BT-Drucksache 18/2274

Treffen der informellen Struktur der "Gruppe der Sechs+1" in Barcelona und dort behandelte Inhalte (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/2175)

Vom 30. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2274
18. Wahlperiode 30.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu,
Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Treffen der informellen Struktur der „Gruppe der Sechs+1“ in Barcelona und dort
behandelte Inhalte
(Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf
Bundestagsdrucksache 18/2175)

Am 26. und 27. Juni 2014 trafen sich die Innenminister der sechs einwohner-
stärksten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) in Barcelona. Auf Ini-
tiative des damaligen deutschen Bundesministers des Innern, Dr. Wolfgang
Schäuble (CDU), nimmt seit dem Jahr 2007 auch das US-Ministerium für „Hei-
matschutz“ sowie die US-Generalbundesanwaltschaft an den Treffen teil. Die
regelmäßige Zusammenkunft firmiert seitdem als „G6+1“. In ihrer Antwort auf
eine frühere Anfrage der Fragesteller hatte die Bundesregierung ihren informel-
len Charakter sogar hervorgehoben (Bundestagsdrucksache 17/9904): Demge-
mäß gehe es den Beteiligten darum, sich über „Problemlagen in ihren Ländern“
auszutauschen. Die Bundesregierung bestätigt, „eine Vertiefung der erörterten
Themen“ erfolge „in zahlreichen bi- und multilateralen Foren formeller und in-
formeller Art“.
In einer Kleinen Anfrage hatte sich die Fraktion DIE LINKE. deshalb nach den
Inhalten des informellen EU-US-Treffens erkundigt (Bundestagsdrucksache
18/2175). Das Bundesministerium des Innern (BMI) wurde gebeten, bespro-
chene Inhalte kurz zu skizzieren und nicht nur Titel oder Untertitel von Tages-
ordnungspunkten zu benennen. Dem wurde nicht entsprochen. Sofern detaillier-
tere Fragen gestellt wurden, haben die für die Antwort zuständigen Stellen ledig-
lich Teile einer Pressemitteilung des BMI kopiert (27. Juni 2014).
Dies ist aus Sicht der Fragesteller nicht hinnehmbar: Die Auskunftspflicht der
Bundesregierung gegenüber Abgeordneten kann sich nicht im Bereitstellen von
Presseinformationen erschöpfen. Dies wiegt umso schwerer, da es sich in
Barcelona um ein Treffen mit höchsten US-Repräsentanten der Bereiche „Hei-
matschutz“ und Justiz handelte, während gleichzeitig der oberste Repräsentant
der US-amerikanischen Geheimdienste des Landes verwiesen wird (Tages-
schau, 10. Juli 2014). Die Bundesregierung muss deshalb erläutern, worüber
unter dem Tagesordnungspunkt „Terrorismusbekämpfung“ diskutiert wurde.
Nachfragen zu Einigkeit oder zum Dissens bei besprochenen Themen werden
mit dem Hinweis quittiert, das Format solle „den freien Gedankenaustausch er-
möglichen“ (Bundestagsdrucksachen 17/9904, 17/14833, 18/2175). Dies gelte
„insbesondere bei Themen, bei denen noch kein unmittelbarer Entscheidungs-
bedarf besteht“. Eine „Einigkeit“ sei daher nicht angestrebt. Dies steht jedoch im
Widerspruch zur Pressemitteilung des BMI vom 27. Juni 2014 („Zum Thema
Migration bestand Einigkeit“, „Die Minister waren sich einig“).

Drucksache 18/2274 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Treffen der „G6+1“ sind intransparent und deshalb undemokratisch. Die
Fragesteller bleiben daher bei ihrer Auffassung zum Demokratiedefizit des Tref-
fens, da über den konkreten Inhalt sowie weitere Gespräche am Rande des Tref-
fens nichts berichtet wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche „Unterlagen“ wurden von der spanischen Regierung vorab „an die

Teilnehmer versandt“ (bitte nicht nur Titel und Untertitel nennen, sondern
den Inhalt soweit bekannt in groben Zügen skizzieren)?

2. Wer hat mit welchem Inhalt zum Thema „Bestandsaufnahme zum Format
der G6“ vorgetragen?

3. Welche Positionen wurden von welchen Teilnehmenden beim „Austausch
zum Thema Entwicklung und Perspektiven der G6“ vertreten?

4. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen oder Positionen bestand
diesbezüglich „Einigkeit“, Uneinigkeit bzw. Dissens?

5. Inwieweit wurde das Thema „Migration“ adressiert, und welche Maßnah-
men wurden vorgestellt und/oder besprochen?

6. Welche Maßnahmen wurden skizziert, die Ursprungsländer „gegen die irre-
guläre Einreise in die EU“ ergreifen könnten?

7. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen oder Positionen bestand
diesbezüglich „Einigkeit“, Uneinigkeit bzw. Dissens?

8. Welche „Verpflichtungen zu effektiven Grenzkontrollen und Asylverfah-
ren“ wurden angesprochen?

9. Auf welche Weise hat sich die EU-Grenzagentur Frontex hierzu geäußert,
und welche Verabredungen für weitere Maßnahmen oder Zusammenarbeits-
formen wurden getroffen?

10. Welchen Inhalt hatten die Gespräche zur „Zusammenarbeit EU – USA bei
Innenthemen“?

11. Wer trug hierzu welche Vorschläge, Maßnahmen oder Anregungen vor,
bzw. welche „Meinungen“ wurden vertreten?

12. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen oder Positionen bestand
diesbezüglich „Einigkeit“, Uneinigkeit bzw. Dissens?

