BT-Drucksache 18/2350

Stärkung der Unabhängigkeit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit durch Errichtung einer obersten Bundesbehörde

Vom 13. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2350
18. Wahlperiode 13.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordnete Jan Korte, Katrin Kunert, Petra Pau, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel
und der Fraktion DIE LINKE.

Stärkung der Unabhängigkeit der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und
die Informationsfreiheit durch Errichtung einer obersten Bundesbehörde

Laut Medienberichten plant die Bundesregierung, die Bundesbeauftragte für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Andrea Voßhoff, samt
Mitarbeiterstab vom bisher übergeordneten Bundesministerium des Innern
(BMI) abzukoppeln und zu einer eigenständigen Bundesbehörde zu erheben
(taz.de „Upgrade für die Datenschützerin“, 16. Juli 2014).
Demnach soll der sich momentan noch in der Ressortabstimmung befindliche
Referentenentwurf eine Stärkung der Unabhängigkeit der Datenschutzbeauf-
tragten zum Ziel haben.
Das Bundesdatenschutzgesetz beschreibt die Bundesbeauftragte für den Daten-
schutz und die Informationsfreiheit bereits als „unabhängig und nur dem Gesetz
unterworfen“ (taz a. a. O.).
In der Realität spiegelt sich diesbezüglich ein anderes Bild wider. Auch wenn
der Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, der BfDI keine Wei-
sungen erteilen kann, hat er die Rechts- und Dienstaufsicht. Dementsprechend
könnte er die BfDI jederzeit maßregeln, was ihre eigentlich gewollte Unabhän-
gigkeit zu einem Lippenbekenntnis macht. Auch der Mitarbeiterstab der Daten-
schutzbehörde untersteht dem BMI. Dies war bereits unter dem ehemaligen
Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter
Schaar, ein Problem, dieser bemängelte, dass Mitarbeiter zu hören bekommen
hätten, „dass sich zu viel Kritik am Innenministerium nicht gehöre, man sei ja
schließlich Teil des Hauses“ (SPIEGEL ONLINE „Regierung will Daten-
schützer in die Freiheit entlassen“, 12. Juli 2014). Wie problematisch die Unter-
stellung der Datenschutzbehörde tatsächlich ist, zeigt auch der Fall Reinhard
Riegel. Reinhard Riegel war im Jahr 1986 Referatsleiter für die Kontrolle der
Geheimdienste und wurde vom damals amtierenden Innenminister Friedrich
Zimmermann erst nach der Zusage, der Thematik Datenschutz den Rücken zu-
zukehren, befördert (SPIEGEL ONLINE a. a. O.).
Eine Umstrukturierung der beiden Behörden, bei gleichzeitiger Stärkung der
Datenschutzbehörde, ist jedoch nicht erst, wie von vielen Regierungsmitglie-
dern gefordert, mit dem Aufkommen des NSA-Skandals nötig geworden. Be-
reits seit dem Jahr 1995 verlangt die noch gültige EU-Richtlinie zum Daten-
schutz die Eigenständigkeit der nationalen Datenschutzbehörden. Im Jahr 2010
rügte der Europäische Gerichtshof vor diesem Hintergrund die Nichtumsetzung
der Richtlinie in der Bundesrepublik Deutschland. Da es bis zum Jahr 2013 noch
immer nicht zu einer Abkopplung der Datenschutzbehörde vom BMI gekom-
men war, wurde Beschwerde bei der Europäischen Kommission eingelegt, je-
doch ohne nennenswerte Ergebnisse (SPIEGEL ONLINE a. a. O.).

Drucksache 18/2350 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die BfDI forderte bereits bei ihrem Amtsantritt die Schaffung einer unabhängi-
gen Datenschutzbehörde. Des Weiteren verlangt sie mehr Befugnisse gegenüber
Privatunternehmen, um gegebenenfalls Sanktionen gegen die Privatwirtschaft
aussprechen zu können und ihre Stellung gegenüber den Landesdatenschutzbe-
auftragten zu stärken.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie schätzt die Bundesregierung die Unabhängigkeit der BfDI und deren

Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterstab ein, und aus welchen Gründen be-
stand die Bundesregierung bisher auf der Unterstellung der BfDI unter das
BMI?

