BT-Drucksache 18/2418

Der fortschreitende Rechtsruck in der Ukraine

Vom 28. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2418
18. Wahlperiode 28.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Annette Groth,
Heike Hänsel, Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu und der Fraktion DIE LINKE.

Der fortschreitende Rechtsruck in der Ukraine

Mit der Kandidatur und späteren Wahl des ukrainischen Oligarchen Petro
Poroschenko zum Präsidenten wurde nicht nur die Hoffnung auf ein Ende der
bürgerkriegsähnlichen Situation in der Ukraine, sondern auch auf eine Demo-
kratisierung im Sinne einer Zurückdrängung der extrem rechten Kräfte zumindest
in der Regierung und den staatlichen Einrichtungen und Behörden – insbesondere
bei den Sicherheitsbehörden – verbunden. „Doch bei aller Aufbruchsrhetorik:
Poroschenko, 48, steht nicht für einen radikalen Neuanfang – im Gegenteil. Er
ist ein Mann des alten Systems der Ukraine, in dem Reiche Politik machten und
Politiker reich wurden. Poroschenko hat in der Vergangenheit immer wieder die
Seiten der politischen Lager gewechselt und dabei das Kunststück vollbracht,
trotzdem hoch in der Gunst der Bürger zu stehen. Das unterscheidet ihn von an-
deren Spitzenpolitikern seines Landes […] Manche nennen ihn auch ‚Schoko-
Hasen‘, wegen der vielen atemberaubenden Haken, die der Politiker Poroschenko
in den vergangenen Jahren geschlagen hat.“ (www.spiegel.de/politik/ausland/
ukraine-poroschenko-kandidiert-bei-praesidentschaftswahl-a-961449.html).
Dieser Spitzname ist sowohl auf seine politische Wendungsfähigkeit (er diente
sich sowohl dem ehemaligen Präsidenten Viktor Juschtschenko als auch Viktor
Janukowitsch an) als auch seiner Eigenschaft als Süßigkeitenfabrikant – ihm ge-
hört die Schokoladen- und Pralinenfabrik Roschen – zurückzuführen. Sein Ver-
mögen taxiert das US-Magazin „Forbes“ auf 1,4 Mrd. Dollar (www.forbes.com/
profile/petro-poroshenko/).
Es fand auch kein Aufbruch gegen die extreme Rechte statt. Diese kann sich
auch unter Petro Poroschenko in den Streitkräften und Freiwilligenbataillonen
etablieren (www.suedkurier.de/nachrichten/politik/themensk/Gefaehrliche-Hilfe-
von-Rechts;art1015367,7038001) und macht massiv Druck hinsichtlich der
Forcierung des militärischen Vorgehens gegen die Ukrainer aus dem Osten
des Landes, die gegen die Regierung in Kiew kämpfen (www.zeit.de/politik/
ausland/2014-06/proteste-ukraine-waffenruhe). Die De-facto-Regierung trägt
dabei durch Äußerungen aus ihren Reihen selbst zur Verschärfung des gesell-
schaftlichen Klimas und zu einem Rechtsruck in der ukrainischen Gesellschaft
bei; etwa, wenn der ukrainische Regierungschef Arsenij Jazenjuk Gegner als
„subhumans“ („Untermenschen“) beschimpft (www.spiegel.de/politik/ausland/
kiews-aussenministerbeschimpft-putin-a-975536.html), die es zu töten gilt
(usa.mfa.gov.ua/en/press-center/news/24185-mi-uvichnimo-pamjaty-gerojiv-
ochistivshi-nashu-zemlyu-vid-nechistiarsenij-jacenyuk-u-spivchutti-ridnim-i-
blizykim-zagiblih-vojiniv-u-lugansyku). Dazu tragen auch Äußerungen des
ukrainischen Präsidenten bei, die zur Vergeltung aufrufen: „Für jedes Leben
unserer Soldaten werden die Terroristen mit Dutzenden und Hunderten ihrer
Leben bezahlen.“ (www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaempfe-in-der-
ostukraine-schwere-verluste-fuer-die-regierungstruppen-13040797.html).

