BT-Drucksache 18/2348

Ermittlungen zum so genannten Lasermann als mögliche Blaupause für den Nationalsozialistischen Untergrund

Vom 13. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2348
18. Wahlperiode 13.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Ulla Jelpke, Frank Tempel,
Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Ermittlungen zum so genannten Lasermann als mögliche Blaupause für den
Nationalsozialistischen Untergrund

Im Zuge der Ermittlungen nach der Selbstenttarnung des „Nationalsozialisti-
schen Untergrunds“ (NSU) am 4. November 2011 übermittelte das Bundesamt
für Verfassungsschutz den Ermittlungsbehörden und dem 1. Parlamentarischen
Untersuchungsausschuss zum NSU u. a. Informationen über den so genannten
Laserman, den deutsch-schwedischen Staatsbürger John W. A. Ausonius, der im
Zeitraum vom August 1991 bis Januar 1992 in Stockholm und Uppsala (Schwe-
den) zehn rassistische Mordanschläge auf insgesamt elf Migranten verübte.
Eines der Opfer starb, alle weiteren wurden zum Teil schwer verletzt. John
Ausonius benutzte für seine Mordanschläge ein Gewehr mit Laservorrichtung
– das führte auch dazu, dass er in der schwedischen Öffentlichkeit als „Laser
Man“ bezeichnet wurde – und einen Revolver. Seinen Lebensunterhalt finan-
zierte er u. a. durch 18 Banküberfälle (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600,
S. 163). Zur Tatbegehung bei den Banküberfällen benutzte er zumeist ein Fahr-
rad; zu seinen Mordanschlägen fuhr er oft mit Mietfahrzeugen (vgl. Gellert
Tamas, Der Lasermann – Vom Eliteschüler zum Serientäter, 2007, Militzke Ver-
lag, Leipzig). John Ausonius hielt sich bis zu seiner Festnahme im Juni 1992
mehrfach in Deutschland auf. Er bekannte sich erst im Jahr 2000 zu seiner Täter-
schaft; seine rassistische Mordanschlagsserie wurde jedoch schon im Tatzeit-
punkt von Neonazis international wahrgenommen und im so genannten Field
Manual der Blood&Honour-Bewegung als Vorbild gefeiert. Im Januar 2012
stellte das Bundesamt für Verfassungsschutz fest: „Es besteht die Möglichkeit,
dass die Jenaer Rechtsextremisten durch die im Jahr 2000 veröffentlichte Publi-
kation ,Field Manual‘ Kenntnis von den durch Ausonius verübten Anschlägen
auf Ausländer erhalten haben und dessen Vorgehensweise als ,Blaupause‘ für
die Taten des ,Trios‘ diente. Zudem bestanden zwischen der deutschen und skan-
dinavischen ,Blood&Honour‘-Bewegung insbesondere Ende der 1990er-Jahre
und zu Beginn des neuen Jahrtausends Kontakte, durch die das ,Trio‘ möglicher-
weise über die Vorgehensweise und Taten des Ausonius informiert war.“ (vgl.
Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 164, 855). Die schwedische Neonaziterror-
gruppe „Weißer Arischer Widerstand“ (WAW) druckte ein T-Shirt mit der Auf-
schrift „Der Lasermann – ein Lichtblick im Dasein“ und schrieb in ihrer Zeit-
schrift bewundernd über den Lasermann: „Sein Name und sein Symbol, der rote
Laserpunkt, verbreiten Angst und Schrecken in der Rassemischgesellschaft und
bei den dafür Verantwortlichen. Ist er ein Vorkämpfer eines totalen Rassenkrie-
ges oder ist er ein einsamer Rächer (…)?“ (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann,
S. 264). Mitglieder des WAW hatten intensive Kontakte zu deutschen Neonazis,
u. a. zu Blood&Honour-Aktivisten (vgl. Drahtzieher im Braunen Netz: Der Wie-
deraufbau der NSDAP, Ein Handbuch des antifaschistischen Autorenkollektivs,

