BT-Drucksache 18/2720

Einsetzung eines deutschen Brigadegenerals als Chief of Staff der US Army Europe

Vom 1. Oktober 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2720
18. Wahlperiode 01.10.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen,
Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat und
der Fraktion DIE LINKE.

Einsetzung eines deutschen Brigadegenerals als Chief of Staff der
US Army Europe

Am 4. August 2014 trat Brigadegeneral Markus Laubenthal seinen Dienst als
Stabschef/Chief of Staff der US Army Europe (USAREUR) an. Die Bundeswehr
hebt hervor, Brigadegeneral Markus Laubenthal sei damit „die ,rechte Hand‘ des
Kommandierenden Generals der US-Landstreitkräfte in Europa“.
Die Verwendung eines Bundeswehroffiziers in einer hohen Führungsfunktion
wie der des Stabschefs bei den US-amerikanischen Streitkräften ist ein Novum.
Dem Kommando sind mehr als 37 000 in Europa stationierte US-amerikanische
Heeressoldaten unterstellt. Brigadegeneral Markus Laubenthal wird neben der
Organisation der Stabsarbeit verantwortlich sein für die Leitung der Soldatinnen
und Soldaten des Stabes sowie für die Abstimmung zwischen dem Kommando
und den unterstellten Bereichen. Den Kommandeur der US Army Europe soll er
„bei der Integration in die NATO und bei anderen Partnern des USAREUR“
unterstützen (www.deutschesheer.de/portal/poc/heer?uri=ci:bw.heer.aktuell.
nachrichten.jahr2014.august2014&de.conet.contentintegrator.portlet.current.id
=01DB050000000001|9NFCVW498DIBR, www.bundeswehr-journal.de/2014/
bald-ein-us-general-auf-deutschem-dienstposten/#more-3910).
Die Bundeswehr bemüht sich, abzuwiegeln: „Die Führung und Verantwortung
der Auslandseinsätze der amerikanischen Landstreitkräfte obliegt anderen
Dienststellen der US-Streitkräfte (CENTCOM/EUCOM/AFRICOM).“
USAREUR aber wird bezeichnet als „das Werkzeug des Pentagon an der Naht-
stelle zu Osteuropa“ (http://augengeradeaus.net/2014/03/u-s-army-in-europa-
will-bundeswehr-offizier-als-chef-des-stabes/) und ist beispielsweise zuständig
für das zuletzt noch im September 2014 von einigen NATO-Staaten in und mit
der Ukraine abgehaltene Manöver Rapid Trident sowie die weiteren militäri-
schen Aktivitäten der USA in der Region, im Baltikum und in Polen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf wessen Initiative ist die Verwendung von Brigadegeneral Markus

Laubenthal als Chief of Staff USAREUR nach Kenntnis der Bundesregie-
rung bzw. nachgeordneter Stellen zurückzuführen?

2. Wer kommandierte Brigadegeneral Markus Laubenthal auf welcher Rechts-
grundlage ab, um seine Verwendung als Chief of Staff USAREUR zu ermög-
lichen?

Drucksache 18/2720 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wer war aufseiten der Bundesregierung und nachgeordneter Stellen in den
Entscheidungs- und Auswahlprozess eingebunden?

4. Wer wurde nach Kenntnis der Bundesregierung bzw. nachgeordneter Stel-
len von wem bezüglich der Entscheidungsfindung insoweit konsultiert?

5. Was ist die Rechtsgrundlage der Verwendung eines Bundeswehrsoldaten als
Chief of Staff der US-Armee?

6. In welcher Form ist dieser Einsatz von Brigadegeneral Markus Laubenthal
als Chief of Staff USAREUR orientiert an einem nach Mitteilung des Bun-
desministeriums der Verteidigung (www.bmvg.de/portal/a/bmvg/!ut/p/c4/
NYvBCsIwEET_aDeBIurN0ouCoF603tI2hJVuUtZNvfjxJgdn4B3mMfjE0
uhWCk4pRTfjA_uR9sMHBl4DvFKWsgJTpLd6ocx4r5_Jw5ii10r1Uakwi
NMksCTRuZosUgzQhL2xXWus-cd-d-fT9nrZNE13bG-4MB9-sj8Q9w!!/)
am 30. Juli 2014 unterzeichneten Rahmenabkommen zwischen dem deut-
schen und dem US-Verteidigungsministerium?

