BT-Drucksache 18/2535

Der Bürgerkrieg in der Ukraine

Vom 9. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2535
18. Wahlperiode 09.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Alexander S. Neu, Heike Hänsel,
Annette Groth, Andrej Hunko, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Der Bürgerkrieg in der Ukraine

Mit der Kandidatur und späteren Wahl des ukrainischen Oligarchen Petro
Poroschenko zum Präsidenten wurde insbesondere die Hoffnung auf ein Ende der
bürgerkriegsähnlichen Situation in der Ukraine verbunden. Stattdessen wird der
Krieg gegen die vermeintlichen Separatisten im Osten der Ukraine nicht nur un-
vermindert fortgeführt, sondern die vom Westen protegierte Regierung der Ukra-
ine und der Präsident verschärfen nach Auffassung der Bundesregierung ihre
Kriegsführung im Osten des Landes erheblich. Dabei kann sich auch unter Petro
Poroschenko in den Streitkräften und Freiwilligenbataillonen auf Kräfte aus der
extremen Rechten und Hooligans stützen, die sich Anfang des Jahres 2014 eta-
bliert haben und weiter zu wachsen scheinen (www.suedkurier.de/nachrichten/
politik/themensk/Gefaehrliche-Hilfe-von-Rechts;art1015367,7038001). Sie set-
zen die Regierung und den Präsidenten hinsichtlich der Forcierung des militäri-
schen Vorgehens gegen die Aufständischen im Osten des Landes, die gegen die
Regierung in Kiew kämpfen, massiv unter Druck (www.zeit.de/politik/ausland/
2014-06/proteste-ukraine-waffenruhe).
Die ukrainische Regierung und ihr Präsident brauchen Geld, um Krieg zu füh-
ren. Für das erste Halbjahr 2014 waren für die Verteidigungs- und Sicherheits-
organe im Zeitraum von März bis Juli 2014 insgesamt 7,6 Mrd. Griwna (aktuell
ca. 652 Mio. US-Dollar bzw. 484 Mio. Euro) ausgegeben worden. 4,8 Mrd.
Griwna (306 Mio. Euro) entfielen dabei auf die Armee, die Nationalgarde er-
hielt 2,4 Mrd. Griwna (153 Mio. Euro), der Grenzschutz 175 Mio. Griwna
(11 Mio. Euro), das Innenministerium 136 Mio. Griwna (8,7 Mio. Euro) und der
Geheimdienst SBU 103 Mio. Griwna (6,6 Mio. Euro) (112.ua/ekonomika/
minfin-v-marte-iyule-perechislil-na-nuzhdy-silovikov-7-6-mlrd-grn-87000.html).
Die Nationalgarde soll dabei Finanzmittel für den Kauf von gepanzerten Fahr-
zeugen, Spezialpanzerfahrzeugen, Fahrzeugen für den Transport von Personal
und Ausrüstung, Uniformen und Waffen erhalten haben (censor.net.ua/news/
290290/na_voorujenie_dlya_natsgvadii_vydeleno_2_mlrd_griven_snbo).
Opfer ist dabei die ukrainische Bevölkerung im Ganzen: Während der
Militäretat weiter aufgestockt wird, werden die Sozialausgaben gekürzt
(www.deutschlandfunk.de/ukraine-konflikt-strikter-sparkurs-fuehrt-zu-sozialen.
795.de.html?dram:article_id=284200). Doch die Einsparungen treffen insbe-
sondere auch die Menschen in der Ostukraine. Denn immer mehr Zivilisten
werden Opfer der so genannten Anti-Terror-Operation der Kiewer Regierung.
Laut Aussagen des stellvertretenden Gesundheitsministers der Ukraine, Wassili
Lasorischinez, vom 10. Juli 2014 wurden im Donbass bei der „Anti-Terror-
Operation“ bereits 478 Zivilisten getötet, darunter 30 Frauen und 7 Kinder

