eines Altersjahrganges ausbilden, soll mit der
Grundgesetzänderung eine langfristige Förderung von Hochschulen, Einzelinstituten und Institutsverbünden
durch den Bund ermöglicht werden. Diese Kooperationsmöglichkeiten von Bund und Ländern im Rahmen
einer Gemeinschaftsaufgabe sollen die föderale Grundordnung nicht berühren; insbesondere soll die Zustän-
digkeit für das Hochschulwesen bei den Ländern verbleiben.
Durch die Grundgesetzänderung sollen Bund und Länder gemeinsam die Grundfinanzierung der Hochschulen
auf eine breitere Basis stellen und ihnen Planungssicherheit sowie verlässliche Perspektiven bieten können.
Auch sollen Verbindungen von Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen gemeinsam durch Bund und
Ländern unterstützt und effizienter ausgestaltet werden können. Die bisherigen rechtlichen und verwaltungs-
technischen Probleme der aufgrund der Verfassungsrechtslage notwendigen Trennung der Finanzströme sollen
zukünftig vermieden werden.
Die in Zukunft mögliche institutionelle Förderung der Hochschulen durch Bundesmittel wird erweiterte Mög-
lichkeiten bieten, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und die bisher befristeten Programme, wie
z. B. den Hochschulpakt 2020 oder die Exzellenzinitiative, auf eine neue Grundlage zu stellen.
Zu Buchstabe b
Durch die Föderalismusreform sei auf Druck der damals unionsregierten Länder der Wettbewerbsföderalismus
verschärft worden. Die finanzschwachen Länder hätten nunmehr nicht die Möglichkeit, genügend Mittel für
die grundständige Bildung in der Breite bereit zu stellen. Die Unterfinanzierung des Bildungssystems sei seit
dem Bildungsgipfel 2008 von allen im Bundestag vertretenen Parteien anerkannt. So sei der prozentuale Anteil
der Schüler-/innen, die keinen Hauptschulabschluss erreichen, mit 5,9 Prozent viel zu hoch. Des Weiteren sei
die soziale Lage der Betroffenen ein entscheidendes Kriterium für den Bildungszugang und Bildungserfolg des
Einzelnen. Letztlich seien die 2 Millionen junge Erwachsene im Alter zwischen 20 bis 34 Jahren, die keine

Drucksache 18/3141 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ausbildung haben, nicht hinnehmbar. Auch der freie Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium sei auf-
grund mangelnder Ausfinanzierung der Studienplätze und fehlender Koordinierung nicht gewährleistet. Letzt-
lich gebe es erheblichen Sanierungs- und Ausbaubedarf an den Gebäuden der Hochschulen sowie ein Missstand
bei der prekären Beschäftigung in der Wissenschaft.
Es müsse daher in Zukunft möglich sein, eine alleinige Finanzierung des Bundes oder eine gemeinsame Finan-
zierung durch den Bund und die Länder in Bereichen von Bildung, Wissenschaft und Forschung zu ermögli-
chen, um eine notwendige neue Kooperationskultur zu schaffen. Gute Bildung sei ein gesamtgesellschaftliches
Anliegen und müsse auch so finanziert werden. Die allgemeinen Ausgaben für Bildung müssten in der Bun-
desrepublik erheblich erhöht werden. Die bisherigen Anstrengungen der Bundesregierung seien völlig unzu-
reichend.
Der Deutsche Bundestag solle daher die Bundesregierung auffordern,
unverzüglich einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes vorzulegen, sodass das Kooperations-

verbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufgehoben und stattdessen eine umfassende Gemein-
schaftsaufgabe „Bildung“ in Artikel 91b im Grundgesetz verankert wird;

die Bundesförderung auf Bereiche zu erstrecken, in denen der Bund keine Gesetzgebungskompetenz besitzt
und

einen Bildungsrat zu berufen, in dem die wesentlichen gesellschaftlichen Akteure des Bildungs- und Wis-
senschaftssystems vertreten sein sollen.

Zu Buchstabe c
Gravierender Modernisierungsstau und erhebliche Investitionsschwäche seien die Folge einer eklatanten Un-
terfinanzierung des Bildungs- und Wissenschaftssystems. Die Einführung des Kooperationsverbots im Grund-
gesetz durch die Große Koalition im Jahr 2006 habe diese Fehlentwicklung verstärkt. Der vorliegende Gesetz-
entwurf zur Aufhebung des Kooperationsverbots im Wissenschaftsbereich gehe zwar in die richtige Richtung,
löse jedoch nur die Hälfte des Problems:
Die Kooperation von Bund und Ländern im Bereich der Wissenschaft soll in Zukunft wieder möglich werden,
in der Bildung solle jedoch die verfassungsrechtliche Barriere stehen bleiben. Zwar würden im Bereich der
Wissenschaft in Zukunft dauerhafte Möglichkeiten eröffnet, damit der Bund Forschung und Lehre an den
Hochschulen mit unterstützen und verbessern könne, doch ließen sich die großen bildungs- und wissenschafts-
politischen Herausforderungen nur in gemeinsamer gesamtstaatlicher Verantwortung bewältigen. Gute Hoch-
schulen bedürften eines gesicherten Fundaments aus Kitas, Schulen und dualer Ausbildung. Daher sei es mehr
als überfällig, eine Modernisierung und kluge Gestaltung des Bildungsföderalismus vorzunehmen. Die jetzt
nach Aussage der Bundesregierung angestrebte „neue Ära der Kooperation“ verliere im Übrigen an Glaubwür-
digkeit, wenn zugleich die Entlastung der Länder von dem Finanzierungsanteil beim Bundesausbildungsförde-
rungsgesetz an die Zustimmung der Länder zu der Grundgesetzänderung im Bundesrat gekoppelt sei.
Die Bundesregierung solle daher vom Deutschen Bundestag aufgefordert werden, im anstehenden Gesetzes-
vorhaben
das Junktim zwischen der 25. Novelle des Bundesausbildungsförderungsgesetzes und der Änderung des