Drucksache 18/2418 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Gefahr durch die extreme Rechte wird vor allem im Zuge der Präsident-
schaftswahlen in den westlichen Medien heruntergespielt. Das umso mehr
als der Kandidat der extrem rechten Partei „Swoboda“, Oleg Tjagnibok, nur
1,16 Prozent und Dmitro Jarosch, ehemaliger Maidan-Kommandant, „Führer“
der neofaschistischen Organisationen „Trysub“ („Dreizack“) und „Prawyj Sek-
tor“ („Rechter Sektor“) 0,7 Prozent erreichten (ukraine-nachrichten.de/ergeb-
nisse-der-praesidentschaftswahlen-2014_4012_politik). Dagegen kam Oleg
Ljaschko von der extrem rechten „Radikalen Partei“ auf 8,32 Prozent; also ca.
1,5 Millionen Stimmen. Die „Ukrainische Prawda“ meldet, dass Oleg Ljaschkos
„Radikale Partei“ bei den Parlamentswahlen im Herbst 2014 einer aktuel-
len Umfrage zufolge mit 12,5 Prozent stärkste Kraft im ukrainischen Parlament
werden würde; vor Julia Timoschenkos Partei „Batkiwtschyna“ mit 9,3 Prozent
und Wladimir Klitschkos „Udar“ mit 7,2 Prozent. Petro Poroschenkos Partei
„Solidarnist’“ lag bei der Umfrage bei 3,4 Prozent. Bei einer hypothetischen
Wahlbeteiligung von 54 Prozent könnte die „Radikale Partei“ auf etwa 23 Pro-
zent kommen (www.pravda.com.ua/news/2014/07/4/7030992/).
Selbst wenn sich der Einfluss ultrarechter Kräfte in der Ukraine bisher nur be-
dingt im Ergebnis von Wahlen ablesen lässt, zeigt sich der Einflussgewinn nicht
zuletzt an der Absage der Demonstration für die Akzeptanz von Homosexuellen
in der Ukraine. Die Demonstration, die letztes Jahr unter Viktor Janukowitsch
erstmals durchgeführt wurde, sollte am 5. Juli 2014 stattfinden. Allerdings sind
im Zuge der Maidan-Proteste ultranationalistische Gruppen wie „Swoboda“ und
„Rechter Sektor“ gestärkt worden, die offen homophob agieren (america.
aljazeera.com/articles/2014/7/5/despite-a-move-
towardeuropelgbtukrainiansfacenewhurdles.html). Auf Druck dieser rechten
Gruppen untersagte der neue Kiewer Oberbürgermeister Vitali Klitschko die
Kyiv-Pride 2014 (news.volyninfo.com/ukraine/298063-gey-parad-u-kiievi-
skasovano-miliciya-ne-zmogla-garantuvati-zahist-yiyi).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit stellt nach Kenntnis der Bundesregierung die extrem rechte Partei

„Swoboda“ nach wie vor neben dem Vize-Premier, Olexander Sytsch, der für
humanitäre Politik, nun auch für den „Schutz nationaler Minderheiten“ zu-
ständig und zugleich stellvertretender Vorsitzender der extrem rechten Partei
„Swoboda“ ist, die zwei weiteren Minister den Landwirtschafts- und Ernäh-
rungsminister, Ihor Schwajka und den Minister für Energie und Natur-
ressourcen, Andrij Mochnyk (Bundestagsdrucksache 18/1222)?

2. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung auch weiterhin der partei-
lose Serhij Kwit, dem Sympathien für den Rechten Sektor nachgesagt wer-
den, als Bildungsminister im Amt (Bundestagsdrucksache 18/1222)?

3. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung der parteilose Dmitro
Bulatow als Minister für Jugend und Sport im Amt, und inwieweit hat die
Bundesregierung Kenntnis, dass er Mitglied der neofaschistischen „Ukraini-
sche Nationalversammlung – Selbstverteidigung des Ukrainischen Volkes“
(UNA-UNSO) war bzw. ist (www.publikative.org/2014/03/20/
regierungsbeteiligung-der-extremen-rechten-in-der-ukraine/)?

4. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung Tetjana Tschornowol nach
wie vor Regierungsbeauftragte für Fragen der Antikorruptionspolitik, und in-
wieweit hat die Bundesregierung Kenntnis, dass sie früher an Aktionen der
UNA-UNSO beteiligt und deren Pressesprecherin war, bevor sie die UNA-
UNSO verließ, wobei der Grund der aus ihrer Sicht von der UNA-UNSO be-
gangene Prinzipienverrat war, der darin bestand, dass die UNA-UNSO nach
der Aktion „Ukraine ohne Kutschma“ Verhandlungen mit der Regierung auf-
nahm (mediananny.com/intervju/13312)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2418
5. Inwieweit sieht die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis in der Abberufung
des ehemaligen Generalstaatsanwaltes Oleg Machnitzkij von der extrem
rechten Partei „Swoboda“ am 19. Juni 2014 und dessen Berufung zum Be-
rater des neuen Präsidenten Petro Poroschenko (www.segodnya.ua/politics/
pnews/mahnickiy-i-tomenko-voshli-v-komandu-novogo-prezidenta-
529842.html) einen Grund in der verhinderten Aufklärung der Todesschüsse
vom 19. und 20. Januar 2014 auf dem Maidan (www.wdr.de/tv/monitor/
sendungen/2014/0410/maidan.php5)?

6. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Berufung
von Oleg Machnitzkij zum Präsidentenberater vor dem Hintergrund einer
bei der Bevölkerung in der Ostukraine weitverbreiteten Sorge, „Faschisten“
würden auf die Politik der Regierung bzw. des Präsidenten Einfluss neh-
men?

7. Wie erklärt die Bundesregierung, dass sie laut Antwort auf die Schriftliche
Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 18/2090 der Abgeordneten Sevim
Dağdelen nach wie vor keinerlei neue Erkenntnisse über Täter, Hinter-
gründe und Motive der Todesschüsse auf dem Kiewer Maidan zwischen
dem 19. und 20. Januar 2014, bei dem rund 100 Menschen erschossen wor-
den sind, obwohl sie „gemeinsam mit ihren Partnern in der Europäischen
Union für eine umfassende und transparente, unter Einbeziehung interna-
tionaler Institutionen erfolgende, Aufklärung aller Gewaltakte in Kiew ein“
und damit „auch für die Todesfälle in der Zeit vom 18. bis 20. Februar 2014“
einsetzt (Bundestagsdrucksache 18/1222)?

8. Inwieweit hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die Ermittlungsergeb-
nisse seitens der Vereinten Nationen und des Europarates, die in der Sache
bereits tätig geworden sein sollen (Bundestagsdrucksache 18/1222)?

9. Inwieweit sieht die Bundesregierung überhaupt noch die Möglichkeit, dass
die Umstände bzw. die Schuldfrage hinsichtlich der Todesschüsse vom
19. und 20. Februar 2014 auf dem Maidan aufgeklärt werden, nachdem der
damalige Swoboda-Generalstaatsanwalt Oleg Machnitzkij offenkundig alles
getan hat, um eine Aufklärung zu verhindern, in dem wohl Beweismittel
unterdrückt oder sogar unterschlagen wurden (www.wdr.de/tv/monitor/
sendungen/2014/0410/maidan.php5), nur um dem Präsidenten Viktor
Janukowitsch einseitig die Schuld überantworten zu können und somit letzt-
lich seine Entmachtung entscheidend voranzutreiben?

10. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass laut Hennadi
Moskal, Vorsitzender der Untersuchungskommission der Werchowna Rada
zu den Ereignissen auf dem Maidan Ende Februar 2014 und Generalleut-
nant der ukrainischen Polizei, vermeintliche Todesschützen vom Maidan als
mildernde Umstände an der so genannten Anti-Terror-Operation in der
Ostukraine teilnehmen (lb.ua/news/2014/07/04/271826_gennadiy_moskal_
yanukovich-.html)?