Drucksache 18/2535 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
sowie 1 392 Menschen verletzt, darunter 108 Frauen und 14 Kinder. Es würden
mehr Zivilisten als Militärs sterben (www.unian.ua/politics/938231-za-chas-
provedennya-ato-zaginuli-478-mirnih-jiteliv-poraneni-mayje-1400.html). Aller-
dings bemühte sich die ukrainische Regierung schnell, diese Schreckens-
nachricht noch am selben Tag zu dementieren, in dem sie behauptet, diese
Zahlen seien Angaben zur allgemeinen Sterblichkeit in den ostukrainischen
Gebieten (www.unian.ua/politics/938369-u-moz-sprostovuyut-oprilyudnenu-
sogodni-informatsiyu-pro-kilkist-zagiblih-v-zoni-ato.html).
Jüngste Opfer sind die 298 Passagiere der malaysischen Passagiermaschine
Boeing 777 des Fluges MH17. Der in Amsterdam gestartete Flug MH17 befand
sich gerade über der Region um Donezk, als das Flugzeug am 17. Juli 2014 um
15.20 Uhr (Mitteleuropäische Sommerzeit – MESZ) plötzlich vom Radar ver-
schwand. Warum die Maschine abstürzte, ist noch nicht geklärt – die Ermittlun-
gen sind zeitaufwändig und schwierig. Trotzdem wurden unmittelbar nach dem
Absturz insbesondere seitens der ukrainischen und US-amerikanischen Regie-
rungen sowohl die „prorussischen Separatisten“ als auch der russische Präsident
Wladimir Putin für einen möglichen Abschuss verantwortlich gemacht (www.
n-tv.de/politik/Die-Verantwortung-traegt-Moskau-article13235581.html). Es
wird zwar immer wieder auf Erkenntnisse der US-Geheimdienste und auf Satel-
litenfotos verwiesen, die einen Raketenstart von dem von den „Separatisten“
kontrollierten Konfliktgebiet aus belegen sollen; Beweise, die diese Vorwürfe
belegen, wurden aber bislang keine vorgelegt (www.sueddeutsche.de/politik/
mutmasslicher-mh-abschuss-durch-separatisten-russland-verlangt-beweise-
von-den-usa-1.2061096).
Unabhängig davon, ob und in welchem Umfang man dem nachfolgenden Zitat
folgt, zeigt es doch, wie unterschiedlich die Sicht in der Beurteilung der Situ-
ation in der Krise sein kann. „Das Vorgehen des ukrainischen Machthabers
Poroschenko gegenüber dem Osten seines eigenen Landes (und vor allem der
dort lebenden Bevölkerung) hat nichts mehr von dem an sich, wie Schwierigkei-
ten im eigenen Land beigelegt oder angegangen werden können. Das ist Krieg
gegen die eigene Bevölkerung – und zwar mit einer angeblich aus dem Boden
gestampften ‚Nationalgarde‘, die aus den faschistischen Gruppen, vor allem aus
der Westukraine, geschaffen worden ist. Den Menschen in der Ostukraine wird
derart demonstriert, dass jene Kräfte zurückkehren, die in der Vergangenheit
millionenfaches Leid nicht nur über diese Landstriche gebracht haben. […] Das
amerikanisch-Kiew-ukrainische Ziel dieses Vorgehens wird auf den offenen
Krieg mit Russland aus sein, um letztlich die Ukraine als Bollwerk nutzen zu
können – nicht nur gegen Russland. Sollte es gelingen, die Ukraine derart den
USA dienstbar zu machen, wird es einen kompletten Riegel unter US-Kontrolle
zwischen dem Baltikum über Polen und die Ukraine zum Schwarzen Meer
geben. Ein amerikanisches Ziel, das auf dem NATO-Gipfel in Riga 2006 schon
einmal angesteuert worden ist“, meint Willy Wimmer, ehemaliger verteidi-
gungspolitischer Sprecher der CDU/CSU, ehemaliger Parlamentarischer Staats-
sektretär beim Bundesministerium der Verteidigung und Ex-Vizepräsident der
OSZE-PV (Parlamentarische Versammlung der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa) zum Ukraine-Konflikt (www.heise.de/tp/artikel/42/
42283/1.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über die tatsächliche Flug-

höhe der Boeing 777 des Fluges MH17 als sie vermeintlich abgeschossen
wurde, die zwischen 9 100 (www.n-tv.de/politik/Jazenjuk-Separatisten-
behindern-Helfer-article13235166.html) und 10 058 Metern bzw. 33 000 Fuß
(www.zeit.de/wissen/2014-07/malaysia-airlines-mh-17-ukraine-flugroute)
angegeben wird?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2535
2. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das Gebiet
nahe der Stadt Donezk am Tag des Absturzes von MH17 bis zu einer Höhe
von 32 000 Fuß (9 754 Meter) gesperrt war (www.zeit.de/wissen/2014-07/
malaysia-airlines-mh-17-ukraine-flugroute) und die malaysische Passagier-
maschine des Fluges MH17 damit – je nach tatsächlicher Flughöhe – knapp
über oder unter der gesperrten Grenze flog?

3. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis (auch nachrichtendienst-
lich) ausschließen, dass sich ein ukrainisches Militärflugzeug vom Typ
Suchoi-25 (Su-25) der Passagiermaschine des Fluges MH17 bis auf etwa
3,5 Kilometer genähert hat (www.n-tv.de/politik/Kreml-Ukrainischer-Jet-
naeherte-sich-MH17-article13267911.html)?

4. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die Gespräche
der ukrainischen Fluglotsen mit der Boeing-777-Crew des Fluges MH17
vom ukrainischen Geheimdienst SBU seit der Beschlagnahmung des
Mitschnitts in Dnjepropetrowsk kurz nach dem Absturz am 17. Juli 2014
unter Verschluss gehalten und damit internationalen Experten zur Analyse
vorenthalten werden (www.airliners.de/mh17-flugdatenschreiber-werden-
in-grossbritannien-untersucht/33146)?

5. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienst-
liche) von und über detaillierte Satellitenbilder von der verdächtigen Ra-
ketenabschuss-Batterie, von welcher die Rakete auf Flug MH17 abgefeuert
sein soll, über die US-Geheimdienste verfügen sollen (www.zeit.de/politik/
ausland/2014-07/abschuss-kampfjet-ukraine-russland)?

6. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienst-
liche) von und über detaillierte Satellitenbilder von der verdächtigen Ra-
ketenabschuss-Batterie, von welcher die Rakete auf Flug MH17 abge-
feuert sein soll, über die die ukrainische Regierung verfügen will (www.
handelsblatt.com/politik/international/mh17-ungluecksstelle-uno-fordern-
ungehinderten-zugang-fuer-experten-team/10232152.html)?

7. Inwieweit kann die Bundesregierung nach ihren Kenntnissen (auch nach-
richtendienstlich) bestätigen, dass die ukrainische Armee (156. Fla-Rake-
tenregiment) im Raum des umkämpften Donezk insgesamt 27 Flugabwehr-
Raketensysteme vom Typ Buk im Vorfeld der Katastrophe um Flug MH17
in Stellung gebracht haben soll (de.ria.ru/security_and_military/20140718/
269043652.html)?

8. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis (auch nachrichtendienstlich)
ausschließen, dass dem Chef des 156. Fla-Raketenregiments befohlen wor-
den war, am 17. Juli eine Übung abzuhalten, bei der es um die Deckung der
Bodengruppierung in einem Vorort von Donezk ging einschließlich der
Aufgaben, das Beobachten von Zielen zu trainieren und die ganze Reihen-
folge der Begleitung und der Vernichtung von Zielen mit einer Rakete vom
Typ Buk-M1 im Trainingsmodus auszuführen, wobei zwar keine Raketen-
starts vorgesehen gewesen seien, den Chefs der Batterien aber die Schlüssel
zu den Startanlagen ausgehändigt worden wären (de.ria.ru/politics/
20140725/269105594.html)?

9. Kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis (auch nachrichtendienstlich)
ausschließen, dass zur Teilnahme an der Übung zwei Kampfjets des Typs
Su-25 vom Luftwaffenstützpunkt der 229. Brigade der taktischen Flieger-
kräfte Kulbakino in Nikolajew nach Dnipropetrowsk geschickt worden sind
(de.ria.ru/politics/20140725/269105594.html)?

10. Kann die Bundesregierung nach ihren Kenntnissen (auch nachrichtendienst-
lich) ausschließen, dass die malaysische Maschine des Fluges MH17 im Be-
reich von fünf Flugabwehrsystemen geflogen ist und dass ein ukrainischer

Drucksache 18/2535 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Flugabwehr-Radar am Tag des Absturzes unweit vom Absturzort in Betrieb
gewesen sei (bei diesem soll es sich um die Radarstation Kupol, die zu ei-
nem Buk-M1-Raketensystem im Raum Styla, 30 km südlich von Donezk
gehandelt haben, www.n-tv.de/politik/Jazenjuk-Separatisten-behindern-
Helfer-article13235166.html)?

11. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es unter „Berücksichtigung
der Verlegung zusätzlicher Mittel und Kräfte der ukrainischen Luftabwehr
in den Osten der Ukraine […] bei der Überprüfung der Kampfbereitschaft
der Anlagen [aufgrund] mangelnden beruflichen Könnens des Personals zu
einem versehentlichen Start einer Rakete gekommen sein“ könnte, die den
Flug MH17 getroffen hat (www.tagesspiegel.de/politik/newsticker-zu-flug-
mh17-von-malaysia-airlines-obama-fordert-waffenruhe-bka-schickt-
experten-in-die-ukraine/10219058.html)?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von dem Bericht des US-ame-
rikanischen Investigationsjournalisten Robert Parry – unter anderem durch
seine AP- und Newsweek-Investigationen zur Iran-Contra-Affäre und Dro-
genschmuggel in die USA aus dem Jahr 1985 bekannt –, wonach er von
„verlässlichen Informanten“ aus US-Geheimdienstkreisen erfahren habe,
dass detaillierte Satellitenbilder von der inkriminierten Raketenabschuss-
Batterie vorhanden sein sollen, von welcher der Flug MH17 abgeschossen
worden sein soll, und die unter der Kontrolle von Soldaten der ukrainischen
Regierungsarmee gewesen sein soll, was ihre ukrainische Uniformen nahe-
legen würde (consortiumnews.com/2014/07/20/what-did-us-spy-satellites-
see-in-ukraine/)?

13. Inwieweit kann die Bundesregierung nach ihren Kenntnissen (auch nach-
richtendienstlichen) ausschließen, dass die vom ukrainischen Geheimdienst
präsentierten angeblich abgehörten Telefongespräche, die die Separatisten
und Russland bezüglich der Katastrophe um Flug MH17 belasten, manipu-
liert wurden oder gar nicht den Flug MH17 betrafen vor dem Hintergrund,
dass ein vermeintliches vom ukrainischen Geheimdienst SBU veröffentlich-
tes Beweisvideo mit den Rebellen, die sich über das abgestürzte Flugzeug
unterhalten, möglicherweise laut Metadaten einen Tag vor dem Abschuss
entstanden sein soll (www.tagesspiegel.de/politik/usa-und-russland-im-
streit-um-mh17-die-positionen-russlands/10231390-2.html)?

14. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung zutreffend, dass jemand,
der ein System wie die Buk-Batterie bedienen kann, auch ein ziviles Flug-
zeug von einer feindlichen Maschine relativ problemlos unterscheiden kann,
da die Abwehrstellung „zivile Flugzeuge normalerweise mit Hilfe der so
genannten Freund-Feind-Erkennung, auch bekannt als IFF (Identification
Friend or Foe), erkennen“ kann, da jedes zivile Linienflugzeug einen IFF-
Transponder hat und es selbst ohne IFF-Antwort für die Buk-Mannschaft
deutliche Anzeichen gegeben hätte, dass es sich um eine zivile Maschine
handelte, so dass ein Unfall durch einen Bedienungsfehler unwahrscheinlich
sei (www.spiegel.de/wissenschaft/technik/malaysian-airlines-mh17-
experten-glauben-an-abschuss-aus-versehen-durch-buk-a-981754.html)?

15. Inwieweit kann die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis die Aussage des
Schweizers Alexander Hug (stellvertretender Chef der Beobachtermission
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa – OSZE –
in der Ukraine) bestätigen, dass die Verzögerungen beim Zugang zum
Absturzort aus Sicherheitsgründen zustande kamen, den Beobachtern aber
„24 Stunden nach dem Absturz, als wir dann vor Ort waren, die Sicherheit
durch die Rebellen soweit garantiert [wurde], wie sie das garantieren
konnten. Aber ich nehme auch an, dass die Überlegungen in Sachen Sicher-
heit auch ein Beweggrund für die Experten waren, nicht schnell und un-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2535
überlegt sich nach dem Osten der Donezk-Region zu verschieben“ (www.
deutschlandfunk.de/osze-in-der-ukraine-dickicht-von-kommandanten-und.
694.de.html?dram:article_id=292571)?

16. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis (auch nachrichtendienstlich),
dass es nach Schätzung von Alexander Hug bei den „Separatisten“ etwa
sechs größere Gruppen und zudem diverse kleinere Gruppen gibt, die in der
Donezk- und der Lugansk-Region operieren, die „eine mehr oder weniger
geradlinige Führungslinie zu den politischen Führern [haben], die aber
nicht immer hält und vielfach auch die Befehle dann nicht immer runter-
kommen auf das Feld“, also zu generalisierend häufig von „den Separa-
tisten“ gesprochen wird (www.deutschlandfunk.de/osze-in-der-ukraine-
dickicht-von-kommandanten-und.694.de.html?dram:article_id=292571)?

17. Inwieweit plant die Bundesregierung eine Beteiligung an der um sechs Mo-
nate verlängerten OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, deren Mandat
ursprünglich am 20. September 2014 ausgelaufen wäre (www.handels-
blatt.com/politik/international/nachrichtenblog-neue-sanktionen-gegen-
russland/10232370.html), und sofern sie eine Beteiligung vorsieht, in wel-
cher Form soll diese Beteiligung stattfinden?

18. Inwieweit gibt es seitens der ukrainischen Regierung bzw. des ukrainischen
Präsidenten Anfragen bezüglich weiterer, außerhalb der OSZE-Mission in
der Ukraine durchzuführender, bilateraler militärischer Missionen, bei-
spielsweise unter Leitung der Bundeswehr, die, wie die vormalige, unter
Beteiligung des Bundeswehroberst Axel Schneider unter anderem Er-
kenntnisse über das militärische Potenzial der Ukraine herausfinden sollen
(www.spiegel.de/politik/deutschland/osze-geiseln-gauweiler-kritisiert-
bundeswehrsoldaten-aus-ukraine-a-967385.html)?
Wenn ja, von wem, und zu welchem Zweck?

19. Inwieweit bleibt die Bundesregierung bei der Feststellung, dass keiner
der deutschen Militärbeobachter inoffiziell oder offiziell, direkt oder
indirekt für den Bundesnachrichtendienst (BND) oder den Militärischen
Abschirmdienst (MAD) tätig gewesen ist (www.sueddeutsche.de/politik/
spionageverdacht-osze-gesandte-mit-naehe-zum-bnd-1.1949899)?

20. Inwieweit trifft es zu, dass die drei deutschen Militärbeobachter für das
Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr (ZVBw) tätig waren
bzw. sind, das sich auf dem Bundeswehrstützpunkt im nordrhein-west-
fälischen Geilenkirchen befindet, wo es auch eine Außenstelle des BND
gibt (www.sueddeutsche.de/politik/spionageverdacht-osze-gesandte-mit-
naehe-zum-bnd-1.1949899)?

21. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Oberst Axel
Schneider Leiter der Abteilung G2 der 1. Panzerdivision des Heeres war
bzw. ist?
Wenn ja, von wann bis wann hatte er diese Stellung inne?

22. Mit welchen Aufgaben war Bundeswehroberst Axel Schneider bisher wann
und in welchen Ländern im Rahmen welcher konkreten Missionen im Ein-
satz (bitte entsprechend getrennt auflisten)?

23. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über weitere derartige bi-
laterale militärische Missionen in der Ukraine seitens anderer NATO-Staa-
ten wie besagte, an der neben den drei deutschen Offizieren je ein Militär-
beobachter aus der Tschechischen Republik, Dänemark, Polen, Schweden
sowie fünf ukrainische Soldaten teilgenommen haben (www.zeit.de/politik/
2014-05/ukraine-osze-fragen)?

Drucksache 18/2535 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
24. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis über die kanadische Militär-
mission sowie über deren Auftrag, Beobachtungsgebiet und personellen
Umfang (www.zeit.de/politik/2014-05/ukraine-osze-fragen)?

25. Inwieweit gibt es in der Bundesregierung Überlegungen zu einer UN-
Mission in der Ost-Ukraine, wie insbesondere von der die Regierung tra-
genden Fraktion der CDU/CSU gefordert (www.spiegel.de/politik/ausland/
malaysia-airlines-mh17-cdu-will-blauhelmeinsatz-in-der-ukraine-a-
981883.html)?