7. Welche maßgeblichen Vorgaben enthält dieses Rahmenabkommen (bitte
dezidiert – insbesondere über die Angaben auf der Website des Bundes-
ministeriums der Verteidigung hinaus – darlegen und das Rahmenabkom-
men beifügen)?

8. In welcher Weise und in welchem Ausmaß ist Brigadegeneral Markus
Laubenthal nach Kenntnis der Bundesregierung bzw. nachgeordneter Stel-
len in die Befehlshierarchie von USAREUR integriert?

9. Inwieweit besitzt Brigadegeneral Markus Laubenthal nach Kenntnis der
Bundesregierung bzw. nachgeordneter Stellen Befehlsgewalt über US-
Kräfte?

10. Inwieweit ist Brigadegeneral Markus Laubenthal nach Kenntnis der Bun-
desregierung bzw. nachgeordneter Stellen US-Stellen unterstellt oder be-
richtet an US-Stellen (bitte jeweils angeben, welche US-Stellen betroffen
sind)?

11. Inwieweit ist Brigadegeneral Markus Laubenthal weiterhin deutschen Stel-
len unterstellt oder berichtet an deutsche Stellen (bitte jeweils angeben, wel-
che deutschen Stellen betroffen sind)?

12. Welchen Status hat Brigadegeneral Markus Laubenthal in den deutschen
Streitkräften in der Zeit seiner Verwendung als Chief of Staff USAREUR?

13. Welche Erwartungen verbinden die Bundesregierung und nachgeordnete
Stellen mit der Verwendung von Brigadegeneral Markus Laubenthal als
Chief of Staff USAREUR?

14. Welche Erwartungen verbinden die Bundesregierung und nachgeordnete
Stellen bzgl. aus der Verwendung von Brigadegeneral Markus Laubenthal
als Chief of Staff USAREUR zu erlangenden Erkenntnissen, insbesondere
mit Blick auf die von dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundes-
wehr und Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, General a. D. Klaus
Naumann, in einem Interview mit dem „Deutschlandradio Kultur“ (www.
deutschlandradiokultur.de/us-armee-deutscher-kommandiert-us-soldaten.
1008.de.html?dram:article_id=293557) geäußerte Vorstellung, diese Ver-
wendung vermittle deutschen Stellen einen verbesserten Einblick in Über-
legungen der US-Streitkräfte?

15. Welche Risikoabwägung erfolgte seitens der Bundesregierung und nachge-
ordneter Stellen für den Fall und mit Blick darauf, dass Brigadegeneral
Markus Laubenthal als Chief of Staff USAREUR Entscheidungen zu tref-
fen haben könnte, die potenziell oder tatsächlich den Interessen der Bundes-
republik Deutschland zuwiderlaufen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2720
16. Welche Vorkehrungen wurden seitens der Bundesregierung und nachgeord-
neter Stellen für den Fall eines Loyalitätskonflikts von Brigadegeneral
Markus Laubenthal getroffen?

17. Welche Regelung greift ein für den Fall einer Kollision der Pflichten von
Brigadegeneral Markus Laubenthal als deutscher Staatsbürger und/oder
Bundeswehrangehöriger einerseits und als Chief of Staff USAREUR ande-
rerseits, z. B. (aber nicht ausschließlich) mit Blick auf die Entwicklung in
der Ukraine oder mit Blick auf die Situation in der Ukraine bezogene Akti-
vitäten der USA oder anderer NATO-Staaten?

18. Welche Regelung greift nach Kenntnis der Bundesregierung bzw. nachge-
ordneter Stellen ein für den Fall, dass Brigadegeneral Markus Laubenthal
als Chief of Staff USAREUR Kenntnis erlangt von rechtswidrigen bzw. völ-
kerrechtswidrigen Vorgängen oder Planungen?
a) Welche Meldepflichten hat Brigadegeneral Markus Laubenthal in die-

sem Fall?
b) Welche weiteren Aktivitäten hat er aufgrund welcher gesetzlichen bzw.

vertraglichen Regelung zu ergreifen (bitte insbesondere unter Berück-
sichtigung der Tatsache beantworten, dass eine nach in den USA ver-
tretener Rechtsauffassung unilaterale „präemptive“ oder „präventive
Verteidigung“ nach Grundgesetz und Völkerrecht ggf. unter dem Aspekt
des verbotenen Angriffskriegs kritisch zu betrachten ist)?

Berlin, den 1. Oktober 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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