2. Welche Konsequenz zieht die Bundesregierung aus dem im Jahr 2010 vom
Europäischen Gerichtshof gesprochenen Urteil C – 518/07, insbesondere
aus der Forderung nach einer völligen Unabhängigkeit der Datenschutz-
behörden, und aus welchen Gründen wurde darauf auf Bundesebene bisher
nicht reagiert?

3. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung die bereits seit dem Jahr
1995 durch die Richtlinie 95/46/EG vorgeschriebene Unabhängigkeit der
Datenschutzbehörde noch nicht umgesetzt?

4. Wie oft wurde die Bundesregierung wegen Nichtumsetzung der Richtlinie
95/46/EG mit welcher Begründung durch die Europäische Kommission ge-
rügt, und welche Konsequenzen wurden ihr angedroht?

5. Hat die Europäische Kommission der Bundesregierung ein Ultimatum hin-
sichtlich der Abkopplung der Bundes- und Landesdatenschutzbehörden
vom Bundesinnenministerium gestellt?
Wenn ja, wie oft, und bis zu welchem Zeitpunkt?

6. Welche Möglichkeiten hatte die BfDI bisher, Vorhaben des Bundesinnen-
ministers zu kritisieren, auf diese Einfluss zu nehmen oder sie zu blockie-
ren?

7. In welchen Fällen kam es in der Vergangenheit aufgrund inhaltlicher Diffe-
renzen und Konflikten zu einer Weisung oder Maßregelung der BfDI bzw.
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörde durch das BMI?

8. Auf wessen Initiative hin wurde die Abkopplung der BfDI und ihrer Be-
hörde warum zum jetzigen Zeitpunkt angestoßen?

9. Wie ist der aktuelle Bearbeitungsstand des Entwurfs eines zweiten Gesetzes
zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes?

10. Wann plant die Bundesregierung, den Gesetzentwurf vorzulegen?
11. Welche Paragraphen des Bundesdatenschutzgesetzes plant die Bundes-

regierung wie zu ändern?
12. Welche institutionelle Struktur sieht die Bundesregierung für eine vom BMI

abgekoppelte Datenschutzbehörde vor?
13. Wo soll die neue Behörde für den Datenschutz ihren Standort bekommen?
14. Sollen auch die internen Organisationsstrukturen der Datenschutzbehörde

verändert werden?
Wenn ja, wie, und mit welcher Begründung?

15. Wie groß ist der Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterstab der BfDI bisher, und
wie setzt er sich zusammen (bitte nach Gesamtanzahl der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter, Aufteilung auf die einzelnen Referate und Abteilungen so-
wie Zuständigkeiten aufschlüsseln)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2350
16. Wie viel Personal soll der BfDI mit den Neuerungen zur Seite gestellt wer-
den (bitte nach Gesamtzahl des Personals, Personalschlüssel und Qualifika-
tion sowie Zuständigkeiten in den einzelnen Abteilungen, bereits besetzte
Stellen und Planstellen in den einzelnen Abteilungen aufschlüsseln)?

17. Werden für die neue Datenschutzbehörde auch Mitarbeiterinnen und Mitar-
beiter des BMI abgezogen?
Wenn ja, wie viele, und aus welchen Abteilungen?

18. Welche neuen Befugnisse fordert die BfDI ein, und welche sieht der neue
Gesetzentwurf für sie vor?

19. Welche Weisungsbefugnisse soll die BfDI zukünftig erhalten?
20. Auf welche Art und Weise wird mit welcher Intention die neue Struktur des

Datenschutzes das Verhältnis zwischen der BfDI und der Landesbeauftrag-
ten für den Datenschutz beeinflussen, und sind zum jetzigen Zeitpunkt Ver-
änderungen in den jeweiligen Zuständigkeiten geplant?

21. Welche Auswirkungen hat die Neukonzeption der Datenschutzbehörde auf
die Haushaltsmittel, und wofür werden in welcher Höhe Steigerungen vor-
gesehen respektive Einsparungen erwartet?

Berlin, den 13. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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