BT-Drucksache 18/2343

Beteiligung der Länder bei der Einführung einer Pkw-Maut und an deren Einnahmen

Vom 13. August 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2343
18. Wahlperiode 13.08.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Herbert Behrens, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter, Annette
Groth, Sabine Leidig, Thomas Lutze, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion
DIE LINKE.

Beteiligung der Länder bei der Einführung einer Pkw-Maut und an deren
Einnahmen

Da in Deutschland über Jahrzehnte viel in den Neubau, aber zu wenig in den
Erhalt der Verkehrsinfrastruktur investiert wurde, sind die Verkehrswege hier-
zulande teilweise in einem erbärmlichen Zustand. Den investiven Nachholbedarf
haben zwei von der Bundesregierung eingesetzte Kommissionen (Daehre/
Bodewig) monetär bewertet und einen zusätzlichen Finanzbedarf für den Erhalt
der Verkehrsinfrastruktur von 7,2 Mrd. Euro ermittelt. Um weitere Geldquellen
zu erschließen, will die Bundesregierung – im Einklang mit den Vorstellungen
der Europäischen Union (EU) – vermehrt auf eine Nutzerfinanzierung setzen und
hat neben der Ausweitung der Lkw-Maut die Einführung einer Pkw-Maut ver-
einbart, welche gemäß Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD fol-
gende Rahmenbedingungen erfüllen muss:
„Zur zusätzlichen Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahn-
netzes werden wir einen angemessenen Beitrag der Halter von nicht in Deutsch-
land zugelassenen Pkw erheben (Vignette) mit der Maßgabe, dass kein Fahr-
zeughalter in Deutschland stärker belastet wird als heute. Die Ausgestaltung
wird EU-rechtskonform erfolgen. Ein entsprechendes Gesetz soll im Verlauf des
Jahres 2014 verabschiedet werden.“ (Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU
und SPD, S. 29).
Auf einer Pressekonferenz am 7. Juli 2014 stellte der Bundesminister für Ver-
kehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, die Eckpunkte seines
Konzeptes für die Pkw-Maut vor. Dementsprechend soll die Pkw-Maut auf allen
öffentlichen Straßen im Bundesgebiet erhoben werden, Kurzzeitvignetten für
den Zeitraum von zehn Tagen und zwei Monaten verfügbar sein, die Berechnung
der Mautsätze für eine Jahresvignette analog zur Berechnungssystematik der
Kfz-Steuer erfolgen und Halterinnen und Haltern von in Deutschland zugelasse-
nen Pkw sollen die Mautkosten durch eine direkte Verrechnung mit der Kfz-
Steuer erstattet werden.
Die von der Bundesregierung geplante Erhebung der Pkw-Maut auf allen öffent-
lichen Straßen hat die Forderung laut werden lassen, grenznahe Regionen von
der Mautpflicht auszunehmen. Zudem ergeben sich Fragen der Zustimmungs-
pflicht seitens der Länder zu diesem Vorhaben sowie hinsichtlich der Beteili-
gung der Länder an den Einnahmen der Pkw-Maut.

Drucksache 18/2343 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wurden im Vorfeld der Präsentation der Eckpunkte für die Einführung einer

Pkw-Maut in Deutschland regionalwirtschaftliche Effekte wie z. B. Kauf-
kraftverlust in grenznahen Gebieten durch ausbleibenden grenzüberschrei-
tenden Verkehr untersucht?
Wenn nein, warum nicht, und soll dies nachgeholt werden?
Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis?

2. Werden negative regionalwirtschaftliche Effekte einer Pkw-Maut auf allen
deutschen Straßen in die Bewertung der Wirtschaftlichkeit der Mautpläne
der Bundesregierung einfließen?
Wenn ja, wann soll die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung vorliegen?
Wenn nein, warum nicht?

3. Welchen mittel- und langfristigen Einfluss hat nach Ansicht der Bundes-
regierung eine Pkw-Maut auf den kleinen Grenzverkehr?

4. Aus welchen Gründen soll die Pkw-Maut auf allen öffentlichen Straßen im
Bundesgebiet erhoben werden und nicht nur auf Autobahnen?

5. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung zulässig, bei der Erhebung
einer Pkw-Maut nur auf hiesigen Autobahnen lediglich denjenigen EU-Bür-
gerinnen und EU-Bürgern den Kauf von Kurzzeitvignetten einzuräumen,
welche ihren Pkw nicht in Deutschland zugelassen haben?
Wenn ja, mit welcher Begründung?
Wenn nein, welche europarechtlichen Bestimmungen stehen einer solchen
Regelung im Wege?

6. Wie viele Halterinnen und Halter von in Deutschland zugelassenen Pkw
hätten nach Kenntnis der Bundesregierung im Falle einer Mautpflicht nur
auf Autobahnen aufgrund ihres Mobilitätsverhaltens keine Jahresvignette
für die Benutzung von Autobahnen bezogen, sondern lediglich Vignetten
mit kürzeren Gültigkeitszeiträumen, und wie hoch wäre das durchschnitt-
liche Pro-Kopf-Mautaufkommen bei dieser Nutzergruppe voraussichtlich
gewesen?