11. Inwieweit hat die Bundesregierung über die eigenen Nichterkenntnisse
(siehe Schriftliche Frage 15 auf Bundestagsdrucksache 18/2090) hinaus In-
formationen darüber, dass diese Bataillone wie das Bataillon „Asow“ im
Kern aus führenden Mitgliedern der neonazistischen „Sozial-Nationalen
Versammlung“ zusammengesetzt sind (magazin.spiegel.de/digital/#SP/
2014/27/127862113)?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass der Vorsitzende
der extrem rechten „Radikalen Partei“, Oleg Ljaschko, der bei den Präsident-
schaftswahlen im Mai 2014 8,3 Prozent der Wählerstimmen in der Ukraine
erreichte, (Mit-)Begründer der Freiwilligenbataillone „Asow“, „Ukraine“ und
„Schachtar“ (rpl.kiev.ua/vidpravyly-na-peredovu-spetsbataljon-shahtar/)
und deren (Mit-)Finanzier ist (observers.france24.com/content/20140710-

Drucksache 18/2418 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
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a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über organisatorische Ver-

bindungen der „Radikalen Partei“ zu anderen politischen Organisationen
in der Ukraine?

b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Kandidatur von
Mitgliedern der „Sozial-Nationalen Versammlung“ und der Organisation
„Patriot der Ukraine“ bei Wahlen in der Ukraine (german-foreign-policy.
com/de/fulltext/58924)?

13. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass zahlreiche
Freiwilligenbataillone auch mit Scharfschützen-Gewehren des Typs Dragu-
now (SWD) ausgerüstet sind (m.obozrevatel.com/politics/62587-kto-voyuet-
za-ukrainu-na-donbasse.htm)?

14. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse (auch nachrichtendienst-
liche), wonach in den Freiwilligenbataillonen wie z. B. „Asow“ ausländi-
sche Scharfschützen mit rassistischer und neofaschistischer Überzeugung
kämpfen (www.n-tv.de/politik/Kiews-Problem-in-den-eigenen-Reihen-
article13305646.html)?

15. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass auch insbeson-
dere Hooligans unter anderem der Vereine FK Dnipro Dnipropetrowsk, Dy-
namo Kiew, FK Metalist Charkiw und FK Karpaty Lwiw in die National-
garde und die Freiwilligenbataillone eingetreten sind (m.obozrevatel.com/
politics/62587-kto-voyuet-za-ukrainu-na-donbasse.htm)?

16. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sich „beim Kampf
um die Integrität und demokratische Verfasstheit des Landes […] die
Rechtsextremen für Kiew durchaus noch als ähnlich gefährlich erweisen
[könnten] wie die prorussischen Separatisten“ (www.n-tv.de/politik/Kiews-
Problem-in-den-eigenen-Reihen-article13305646.html)?

17. Inwieweit konterkariert die Aufstellung von „Bataillonen“ von Freiwilligen
zur territorialen Verteidigung in allen Landesteilen wie per Dekret am 1. Mai
2014 durch den damaligen De-facto-Präsidenten Alexander Turtschinow
(www.president.gov.ua/en/news/30329.html) erlassen – nachdem er am
29. April 2014 dazu aufgerufen hatte, dass sich alle Patrioten, die willens
sind zu kämpfen, melden sollen – sowohl die von den Außenminis-
tern Deutschlands, Polens und Frankreichs am 21. Februar 2014 vermittelte
und unterzeichnete Vereinbarung mit Viktor Janukowitsch, die die Entwaff-
nung aller Milizen vorsah (www.spiegel.de/politik/ausland/krim-krise-die-
fatalen-fehler-der-kiewer-regierung-a-956680.html), die am 18. März 2014
von der De-facto-Regierung Arsenij Jazenjuk geforderte Abgabe aller ille-
galer Waffen (de.ria.ru/politics/20140318/268060106.html), die am 22. März
2014 vom Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier
abermals geforderten Entwaffnung der Milizen (www.faz.net/aktuell/politik/
steinmeier-in-kiew-und-donezk-ein-hoffnungsschimmer-und-viele-sorgen-
12858907.html) als auch die bei einem Treffen der drei Außenminister am
31. März 2014 in Weimar geforderten Beschleunigung des Abrüstungspro-
zesses, Wiederherstellung des staatlichen Gewaltmonopols und Distan-
zierung von extremistischen Gruppen (www.auswaertiges-amt.de/DE/
Infoservice/Presse/Meldungen/2014/140331_Gemeinsame_Erkl%C3%
A4rung_zur_Ukraine.html)?

18. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch die Koope-
ration mit der Regierung (Innen- und Verteidigungsministerium etc.) „de
facto die rechtsextremen paramilitärischen Gruppen legalisiert“ werden
(www.suedkurier.de/nachrichten/politik/themensk/Gefaehrliche-Hilfe-von-
Rechts;art1015367,7038001)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2418
19. Inwieweit liegen der Bundesregierung über die eigenen Nichterkenntnisse
(siehe Schriftliche Frage 16 auf Bundestagsdrucksache 18/2090) hinaus, In-
formationen darüber vor, dass die rund 30 Freiwilligenbataillone, die zu-
sammen mit der ukrainischen Armee im Süden und Osten der Ukraine
kämpfen, zwar formal dem Innenministerium unterstellt sind, aber kein Ver-
trauen der ukrainischen Führung genießen, weil die Sorge besteht, dass sich
die Freiwilligenverbände gegen die ukrainische Führung richten könnten
(DER SPIEGEL 27/2014, S. 78 f.)?

20. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis über die Art der Waffen, die
den unter Anwesenheit des Präsidenten des ukrainischen Parlaments,
Alexander Turtschinow, und des ukrainischen Innenministers, Arsen
Awakow, dem Kommandeur des Freiwilligenbataillon „Donbass“, Semjon
Sementschenko, und dem Kommando des Bataillon „Asow“ im Maly-
schew-Werk Charkow vorgeführt wurden, in dem unter anderem Panzer des
Typs „Bulat“ (T-64), des Typs „Oplot“ (T-84) sowie Schützenpanzer des
Typs BTR-4 hergestellt werden (ukr.segodnya.ua/regions/donetsk/brigady-
zavoda-im-malysheva-budut-remontirovat-voennuyu-tehniku-na-peredovoy-
zony-ato-530040.html), und die nach Aussagen von Semjon Sementschenko
nicht nur von guter Qualität, sondern auch geeignet seien, den Feind zu ver-
nichten (www.battalion-donbass.info/page/12/)?

21. Inwieweit hat die Bundesregierung neue Kenntnisse über die Hintergründe,
Täter und Motive der Tat vom 25. März 2014, bei dem ukrainische Polizis-
ten den Koordinator der extrem rechten Organisation „Prawyj Sektor“
(Rechter Sektor) in Riwne (Reuters vom 25. März 2014) und Führer der
UNA-UNSO, Olexandr Iwanowytsch Musytschko, der im Jahr 1994, das
heißt während des Ersten Tschetschenienkrieges in Tschetschenien, eine
Abteilung der UNA-UNSO „Viking“ in der Einheit des tschetschenischen
Terroristen Schamil Bassajew befehligte (una-unso.in.ua/rivne/?p=949), er-
schossenen haben?

22. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass Dmitro Jarosch
ein Freiwilligenbataillon zu Ehren des erschossenen Führers der UNA-
UNSO, Olexandr Iwanowytsch Musytschko, gegründet hat (lifenews.ru/
news/135148)?

23. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass nach dem Ein-
marsch der ukrainischen Regierungstruppen in Slowjansk, ein Reporter der
BBC eine frisch aufgehängte Flagge des faschistischen Rechten Sektors be-
merkt hat und urteilte: „Das wird bei den Menschen in dieser überwiegend
russischsprachigen Stadt ein tiefes Unwohlsein auslösen.“ (www.bbc.com/
news/world-europe-28211686)?

24. Inwieweit hat die Bundesregierung neue Kenntnisse, ob die Gruppierung
„Rechter Sektor“ inzwischen als Partei registriert ist (vgl. Bundestagsdruck-
sache 18/1222, Frage 13)?

25. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass Paramilitärs
des Rechten Sektors Ende Juni 2014 die Ölraffinerie Dolinski bei Kirowo-
grad in der Zentralukraine mit dem Ziel unter ihre Kontrolle gebracht haben
sollen, die „Separatistenbewegung“ in der Donbass-Region um Finanzie-
rungsquellen zu bringen, da dem Rechten Sektor zufolge die Raffinerie
Strukturen des der Familie von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch naheste-
henden Rada-Abgeordneten von der Partei der Regionen Ruslan Zyplakow
gehöre, der nach Moskau geflüchtet und dessen Bruder Sergej Zyplakow
einer der Anführer der selbsternannten Volksrepublik Donezk sei
(mignews.com.ua/sobitiya/inukraine/3098286.html)?

Drucksache 18/2418 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
26. Inwieweit ist es nach Kenntnis der Bundesregierung realistisch, dass der
Rechte Sektor in der Lage ist, bei entsprechender Ausrüstung ca. 5 000
Kämpfer in die Ostukraine zu entsenden, wie dessen Sprecher, Artem
Skoropadski, verkündete (www.ukrinform.ua/rus/news/praviy_sektor_
gotov_brosit_na_vostok_pyat_tisyach_boytsov_1650171)?

27. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass Twitter angeb-
lich plant, zwölf Konten zu blockieren, die von der russischen Regierung
als „extremistisch“ eingestuft wurden und dies Konten der extrem rechten
ukrainischen Partei Rechter Sektor betreffen soll (www.spiegel.de/netzwelt/
netzpolitik/russland-fordert-twitter-auf-zwoelf-konten-aus-der-ukraine-zu-
sperren-a-977046.html)?

28. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass Mitte Juni 2014 Parla-
mentsabgeordnete der extrem rechten Partei „Swoboda“ – etwa Mychajlo
Holowko, der im Jahr 2013 gemeinsam mit weiteren Swoboda-Aktivisten
die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag besucht und ihr eine intensivere
Kooperation in Aussicht gestellt hatte – Einheiten der Streitkräfte, der
Nationalgarde und Freiwilligenverbände im Osten des Landes besuchten,
um Medikamente, Ausrüstung und Munition zu übergeben, die „Swoboda“
mit einer Sammelaktion in Eigeninitiative beschafft hatte (en.svoboda.org.
ua/news/events/00011067/)?

29. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass der ukrainische
De-facto-Regierungschef Arsenij Jazenjuk nach dem Abschuss einer ukrai-
nischen Militärtransportmaschine vom Typ Iljuschin IL-76 mit 49 Soldaten
erklärt hat, bei den Angreifern handele es sich um „Untermenschen“ („sub-
humans“), die „ausgelöscht“ werden müssten; es gelte, „unser Land vom
Übel zu säubern“, der Begriff „Untermensch“ aber nachträglich in „Un-
mensch“ („inhumans“) abgeändert wurde (www.spiegel.de/politik/ausland/
kiews-aussenminister-beschimpft-putin-a-975536.html), und welche Kon-
sequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

30. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass am 22. Juni 2014 ein Ge-
denkmarsch anlässlich des 73. Jahrestages des Überfalls Nazideutschlands
auf die Sowjetunion eine Prozession von überwiegend älteren Frauen zum
Höhlenkloster (Lawra) in Kiew von Hooligans und Mitgliedern des Rechten
Sektors sowie der Organisation „Patriot der Ukraine“ – wobei letztere unter
Führung von Andrej Parubij (heute Sekretär des Nationalen Sicherheits-
und Verteidigungsrates der Ukraine) im Jahr 1996 gegründet vorwiegend
aus der gewaltbereiten ukrainischen Ultra-Szene besteht und als paramilitä-
rischer Flügel der Sozial-Nationalen Versammlung (Соціал-Національна
Асамблея) gilt, die im Jahr 2013 maßgeblich zur Bildung des Rechten Sek-
tors beigetragen hat – blockiert wurde, ohne dass die Polizei die Sicherheit
der Prozession sicherstellen konnte bzw. wollte, so dass diese auf das Ge-
lände der Lawra selbst verlegt wurde (1info.net/stati-novosti-soobschenija/
soobchenie/radikaly-i-futbolnye-ultras-blokirovali-kievo-pecherskuyu-
lavru-napali-na-milicionerov-i-razgromili-otdelenie-sberbanka-rossii-
video.html)?

31. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass im Zuge der am 22. Juni
2014 verhinderten Prozession anlässlich des 73. Jahrestages des Überfalls
Nazideutschlands auf die Sowjetunion von überwiegend älteren Frauen zum
Höhlenkloster (Lawra) in Kiew, Hooligans und Mitglieder des Rechten Sek-
tors sowie der Organisation „Patriot der Ukraine“ ohne Gegenwehr Polizis-
ten angriffen und unbehelligt die Filiale der russischen „Sberbank“ angrei-
fen konnten (1info.net/stati-novosti-soobschenija/soobchenie/radikaly-i-
futbolnye-ultras-blokirovali-kievo-pecherskuyu-lavru-napali-na-
milicionerov-i-razgromili-otdelenie-sberbanka-rossii-video.html)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2418
32. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass der von der
Konrad-Adenauer-Stiftung protegierte Bürgermeister von Kiew, Vitali
Klitschko (www.neues-deutschland.de/artikel/917714.schritt-fuer-schritt-
richtung-osten.html), die für den 5. Juli 2014 geplante Gay- bzw. Kyiv-Pride
in Kiew untersagt und Amnesty International dies kritisiert hat
(www.zeit.de/news/2014-07/04/ukraine-homosexualitaet-konflikte-
demonstration-fuer-rechte-homosexueller-in-kiew-am-samstag-faellt-aus-
04204804)?

33. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die Kyiv-Pride
abgesagt wurde, weil die Behörden und die Polizei trotz vormaliger Zusi-
cherungen kurz vor dem Stattfinden der Kyiv-Pride nun doch nicht mehr die
Sicherheit der Demonstrationsteilnehmer/-innen wegen der angekündigten
und zu erwartenden Gegenproteste der extremen Rechten gewährleisten
können (www.amnesty.org/en/for-media/press-releases/ukraine-pride-
cancelled-after-police-fail-guarantee-protection-2014-07-04)?

34. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die extrem
rechte Partei „Swoboda“ den Vorsitzenden des ukrainischen Inlandsgeheim-
dienstes SBU (Sluschba bespeky Ukrajiny), Walentyn Naliwajtschenko,
den Innenminister Arsen Awakow und den Bürgermeister von Kiew, Vitali
Klitschko, aufforderte, die Kyiv-Pride zu untersagen, da diese die große
Mehrheit in der Ukraine, die die traditionellen Familienwerte vertreten,
verärgern und Ziel von Provokationen und terroristischen Angriffen sein
könnte (vz.ua/publication/35359-svoboda-trebuet-zapretit-gey-parad-
chtoby-izbezhat-teraktov)?

35. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der Sekretär des Nationa-
len Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, Andrej Parubij, der im
Jahr 1991 zusammen mit Oleg Tjagnibok Gründer der Sozial-Nationalen
Partei der Ukraine (SNPU) war, aus der im Jahr 2004 die Allukrainische
Vereinigung „Swoboda“ hervorging, dem Kiewer Bürgermeister dahinge-
hend widersprach, dass die Kyiv-Pride nach dem Motto „Besser eine Gay-
Parade in Kiew als Krieg im Donbass“ sehr wohl auch vor dem Hintergrund
der Kämpfe und angesichts der Verletzten und Toten in der Ostukraine statt-
finden sollte (www.gorod.lv/novosti/236796-parubii-luchshe-gei-parad-v-
kieve-chem-voina-na-donbasse), ganz im Gegensatz zur Auffassung von
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (www.unn.com.ua/ru/news/1361359-
v-klichko-zaklikav-potentsiynikh-uchasnikiv-ne-provoditi-gey-paradiv)?

36. Inwieweit trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass das ukraini-
sche Parlament im Juni 2014 diejenigen Passagen aus dem Abkommen über
die Visa-Liberalisierung mit der EU gestrichen hat, die die Einführung einer
Anti-Diskriminierungs-Gesetzgebung zur sexuellen Orientierung zur Folge
gehabt hätten (america.aljazeera.com/articles/2014/7/5/despite-a-move-
towardeuropelgbtukrainiansfacenewhurdles.html)?

37. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass die extrem rechte Partei
„Swoboda“ im ukrainischen Parlament als auch der Minister für Agrar-
politik und Lebensmittel der „Swoboda“, Ihor Schwajka, bereits im Jahr
2013 ankündigten, einer Antidiskriminierungsgesetzgebung bezüglich der
sexuellen Orientierung strikt abzulehnen (upogau.org/ru/inform/uanews/
uanews_258.html)?

Drucksache 18/2418 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
38. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der Sprecher des Rechten
Sektors, Artem Skoropadski, am 25. Februar 2014 mitteilte, dass man sich
gegen jedwede Propaganda gegen das Neue Testament und das, was dem
Evangelium widerspricht verbieten will und gesagt hat, dass er es begrüße,
wenn sich der „Volkszorn“ – egal in welcher Art und Weise – über die
LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) ergießt, um das Böse, das
in die Welt, in der Form von LGBT kam, um das Göttliche in die Herzen der
Menschen zu beseitigen, ausgerottet wird (www.lgbtua.com/news/allnews/
allnews_221.html)?

39. Inwieweit sind der Bundesregierung ähnlichlautende Äußerungen seitens
Vertreterinnen bzw. Vertretern der extrem rechten Partei „Swoboda“ wie aus
dem Jahr 2013 bekannt, als z. B. vom Abgeordneten des Stadtparlaments
von Kiew und Pressesprecher von „Swoboda“, Alexander Aronets, ange-
droht wurde, man werde an allen Fronten zurückschlagen und zwar phy-
sisch als auch auf geistiger Ebene (www.lgbtua.com/news/society/society_
201.html)?

40. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass in einer Sendung des
ukrainischen Internetsenders „hromadske.tv“ am 29. April 2014 Bogdan
Butkewitsch, ein Journalist der Kiewer Zeitung „Ukrainskij tyzhden“, sagte,
dass im Donbass „sehr viele völlig nutzlose Menschen leben“, „die man ein-
fach umbringen soll“ (www.youtube.com/watch?v=hCD4RS9LsTI)?
a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über „hromadske.tv“?
b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Finanzierung von

„hromadske.tv“?
c) Wie hoch sind laut Kenntnis der Bundesregierung die Zuwendungen der

US-Botschaft in Kiew an „hromadske.tv“ (de.euronews.com/2014/03/
03/hromadske-tv-eine-neue-stimme-in-der-ukraine/)?

d) Welche nationalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen
haben nach Kenntnis der Bundesregierung und in welcher Höhe für
„hromadske.tv“ gespendet (de.euronews.com/2014/03/03/hromadske-
tv-eine-neue-stimme-in-der-ukraine/)?

e) In welcher Weise wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bisher,
werden derzeit oder sollen zukünftig Sendungen von „hromadske.tv“ im
nationalen Fernsehen übertragen werden?

f) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zeitung „Ukra-
inskij tyzhden“?

Berlin, den 28. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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