BT-Drucksache 18/3134

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/2746 - Sozial-ökologischen Rahmen für die Aktivitäten transnationaler Unternehmen schaffen und durchsetzen

Vom 11. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3134
18. Wahlperiode 11.11.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg),
Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/2746 –

Sozial-ökologischen Rahmen für die Aktivitäten transnationaler Unternehmen
schaffen und durchsetzen

A. Problem
Transnationale Unternehmen sind mächtige Akteure, die trotz der enormen Wirt-
schaftskraft nach Auffassung der Antragsteller häufig ihre menschenrechtlichen
Verpflichtungen missachten. Regelmäßig auftretende Brände und zusammenstür-
zende Fabrikgebäude, wie beispielsweise der Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes in
Bangladesch im Jahr 2013, zeigten, dass Unternehmen Sicherheitsaspekte ignorieren
und so grob fahrlässig Menschenrechtsverletzungen in Kauf nehmen würden.
Soziale, ökologische und menschenrechtliche Verpflichtungen gelten jedoch glei-
chermaßen für staatliche Akteure wie für transnationale Unternehmen. In den „Gui-
ding Principles on Business und Human Rights“ (Leitprinzipien für Wirtschaft und
Menschenrechte) werden die UN-Mitgliedstaaten aufgefordert, den Opfern von
Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen effektive Rechtsmittel für die
Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen im Heimatstaat des Unternehmens zu
gewähren. In Deutschland bestehen solche effektiven Klagemöglichkeiten bei Ver-
letzungen durch Tochter- und Zulieferunternehmen derzeit nicht. Darüber hinaus
bleiben diese Verstöße meist ohne relevante Konsequenzen.
Nach Auffassung der Antragsteller würde die Umsetzung der aufgestellten Forde-
rungen zu einer Verbesserung der Situation beitragen, da die Übernahme gesell-
schaftlicher Verantwortung alleine auf Grundlage freiwilliger Regelungen dafür
nicht ausreiche. Dennoch sei es wichtig, unterstützend auch sogenannte „Soft-law-
Verfahren“ zu unterstützen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Drucksache 18/3134 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Wurden nicht erörtert.
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3134
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/2746 abzulehnen.

Berlin, den 5. November 2014

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Dr. Georg Kippels
Berichterstatter

Stefan Rebmann
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

Drucksache 18/3134 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Dr. Georg Kippels, Stefan Rebmann, Niema Movassat
und Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/2746 in seiner 57. Sitzung am 09.10.2014 beraten
und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung und
an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie und an den
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, die international anerkannten Menschenrechtsabkommen,
die ILO-Kernarbeitsnormen und die Kernbestandteile der internationalen Umweltabkommen für Unternehmen
verbindlich zu machen. Außerdem sollten die im deutschen Recht bestehenden Sorgfalts- und Verkehrssiche-
rungspflichten von Unternehmen auf soziale, ökologische und menschenrechtliche Risikolagen ausgeweitet
werden, so dass die oben aufgeführten Abkommen Anwendung finden könnten.
Die Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene für die Überarbeitungen der Brüssel-I-Verordnung und
der Rom-II-Verordnung einsetzen, so dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen, die transnationale Unter-
nehmen mit Sitz in der Europäischen Union begangen haben, ihre Rechte entsprechend einklagen können.
Sie wird weiterhin aufgefordert, die Nationale Kontaktstelle als unabhängiges Gremium außerhalb des Minis-
teriums für Wirtschaft und Energie unter Einbeziehung geschulter Mediatoren und der Zivilgesellschaft zu
etablieren.
Des Weiteren soll sie einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschen-
rechte, der Ziele, Performance-Indikatoren und konkrete Zeitvorgaben beinhaltet, erarbeiten. Dieser Vorgang
soll durch einen unabhängigen Monitoring-Mechanismus begleitet werden.
Schließlich wird sie aufgefordert, die deutschen Rechtsgrundlagen umfassend auf Möglichkeiten zu prüfen,
privatunternehmerisches Handeln deutscher Unternehmen im In- und Ausland auf die Einhaltung sozialer und
ökologischer Standards sowie auf den effektiven Schutz der Menschenrechte zu verpflichten und bestehende
Rechtslücken zu schließen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat die Vorlage 18/2746 in seiner 30. Sitzung am
05.11.2014 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat die Vorlage 18/2746 in seiner 21. Sitzung am 05.11.2014
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die Vorlage 18/2746 in seiner 21. Sitzung am
05.11.2014 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage in seiner 20. Sitzung
am 05.11.2014 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung.
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt fest, dass im vorliegenden Antrag das Problem inter-
national gelöst würde. Auf europäischer Ebene und bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (OECD) werde zugestanden, dass verbindliche Standards notwendig seien, und diese seien

