BT-Drucksache 18/2496

Ukraine-Konflikt und die Bedrohungs- bzw. Sicherheitslage der dortigen Atomkraftwerke und Atommülllager

Vom 8. September 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2496
18. Wahlperiode 08.09.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay,
Heidrun Bluhm, Ralph Lenkert und der Fraktion DIE LINKE.

Ukraine-Konflikt und die Bedrohungs- bzw. Sicherheitslage der dortigen
Atomkraftwerke und Atommülllager

In der Ukraine sind 15 Atomkraftwerke und Forschungsreaktoren sowie Lager
mit hochradioaktivem Atommüll in Betrieb. Angesichts der wachsenden mili-
tärischen Konflikte in der Ukraine stellen diese Atomanlagen ein enormes zu-
sätzliches Risikopotential dar. Moderne panzerbrechende Waffen sind Medien-
berichten zufolge in der Lage, bis zu fünf Meter Beton zu durchschießen
(www.tagesschau.de/wirtschaft/atomkraftwerk-ukraine-100.html). Im Rahmen
des Verfahrens vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht zur
Sicherheit des Castor-Lagers mit hochradioaktiven Brennelementen am
Atomkraftwerk Brunsbüttel wurde durch die Expertin Oda Becker in einer
gutachterlichen Stellungnahme aufgezeigt, dass diese Waffen auch (westliche)
Castor-Behälter durchschlagen können (http://umweltfairaendern.de/2013/06/
atommuelllager-akw-brunsbuettel-gutachten-zeigt-massive-sicherheitsmaengel/).
Demgegenüber beteuern offenbar Regierungsstellen in der Ukraine
(www.tagesschau.de/wirtschaft/atomkraftwerk-ukraine-100.html), dass die
dortigen Atomanlagen gegen Flugzeugabstürze und Beschuss gesichert sein
sollen.
Eine Bedrohung resultiert nicht nur aus einem direkten Beschuss von Atom-
reaktoren oder Atommüllbehältern. Auch eine Gefährdung z. B. der Strom-
versorgung kann – wie in Fukushima – zu katastrophalen Folgen mit massiver
Freisetzung von Radioaktivität führen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Atomanlagen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in der

Ukraine, und an welchen dieser Anlagen wird hochradioaktives Material in
welchem Umfang und in welcher Weise gelagert?

2. Wie bewertet die Bundesregierung das Bedrohungs- und Gefährdungspoten-
tial, das von diesen Anlagen im Zusammenhang mit den militärischen Aus-
einandersetzungen ausgeht?

3. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Vorkommnisse im Zusam-
menhang mit den Auseinandersetzungen in der Ukraine gegeben, bei denen
die Atomanlagen betroffen waren?
Wenn ja, welche Vorkommnisse waren das im Einzelnen?

Drucksache 18/2496 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der ukrainischen Behörden, dass
die Atomanlagen und Atommülllager in der Ukraine ausreichend gegen
(gezielte) Flugzeugabstürze und gezielten Beschuss gesichert sind?
Wenn ja, wie, und auf welcher Informationsbasis begründet die Bundes-
regierung diese Auffassung?
Wenn nein, welche Risiken bestehen aus Sicht der Bundesregierung?

5. Welche Sicherheitskonzepte bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung
bei den Atomkraftwerken (AKWs) in der Ukraine im Falle eines Stromaus-
falls?
Wie wird im Krisenfall die Stromversorgung zur Kühlung der Reaktoren
sichergestellt, wie viele Notstromsysteme gibt es jeweils an den AKWs, und
wie lange könnte die Kühlung durch Batterien aufrechterhalten werden?

6. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang von
der Regierung der Ukraine oder von anderen Gremien ergriffen, um die Si-
cherheit der Atomanlagen in der Ukraine seit dem Aufbrechen der militäri-
schen Konflikte gegen Angriffe zu verbessern?

7. Welche Rolle spielen nach Kenntnis der Bundesregierung die „zivilen Ex-
perten“ der NATO (www.tagesschau.de, Artikel vom 28. Mai 2014), die als
Reaktion auf die Bitten des ukrainischen Parlaments um internationale
Unterstützung bei der Sicherung der ukrainischen Atomkraftwerke im Früh-
jahr entsandt wurden, um wie viele Experten handelt es sich, aus welchen
Ländern stammen sie, welche Aufgaben hat die Gruppe, und welche Ergeb-
nisse wurden erzielt?

8. In welcher Weise bzw. gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen
sonstigen NATO-Stellen, der Internationale Atomenergie-Organisation
(IAEO), der Regierung der Ukraine und der russischen Regierung oder ande-
ren internationalen Einrichtungen Gespräche oder Verabredungen mit dem
Ziel, die Sicherheit der Atomanlagen zu erhöhen?
Wenn es solche Gespräche gibt, welche, und wenn nicht, warum nicht?

9. Hält es die Bundesregierung angesichts der Konflikte für sinnvoll, Atom-
kraftwerke in der Ukraine abzuschalten, und setzt sich die Bundesregierung
in diesem Sinne gegenüber den Behörden in der Ukraine ein?
Wenn ja, welche Schritte hat die Bundesregierung in diese Richtung unter-
nommen, und mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum erfolgten bislang keine entsprechenden Initiativen?

Berlin, den 8. September 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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