Artikels 91b GG zugunsten sinnvoller und sachlicher Beratungsprozesse für beide Vorhaben aufzugeben,
das Einstimmigkeitserfordernis aus dem Entwurf zu streichen

sowie einen Vorschlag für eine Grundgesetzänderung vorzulegen, damit auch im Bereich der allgemeinen
Bildung auf der Grundlage gemeinsamer Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern diese zusammenar-
beiten können.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a
Der mitberatende Innenausschuss und der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz haben jeweils in
ihren Sitzungen am 05.11.2014 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2710 anzunehmen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3141
Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich in seiner 8. Sitzung am 24. September
2014 mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung befasst und eine Gutachtliche Stellungnahme (Ausschuss-
drucksache 18(18)43) verbunden mit einer Prüfbitte abgegeben. Diese umfasst die Feststellung, dass eine
Nachhaltigkeitsrelevanz gegeben ist und sich der Bezug zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie hinsichtlich
der Managementregel 7 (Generationengerechtigkeit der öffentlichen Haushalte) sowie der Indikatoren: 8 (In-
novation), 9 (Bildung), 10 (Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) und 18 (Gleichstellung) ergibt.
Der Parlamentarische Beirat hat den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung gebe-
ten, bei der Bundesregierung nachzufragen, „warum die o. g. Bezüge zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie
nicht hergestellt wurden“.
Das Bundesministerium des Innern sowie das Bundesministerium für Bildung und Forschung nahmen für die
Bundesregierung mit Schreiben vom 28.10.2014 (Ausschussdrucksache 18(18)50 wie folgt Stellung:
„I.
Mit der Neufassung des Artikels 91b Absatz 1 GG werden die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für
eine erweiterte Kooperation von Bund und Ländern im Wissenschaftsbereich geschaffen. Gegenwärtig können
Bund und Länder gemeinsam nur außeruniversitäre Forschungseinrichtungen institutionell fördern, während
der Bund Hochschulen lediglich projektbezogen fördern kann. Die Grundgesetzänderung ermöglicht eine lang-
fristige finanzielle Förderung von Hochschulen, einzelnen Instituten oder Institutsverbünden, eine Stärkung
ihrer nationalen und internationalen Leistungs- sowie Wettbewerbsfähigkeit und schafft Perspektiven für den
wissenschaftlichen Nachwuchs.
Der durch die Grundgesetzänderung neu geschaffene Gestaltungsspielraum für die Bund-Länder-Zusammen-
arbeit im Wissenschaftsbereich bedarf der Konkretisierung und Ausfüllung durch den Abschluss von Bund-
Länder-Vereinbarungen. Es ist zu erwarten, dass die durch die Grundgesetzänderung ermöglichten Bund-Län-
der-Vereinbarungen die Vorgaben und Zielsetzungen der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen
werden. Entsprechende Ausführungen enthalten das Vorblatt und die Begründung des Gesetzentwurfs. Hierauf
nimmt die Bundesregierung Bezug. Die vorgesehene Verfassungsänderung selbst hat, anders als die Änderung
einfachen Rechts, grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen. Unmittelbare Folgen ergeben sich aus der
Ausformung der Verfassungsänderung, die dieser nachfolgen.
Bildung, Wissenschaft und Forschung sind von überragender Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung,
gleiche Lebenschancen der Menschen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft.
Das deutsche Wissenschaftssystem leistet einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unseres Landes
und unserer Gesellschaft. Im Zentrum dieses Wissenschaftssystems stehen die Hochschulen, die Forschung
und Lehre vereinen. Sie sind von besonderer Bedeutung und erbringen herausragende Leistungen in der Aus-
bildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sowie der Wissenschaft und Forschung. Im Koalitionsvertrag
vom November 2013 ist das Ziel formuliert, die Dynamik der Exzellenzinitiative, des Hochschulpakts und des
Pakts für Forschung und Innovation zu erhalten, deren Leistungen für das Wissenschaftssystem weiter zu ent-
wickeln und die Wissenschaftsförderung insgesamt auszubauen.
Als Kernanliegen sind die Stärkung der Hochschulen und Wissenschaftsorganisationen sowie die Förderung
strategischer Profile und Kooperationen im Wissenschaftssystem genannt. Dazu gehört auch die Gewährleis-
tung von Planungssicherheit und die Schaffung einer nachhaltigen Perspektive für das deutsche Wissenschafts-
system.
Dafür schafft die Verfassungsänderung Raum.
II.
Zu den zu erwartenden Auswirkungen der Grundgesetzänderung auf die vom Parlamentarischen Beirat für
nachhaltige Entwicklung genannten Managementziele und Indikatoren im Einzelnen:
Die Managementregel 7 (Generationengerechtigkeit der öffentlichen Haushalte) und die Indikatoren 8 (Inno-
vation), 9 (Bildung), 10 (Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) sowie 18 (Gleichstellung) der nationalen Nach-
haltigkeitsstrategie sind zwar mittelbar betroffen. Die Regelungen berühren jedoch keine Aspekte einer nach-
haltigen Entwicklung, die ihr entgegenstehen könnten.
Es ist zu erwarten, dass die geplante Grundgesetzänderung mittelbar positive Impulse auf die Themenbereiche
„Innovation“ (Indikator 8), „Bildung – Bildung und Qualifikation kontinuierlich verbessern“ (Indikator 9),
„Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ (Indikator 10), „Gleichstellung“ (Indikator 18) und „Generationengerech-