26. Inwieweit kann nach Ansicht der Bundesregierung eine einseitige Ent-
waffnung der „Separatisten“ durch eine UN-Mission ein gewaltfreies
Miteinander der Konfliktparteien gewährleisten (www.huffingtonpost.de/
roderich-kiesewetter/die-tragoedie-von-mh17-zwingt-uns-zum-handeln_b
_5612532.html), wenn die weitgehend aus der extremen Rechten und
Hooligans bestehenden und operierenden paramilitärischen Freiwilligen-
bataillone (Neue Zürcher Zeitung vom 15. September 2014, „Bei den rechts-
extremen Hütern Mariupols“) und die Nationalgarde nicht entwaffnet wer-
den?

27. Inwieweit muss nach Kenntnis der Bundesregierung eine Blauhelmmission
in der Ukraine nach Kapitel VI und VII vom UN-Sicherheitsrat beschlossen
werden, wobei eine Kapitel-VI-Mission nur mit Zustimmung auch beider
Konfliktparteien erfolgen kann, und ist dafür nicht eine Friedensverein-
barung zwischen den „prorussischen Separatisten“ und der ukrainischen
Regierung oder zumindest ein Waffenstillstand, der von beiden Seiten ge-
tragen wird, die wichtigste Voraussetzung?

28. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die EU-Mis-
sion im Rahmen der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“
(GSVP) zur Sicherheitssektorreform in der Ukraine, wie vom Rat für
Auswärtige Beziehungen am 23. Juni 2014 beschlossen, nicht allein auf die
dauerhafte Unterstützung der Ukraine mit dem Ziel ausgerichtet ist, die
innere Situation des Landes zu stabilisieren, sondern ganz im Sinne der in
einem Brief des damaligen Außenministers Andrij Deschtschyzja an die
Hohe Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik,
Catherine Ashton, vom 8. Mai 2014 formulierten Erwartung, einer ver-
meintlichen russischen Aggression entgegentreten zu können (www.state-
watch.org/news/2014/jun/eu-council-crisis-management-
ukraine.pdf)?

29. Inwieweit wird nach Kenntnis der Bundesregierung zwar der Umfang der
GSVP-Mission mit 40 „strategischen Beratern“, die in Kiew stationiert sein
werden, angegeben, aber auch eine Erweiterung durchaus in Erwägung ge-
zogen wird, sofern die Mission ihre Präsenz auf andere Regionen wie vor-
gesehen ausweiten wird (www.statewatch.org/news/2014/jun/eu-council-
crisis-management-ukraine.pdf)?

30. Inwieweit bestehen inzwischen Vorstellungen zum Umfang der deutschen
polizeilichen Beteiligung an der GSVP-Mission, nachdem die Bundesregie-
rung ihre Bereitschaft, sich auch mit deutschem polizeilichen Personal zu
beteiligen, erklärt hat (Antwort auf die Mündliche Frage 7, Plenarprotokoll
18/45)?

31. Inwieweit bedeutet nach Kenntnis der Bundesregierung die Festlegung,
dass sich die EU-Mission nicht auf Bereiche der Reform des Verteidigungs-
sektors erstreckt (Artikel 49), allerdings betont wird, dass besonders die
Koordination mit Akteuren die sich mit anderen Aspekten des Sicherheits-
sektors (Verteidigung) befassen, von zentraler Bedeutung sei (Artikel 52)
(www.statewatch.org/news/2014/jun/eu-council-crisis-management-
ukraine.pdf), dass sowohl die ukrainische Nationalgarde als auch die dem

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2535
Innenministerium de facto unterstehenden paramilitärischen Freiwilligen-
bataillone einbezogen werden sollen?

32. Inwieweit kann die Bundesregierung ausschließen, dass die genehmigte
Einfuhr der 10 000 halbautomatischen SKS-Simonov-Gewehre im Jahr
2012 nach Deutschland, nach deren genehmigten Ausfuhr nach Kanada
(9 000 Stück) und in die Tschechische Republik (1 000 Stück) ebenso wie
die im April 2013 mit Genehmigung eingeführten 6 000 SKS-Gewehre, die
ebenfalls wieder mit Genehmigung der Bundesregierung ausgeführt wurden
– 5 000 nach Kanada, 1 000 in die Schweiz – (Bundestagsdrucksache
18/1752), nicht wie im Falle der Waffenlieferungen der Waffenfirma
SIG SAUER GmbH & Co. KG illegal an Dritte weitergeliefert wurden
(www.abendblatt.de/region/schleswig-holstein/article130124229/Neue-
Durchsuchungen-bei-Waffenfirma-Sig-Sauer.html)?
a) Inwieweit hat die Bundesregierung nicht nur vor Erteilung einer Ge-

nehmigung für die Ausfuhr dieser Waffen alle vorhandenen Informatio-
nen über den Endverbleib umfassend geprüft und bewertet, sondern auch
nach der Ausfuhr aus eigener Initiative die Einhaltung von Endverbleibs-
erklärungen überprüft?

