BT-Drucksache 18/2915

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/1798, 18/2379, 18/2909 - Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Leistungsausweitung für Pflegebedürftige, Pflegevorsorgefonds (Fünftes SGB XI-Änderungsgesetz - 5. SGB XI-ÄndG)

Vom 15. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2915
18. Wahlperiode 15.10.2014

Änderungsantrag
der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Maria Klein-Schmeink, Kordula
Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Dr. Franziska Brantner, Katja Dörner, Kai
Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner, Beate
Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/1798, 18/2379, 18/2909 –

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Elften Buches
Sozialgesetzbuch – Leistungsausweitung für Pflegebedürftige,
Pflegevorsorgefonds
(Fünftes SGB XI-Änderungsgesetz – 5. SGB XI-ÄndG)

Der Bundestag wolle beschließen:

Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe g Nummer 20 und 30 wird aufgehoben.

Berlin, den 14. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Begründung

Für den im Gesetzentwurf vorgesehenen Aufbau eines Pflegevorsorgefonds (Kapitel 14 SGB XI – neu) sollen
ab 2015 die Mittel aus einer Anhebung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um 0,1
Beitragssatzpunkte verwendet werden. Diese Mittel von zurzeit etwa 1,2 Mrd. Euro jährlich sollen 20 Jahre
lang angespart werden um ab dem Jahr 2035 wieder ausgeschüttet zu werden, wenn laut Gesetzentwurf die
sog. geburtenstarken Jahrgänge das pflegetypische Alter erreichen. Damit soll der Beitragssatz zur
Pflegeversicherung für die darauffolgenden 20 Jahre stabilisiert werden.
Eine breite Mehrheit von Expertinnen und Experten stellt fest, dass der Pflegevorsorgefonds seinen Zweck
nicht erfüllen wird. Dies wurde beispielsweise bei der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses zum
Drucksache 18/2915 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Gesetzentwurf am 24. September 2014 überdeutlich. Nicht zuletzt die laut Gesetzentwurf für die Verwaltung
des Fonds vorgesehene Deutsche Bundesbank rät von der Einführung des Fonds ab (vgl. Monatsbericht März
2014 der Deutschen Bundesbank).
Im Kern sprechen dabei nach Ansicht der Expertinnen und Experten drei Argumente gegen den Aufbau des
Pflegevorsorgefonds. Der Fonds wird im Jahr 2055 wieder entleert sein, dann also, wenn die Zahl der
Pflegebedürftigen am höchsten ist. Das Konstrukt des Fonds unterliegt einem grundlegenden Irrtum. Die
Regierungskoalition geht offenbar davon aus, dass man bis zum Jahr 2055 einen „demografischen Berg“
erreiche, der in den Folgejahren wieder abfalle. Der Fonds soll gleichsam dazu dienen, den Gipfel dieses Berges
zu untertunneln. Diese Annahme ist falsch. Zwar wird in der Tat die Zahl der Pflegebedürftigen voraussichtlich
etwa ab dem Jahr 2060 wieder sinken, die der Beitragszahlerinnen und -zahler jedoch ebenfalls. Damit wird
der Beitragssatz zur Pflegeversicherung nicht sinken, sondern sich eher auf ein konstant hohes Niveau
einpendeln.
Hinzu kommt, dass die im Gesetzentwurf vorgesehene „Sparsumme“ zu gering ist, um bei der Entleerung einen
nennenswerten Stabilisierungseffekt erzielen zu können.
Zum Dritten können die im Fonds lagernden Finanzmittel nicht sicher vor politisch motiviertem Zugriff
geschützt werden.
Somit erweckt der Pflegevorsorgefonds zwar den Anschein von Nachhaltigkeit. In Wirklichkeit jedoch wird
damit nur sehr viel Geld der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler für reine Symbolpolitik verwendet.
Sinnvoller wären diese Beitragsmittel investiert für die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs.
Diese ist von der Bundesregierung angekündigt für das Jahr 2017 mit der sog. zweiten Stufe der Pflegereform.
Vorgesehen sind dafür die Mittel von jährlich etwa 2,4 Mrd. Euro aus einer Anhebung des Beitragssatzes um
0,2 Beitragssatzpunkte. Damit jedoch werden die grundlegende Neuausrichtung der Pflegebedürftigkeit mit
einer Ausweitung von Leistungen insbesondere auf kognitiv eingeschränkte Personen und eine Orientierung
hin zu mehr aktivierender Pflege nicht finanziert werden können. Dies legen aktuelle Einschätzungen von
wissenschaftlicher Seite nahe, wonach etwa 1 Mrd. Euro zusätzlich für die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs
erforderlich sein wird (vgl. Frankfurter Rundschau v. 04.10.2014, „Zu wenig Geld für Pflegereform“). Die für
den Pflegevorsorgefonds vorgesehenen Finanzmittel wären daher für die angemessene Ausgestaltung des
neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bei Weitem sinnvoller angelegt.

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