Drucksache 18/3141 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
tigkeit“ (Managementregel 7) haben wird, da neue Gestaltungsmöglichkeiten zum Abschluss von Bund-Län-
der-Vereinbarungen im Wissenschaftsbereich eröffnet werden. Der Gesetzentwurf trägt somit mittelbar zur
Lösung wichtiger Herausforderungen in den o.g. Bereichen bei.
Das Vorhaben entspricht der Generationengerechtigkeit der öffentlichen Haushalte (Managementregel 7). Die
Verfassungsänderung ist mit den Anstrengungen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes vereinbar. Durch
die Verfassungsänderung selbst ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.
Mit der Verfassungsänderung werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Bund und die Länder
gemeinsam die Grundfinanzierung der Hochschulen stärken und ihnen verlässliche Perspektiven und Planungs-
sicherheit geben können. Es ist zu erwarten, dass die so erweiterten Kooperationsmöglichkeiten von Bund und
Ländern die Voraussetzung für eine deutliche Stärkung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen
Hochschulen in der Breite und in der Spitze schaffen. Es wird ermöglicht, Zukunft mit neuen Lösungen zu
gestalten und öffentliche Mittel für Forschung und Qualifikation kontinuierlich zu verbessern, entsprechend
den Indikatoren „Innovation“ (Indikator 8), „Bildung – Bildung und Qualifikation kontinuierlich verbessern“
(Indikator 9) und 10 („Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“).
Die Hochschulen sind mit ihrer Einheit aus Forschung und Lehre das zentrale Element des Wissenschaftssys-
tems. Die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Hochschulen trägt daher zur Sicherung zukünftigen Wachstums
und Wohlstands sowie der Innovationsfähigkeit Deutschlands bei.
Die Hochschulen haben eine bedeutende Rolle im Hinblick auf die Sicherung des Qualifizierungsbedarfs, da
sie mittlerweile mehr als 50 % eines Altersjahrgangs ausbilden. Mit der durch die Grundgesetzänderung eröff-
neten Möglichkeit, im Zusammenwirken mit den Ländern Maßnahmen zur Sicherstellung der akademischen
Ausbildung weiterzuentwickeln und neue Maßnahmen, z.B. auch mit Blick auf Perspektiven für den wissen-
schaftlichen Nachwuchs zu fördern, wird ein Beitrag zu den Herausforderungen in diesem Bereich im Sinne
der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie geleistet.
Über die Möglichkeit zur langfristigen Weiterentwicklung oder Neuentwicklung von Programmen wie dem
Professorinnenprogramm erfüllt der Gesetzentwurf mittelbar auch die Vorgabe „Gleichstellung“ (Indikator
18).“
Zu Buchstabe b
Der mitberatende Innenausschuss, der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und der Ausschuss
für Tourismus haben jeweils in ihren Sitzungen am 05.11.2014 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag
auf Drucksache 18/588 abzulehnen.
Der mitberatende Ausschuss Digitale Agenda hat in seiner Sitzung am 05.11.2014 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/588 abzulehnen.
Zu Buchstabe c
Der mitberatende Innenausschuss, der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und der Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben jeweils in ihren Sitzungen am 05.11.2014 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/2747 abzulehnen.
Der mitberatende Haushaltsausschuss hat in seiner Sitzung am 05.11.2014 mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/2747 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Anhörung
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat zu den drei Vorlagen eine öffentli-
che Anhörung am 03.11.2014 mit den nachfolgend genannten Sachverständigen durchgeführt:
Prof. Dr. Max-Emanuel Geis – Lehrstuhl für öffentliches Recht, Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
Prof. Dr. Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz
Prof. em. Dr. Klaus Klemm, Universität Duisburg-Essen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3141
Prof. Dr. Wolfgang Löwer, Institut für Öffentliches Recht, Universität Bonn
Thomas May, Generalsekretär des Wissenschaftsrates (WR)
Prof. Dr. Joybrato Mukherjee, Vizepräsident des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD)
Dr. jur. Margrit Seckelmann, M. A., Deutsches Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung Speyer
Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)
Marco Tullner, Kultusministerkonferenz (KMK), Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Wirt-
schaft des Landes Sachsen-Anhalt
Der eingeladene Sachverständige Dr. Hans-Günter Henneke, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deut-
schen Landkreistages e. V., hat nicht an der Anhörung teilgenommen.
Es lagen zu der Anhörung die schriftlichen Stellungnahmen von neun eingeladenen Sachverständigen vor. Die
Stellungnahmen wurden als Ausschussdrucksachen 18(18)48 a-i verteilt und auf der Webseite des Ausschusses
veröffentlicht.
Der Ausschuss hat die Ergebnisse der Anhörung in seine Schlussberatung mit einbezogen.
2. Ausschussberatung
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat die Vorlagen in seiner 17. Sitzung
am 05.11.2014 abschließend beraten.
Bei den Beratungen wurden die vom Petitionsausschuss zu den Vorlagen auf Drucksache 18/2710 und 18/2747
vier eingereichten Petitionen (Ausschussdrucksachen 18(18)52 und 18(18)52 a-d) mit berücksichtigt.
Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/2710 wurden zwei Änderungsanträge eingebracht:
Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf Ausschussdrucksache 18(18)57:
In Artikel 1 wird
Absatz 1 wie folgt gefasst:
(I) Bund und Länder können auf Grund von Vereinbarungen bei der Förderung von Bildung, Wissenschaft,
Forschung und Lehre zusammenwirken. Vereinbarungen, die im Schwerpunkt Hochschulen oder Schulen be-
treffen, bedürfen der Zustimmung von zwei Dritteln der Länder. Dies gilt nicht für Vereinbarungen über For-
schungsbauten einschließlich Großgeräten.“
Begründung
Das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung gilt seit der von der großen Koalition
verabschiedeten Föderalismusreform von 2006 und wurde auf Druck der unionsregierten Länder Bayern, Hes-
sen und Baden-Württemberg ins Grundgesetz aufgenommen. Seitdem hat sich die Situation bei der Finanzie-
rung der Bildungsaufgaben durch Bund, Länder und Kommunen nicht verbessert. Im Gegenteil: Angesichts
von Wirtschaftskrise und Schuldenbremse ist die Finanzierung guter Bildung in den Ländern und Kommunen
deutlich schwieriger geworden. Die schlechte Ausgangslage bei der Finanzierung öffentlicher Bildung wird
durch wach-sende öffentliche Armut verstärkt. Gute Bildung ist ein gesamtgesellschaftliches An-liegen und
muss auch so finanziert werden. Der Aufgabe, Bildungsfinanzierung als Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Län-
dern und Kommunen zu begreifen, fehlt derzeit die geeignete Grundlage. Spätestens mit dem Bildungsgipfel
2008 in Dresden haben alle im Bundestag vertretenen Parteien anerkannt, dass das Bildungssystem unterfi-
nanziert ist. Die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten erklärten das Thema damals einmütig zur Chef-
sache.
Bereits im Rahmen der Föderalismusreform II hätte die Möglichkeit bestanden, für die politischen Weichen-
stellungen des Dresdner Bildungsgipfels die erforderlichen Korrekturen im Grundgesetz vorzunehmen und den
Fehler von 2006 zu revidieren. Es gab entsprechende Forderungen von Gewerkschaften, Verbänden, Eltern-
vertretungen, Ökonominnen und Ökonomen, Bildungsforscherinnen und -forschern und einigen Landespoliti-
kerinnen und -politikern. Die damalige große Koalition korrigierte ihren Fehler allerdings nicht, im Gegenteil:
mit der Schuldenbremse erschwerte sie die fiskalischen Rahmenbedingungen der Bundesländer weiter. Not-
wendige gesellschaftliche Investitionen wurden weiter der Kassen- und Konjunkturlage der Bundes-länder un-
terworfen. Aktuelle Zahlen aus den Ländern belegen, dass der Sanierungs-bedarf der öffentlichen Schulge-
bäude erheblich ist. Allein im Bundesland Berlin beläuft sich der Sanierungsbedarf an den öffentlichen Schulen
auf 1,9 Milliarden Euro. Demgegenüber kann das Land jährlich nur rund 64 Millionen Euro Sanierungsmittel
bereitstellen (Quelle: Abgeordnetenhaus – Drucksache 17/14477). Dieses Beispiel belegt, dass die Länder
nicht länger in der Lage sind, die notwendigen Investitionen in Bildung zu tätigen. Hinzu kommen notwendige