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3134
im sozialen Bereich, im Baurecht und im Arbeitsrecht auch in Deutschland selbstverständlich. Nun müssten
sich die deutschen Unternehmen ihrer globalen Verantwortung stellen, und diese nicht ausschließlich auf die
ausländischen Regierungen übertragen. Der Wettbewerb benötige ein „international level playing field“, also
internationale Spielregeln, die für alle gleichermaßen gelten. Unternehmen müssten durch gesetzliche Rege-
lungen verbindlich verpflichtet sein, hohe menschenrechtliche, arbeitsrechtliche und umweltrechtliche Stan-
dards einzuhalten. Ausschließlich freiwillige Entscheidungen würden zu einer Marktverzerrung führen. Es
müsse vielmehr eine internationale Verbindlichkeit herbeigeführt werden. Deswegen verdiene der Antrag die
allgemeine Zustimmung.
Die Fraktion der CDU/CSU erläutert, dass der Weltöffentlichkeit durch das tragische Ereignis von Rana Plaza
die Notwendigkeit offenbar geworden sei, auf diesem Sektor dringend korrigierende Initiativen zu unterneh-
men. Im vorliegenden Antrag gebe es einen Universalverantwortlichen, was nicht akzeptabel sei. Es gebe deut-
sche Unternehmen, die sich bereits jetzt den ILO-Kernarbeitsnormen verschrieben hätten. Infolgedessen wäre
es verfehlt, diese zu kritisieren und unter Generalverdacht zu stellen. Es sei also eine differenzierte Analyse
geboten, bei der auch die Regierungen der Produktionsnationen einbezogen werden müssten, denn beispiels-
weise die Bauaufsicht, arbeitsrechtliche Vorschriften oder auch der gesamte ordnungsrechtliche Bereich zur
Installation und Bedienung von Maschinenparks müssten durch eben diese geleistet werden. Die Themenset-
zung des Antrages der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werde vonseiten der Fraktion der CDU/CSU
keine Zustimmung erhalten.
Die Fraktion der SPD betont die besondere Verantwortung der deutschen Unternehmen bei ihren internatio-
nalen Aktivitäten. Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sei sehr juristisch gehalten, die SPD
könne einige Forderungen mittragen. Dennoch fehlten entscheidende Aspekte im Forderungskatalog. Zudem
werde im Antrag die Herausnahme der Nationalen Kontaktstelle explizit gefordert. Dies sei ein Punkt, den man
nicht akzeptieren könne. Der Antrag der Regierungskoalition zum gleichen Sachverhalt sei wesentlich umfas-
sender. Die Fraktion der SPD werde dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dementsprechend
nicht zustimmen.
Die Fraktion DIE LINKE. findet den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aufgrund der Fest-
legung auf gesetzliche Verbindlichkeiten gut. Gerade die juristische Ausrichtung sei wichtig, da Verbindlich-
keit nur über Gesetze zu erreichen sei. Es gebe in Frankreich einen Gesetzentwurf zum Thema Sorgfaltspflich-
ten von Unternehmen und derartiges solle man auch in Deutschland prüfen und ins Verfahren einbringen. Ein
weiteres Problem sei, dass zum Beispiel Geschädigte in den Ländern des Südens nicht bei deutschen Gerichten
klagen könnten, weil die deutschen Gerichte nicht zuständig seien. Hier müsste man Änderungen im Zivilpro-
zessrecht erreichen, denn es gebe die Möglichkeit der Notzuständigkeit. Die EU-Kommission habe angeregt,
Notzuständigkeiten zu schaffen, wenn kein faires Verfahren in den Ländern, in dem der Schaden eingetreten
sei, zu erwarten wäre. Das hätten Großbritannien und die Niederlande gemacht. Deutschland hinke bei dem
Thema unternehmerischer Pflichten massiv hinterher, was sich beim Unternehmensstrafrecht am offensicht-
lichsten zeige, das in fast allen europäischen Ländern in irgendeiner Variante vorkomme. Man müsse gesetzli-
che Verpflichtungen erreichen; und der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehe in die richtige
Richtung und man werde dementsprechend zustimmen.

Berlin, den 5. November 2014

Dr. Georg Kippels
Berichterstatter

Stefan Rebmann
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

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