BT-Drucksache 18/2780

Erkenntnisse der Bundesregierung über Mengen, Verbleib und Auswirkungen von Mikroplastik

Vom 8. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2780
18. Wahlperiode 08.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Meiwald, Nicole Maisch, Steffi Lemke, Annalena
Baerbock, Harald Ebner, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Dr. Julia Verlinden und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Erkenntnisse der Bundesregierung über Mengen, Verbleib und Auswirkungen
von Mikroplastik

Mikroplastik stellt eine große Umweltgefahr dar. Die winzig kleinen Kügelchen
oder Fasern aus Kunststoffen finden sich überall in unserer Umwelt und im täg-
lichen Leben – zum Beispiel auch in Kosmetika und Körperpflegeprodukten,
wie Peelings oder Zahnpasta. Nach Gebrauch landen die Partikel im Abwasser.
Aus diesem können sie auch nach Kenntnis des Industrieverbandes Körper-
pflege- und Waschmittel e. V. nicht vollständig in den Kläranlagen entfernt wer-
den. Somit verbleibt ein Teil der Partikel im geklärten Abwasser (Quelle:
www.ikw. org/schoenheitspflege/themen/alle/kunststoffe-in-kosmetischen-mit-
teln, letzter Abruf 13. August 2014).
Die Forschungsergebnisse, die vorliegen, beweisen, dass die Ansammlung von
Mikroplastik in der Umwelt zu gravierenden Problemen führt. Es ist bekannt,
dass Kunststoff sehr beständig ist, es wird in der Umwelt also nur über sehr
lange Zeiträume abgebaut.
Meerestiere sterben bei der Aufnahme von Mikroplastik, weil dieses in ihren
Mägen bleibt und das Hungergefühl aussetzt. Die Auswirkungen auf die
menschliche Gesundheit über die Nahrungskette sind bisher viel zu wenig er-
forscht.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom November 2012 (Bundestagsdrucksache
17/11736) konnte die Bundesregierung zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der
lückenhaften Informationslage nur sehr allgemeine Aussagen zu der Problema-
tik machen. Seither sind einige neue Erkenntnisse veröffentlicht worden – unter
anderem auch eine rechtliche Betrachtung der Handlungsmöglichkeiten in der
Zeitschrift „Natur und Recht“ (NuR 2014, S. 470 ff.).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Teilt die Bundesregierung die in der rechtwissenschaftlichen Literatur (vgl.

Heger, Hower, NuR 2014, S. 470 ff.) geäußerte Auffassung, dass das Inver-
kehrbringen oder nicht fachgerechte Entsorgen von Kosmetikprodukten, die
kleine Kunststoffpartikel (Mikroplastik) enthalten, zu einer unbefugten Ge-
wässerverunreinigung im Sinne des Straf- und Verwaltungsrechts führen
kann und damit Produzenten oder Verwender Gefahr laufen, den Straftatbe-
stand nach § 324 des Strafgesetzbuches (StGB) zu erfüllen (bitte begründen)?

Drucksache 18/2780 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wenn aber den oben bezeichneten Ausführungen in der rechtswissenschaft-
lichen Literatur insoweit gefolgt werden kann, dass eine Zulassung für die
Verwendung von Mikroplastik in Kosmetikprodukten schon deswegen
nicht vorliegen kann, weil es eine Zulassungspflicht überhaupt nicht gibt,
bedürfte es dann vor dem Hintergrund des Artikels 1 Absatz 1 der Verord-
nung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemi-
scher Stoffe (REACH-Verordnung) nicht der Durchsetzung eines sofortigen
Anwendungsstopps für derartige Produktbestandteile?

3. Welche Untersuchungen, Prüfungen oder Gutachten hat die Bundesregie-
rung vorgenommen oder vornehmen lassen, um die Gefahren solcher
Kunststoffpartikel, die in Kosmetik- oder sonstigen Produkten enthalten
sind, für Menschen, Tiere und die Umwelt, insbesondere Gewässer, festzu-
stellen bzw. zu verhindern (vgl. zur „lückenhaften Informationslage“ der
Bundesregierung im Jahre 2012 die Antwort der Bundesregierung auf Bun-
destagsdrucksache 17/11736)?

4. Wie beurteilt die Bundesregierung das Beimischen von Kunststoffkügel-
chen aus Mikroplastik in Kosmetik- und Körperpflegeprodukten sowie Rei-
nigungsmitteln aus Umweltsicht, und sieht sie die Gefahr von irreversiblen
Umweltbelastungen insbesondere in aquatischen Ökosystemen durch die
zunehmende Freisetzung dieser Mikroplastikpartikel in die Umwelt?

5. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Mengen von Mikro-
plastik, die Kosmetik- und Reinigungsprodukten in Deutschland beigefügt
sind bzw. über solche Produkte in Deutschland in Verkehr gebracht werden
und somit in die Abwasser gelangen können?

6. Welche Mengen Mikroplastik und Kunststofffasern werden nach Einschät-
zung der Bundesregierung in Deutschland pro Jahr durch die Kläranlagen
hindurch in die natürlichen Gewässer abgegeben, und wie hoch sind die in
den Kläranlagen zurückgehaltenen Mengen?

7. Welche Technologien zur umfassenden Eliminierung von Mikroplastik aus
dem Abwasser gibt es derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung, und wie
schätzt die Bundesregierung deren Wirkung ein?

8. a) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass ein Teil
der in den Kläranlagen entfernten Mikroplastikteilchen im Klärschlamm
verbleiben (www.stmuv.bayern.de/umwelt/forschung/mikroplastik/index.
htm)?

b) Inwiefern setzt sie sich dafür ein, die Praxis, den Klärschlamm auf land-
wirtschaftlich genutzten Böden auszubringen, deutlich einzuschränken,
damit diese Plastikpartikel nicht durch Auswaschung in die Böden und
Gewässer und damit letztendlich in die Nahrungskette von Tieren und
Menschen gelangen?

c) Inwiefern setzt sie sich dafür ein, den Klärschlamm erst nach Klärung
des Plastikgehaltes für eine solche Folgenutzung freizugeben?

9. Wie viel Mikroplastik befindet sich nach den Erkenntnissen der Bundes-
regierung derzeit in den deutschen Gewässern?

10. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, welche Zusatzstoffe dem
Mikroplastik in Kosmetika beigemischt werden, und inwiefern diese Addi-
tive wassergefährdend sind bzw. eine Gefahr für Wasserorganismen darstel-
len?

11. In welchen Pflanzen- und Tierarten wurde nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bisher Mikroplastik nachgewiesen, und welche von diesen Arten sind
ernährungsrelevant?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2780
12. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Auswirkungen durch die Auf-
nahme von Mikroplastikpartikeln und ihrer Inhaltsstoffe auf die Nahrungs-
aufnahme, Reproduktion und den Organismus der Tiere bestehen?

13. Kann es nach Erkenntnis der Bundesregierung durch die Anreicherungen
von Schadstoffen und Additiven im Mikroplastik zu Gesundheitsgefähr-
dungen durch den Verzehr von Pflanzen und Tieren der Meere kommen?

14. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um die Frei-
setzung von Mikroplastikpartikeln in die Umwelt einzuschränken, und wel-
che Maßnahmen sind weiter geplant?

Berlin, den 8. Oktober 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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