Drucksache 18/3141 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
personelle Investitionen, um den Herausforderungen der Inklusion sowie insgesamt der besseren Kompetenz-
förderung der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden (vgl. dazu die Ausführungen im Antrag der Fraktion
DIE LINKE auf Bundestagsdrucksache 18/588).
Der Bundestag begrüßt grundsätzlich den vorgelegten Gesetzesentwurf. Mit ihm soll immerhin eine Lockerung
des Kooperationsverbotes dergestalt vorgenommen wer-den, dass künftig das Zusammenwirken von Bund und
Ländern zur Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre erlaubt sein soll.
Allerdings weist der Gesetzentwurf drei zentrale Mängel auf, die vor dem Hintergrund der großen Herausfor-
derungen des deutschen Bildungs- und Wissenschaftssystems aus folgenden Gründen behoben werden müssen:

1. Der Regelungsgehalt des vorliegenden Gesetzentwurfes beschränkt sich auf die Ermöglichung des
Zusammenwirkens zwischen Bund und Ländern bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und
Lehre. Im Bereich der allgemeinen Bildung bleibt eine kooperative Förderung weiterhin versperrt.
Damit wird der größte Teil des Bildungssektors weiterhin systematisch benachteiligt, ob-wohl gerade
hier die Grundlage für die Kompetenzentwicklung, spätere Berufs- und Teilhabechancen junger Men-
schen gelegt wird. Vor diesem Hintergrund sieht dieser Änderungsantrag eine tatbestandliche Erwei-
terung um den Bereich der allgemeinen Bildung vor. Dies entspricht auch der Stellungnahme des
Bundesrates zum vorliegenden Gesetzentwurf: “Zugleich betont der Bundesrat, dass im gesamten Bil-
dungsbereich große Herausforderungen bestehen und es deshalb zukünftig auch in diesem Bereich
neuer Formen der Zusammenarbeit und ein stärkeres Engagement des Bundes bedarf.“ (Bundesrats-
drucksache 323/14).

2. Der Gesetzentwurf beschränkt sich in seiner vorliegenden Fassung zudem auf die Förderung von Ein-
richtungen der Wissenschaft, Forschung und Lehre, die überregionale Bedeutung haben. Das begeg-
net gewichtigen sachlichen Bedenken. Es steht zu befürchten, dass die Bundesregierung mit dieser
Regelung vor allem die Überführung der im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderten Einrichtungen
in eine Regelfinanzierung verfolgt. Dies würde zu einer Verstetigung der Spitzen- und Eliteförderung
zu Lasten der Breitenförderung führen. Das Wissenschaftssystem bedarf aber einer auskömmlichen
und diskriminierungsfreien Förderung sowohl der Breite als auch der Spitze. Der Änderungsantrag
sieht vor dem Hintergrund dieser Erwägungen eine Streichung des Merkmals der überregionalen Be-
deutung vor.

3. Der Gesetzentwurf regelt derzeit hinsichtlich des erforderlichen Quorums für das Zustandekommen
der entsprechenden Vereinbarungen das Prinzip der Einstimmigkeit. Damit wird faktisch jedem Bun-
desland ein Vetorecht eingeräumt. Dies wird zwangsläufig dazu führen, dass der Gegenstand der Ver-
einbarungen im Zweifel auf den kleinsten politischen Nenner zwischen Bundesregierung und Bundes-
ländern reduziert wird und sich nicht an den tatsächlichen Erfordernissen orientieren wird. Zudem
wird so vor dem Hintergrund der üblichen Verhandlungspraxis zwischen Bundesregierung und Bun-
desländern im Bundesrat sowie innerhalb des Vermittlungsausschusses durch das hohe Druckpoten-
tial eines einzelnen Bundeslandes dem Abschluss sachfremder Deals Vorschub geleistet. Das Einstim-
migkeitsprinzip kann auch nicht mit der bei den Bundesländern verbleibenden Gesetzgebungskompe-
tenz in den genannten Bereichen begründet werden. Es ist allein der damaligen politischen Konflikt-
situation in der Föderalismusreformkommission von 2006 geschuldet und verfassungsrechtlich in die-
ser Höhe nicht notwendig (vgl. Ausarbeitung WD 3 – 3000 – 245/14). Aus den genannten Gründen
fordert der Änderungsantrag eine Reduzierung der Zustimmungsquote auf zwei Drittel der Bundes-
länder.