b) Liegen der Bundesregierung nach wie vor keine Anhaltspunkte bzw.
(nachrichtendienstliche) Informationen dafür vor, dass die betreffenden
Waffen von diesen Empfängerländern nach Syrien weitergeleitet wur-
den?

c) Liegen der Bundesregierung Anhaltspunkte bzw. (nachrichtendienst-
liche) Informationen dafür vor, dass die betreffenden Waffen von diesen
Empfängerländern an andere Drittstaaten weitergeleitet wurden?

33. Inwieweit hat die Bundesregierung darauf verzichtet, die Erteilung der
Exportgenehmigung für SKS-Simonov-Gewehre mit einer regelmäßigen
Berichterstattungspflicht des Empfängerlandes über den Bestand bzw. den
Verbleib der gelieferten Waffen zu verknüpfen?

34. Welche geeigneten Dokumente, wie Endverbleibserklärung, weitergehende
Erläuterungen des Empfängers zum beabsichtigten Verwendungszweck,
technische Unterlagen oder Internationale Einfuhrbescheinigungen (Inter-
national Import Certificates), hat sich die Bundesregierung im Einzelnen
vom Endempfänger der SKS-Gewehre vorlegen lassen?

35. Inwieweit hat die Bundesregierung die Ausfuhr der SKS-Gewehre nur unter
der Auflage genehmigt, dass die gelieferten Waffen nicht an bestimmte Re-
gionen weitergeliefert werden dürfen?

36. Inwieweit hat die Bundesregierung versucht, Erkenntnisse mittels nachrich-
tendienstlichem Aufkommen, einem Informationsaustausch mit den betref-
fenden Regierungen sowie aufgrund der bei den exportierenden Unterneh-
men durchgeführten Betriebsprüfungen darüber zu gewinnen, ob die der
Genehmigung zugrunde liegenden Informationen bzgl. der SKS-Gewehre
zutreffend waren?

37. Inwieweit sind die deutschen Botschaften in den betreffenden Empfänger-
ländern gebeten worden, Kontakt mit dem jeweiligen Außenministerium
aufzunehmen, um die Einhaltung der Endverbleibsbestimmungen bezüglich
der SKS-Gewehre zu prüfen?

Drucksache 18/2535 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
38. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechende Zu-
sagen der EU an die Ukraine, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer bereits
ab Januar 2015 die Möglichkeit bekommen, ohne Visa in die EU zu reisen,
wie der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am 7. Juni 2014 vor der
Werchowna Rada in seiner Antrittsrede verlauten ließ (ukraine-nachrichten.
de/antrittsrede-des-ukrainischen-praesidenten-petro-poroschenko_4016_
politik)?

39. Inwieweit gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechende Zu-
sagen der EU an die Ukraine, dass das Assoziierungsabkommen nur ein
erster Schritt zur vollwertigen Mitgliedschaft der Ukraine in der EU ist, wie
der ukrainische Präsident Petro Poroschenko am 7. Juni 2014 vor der
Werchowna Rada in seiner Antrittsrede verlauten ließ (ukraine-nachrichten.
de/antrittsrede-des-ukrainischen-praesidenten-petro-poroschenko_4016_
politik)?

40. Inwieweit hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung an der im „Bericht
über die Umsetzung des Gesamtansatzes für Migration und Mobilität. 2012-
2013“ vom 21. Februar 2014 gemachten Feststellung, die Ukraine habe
„kein Interesse an der Einrichtung einer Mobilitätspartnerschaft mit der EU
geäußert“, aber abhängig „von den Entwicklungen in der Ukraine könnte
dies jedoch in den kommenden Monaten als Option in Betracht gezogen
werden“ (www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXV/EU/01/33/EU_13333/
imfname_10441503.pdf), etwas im Zuge des bestehenden Verfahrens des
Visadialogs geändert?

Berlin, den 9. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.