13. Inwieweit wurde das Thema „jihadistische[r] Terrorismus“ adressiert, und
welche Maßnahmen wurden vorgestellt und/oder besprochen?

14. Was haben deutsche Vertreterinnen/Vertreter hierzu vorgetragen?
15. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen oder Positionen bestand

diesbezüglich „Einigkeit“, Uneinigkeit bzw. Dissens?
16. Hinsichtlich welcher konkreten „Instrumente“ waren sich die Minister

„einig“, mit denen im „Kampf gegen den islamistischen Terrorismus“ ins-
besondere „Ausreisen verhindert und Wiedereinreisen kontrolliert werden
können“?

17. Wer hat hierzu welche Maßnahmen skizziert?
18. Was haben deutsche Vertreterinnen/Vertreter hierzu vorgetragen?
19. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen bestand diesbezüglich Un-

einigkeit bzw. Dissens?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2274
20. Auf welche Weise könnte zur „Verringerung der Einfuhr von Drogen auf
der Transatlantikroute“ das „Augenmerk verstärkt auf die Überwachung
des Containerverkehrs gerichtet werden“?

21. Wer hat hierzu welche Maßnahmen skizziert?
22. Was haben deutsche Vertreterinnen/Vertreter hierzu vorgetragen?
23. Hinsichtlich welcher besprochenen Maßnahmen oder Positionen bestand

diesbezüglich „Einigkeit“, Uneinigkeit bzw. Dissens?
24. In welchen weiteren Tagesordnungspunkten herrschte nach Einschätzung

der Bundesregierung beim „G6+1“-Treffen keine „Einigkeit“?
25. Ist die Bundesregierung der Meinung, zur Benachrichtigung der übrigen

22 Mitgliedstaaten der EU über Inhalte des „G6+1“-Treffens in Barcelona
sei eine Pressemitteilung des BMI ausreichend?

26. Welchen Inhalt hatte ein „bilaterales Treffen“ des US-Heimatschützers
Alejandro Mayorkas mit dem deutschen Bundesinnenminister Dr. Thomas
de Maizière?

27. Welche Meinungen wurden von den jeweiligen Beteiligten im „Meinungs-
austausch“ zu „Foreignfighters“ und „Cyber-Sicherheit“ vertreten?

28. Welche weiteren Themen wurden außer diesen im „Mittelpunkt“ stehenden
Themen besprochen, und welche „Meinungen“ wurden vertreten?

29. Welchen Inhalt hatten „bilaterale Gespräche [des Bundesinnenministers]
mit den Stellvertretern des amerikanischen Justizministers und des ameri-
kanischen Heimatschutzministers, in denen Fragen des Datenschutzes und
der Terrorismusbekämpfung erörtert wurden“ (bitte die besprochenen Maß-
nahmen, Vorschläge oder Anregungen hinsichtlich „Fragen des Datenschut-
zes und der Terrorismusbekämpfung“ kurz erläutern)?

30. Worin bestand diesbezüglich „Einigkeit“ und Uneinigkeit bzw. Dissens,
und welche Verabredungen wurden getroffen?

31. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern US-Behörden
mehreren EU-Mitgliedstaaten vorgeschlagen haben, sogenannte vorgela-
gerte Einreisekontrollen auf deren Hoheitsgebiet durchzuführen, die nach
Kenntnis der Fragesteller sogar das Recht zur Befragung und Durch-
suchung vorsehen?

32. Welche Mitgliedstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung der-
artige Vorschläge erhalten, und wie haben diese sich dazu positioniert?

33. Inwiefern wurde das Thema auch beim Treffen der „G6+1“ oder nach
Kenntnis der Bundesregierung beim EU-US-Treffen in Athen angespro-
chen?

34. Wo sonst wurden die Vorschläge nach Kenntnis der Bundesregierung auf
EU-Ebene bzw. in internationalen Zusammenarbeitsformen bereits vorge-
stellt oder beraten?

35. Sofern auch die Bundesregierung einen solchen Vorschlag erhielt, wann traf
dieser bei welcher Behörde ein, und wann hat die Bundesregierung den
Deutschen Bundestag hierzu informiert?

36. Wie wird sich die Bundesregierung dazu positionieren?
37. Sofern der Vorschlag (zunächst) abgelehnt wird, unter welchen Vorausset-

zungen wäre eine positive Neubewertung denkbar?

Drucksache 18/2274 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
38. Wie viele als „No Fly-Empfehlungen“ bezeichnete Flugverbote hat das am
Frankfurter Flughafen schon jetzt stationierte US-Heimatschutzministe-
rium (DHS) nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2012 und
2013 ausgesprochen?

39. Sofern die Bundesregierung hierüber weiterhin keine Kenntnis hat, inwie-
fern würde sie nach Zustimmung zu „vorgelagerten Grenzkontrollen“ zur
Zahl der in Deutschland verhängten Flugverbote unterrichtet, bzw. inwie-
fern wird sie dies für ihre Zustimmung zur Bedingung machen?

40. Wie viele der in Deutschland für das DHS arbeitenden Angestellten ent-
fallen nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Customs and Border
Protection (CBP), das Immigration and Customs Enforcement (ICE), die
Transportation Security Administration (TSA), den Secret Service (USSS),
die Coast Guard (USCG), den Citizenship and Immigration Service
(USCIS), das Office of Policy, die Federal Emergency Management
Agency (FEMA), das Federal Law Enforcement Training Center (FLETC)
und das National Protection and Programs Directorate (NPPD, vgl. Bundes-
tagsdrucksache 17/14474)?

Berlin, den 30. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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