Der Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(18)57 wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt.
Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 18(18)56:
Artikel 1 wird wie folgt gefasst:
Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes
Artikel 91b Absatz 1 und 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt
III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes
vom 11. Juli 2012 (BGBl. I S. 1478) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(1) Bund und Länder können auf der Basis von Vereinbarungen bei der Weiterentwicklung von Wissenschaft,
Forschung und Lehre zusammenarbeiten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3141
(2) Bund und Länder können auf der Basis von Vereinbarungen zur Sicher-stellung der Leistungsfähigkeit und
der Weiterentwicklung des Bildungs-wesens zusammenarbeiten.““
Berlin, den …
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
BEGRÜNDUNG:
Die großen bildungs- und wissenschaftspolitischen Herausforderungen lassen sich nur in gemeinsamer ge-
samtstaatlicher Verantwortung bewältigen. Gute Bildungs- und Forschungspolitik ist immer auch Sozial-,
Wirtschafts- und Integrationspolitik. In der Bildung müssen Kooperationswege geöffnet werden, um mehr Teil-
habe- und Aufstiegschancen zu erreichen sowie die Qualität und Leistungsfähigkeit unseres Bildungswesens
zu steigern.
Zu Absatz 1:
Studierende, wissenschaftlicher Nachwuchs, Lehrende und Forschende im Wissenschaftssystem benötigen
klare Perspektiven und verlässliche Rahmenbedingungen für bessere Lehre und Forschung. Der vorliegende
Entwurf eröffnet die Möglichkeit, dass der Bund dauerhaft Forschung und Lehre an Hochschulen unterstützt.
Die Grundfinanzierung und Ausstattung der Hochschulen kann so auf der Basis von Vereinbarungen gesamt-
staatlich stabilisiert und gestärkt werden. Anders als die Bundesregierung gehen wir davon aus, dass dies auch
eine gemeinsame Anstrengung für einen zukunftsgerechten Hochschulbau umfassen kann.
Die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen brauchen dringend neue praktikable und
dauerhaft verlässliche Wege in der Bund-Länder-Hochschulfinanzierung. Denn auch im nächsten Jahrzehnt
hält der Studierendenboom an und wächst der Forschungsbedarf weiter. Die Grundfinanzierung von Univer-
sitäten und Fachhochschulen muss endlich gesteigert werden. Die bisherige Zusammenarbeit von Bund und
Ländern über zeitlich befristete Wissenschaftspakte reicht hierfür nicht aus. Die Verfassung muss dauerhafte
Finanzierungswege eröffnen, umso mehr Planungssicherheit zu ermöglichen.
Die vorgeschlagene Änderung des Art. 91b Absatz 1 GG bringt eine weitgehende und notwendige Öffnung für
befristete wie unbefristete Kooperationen zwischen Bund und Ländern. Das im Entwurf der Bundesregierung
wiederum verankerte Einstimmigkeitsprinzip wird abgeschafft, da es einer neuen Vertrauens- und Kooperati-
onskultur entgegensteht: Es schafft Blockade-Möglichkeiten und kann innovative Entscheidungen verzögern.
Die Mehrheit, mit der Bund und Länder in der "Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz" Vereinbarungen tref-
fen, muss nicht in der Verfassung festgelegt werden. Mit einer qualifizierten Mehrheit kann die "Gemeinsame
Wissenschaftskonferenz" von Bund und Ländern leichter innovative Prozesse in Gang setzen.
Zu Absatz 2:
Eine Modernisierung des Bildungsföderalismus ist mehr als überfällig. Nur so lassen sich wichtige bildungs-
politische Verbesserungen erreichen – wie etwa durch eine neue Ganztagsschulinitiative von Bund und Län-
dern und die Verwirklichung von Inklusion. Gute Hochschulen und Wissenschaft stehen auf dem Fundament
guter Kitas, Schulen und dualer Ausbildung. Es ist eine der zentralen Aufgabe der Bundespolitik, die Chancen-
und Bildungsgerechtigkeit in Deutschland zu erhöhen. Eine sachgerechte Änderung des Art. 91b GG muss
daher auch für die Lösung der bildungspolitischen Herausforderungen praxistaugliche Wege ermöglichen.
Eine klar formulierte „Ermöglichungsklausel“ für Bildungszusammenarbeit schafft Transparenz im Verfahren
zwischen Bund und Ländern, macht Schluss mit Umgehungstatbeständen und stärkt die Verfassungsklarheit
und -wahrheit.
Der Änderungsantrag auf Ausschussdrucksache 18(18)56 wurde mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE. abgelehnt.
Die Bundesregierung betont zur Einführung, die Grundgesetzänderung in der vorgeschlagenen Form führe zu
neuen Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich von Wissenschaft, Forschung und Hochschule. Bereits zum jetzi-
gen Zeitpunkt gebe es in diesem Bereich so viel Kooperation zwischen Bund und Ländern wie noch nie zuvor
in der Bundesrepublik Deutschland. Der, auch in den vorliegenden Anträgen, viel genannte Begriff des Ko-
operationsverbotes sei daher verfehlt. Dennoch wolle man das Grundgesetz ändern, um die in der zeitlichen
Befristung aller bisherigen Programme liegende Herausforderung zu lösen.
Die vorgeschlagene Grundgesetzänderung gebe ein Instrument in die Hand, mit dem zukünftig manches anders
und langfristig gemacht werden könne. Sie eröffne Handlungsmöglichkeiten, lasse die Frage der genauen Aus-
gestaltung aber offen. Die Kooperation zwischen außeruniversitären Einrichtungen und Hochschulen werde

