BT-Drucksache 18/3137

Verlängerung des Betreibervertrages mit der Toll Collect GmbH

Vom 6. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3137
18. Wahlperiode 06.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verlängerung des Betreibervertrages mit der Toll Collect GmbH

Zum 31. August 2015 läuft der Vertrag mit der Toll Collect GmbH aus. Es be-
stehen mehrere Optionen zur Erhebung einer LKW-Maut auf Bundesfernstraßen
für die Zeit nach Vertragsende. Nach Presseinformationen (u. a. DER SPIEGEL
Nr. 26/2014, „Ungeliebte Partner“ sowie SPIEGEL ONLINE vom 24. September
2014, „Ministerium winkt umstrittenen Toll-Collect-Vertrag durch“) hat das
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vier Optio-
nen zur Zukunft der Toll Collect GmbH, die alle eine Verlängerung des Betrei-
bervertrages vorsehen. Eine Übernahme der Toll Collect GmbH durch den Bund
(Call Option) werde demnach nicht mehr in Erwägung gezogen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern ist es zutreffend, dass vier Optionen zur Zukunft der Toll Collect

GmbH als Grundlage für eine Entscheidung im BMVI vorliegen, von denen
auch der Parlamentarische Staatssekretär Enak Ferlemann im Ausschuss für
Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestages am 8. Oktober
2014 berichtete, und was sind die jeweiligen Inhalte der Optionen (bitte ein-
zeln aufführen)?

2. Inwiefern ist es zutreffend, dass die Call Option nicht länger Gegenstand der
Entscheidungsfindung auf Leitungsebene des BMVI ist (DER SPIEGEL,
23. Juni 2014, S. 43)?

3. Inwiefern gibt es einen grundsätzlichen Beschluss auf Leitungsebene des
BMVI, Gespräche mit der Toll Collect GmbH aufzunehmen, um den laufen-
den Betreibervertrag über das reguläre Ende des Betreibervertrages am
31. August 2015 zu verlängern?
Wenn ja, welchen Sachstand haben die Verhandlungen der Bundesregierung
mit der Toll Collect GmbH über eine Verlängerung des Betreibervertrages?
In welchem Zeitraum ist mit einer endgültigen Entscheidung zu rechnen?

4. Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung an der Arbeitsgruppe „Run
2018“, die die Toll Collect GmbH auf eine Verlängerung des Betreiberver-
trages vorbereitet (DER SPIEGEL, 23. Juni 2014, S. 43), und worin bestehen
die konkreten Aufgaben der Arbeitsgruppe?
Welche konkreten Ergebnisse liegen bereits vor?

5. Weshalb ist eine Vertragsverlängerung aus Sicht der Bundesregierung einer
Call Option vorzuziehen, und welche konkreten Risiken bestehen bei der bis-
her vertraglich möglichen Übernahme der Toll Collect GmbH durch den Bund?

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6. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für eine Verlän-
gerung des Vertrages um ein, zwei bzw. drei Jahre, und von welchen Fak-
toren hängt die angestrebte Vertragslaufzeit nach der Verlängerung ab?

7. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko von Klagen durch andere
Mautbetreiber ein, wenn die geplante Ausweitung der Lkw-Maut aufgrund
eines Zusatzvertrages durch die Toll Collect GmbH umgesetzt wird, statt
diese europaweit auszuschreiben?

8. Welche Argumente sprechen aus Sicht der Bundesregierung dafür, eine Call
Option in die Verlängerung des Betreibervertrages mit der Toll Collect
GmbH aufzunehmen?

9. Wie hoch sind aus Sicht der Bundesregierung die zu erwartenden monetären
Kosten, die im Zuge der Vertragsverhandlungen für die Aufnahme der Call
Option in das neue Vertragsverhältnis anfallen würden?

10. Müsste der Bund im Falle einer Verlängerung des Betreibervertrages mit der
Toll Collect GmbH Investitionen in das bestehende Lkw-Mautsystem täti-
gen, um sicherzustellen, dass das System bis 2018 funktionsfähig bleibt?
Wenn ja, wie hoch wären diese Investitionen, und wofür wären sie konkret
erforderlich?

11. Inwiefern rechnet die Bundesregierung bei einer Verlängerung des Be-
treibervertrages mit Forderungen nach einer Anhebung der Betreiberver-
gütung?
Mit welcher Anhebung der Betreibervergütung ist aus welchen Gründen zu
rechnen?

12. Welche Möglichkeiten stehen der Bundesregierung vor dem Hintergrund
anstehender Vertragsverhandlungen zur Verfügung, um sich gegen höhere
Betreibervergütungen zu wehren?

13. Welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, um den Haushaltsausschuss
und den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen
Bundestages frühzeitig und transparent über Vereinbarungen mit der Toll
Collect GmbH zu einer Vertragsverlängerung und insbesondere über mone-
täre Auswirkungen, vor allem mit Blick auf die Betreibervergütung, zu in-
formieren?
Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung bis Februar
2015?

