BT-Drucksache 18/2803

Lärmschutz auf der Schiene

Vom 8. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2803
18. Wahlperiode 08.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Matthias Gastel, Tabea Rößner, Stephan Kühn (Dresden),
Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Lärmschutz auf der Schiene

Dauerhafte Lärmbelastung macht krank. Von Schienenlärm sind laut Um-
weltbundesamt 34 Prozent der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger betroffen
(www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/verkehrslaerm). In ihrer ak-
tuellen Verkehrsprognose geht die Bundesregierung von einer starken Zunahme
des Schienengüterverkehrs bis 2030 aus (www.bmvi.de/SharedDocs/DE/
Pressemitteilungen/2014/044-dobrindt-verkehrsprognose2030.html). Zudem
werden auch Lärmquellen, die nicht direkt durch die Züge verursacht werden
(z. B. Signaltöne an Bahnübergängen, Durchsagen an Bahnhöfen und Warn-
signale in Baustellenbereichen) von Anwohnerinnen und Anwohnern immer
häufiger als belästigend wahrgenommen (siehe z. B. Bahn-Report 5/2014).
Gleichwohl finden bestimmte Lärmschutzmaßnahmen an der Schiene (z. B.
Lärmschutzwände) in der Bevölkerung aus optischen und städtebaulichen
Gründen immer weniger Akzeptanz.
Die Deutsche Bahn AG ist nicht immer in der Lage, die für die Lärmsanierung
bereitgestellten Haushaltsmittel vollständig abzurufen. Um den an sich beson-
ders ressourcensparenden und umweltschonenden Bahnverkehr weiter voran-
zutreiben, ist eine ambitionierte, langfristige und menschenfreundliche Lärm-
schutzpolitik nötig. Eine gute Lärmsanierung ist für den Gesundheitsschutz und
die Voraussetzung für die Akzeptanz der Schiene in der Bevölkerung sowie für
mehr Bahnverkehr in Deutschland notwendig.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung in Bezug auf Lärmschutz-

wände an Schienenwegen, und wie gewichtet sie zwischen aktiven und pas-
siven Schallschutzmaßnahmen?

2. Welche Möglichkeiten des aktiven Schallschutzes sind der Bundesregierung
bekannt, und wie bewertet sie diese im Einzelnen bezüglich der Gesichts-
punkte Wirksamkeit, Kosten und Akzeptanz von Bürgerinnen und Bürgern?

3. Wie bewähren sich aus Sicht der Bundesregierung die lärmabhängigen Tras-
sengebühren, und wie wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung
deren Höhe bis zum Jahr 2020 entwickeln?

4. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Einnahmen aus den
lärmabhängigen Trassengebühren pro Jahr seit deren Einführung, und wofür
werden bzw. wurden diese verwendet?

Drucksache 18/2803 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Schaffen die aktuellen lärmabhängigen Trassengebühren sowie deren ver-
einbarte schrittweise Erhöhung aus Sicht der Bundesregierung ausreichende
Anreize für die Umrüstung von Zügen auf lärmreduzierende Bremsen, oder
wäre eine schnellere und stärkere Erhöhung der lärmabhängigen Trassen-
gebühren sinnvoll und erforderlich?

6. Welche flankierenden ordnungsrechtlichen Maßnahmen plant die Bundes-
regierung, um sicherzustellen, dass nach dem Jahr 2020 keine nicht auf
lärmreduzierte Bremsen umgerüsteten Güterwagen mehr in Deutschland
unterwegs sind?

7. Hält die Bundesregierung das Vorgehen der Schweiz, die Nutzung alter
Güterwagen ab dem Jahr 2020 zu untersagen (www.nzz.ch vom 14. Juni
2014), für auf Deutschland übertragbar?
Falls ja, auf welcher Rechtsgrundlage, und wie könnte dieses Vorgehen an-
gesichts des europaweiten Güterwagenaustausches konkret umgesetzt wer-
den?
Falls nein, weshalb nicht?

8. Welche Position hat die Bundesregierung gegenüber Lärmquellen, die nicht
direkt durch Züge verursacht werden, aber von Anwohnerinnen und An-
wohnern zunehmend belästigend empfunden werden (z. B. Signaltöne an
Bahnübergängen, Durchsagen an Bahnhöfen und Warnsignale in Baustel-
lenbereichen), und welche diesbezüglichen Lärmschutzmaßnahmen hat die
Bundesregierung bereits ergriffen bzw. plant die Bundesregierung zu ergrei-
fen?

Umsetzung von Lärmschutzmaßnahmen durch Bundesmittel
9. Mit welchen konkreten Maßnahmen möchte die Bundesregierung ihr im

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD festgelegtes Ziel einer
Halbierung des Lärms entlang der Schienenwege bis zum Jahr 2020 errei-
chen?

10. Weshalb ist die Deutsche Bahn AG nach eigenen Angaben im Jahr 2014
nach Kenntnis der Bundesregierung nicht in der Lage, die Mittel für die
Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen von 130 Mio. Euro voll-
ständig abzurufen?

11. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass die
Deutsche Bahn AG die genannten Mittel nicht abrufen kann?

12. Plant die Bundesregierung, die Mittel für die Lärmsanierung auf der
Schiene künftig schrittweise, berechenbar und langfristig (beispielsweise
durch Erhöhungen von 20 Mio. Euro pro Jahr) aufzustocken?

13. Wie reagiert die Bundesregierung auf die gegenüber den Fragestellern ge-
äußerte Kritik der Deutschen Bahn AG, dass lediglich die Umrüstung der
Bremsen durch das Lärmsanierungsprogramm gefördert wird, nicht aber
der erhöhte Instandhaltungsaufwand lärmreduzierender Bremsbeläge?

14. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll und möglich, nicht nur die
lärmschutzgerechte Umrüstung der Bremsen durch das Lärmsanierungspro-
gramm zu fördern, sondern auch die erhöhten Instandhaltungskosten in die
Förderung miteinzubeziehen?

15. Wie viel Prozent der Güterwagen deutscher Eisenbahnverkehrsunterneh-
men, der Güterwagen der DB Schenker Rail und der Güterwagen im gesam-
ten europäischen Güterwagenpool sind nach Kenntnis der Bundesregierung
bislang auf lärmreduzierende Bremsbeläge umgerüstet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2803
16. Mit welchem prozentualen Anteil umgerüsteter Güterwagen (bitte nach
Güterwagen deutscher Eisenbahnverkehrsunternehmen, Güterwagen der
DB Schenker Rail und der Güterwagen im gesamten europäischen Güter-
wagenpool aufschlüsseln) rechnet die Bundesregierung bis zum Ende
der Jahre 2014, 2016 und 2018?

17. Welcher Anteil an Zügen und Waggons, die im vergangenen Jahr zugelassen
wurden, wiesen noch GG-Sohlen auf?

18. Gibt es in den Zulassungsbedingungen für Schienenfahrzeuge eine Vor-
schrift darüber, über welche Bremsbeläge Neufahrzeuge verfügen müssen,
und hält die Bundesregierung hierbei eine Vorschrift zugunsten lärmmin-
dernder Bremsbeläge für sinnvoll?

Umsetzung der Schall 03
19. Liegt bezüglich der Umsetzung der Schall 03 der Erläuterungsbericht mit

Testaufgaben inzwischen (siehe Schriftliche Frage 55 des Abgeordneten
Matthias Gastel auf Bundestagsdrucksache 18/1921) vor?

20. Welche Position hat die Bundesregierung gegenüber der Feststellung des
Bundesrates vom 19. September 2014, dass die bisher zur neuen Schall 03
verfügbaren Testaufgaben zur Überprüfung der korrekten, ermessensspiel-
raumminimierten und damit qualitätsgesicherten Implementierung der
neuen Schall 03 in Softwareprogramme diesen Zweck nicht erfüllen (vgl.
Bundesratsdrucksache 319/14)?

21. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung
aus der Aussage des Gutachtens von Wölfel Beratende Ingenieure GmbH +
Co. KG (vgl.: Gutachten zum Entwurf einer Verordnung zur Änderung der
16. BImSchV – Überprüfung der Rechenvorschriften der Schall 03 (Wölfel
Beratende Ingenieure GmbH + Co. KG, 21. August 2014)), dass die Schall 03
im vorliegenden Zustand und mit den vorhandenen Testaufgaben nicht qua-
litätsgesichert implementiert werden kann?

22. Welche Auswirkungen haben die Abweichungen im Verfahren zur Berech-
nung der Schallausbreitung in der Schall 03 von den Internationalen Nor-
men ISO 9614-2 und ISO 9613-2 auf die Qualitätssicherung von Software,
wie sie durch die DIN 45687 und die ISO 17534 angeboten ist?

23. Welche Auswirkungen auf die Rechtsklarheit von Gutachten in Planfeststel-
lungsverfahren hat die in der neuen Schall 03 vorgesehene, dynamische
Teilstückzerlegung, die laut Gutachten der Wölfel Beratende Ingenieure
GmbH + Co. KG dazu führt, dass verschiedene Softwareprogramme zu un-
terschiedlichen Ergebnissen kommen können, und welche Konsequenzen
zieht die Bundesregierung aus diesen Auswirkungen?

24. Welche Vor- und Nachteile hat aus Sicht der Bundesregierung bei der Un-
tersuchung der Teilstückzerlegung die Verwendung eines mehrstufigen Ver-
fahrens unter Einbeziehung der Projektion?

25. Über welche Informationen zum Nachweis, dass bei der Berechnung von
Abschirmungen für Bahnstrecken der in der neuen Schall 03 enthaltene und
von der Internationalen Norm ISO 9613-2 abweichende Schirmfaktor
C2= 40, der bei der Lärmpegelberechnung zu niedrigeren Lärmpegeln des
Schienenverkehrs führt, angemessen ist, verfügt die Bundesregierung?

Berlin, den 8. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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