7. Umfasst die von der Bundesregierung zum Ziele des finanziellen Belastungs-
ausgleiches geplante Reform der Kfz-Steuer alle Kfz-steuerpflichtigen Pkw-
Halterinnen und Pkw-Halter?

8. Wäre dies auch im Falle einer Mautpflicht nur für Autobahnen der Fall oder
wäre eine Reform der Kfz-Steuer möglich, bei der nur die Käuferinnen und
Käufer einer Jahresvignette direkt entlastet worden wären?

9. Wie viele Halterinnen und Halter von in Deutschland zugelassenen Pkw
hätten nach Kenntnis der Bundesregierung im Kontext einer Mautpflicht
nur für Autobahnen durch eine (pauschalisierte) Entlastung über die Kfz-
Steuer mehr Geld erstattet bekommen, als sie im Jahr an Mautgebühren auf-
gewendet hätten (durch Bezug von Kurzzeitvignetten oder den Verzicht auf
die Nutzung der Autobahnen)?

10. Auf welchen Betrag hätten sich nach Kenntnis der Bundesregierung die
jährlichen „Verluste“ durch vielfache Überkompensation der Mautkosten
aufsummiert?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2343
11. Wie hoch wäre der „Verlust“ für den Bundeshaushalt im Falle einer Kfz-
Halterin bzw. eines Kfz-Halters (Zulassung in Deutschland) eines VW Golf
1.6 TDI Blue Motion, welche(r) ein Mal im Jahr eine 10-Tagesvignette für
die Nutzung des Autobahnnetzes erwerben würde, jedoch über die Kfz-
Steuer einen Geldbetrag in Höhe der Kosten einer Jahresvignette erstattet
bekäme (bitte in Euro und für ein volles Kalenderjahr angeben)?

12. Warum kann die Pkw-Maut nicht nach einer Jahresfrist gemäß der effektiv
aufgewendeten Kosten zurückerstattet werden?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass nur eine
Mautpflicht auf allen Straßen im Gegensatz zur Bemautung lediglich der
Autobahnen (unter der Bedingung einer direkten individuellen Kompensa-
tion der Mautkosten über die Kfz-Steuer für Halterinnen und Halter von in
Deutschland zugelassenen Pkw) es ermöglicht,
a) alle Halterinnen und Halter in Deutschland gemeldeter Kfz zur Abnahme

einer Jahresvignette zu verpflichten (weil auch ihnen sonst die Möglich-
keit des Bezuges von Kurzzeitvignetten hätte eröffnet werden müssen),
und

b) damit zusammenhängenden Einnahmeverlusten durch Überkompensa-
tion von Mautkosten durch die angedachten Freibeträge bei der Kfz-
Steuer vorzubeugen (bitte begründen)?

14. Ist die Ausweitung der Mautpflicht auf das gesamte öffentliche Straßennetz
in diesem Sinne eine unerlässliche europarechtliche und fiskalische Be-
dingung für die seitens der Bundesregierung geplante vollumfängliche
Kompensation der Mautkosten über die Kfz-Steuer?

15. Werden die durch die Pkw-Maut erzielten Einnahmen gemäß den Bestim-
mungen des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD ausschließ-
lich zur „Finanzierung des Erhalts und des Ausbaus unseres Autobahnnet-
zes“ verwendet (bitte begründen)?

16. Auf welcher Rechtsgrundlage kann der Bund Abgaben erheben sowie die
erzielten Erlöse verausgaben, welche auf sich nicht in Bundesbesitz befind-
lichen Infrastrukturen anfallen?

17. Inwieweit sollen ggf. die Länder, Kreise und Kommunen an den Pkw-Maut-
einnahmen beteiligt werden, und nach welchem Verteilungsschlüssel soll
die Beteiligung der nachgeordneten Gebietskörperschaften erfolgen?

18. Wann und wie soll ggf. eine Abstimmung mit den nachgeordneten Gebiets-
körperschaften über die Mittelverteilung und Mittelverwendung erfolgen?

19. Welche Institutionen bzw. welche Behörden sollen mit der Überwachung
der Einhaltung der Mautpflicht betraut werden, und sollen auch die nach-
geordneten Gebietskörperschaften in diese Überwachung einbezogen wer-
den?

20. Ist die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland aufgrund der Tatsache
seitens des Bundesrates zustimmungspflichtig, dass alle öffentlichen Stra-
ßen in Deutschland einer Mautpflicht unterliegen sollen?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, sind sowohl das Gesetz zur Einführung einer Pkw-Maut als auch
das Kfz-Steuerreformgesetz zustimmungspflichtig (bitte begründen)?

Drucksache 18/2343 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
21. Arbeitet die Bundesregierung bereits an einem Konzept bezüglich der
Zukunft der Entflechtungsmittel sowie der Mittel gemäß dem Gemeinde-
verkehrsfinanzierungsgesetz?
Wenn nein, wann und von wem werden konzeptionelle Arbeiten aufgenom-
men (bitte betreffende Behörde unter Angabe des entsprechendes Referates
angeben)?
Wenn ja, wann wird auf Basis dieses Konzeptes in den Diskussionsprozess
mit den Ländern eingetreten?

Berlin, den 13. August 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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