Drucksache 18/3141 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
vereinfacht, zudem würden auch neue Maßnahmen, z. B. die Förderung kleinerer Fächer wie die in der Anhö-
rung beispielhaft genannte Keltenforschung, ermöglicht.
Man habe die Anhörung zwei Tage zuvor als eindrucksvoll empfunden. Jedenfalls habe es keinen Sachverstän-
digen gegeben, der den Antrag auf eine Änderung des Grundgesetzes abgelehnt hätte. Über einzelne angespro-
chene Punkte könne man jedoch unterschiedlicher Meinung sein.
Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, sie wolle auf den Antrag ihrer Fraktion vom Februar desselben Jahres
eingehen, die Einschätzung zur vorgesehenen Grundgesetzänderung deutlich machen und dabei den Ände-
rungsantrag erläutern.
Es sei einigermaßen verwunderlich, zu hören, dass die angestrebte Änderung des Grundgesetzes offensichtlich
nur dazu führe, dass etwas, was sowieso bereits getan werde, künftig mit weniger Bedenken gemacht werden
könne. Angesichts dessen und der lange Jahre andauernden Debatte über diese Grundgesetzänderung könne
man den Eindruck bekommen, die vorgelegte Änderung werde eigentlich nicht gebraucht.
Man wisse aber aus der Bundesratsdebatte, dass es in den Ländern große Hoffnungen gebe, Kooperationen im
Gebiet der Bildung auch unterhalb der Schwelle der Grundgesetzänderung zu verwirklichen, weil genau dieser
Bereich vom vorliegenden Entwurf nicht erfasst sei. Zu erinnern sei auch an die Antwort des Vertreters der
Kultusministerkonferenz in der Anhörung, der sich eine Aufnahme des Wortes „Bildung“ nicht hätte vorstellen
können. Das Kooperationsverbot in der Bildung ergebe sich aus dem Grundgesetz, nämlich aus den Artikeln
30, 104 a) und 104 b). Dort sei ausdrücklich beschrieben, was der Bund dürfe bzw. nicht dürfe. So dürfe er
eben nicht großflächig, sondern nur Projekte und Einzelvorhaben finanzieren und vor allem im Bereich der
schulischen Bildung nahezu nichts machen. Das sei der Grund für die vielen Umwegsfinanzierungen. Der Vor-
schlag der Fraktion DIE LINKE. gehe deshalb auch deutlich weiter. Man wolle, dass wieder eine Finanzierung
auch neu anstehender Aufgaben auf direktem Wege in allen Bildungsbereichen über eine Vereinbarung mit
den Ländern möglich sei, ohne diesen die Gesetzgebungskompetenz zu nehmen. Ein entsprechendes Gremium
solle sich darüber verständigen.
Auch befürchte die Fraktion DIE LINKE., dass das bisher Ausgehandelte am Ende noch nicht einmal den
Hochschulen eine ausreichende Finanzierung bringen werde. Dies sei durch die Anhörung bestätigt worden.
So würden beispielsweise in Sachsen-Anhalt die durch den Bund übernommenen BAföG-Mittel lediglich die
den Hochschulen auferlegten Kürzungen kompensieren. So komme nicht ein einziger Euro mehr bei den Hoch-
schulen an. Wenn aber die Grundgesetzänderung nicht einmal eine Grundfinanzierung der Hochschulen er-
mögliche, entstehe wieder bloß eine Lösung für Spitzenleistung und Spitzencluster, für Spitzenforschung und
Exzellenzen. Das sei zu wenig.
Die Forderungen des Antrages der Fraktion DIE LINKE. seien selbstverständlich in der von der Bundesregie-
rung vorgeschlagenen Grundgesetzänderung nicht aufgenommen worden. Daher habe man sich entschlossen,
einen Änderungsantrag einzubringen, der im Übrigen durch die Anhörung nahezu vollständig bestätigt worden
sei. Danach solle die Bildung in den Text mit eingefügt werden. Zudem solle das Erfordernis der überregiona-
len Bedeutung aus dem Gesetzentwurf herausgenommen werden, weil man die Sorge habe, dass ansonsten
bestimmte Dinge nicht mehr gefördert würden, weil immer erst noch jemand über die Bedeutung des Begriffes
„überregional“ befinden müsse. Schließlich solle die Einstimmigkeit aufgehoben und in eine Zweidrittelmehr-
heit umgewandelt werden, damit es nicht möglich sei, dass ein oder zwei Länder Entwicklungen blockierten,
nur weil sie sie Sache anders sähen oder andere Prioritäten setzten.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erinnert daran, dass sie bereits bei der Einführung des Koopera-
tionsverbotes in Bildung und Wissenschaft im Jahr 2006 vor den Folgen gewarnt habe. Im nunmehr achten
Jahr nach der Einführung begrüße man, dass es künftig zu mehr Kooperationen in der Wissenschaft komme,
bedaure aber gleichzeitig auch sehr, dass die Bildung dabei außen vor bleibe.
Der Fraktion sei daran gelegen, dass die Verfassung Kooperation bei Bildung und Wissenschaft gleichermaßen
ermögliche. Daran hänge zum Beispiel eine Co-Finanzierungsbefugnis, d.h. dass sich Bund und Länder unter
Wahrung der Kulturhoheit der Länder auf gemeinsame zeitlich befristete oder auf Dauer gestellte sinnvolle
Projekte verständigen können. Das müssten eine moderne Verfassung und ein zeitgemäßer Bildungsföderalis-
mus leisten.
Beim Komplex Bildung sei es schade, dass ein Zusammenwirken nur im Katastrophenfall gehe. Das hätten aus
der Sicht der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auch viele maßgebliche Sachverständige in der An-
hörung deutlich gemacht. Interessant habe man gefunden, dass insbesondere auch die von der Fraktion der
CDU/CSU benannten Sachverständigen davon gesprochen hätten, dass nach dem Motto „Wo kein Kläger, da
