BT-Drucksache 18/2154

Gebührenerhebung beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

Vom 16. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2154
18. Wahlperiode 16.07.2014

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Caren Lay, Heidrun Bluhm, Eva
Bulling-Schröter, Ralph Lenkert, Hubertus Zdebel und der Fraktion DIE LINKE.

Gebührenerhebung beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie

Zu den öffentlichen Verwaltungsleistungen zählen Amtshandlungen des Bun-
des. Als Gegenleistung für die Vornahme einer Amtshandlung durch eine Be-
hörde sind aufgrund gesetzlicher Vorschriften Gebühren zu erheben. Vom Jahr
1970 bis zum 15. August 2013 regelte das Verwaltungskostengesetz (VwKostG)
die Erhebung von Verwaltungskosten durch Bundesbehörden. Das VwKostG
wurde durch das Bundesgebührengesetz (BGebG) abgelöst.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist eine Bundes-
behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale
Infrastruktur. Das BSH hat aufgrund des VwKostG eine Kostenverordnung für
Amtshandlungen des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie
(BSHKostV) am 20. Dezember 2001 erlassen (BGBl. I S. 4081). Die BSHKostV
enthält alle Gebührentatbestände für Amtshandlungen des BSH und wurde
durch die Zuweisung neuer gesetzlicher Aufgaben im Jahr 2005 geändert. Die
Gebühren wurden unter Berücksichtigung des § 9 Absatz 1 und 2 VwKostG
festgesetzt.
Das BSH ist Genehmigungsbehörde für Windkraftanlagen auf See sowie für die
Errichtung und den Betrieb zweier Erdgashochdruckleitungen für den Bereich
des deutschen Festlandsockels in der Ostsee der Firma Nord Stream AG, Indus-
triestraße 18, Zug, Schweiz.
Durch die Zuweisung dieser neuen Zuständigkeiten ist das BSH verpflichtet, die
BSHKostV um die entsprechenden neuen Gebührentatbestände zu ergänzen, da-
mit entsprechende Kostenbescheide erstellt werden können, die sich mit der
Amtshandlung und den entsprechenden Gebühren decken. Dabei ist § 3 des
VwKostG zu berücksichtigen. Bei der Anwendung der allgemeinen Grundsätze
für Kostenverordnungen besteht nach § 2 VwKostG kein Ermessensspielraum.
Trotz der gesetzlichen Vorschrift des VwKostG hat das BSH nicht die BSHKostV
um die Gebührentatbestände „Bau und Betrieb von Windkraftanlagen auf See“
sowie „Bau und Betrieb einer Erdgasleitung durch die Ostsee“ ergänzt.
Da das BSH nach Information der Fragesteller offensichtlich nicht in der Lage
war, die BSHKostV zu überarbeiten, wurde das Bundesverwaltungsamt be-
auftragt, diese Aufgabe zu übernehmen. Das Bundesverwaltungsamt hat die
BSHKostV im Rahmen eines „Drei-Partner-Modells“ überarbeitet und dafür
77 492,80 Euro berechnet. Am 23. November 2010 informierte das BSH über
das Projektende wie folgt: „Der Grundsatz der Kostendeckung konnte übergrei-
fend umgesetzt werden. Die Einnahmesituation des BSH wurde hierdurch nach-
haltig gestärkt.“

Drucksache 18/2154 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In dieser vom Bundesverwaltungsamt überarbeiteten BSHKostV, Stand 2010,
wurde der Gebührentatbestand Nr. 6051 „Betriebsfreigabe nach § 5 Abs. 4
Satz 2 Seeanlagenverordnung 100 000 € + 0,2 % der Investitionssumme max.
1 Mio. €“ aufgenommen.
Diese im Jahr 2010 überarbeitete BSHKostV wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt
in Kraft gesetzt. Erst knapp zwei Jahre später, am 20. Juli 2012, wurde durch das
Bundesverkehrsministerium eine Gebührenordnung für Amtshandlungen des
Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSHGebV) im BGBl. I
S. 1642 veröffentlicht, die ähnliche Gebührenregelungen festsetzte. So verlangt
die Gebühren-Nr. 6041 „Planfeststellungsbeschluss oder Plangenehmigung von
Seeanlagen nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 SeeAnlV mit Vorbehalt der Frei-
gabe“ eine Teilgebühr nach Nr. 6040 (116 350 bis 174 530 Euro) sowie eine
zweite Teilgebühr in Höhe von 165 815 Euro + 0,2 Prozent der Investitions-
summe, höchstens 1 200 000 Euro. Bis Sommer 2012 war jedoch bereits der
allergrößte Teil der entsprechenden Anträge beschieden worden – mit Gebühren,
die – laut einer Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bun-
destagsdrucksache 15/3910 – mit 60 000 Euro nach Auffassung der Fragesteller
offensichtlich nur einen Bruchteil der im Jahr 2012 festgelegten Summen betra-
gen haben und niemals nur annähernd die Kosten des Verfahrens gedeckt haben
können.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Warum wurde die BSHKostV aus dem Jahr 2001 nicht um den Gebührentat-

bestand „Bau und Betrieb von Windkraftanlagen auf See“ sowie „Bau und
Betrieb einer Erdgashochdruckleitung durch die Ostsee“ ergänzt?

2. Warum wurde das Ergebnis des Projekts des Bundesverwaltungsamtes
„Überarbeitung der bestehenden Kostenverordnung des BSH“ nicht umge-
setzt?

3. Wie viele Windkraftanlagen auf See wurden in den Jahren von 2001 bis 2012
genehmigt?

4. Welcher Gebührentatbestand der BSHKostV lag den Kostenbescheiden für
die Genehmigungen der Windkraftanlagen für den Zeitraum der Jahre von
2001 bis 2012 zugrunde, und nach welcher BSHKostV?

5. Wie hoch (Betrag in Euro) hätten die einzelnen Kostenbescheide ausfallen
müssen unter Zugrundelegung des Ergebnisses der Projektgruppe des Bun-
desverwaltungsamtes sowie der BSHGebV vom 20. Juli 2012?

6. Welche Gebührennummern der BSHKostV wurden bei der Genehmigung der
Ostseepipeline für die Firma Nord Stream AG zugrunde gelegt?
Wie hoch war die Gebühr?

7. Wie viel zusätzliche Planstellen und Stellen wurden dem BSH für die Geneh-
migungsverfahren zugewiesen?

8. Wurden die Kostenbescheide unter Vorbehalt einer endgültigen Kosten-
ermittlung erstellt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2154

9. Entspricht es der Tatsache, dass, wie den Fragestellern zugetragen wurde,
die Firma Nord Stream AG mit Sitz in Zug, Schweiz, den für die Genehmi-
gung der Ostseepipeline zuständigen Referatsleiter des BSH zu einer Vorbe-
sprechung nach St. Petersburg vom 28. bis 29. August 2006 eingeladen hat
und die Kosten dieser Reise von der Firma Nord Stream AG übernommen
bzw. erstattet wurden?
Wenn ja, wurden weitere Reisen von Beschäftigten auf Kosten der Firma
Nord Stream AG durchgeführt?

10. Wenn ja, warum wurde die Vorabstimmung der Antragsunterlagen für die
North European Gas Pipeline nicht im BSH in Hamburg oder bei der Firma
Nord Stream AG in Zug durchgeführt, sondern in St. Petersburg, Russland?

Berlin, den 16. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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