14. Inwiefern bestehen Überlegungen auf Seiten der Bundesregierung, Ände-
rungen innerhalb des Toll-Collect-Systems vorzunehmen, sofern der Ver-
trag mit dem Betreiberkonsortium der Toll Collect GmbH verlängert wird?
Welche konkreten Änderungen werden von der Bundesregierung erwogen?

15. Mit welchen monetären Kosten rechnet die Bundesregierung zur Um-
setzung von Änderungen innerhalb des Toll-Collect-Systems?

16. Welche Maßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung zur umfassenden
Gewährleistung des Datenschutzes erforderlich, um auch zukünftig zu ver-
hindern, dass Bewegungsprofile erfasst werden können?

17. Inwiefern wird seitens der Bundesregierung eine vertragliche Festlegung
befürwortet, dass Daten zur Mautberechnung nur an Bord oder auch in Zen-
tralsystemen erfasst werden dürfen?

18. Inwiefern sind Vorgaben beabsichtigt, den Betreiber dazu zu verpflichten,
die On-Board-Units vor externen Datenzugriffen zu schützen?

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19. Welche Argumente sprechen aus Sicht der Bundesregierung dafür, die Aus-
weitung der Lkw-Maut auf weitere 1 000 km Bundesstraße sowie die Ab-
senkung der Mautpflicht auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen umzusetzen, nach-
dem der Bund die Call Option gezogen hat?

20. Wie viele Fahrzeuge sind zum jetzigen Zeitpunkt pro Jahr mautpflichtig,
und von wie vielen Fahrzeugen geht die Bundesregierung nach der vorgese-
henen Ausweitung der Lkw-Maut auf weitere 1 000 km Bundesstraße sowie
bei der Absenkung der Mautpflicht auf Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen aus (bitte
differenziert nach Streckennetz und Fahrzeugklasse aufführen)?

21. Mit welchen Einnahmen rechnet die Bundesregierung nach Abzug aller
System- und Erhebungskosten durch die Ausweitung der Lkw-Maut auf
weitere 1 000 km Bundesstraße und die Absenkung der Mautpflicht auf
Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen (bitte die Einnahmen und Kosten detailliert nach
Kosten für die On-Board-Units, Kosten für das Enforcement, Kosten für das
Zentralsystem, Kosten für die Software sowie Personalkosten aufführen)?

22. Wie stellt die Bundesregierung die umfassende Kontrolle aller Lkw auf den
ab 1. Juli 2015 zusätzlich bemauteten 1 000 km Bundesstraße sicher?

23. Welche Anpassungen müssen bei einer Ausweitung der Lkw-Maut auf wei-
tere 1000 km Bundesstraße im Rahmen des bestehenden Distributionssys-
tems erfolgen, um einen diskriminierungsfreien Zugang zum Lkw-Mautsys-
tem zu ermöglichen?
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die hierfür anfallenden Kosten?

24. Welchen Stand haben die Schiedsverfahren I (Bund gegen das Toll-Collect-
Konsortium wegen Schadenersatz und Vertragsstrafen im Zusammenhang
mit der verspäteten Inbetriebnahme des Lkw-Mautsystems) sowie Schieds-
verfahren II (Toll Collect GmbH gegen den Bund)?

25. Inwiefern haben Verhandlungen der Schiedsverfahren im September oder
Oktober 2014 stattgefunden, und was war ggf. der Inhalt der mündlichen
Verhandlungen?

26. Was sind die weiteren Verfahrensschritte, und inwiefern ist ein Abschluss
der Auseinandersetzung absehbar?

27. Welche Tendenz zeichnet sich bei den Verhandlungen in den beiden
Schiedsverfahren ab?

28. Welche Kosten sind dem Bund allein für die mündlichen Verhandlungen im
Mai sowie September und Oktober 2014 angefallen?

29. Mit welchen zusätzlich zu den bereits angefallenen 127 Mio. Euro (Antwort
der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 77 auf Bundestagsdruck-
sache 18/2309) rechnet die Bundesregierung bis zum Abschluss der Ver-
fahren, und welchen Einfluss haben diese Kosten auf die Entscheidung der
Bundesregierung zur Verlängerung des Betreibervertrages?

30. Wie beurteilt das BMVI die Meldung des Nachrichtenmagazins „DER
SPIEGEL“, dass im Rahmen des Schiedsverfahrens Zeugenauftritte verhin-
dert wurden (DER SPIEGEL, 23. Juni 2014, S. 42)?

31. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Zusammenarbeit mit der Toll Collect GmbH und ihren Eigentümern
vor dem Hintergrund der nach wie vor offenen Schiedsverfahren?

Berlin, den 6. November 2014

Katrin Göring-Eckhardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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