Drucksache 18/2348 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
ID Archiv (Hrsg.), 1992). Laut Gellert Tamas „Der Lasermann“ hielt sich John
Ausonius bis zu seiner Festnahme im Juni 1992 mehrfach in Deutschland auf
und nutzte dabei auch einen deutschen Reisepass auf den Namen Manfred Tilo
Ulbrich, der am 17. Februar 1992 in Dresden ausgestellt worden sei. Gellert
Tamas, der ausführliche Interviews mit John Ausonius in der Haft geführt hat,
schreibt u. a. „Ab Herbst 1989 pendelt John zwischen Deutschland und Schwe-
den.“ (vgl. Der Lasermann, S. 246).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Haben das Bundeskriminalamt (BKA) oder eine andere Bundesbehörde nach

Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Analyse des Bundesamtes für
Verfassungsschutz (BfV) vom Januar 2012 von John Ausonius als möglicher
„Blaupause“ für den NSU (vgl. Bundestagsdrucksache 17/14600, S. 164,
855) inzwischen die Aufenthaltsorte von John Ausonius in Deutschland er-
mittelt (wenn ja, bitte unter Angabe von Daten, Orten, möglichen Kontakten
zu Aktivisten der extremen Rechten in Deutschland aufschlüsseln)?

2. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Personen in Dresden, die
John Ausonius während seiner Aufenthalte in Deutschland besuchte und die
ihm falsche Ausweispapiere zur Verfügung gestellt haben sollen, insbeson-
dere den Pass auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich, der am 17. Februar 1992
in Dresden ausgestellt worden sein soll (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann),
Kontakte zur extremen Rechten hatten bzw. Aktivisten in der extremen Rech-
ten waren oder sind?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Personen in Dresden, die
John Ausonius während seiner Aufenthalte in Deutschland besuchte und die
ihm falsche Ausweispapiere auf den Namen Manfred Tilo Ulbrich zur Ver-
fügung gestellt haben sollen (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann), vor und/
oder seit dem Januar 2012 zeugenschaftlich vernommen wurden (wenn ja,
bitte ermittlungsführende Behörde angeben)?

4. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob John Ausonius bei seinem
Aufenthalt in Berlin im Februar 1992 (vgl. Gellert Tamas, Der Lasermann,
S. 447) Kontakte zur extremen Rechten hatte bzw. Aktivisten in der extremen
Rechten in Berlin traf?

5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob deutsche Ermittlungsbehör-
den und/oder das BfV im Wege der Amtshilfe Kontakt zu schwedischen
Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden nach dem 4. November 2011 und
der Selbstenttarnung des NSU hatten (wenn ja, bitte nach Daten, Behörden in
Deutschland und Schweden und Anlass/Themenkomplexen aufschlüsseln)?

6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob deutsche Ermittlungsbehör-
den und/oder das BfV im Wege der Amtshilfe Kontakt zu schwedischen
Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden vor und nach dem 4. November
2011 hatten in Bezug auf die Aufenthaltsorte und Kontaktpersonen des John
Ausonius in Deutschland (wenn ja, bitte nach Daten und Behörden in
Deutschland und Schweden aufschlüsseln)?

7. Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Stand des Ermittlungsverfahrens
zum Mord an Blanka Zmigrod am 23. Februar 1992 in Frankfurt am Main,
einer Garderobenfrau jüdischer Herkunft, die zwei Tage nach einem Streit
mit John Ausonius, der das Restaurant Mövenpick am Opernplatz in Frank-
furt am Main Anfang Februar 1992 und am 21. Februar 1992 besucht hatte,
auf dem Heimweg von ihrer Arbeit im Restaurant Mövenpick aus kurzer
Distanz erschossen wurde (Gellert Tamas, Der Lasermann, S. 447; ZDF-Sen-
dung „Aktenzeichen XY ungelöst“ vom 6. November 1992)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2348
8. Hat die Bundesregierung Kenntnis, ob im Zuge des Ermittlungsverfahrens
zum Mord an Blanka Zmigrod am 23. Februar 1992 in Frankfurt am Main,
einer Garderobenfrau jüdischer Herkunft, seit der Bekennung von John
Ausonius zur rassistischen Anschlagsserie in Schweden im Jahr 2000 even-
tuell vorhandene Spuren und Asservate neuerlich u. a. unter Anwendung
neuer DNA-Abgleichmethoden untersucht wurden und John Ausonius im
Wege der Amtshilfe zu dem Mord an Blanka Zmigrod vernommen wurde?

Berlin, den 13. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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