kein Richter“ die Verfassungslage nicht maßgeblich sei, wenn es einen einheitlichen politischen Willen gebe.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3141
Wenn Union und SPD ihren Koalitionsvertrag umsetzen wollten, dann werde das auch bei Bildungsketten und
Jugendberufsagenturen nur funktionieren, wenn man die Verfassung umgehe.
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstreicht, dass viele Sachverständige deutlich gemacht
hätten, dass im ganzen Komplex „Wissenschaft“ ein Weglassen der Formulierung „überregionalen Bedeutung“
zu wünschen gewesen wäre. Die jetzige sei schwammig, nicht valide juristisch abgrenzbar und kontextabhän-
gig, so dass man befürchten müsse, dass sie zum Einfallstor beispielsweise für Kritik des Bundesrechnungshofs
werde oder dass einzelne Bereiche wie die Lehre künftig in Schwierigkeiten geraten könnten. Es werde sehr
entscheidend darauf ankommen, eine Balance zu finden zwischen Grundfinanzierung, regionaler Strukturpoli-
tik und auch der Förderung von Spitzenleistung. Dabei sei es für eine neue Kooperationskultur von Wissen-
schaft, Forschung und Lehre wichtig, dass nicht der Bund alleine etwas vorschlage, sondern Impulse auch von
den Ländern kämen und man sich am Ende entsprechend verständige.
Auch sei es nicht notwendig, das Einstimmigkeitsprinzip als Abstimmungsquorum in die Verfassung zu schrei-
ben. Vielmehr könnten Bund und Länder sich wie die Kultusministerkonferenz eigene Abstimmungsquoren
geben, sodass dann auch zwei Drittel oder drei Viertel innovativer Länder mit bestimmten Innovationen im
Bildungs- und Wissenschaftssystem vorangehen könnten. Seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
habe man sich zwar einen Gesetzentwurf ohne die Erfordernisse der Einstimmigkeit und der überregionalen
Bedeutung gewünscht, man sei aber andererseits in der Anhörung durch die Sachverständigen Prof. Dr. Löwer
und Prof. Geis auch beruhigt worden, die gesagt hätten, dass quasi alle Vorhaben einschließlich kleinerer Fä-
cher und der Lehre als überregional bedeutsam definierbar seien. Am Ende komme es somit auch hier darauf
an, auf was sich Bund und Länder gemeinsam verständigten.
Die durch die Bundesregierung verbreitete Eile sei zudem offensichtlich unangebracht, da die Gemeinsame
Wissenschaftskonferenz kürzlich ein Paket geschnürt habe, das die Fortsetzung zeitlich befristeter Wissen-
schaftspakte vorsehe. Eine Idee, was aus der neuen Verfassungsmöglichkeit gemacht werden solle, bestehe
dort dagegen nach wie vor nicht.
Die Bedingungen, denen der wissenschaftliche Nachwuchs und überhaupt das wissenschaftliche Personal an
den Hochschulen ausgesetzt seien, würden fraktionsübergreifend als nicht akzeptabel und nicht konkurrenzfä-
hig gegenüber der freien Wirtschaft angesehen. Für die sich aus Gerechtigkeits- aber auch aus Wettbewerbs-
gründen ergebenden erforderlichen Änderungen würde die vorliegende Gesetzesänderung zwar eine Tür öff-
nen, die man aber auch nutzen müsse.
Letztlich sei verwunderlich, dass die Diskussion, ob nicht der Hochschulpakt als bewährtes Instrument zwi-
schen Bund und Ländern dauerhaft etabliert werden könnte, bislang nicht geführt worden sei.
Die CDU/CSU-Fraktion bezeichnet die von der der Fraktion DIE LINKE. vorgenommenen Bewertungen des
Gesetzentwurfes als diametral zur Bewertung durch die ernstzunehmende Wissenschaftsgemeinschaft. Anstatt
über das Vorgelegte und seine Bedeutung für die Wissenschaftsarchitektur Deutschlands über Jahrzehnte hin-
weg zu diskutieren, thematisiere die Fraktion DIE LINKE. hauptsächlich den Bereich der Bildung. Die Anhö-
rung zwei Tage zuvor sei außerordentlich erfreulich gewesen. Alle Fachleute seien, wenn auch vereinzelt Weit-
reichenderes gewollt gewesen sei, übereinstimmend der Ansicht gewesen, dass der Gesetzentwurf richtig sei.
Dies sehe man in der Wissenschaft genauso. Übrigens sei seit 2005 das Haushaltsvolumen verdoppelt worden.
Für die CDU/CSU-Fraktion gehe es darum, mit der Verfassungsänderung die rechtliche Grundlage dafür zu
schaffen, dass die in den vergangenen Jahren angestoßenen zeitlich befristeten Pakete, Pakte und Bausteine
unter Auswertung der gewonnenen Erfahrungen in eine dauerhafte Struktur überführt werden könnten, welche
den Anspruch der Anreizstruktur und wettbewerbliche Verfahren beinhalteten. Man wolle nicht beliebig Geld
ausgeben, sondern das in Form von Exzellenzinitiativen und anderen Sachen Angestoßene fortführen. Dass
noch keine Pakete im Haushalt vorgesehen seien, liege daran, dass man entsprechende Positionen im Haushalt
nicht einstellen könne, bevor die Verfassung durch Bundestag und Bundesrat geändert worden sei, ohne zurecht
als respektlos gegenüber den Parlamenten kritisiert zu werden.
Auf die Grundleitbilder der Unionsfraktion zurückkommend sei die Ermöglichung internationaler Sichtbarkeit
wichtig. Es müsse überlegt werden, was tatsächlich Bundesaufgabe ist. Darunter falle die Förderung von Ko-
operationen. Es sei auch angesichts internationaler Hochschulrankings ein Meilenstein, dass Konstruktionen
wie z. B. die Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung oder das KIT, die infolge der derzeitigen Verfas-
sungslage hochkompliziert seien, in Zukunft vernünftig ohne hochkomplexe Rechtskonstruktionen im interna-
tionalen Kontext zusammenarbeiten und gemeinsam auftreten könnten.

