BT-Drucksache 18/3106

Strukturwandel in der konventionellen Energiewirtschaft

Vom 5. November 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/3106
18. Wahlperiode 05.11.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden,
Bärbel Höhn, Matthias Gastel, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen),
Steffi Lemke, Peter Meiwald und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Strukturwandel in der konventionellen Energiewirtschaft

Die großen Energieversorger, wie E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall, stehen
vor großen Herausforderungen im Rahmen der Energiewende. Trotz Warnungen
von Experten haben sie jahrzehntelang völlig einseitig auf Kohle und Atom
gesetzt, statt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz
und als Unternehmen für Energie-Dienstleistungen neue Geschäftsfelder zu er-
schließen. Diese Fehlinvestitionen führten dazu, dass allein RWE, E.ON und
EnBW mittlerweile mit über 70 Mrd. Euro verschuldet sind. Umso stärker ist
nun der Druck der Energiekonzerne auf die Politik. Laut Medienberichten (u. a.
DER SPIEGEL, Heft 42/2014) gibt es deshalb Gespräche zwischen der Energie-
wirtschaft und der Bundesregierung über die (endgültige) Herausnahme von
konventionellen Kraftwerkskapazitäten – um den Börsenstrompreis zu stabili-
sieren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Gespräche (bitte unter Angabe des Datums, der Gesprächspartner

und des Gesprächsinhalts) gab es seit dem Jahresbeginn 2014 bis heute mit
Akteuren der Energiewirtschaft über den Strukturwandel im Bereich der kon-
ventionellen Kraftwerke?

2. Welche finanziellen Auswirkungen hätte die Herausnahme von Stein- und
Braunkohlekraftwerken mit einer installierten Leistung von jeweils 5 Giga-
watt (GW) auf den Börsenstrompreis nach Einschätzung und Berechnung der
Bundesregierung, und wären nach Abschaltung der Kohlekraftwerke nach
Ansicht der Bundesregierung hochflexible Gaskraftwerke wieder wirtschaft-
lich?

3. Liegen der Bundesregierung Informationen vor, wonach der RWE-Konzern
plant, die ostdeutschen Braunkohletagebaue und bzw. oder Braunkohlekraft-
werke zu übernehmen, sollte sich der schwedische Mutterkonzern Vattenfall
aus dem deutschen Geschäft zurückziehen wollen (siehe DER SPIEGEL,
Heft 42/2014), und wenn ja, um welche Tagebaue bzw. Kraftwerke handelt
es sich?

4. Liegen der Bundesregierung Informationen über (weitere) mögliche Interes-
senten an einer Übernahme der Braunkohle-Sparte von Vattenfall in der Lau-
sitz vor, und wenn ja, von welcher Seite besteht Interesse?

5. Welche Bundesministerien waren in der Erstellung des Grünbuchs Strom-
marktdesign konkret eingebunden?

Drucksache 18/3106 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. In welchem Zeitraum (bitte möglichst unter Angabe des Tages) soll das auf
das Grünbuch aufbauende Weißbuch zum Strommarktdesign erscheinen?

7. Welche Studien zum Strommarktdesign hat die Bundesregierung an welche
Auftragnehmer und mit welchem konkreten Auftragsinhalt vergeben, und
wann ist mit deren Ergebnissen zu rechnen?

8. Ist die Bundesregierung der Meinung, dass eine grundlegende Reform des
europäischen Emissionshandelssystems ordnungspolitischen Instrumenten
vorzuziehen ist, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie aus den
Beschlüssen des Europäischen Rates vom 23. Oktober 2014?

9. Sieht die Bundesregierung die Festsetzung von CO2-Grenzwerten – etwa
analog zum britischen Modell oder ebenfalls für bestehende Kraftwerke –
als einen geeigneten Weg, Überkapazitäten im konventionellen Kraftwerks-
bereich abzubauen und dadurch besonders klimaschädliche und ineffiziente
Kraftwerke aus dem Strommarkt auszuschließen (bitte begründen)?

10. Sieht die Bundesregierung die Festsetzung von Effizienzkriterien als einen
geeigneten Weg, Überkapazitäten im konventionellen Kraftwerksbereich
abzubauen und dadurch besonders klimaschädliche Kraftwerke aus dem
Strommarkt auszuschließen (bitte begründen)?

11. Sieht die Bundesregierung im Rahmen eines neuen Strommarktdesigns
einen ökologischen Flexibilitätsmarkt (fokussierter Kapazitätsmarkt) mit
klaren und ambitionierten Kriterien für Effizienz, Flexibilität, Verfügbar-
keit, Emissionen und Regionalität als ein geeignetes Instrument an für eine
Reform des Strommarktdesigns, und falls nein, warum nicht?

12. Prüft die Bundesregierung, welchen rechtlichen Spielraum es gibt, Kohle-
kraftwerke nach einer Betriebsdauer (in Volllaststunden oder in Jahren) vom
Netz zu nehmen bzw. mit zusätzlichen Auflagen, wie etwa Effizienzkrite-
rien, zu belegen, und wenn nein, warum nicht?

13. Welchen Effekt wird das 25-Prozent-Ziel bis zum Jahr 2020 bei der Nutzung
der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf die Struktur im konventionellen
Kraftwerkspark haben, und welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung
daraus mit Blick auf die geplante KWK-Novelle und die KWK-Förderung
insgesamt?

14. Stimmt die Bundesregierung mit der Aussage überein, dass zur Erreichung
des nationalen Klimaziels einer 95-prozentigen Reduktion von Treibhaus-
gasen bis spätestens zum Jahr 2050 keine Kohlekraftwerke mehr zur Strom-
erzeugung beitragen können, und falls nein, warum nicht?

15. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus Stimmen aus Bayern, beispielsweise von der Wirtschaftsministerin Ilse
Aigner, die in ihrer Regierungserklärung vom 23. Oktober 2014 im Zusam-
menhang mit Unsicherheiten bei der Versorgungssicherheit bekundete: „Seit
2011 fordert Bayern vom Bund eine Lösung für die notwendigen konven-
tionellen Kraftwerke. Die Bundesregierung bleibt bisher eine Antwort
schuldig.“ (www.stmwi.bayern.de/fileadmin/user_upload/stmwivt/Reden/
2014/2014-10-23-Energie-sicher-bezahlbar-sauber-StM-Aigner.pdf)?

16. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Initiative Agora Energie-
wende (www.agora-energiewende.de/fileadmin/downloads/publikationen/
Hintergrund/VA_Klimaluecke/Agora_Energiewende_Klimaschutz_und_
Energiewende_Veranstaltungstext_web.pdf), wonach selbst bei großen An-
strengungen in den anderen Sektoren (Verkehr, Industrie, Gebäude usw.)
das deutsche Klimaziel ohne deutliche Emissionsreduktionen nicht mehr zu
erreichen ist?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3106
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Konsequenz zieht die Bundesregierung daraus?

Berlin, den 5. November 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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