BT-Drucksache 18/2784

zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Ulla Jelpke, Halina Wawzyniak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/2606 - Wiedereingliederung fördern - Gefangene in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einbeziehen

Vom 9. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2784
18. Wahlperiode 09.10.2014
Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Ulla Jelpke,
Halina Wawzyniak, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/2606 –

Wiedereingliederung fördern – Gefangene in die Renten-, Kranken- und
Pflegeversicherung einbeziehen

A. Problem
Trotz einer gesetzlichen Arbeitspflicht für die Mehrheit der Strafgefangenen und Si-
cherungsverwahrten in der Bundesrepublik Deutschland ist nach den Worten der an-
tragstellenden Fraktion nur ein kleiner Teil in die Kranken-, Pflege- und Rentenver-
sicherung einbezogen.

B. Lösung
Nach dem Willen der antragstellenden Fraktion sollen u. a. Strafgefangene und Si-
cherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung und in die gesetzliche
Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen werden und die im Strafvollzug ge-
leistete Arbeit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Kran-
ken- und Pflegeversicherung paritätisch beitragspflichtig und anspruchsbegründend
werden.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 18/2784 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/2606 abzulehnen.

Berlin, den 8. Oktober 2014

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2784
Bericht des Abgeordneten Peter Weiß (Emmendingen)

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/2606 ist in der 54. Sitzung des Deutschen Bundestages am 25. September 2014
an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Innenausschuss, den
Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Ausschuss für Gesundheit und den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Finanzielle Gründe gegen eine Einbeziehung der Strafgefangenen in die Renten-, Kranken- und Pflegeversi-
cherung sind aus Sicht der Antragsteller in Anbetracht des aus der Menschenwürde folgenden Resozialisie-
rungsgebots und des verfassungsrechtlich verankerten Sozialstaatsprinzips nicht akzeptabel. Die Entlohnung
jeglicher Form von Pflichtarbeit von Gefangenen durch ein angemessenes Arbeitsentgelt sowie der soziale
Schutz für Gefangene in der Renten- und Kranken- sowie Pflegeversicherung seien geboten, um diesen Prin-
zipien gerecht zu werden und das für den Strafvollzug maßgebliche Ziel der Resozialisierung erreichen zu
können. Der Einbeziehung der pflichtarbeitenden Gefangenen in die Sozialversicherung bedürfe es als Inte-
rimslösung bis zur vollständigen Abschaffung der Pflichtarbeit, die erforderlich sei. Ebenso sei die angemes-
sene Entlohnung von erwerbstätigen Gefangenen sicherzustellen. Beides unterliege der Gesetzgebungskompe-
tenz der Bundesländer, welche nun aktiv werden müssten.
Die antragstellende Fraktion verweist in diesem Zusammenhang auf eine bereits vor 37 Jahren begonnene
grundlegende Gesamtreform des Strafvollzugswesens, die bis heute ausstehe.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss, der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Gesundheit und
der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe haben den Antrag auf Drucksache 18/2606 in
ihren Sitzungen am 8. Oktober 2014 beraten und dem Deutschen Bundestag jeweils mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf Drucksache 18/2606 in seiner 19. Sitzung am
8. Oktober 2014 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Ablehnung empfohlen.
Die Fraktion der CDU/CSU kritisierte, dass der Antrag ohne jegliche Änderung der Sachlage erneut gestellt
worden sei. Die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug liege in dieser Frage ausschließlich und voll-
ständig bei den Bundesländern, die mögliche Änderungen auch bezahlen müssten. Dort sei keine entsprechende
Initiative festzustellen. Es sei nicht die Aufgabe der Bundespolitik, dann als Mahner aufzutreten.
Die Fraktion der SPD erinnerte daran, dass die Regelungen zur Einbeziehung von Strafgefangenen in die
gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung wegen der fehlenden Zustimmung der Bundesländer
nicht angewandt würden. Diese seien zuständig und müssten auch die Sozialversicherungsbeiträge tragen. We-
gen dieser Zuständigkeit könne der Bundesgesetzgeber in dieser Frage ohne die Zustimmung der Bundesländer
nichts durchsetzen. Deren Haltung und Haushaltslage habe sich aber nicht verändert. Entsprechende Initiativen
für die Einbeziehung Strafgefangener in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung müssten über die Län-
der durchgesetzt werden.
Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf die seit der Reform des Strafvollzugsgesetzes 1977 bestehende politi-
sche Absicht, Strafgefangene in die Renten- und Krankenversicherung einzubeziehen. Bisher sei dies nicht
umgesetzt worden. Das müsse sich endlich ändern. Eine Haftstrafe gelte z. B. nach wie vor auch bei Erfüllung
Drucksache 18/2784 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
der Arbeitsverpflichtung für Gefangene nicht als Anrechnungszeit in der Rentenversicherung. Die Folge sei
später häufig Altersarmut. Zudem könne mit der geforderten Änderung sichergestellt werden, dass Ansprüche
auf eine Erwerbsminderungsrente nicht verloren gingen.
Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN stimmte der Position zu, dass das Anliegen des Antrags in der aus-
schließlichen Zuständigkeit der Bundesländer liege. Von dieser Seite habe es in den vergangenen Jahren aber
keine entsprechende Initiative gegeben. Der Bund könne durch entsprechende Beschlüsse durchaus Signale für
notwendige Änderungen geben. Und diese seien notwendig. Die Einbeziehung in die Rentenversicherung sei
wichtig, auch eine angemessene Bezahlung für die Arbeit der Strafgefangenen. Die Fraktion werde dem Antrag
aber trotzdem nur mit großen Bauchschmerzen zustimmen, da auch viele Forderungen erhoben würden, die
man nicht teilen könne. So werde u. a. die Forderung nach Krankenversicherung erhoben, aber daraus resultie-
rende Konsequenzen für die so entstehende Doppelstruktur in der Gesundheitsversorgung der Gefangenen wür-
den nicht thematisiert.

Berlin, den 8. Oktober 2014

Peter Weiß (Emmendingen)
Berichterstatter

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