Drucksache 18/3141 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ein Anliegen der Fraktion sei es weiterhin, Nachhaltigkeit zu gewährleisten. In den vergangenen Jahren sei
auch von Seiten der Opposition immer wieder berechtigterweise die Kurzatmigkeit in manchen Politikberei-
chen kritisiert worden. Nun müsse man das richtige Maß finden zwischen wettbewerblichen Anreizstrukturen
und Langfristigkeit, ohne zu Kurzfristorientierung zu kommen. Das erzeuge auch Verlässlichkeit für Frauen
und Männer, die in der Wissenschaft tätig sind. Im Besonderen gehe es auch um den wissenschaftlichen Nach-
wuchs. Auf Basis der vorzunehmenden Verfassungsänderung werde sauber durchdekliniert, was an dieser
Stelle noch geändert werden müsse. Innerhalb der Regierungskoalition sei unstrittig, dass, wer Spitzenleistung
in der Wissenschaft bringe, auch verlässliche Karriereperspektiven brauche.
Als letztem Punkt lege die Unionsfraktion Wert darauf, dass ein Engagement des Bundes mehrwertig sein
müsse. Die größer werdende Verantwortung sei nicht zu schultern, wenn man Verantwortlichkeiten bloß hin
und her schiebe. Der Bund sei kein Ersatz für die Länder. Deswegen sei das Prinzip der überregionalen Bedeu-
tung, wenn auch juristisch natürlich nicht eindeutig zu definieren, als Leitbild außerordentlich wichtig.
Die SPD-Fraktion stellt zunächst fest, dass eine bedeutende Veränderung am Grundgesetz anstehe. Der zuge-
spitzte Begriff des Kooperationsverbotes habe bewirkt, dass die Diskussion auf die Spannung ausgerichtet sei,
dass es zwar selbstverständlich viele Kooperationen, aber eben auch das Verbot von Kooperationen gebe. All
das, was sich die SPD-Fraktion schon 2006 habe vorstellen können, als man die „Vorhaben der Wissenschaft“
noch in letzter Sekunde in die Verfassung habe aufnehmen können, finde sich im vorliegenden Gesetzentwurf
wieder. Auch die Lehre stehe jetzt erstmals als Begriff in der Verfassung. Daran könnten auch Juristen nicht
einfach vorbeigehen, indem sie erklärten, die Lehre sei überhaupt nicht förderfähig, weil sie als Gegenstand
von gemeinsamen Aufgabenstellungen mitdefiniert sei. Die Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus der Ver-
fassungsänderung ergäben, könne man zum Beispiel nutzen, um neben die drei bereits vorhandenen Pakte auch
einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs zu stellen. Der Unterschied zwischen der bislang nur zeitlich
befristeten und zukünftig unbefristet möglichen Förderung von Vorhaben sei dabei äußerst wichtig.
Doch auch wenn man sich in der SPD über diese sehr gute Lösung für Wissenschaft, Hochschulen und Lehre
gefreut habe, wolle man nicht verschweigen, dass man in der SPD-Fraktion noch drei Punkte abgewogen habe:
Erstens sei es die Überregionalität gewesen, welche als Begriff eine lange Tradition habe und nicht erstmals in
die Verfassung eingeführt werde. Die Anhörung habe deutlich gemacht, dass dieser Begriff den seitens der
CDU/CSU-Fraktion geforderten Anspruch auf Mehrwertigkeit einschließe. Diese Mehrwertigkeit sei aber nach
dem Verfassungsverständnis der SPD-Fraktion sowohl in der Schaffung gleichwertiger Bedingungen, welche
im bundesstaatlichen Interesse liegen müssen, als auch in der Schaffung von Exzellenz und Förderung beson-
derer Situationen zu sehen. Letztlich müsse der Begriff nicht durch die Verfassung eingeengt, sondern von
Bund und Ländern politisch ausgehandelt werden. Mögliche Impulse dazu könnten, ähnlich wie teilweise in
der GWK, nicht nur vom Bund, sondern auch von den Ländern kommen.
Zweitens habe man in der Arbeitsgruppe über die Vereinbarungen mit dem Schwerpunkt Hochschule disku-
tiert. Dabei handle es sich um ein auszuhandelndes Konzept, und auch aus der Anhörung habe man nicht er-
fahren, was die bessere Lösung sei. Daher müsse man das auch in dieser Form ins Grundgesetz aufnehmen.
Bessere Formulierungen möge man sich wünschen, aber man müsse sich an den politischen Realitäten orien-
tieren, wie es sich an der vorgesehenen Einstimmigkeit zeige. Ohne dieses Erfordernis, das der Anerkennung
des Selbstbewusstseins jedes einzelnen Bundeslandes diene, wäre eine Grundgesetzänderung in dieser Form
schon in Frage gestellt worden. Die notwendigen Aushandlungsprozesse müssten jetzt auf jedem Fall in der
GWK stattfinden.
Allerdings müsse man drittens auch über die Bildung sprechen. Die SPD-Fraktion nehme die vorliegende
Grundgesetzänderung in Sachen Hochschule, Forschung und Lehre als Folge der guten Erfahrungen mit der
freiwilligen Kooperation bei den Pakten wahr. Man habe die Erwartung, dass auch die Erfahrungen mit der
Bildung in eine Grundgesetzaufnahme dessen münden werden, was sich in diesem Bereich als erforderlich
erweisen werde. Die SPD-Fraktion sei diesbezüglich sehr stark festgelegt auf die Schaffung eines Artikels 104
c) im Sinne der Finanzhilfen, um auch den Katastrophenparagraphen Artikel 104 b) aufheben zu können. Man
sei gespannt, ob man am Ende nicht feststellen werde, dass der Prozess, den die SPD gerne habe antizipieren
wollen, weitergegangen sei. Aktuell bleibe es damit zwar bei einer guten Regelung für Wissenschaft, For-
schung und Lehre, aber dies sei eben nur die halbe, aber für die Hochschulen und die Wissenschaft sehr gute
Lösung. Mehr sei leider wegen des Wählerentscheids und der daraus folgenden Mehrheitsverhältnisse gegen-
wärtig nun einmal nicht möglich. Die SPD hat jedenfalls das Ziel, das Kooperationsverbot auch für den Bereich
Bildung aufzuheben. Das sei für eine wirkliche kooperative Bildungsrepublik unbedingt zwingend.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/3141
Zum Abschluss ergänzt die Bundesregierung ihre Ausführungen zum Einstimmigkeitserfordernis. Alles, was
bislang schon möglich gewesen sei an Kooperationen zwischen außeruniversitären Einrichtungen und Hoch-
schulen, unterfielen auch weiterhin nicht der Einstimmigkeit. Ansonsten sei dieses Erfordernis letztlich ein
Auszug aus der föderalen Grundordnung, unabhängig davon, ob die Länder im Bundesrat ohne das Erfordernis
möglicherweise nicht zustimmten. Es gewährleiste, besser als Mehrheitsentscheidungen, eine gewisse regio-
nale Ausgewogenheit zukünftiger Programme.
Bezüglich des Begriffes der „überregionalen Bedeutung“ sei schließlich darauf hinweisen, dass ein funktionie-
rendes Grundgesetz das Ziel der Gesetzgebung sei. Wie bereits angesprochen, befinde sich der Begriff zudem
auch bereits in der derzeitigen Fassung von Artikel 91 b). Die bisher vorgenommene Auslegung habe bisher in
keiner Weise Kooperationen verhindert.
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung empfiehlt:
Zu Buchstabe a
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/2710 in unveränderter Fassung mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Zu Buchstabe b
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/588 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
Zu Buchstabe c
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/2747 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Berlin, den 5. November 2014

Albert Rupprecht
Berichterstatter

Dr. Ernst Dieter Rossmann
Berichterstatter

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Kai Gehring
Berichterstatter

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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