BT-Drucksache 18/2148

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2014)

Vom 16. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2148
18. Wahlperiode 16.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Andrej Hunko, Katrin Kunert, Niema Movassat, Petra Pau, Martina Renner,
Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Alexander Ulrich, Halina Wawzyniak und der
Fraktion DIE LINKE.

Polizei- und Zolleinsätze im Ausland (Stand: zweites Quartal 2014)

Auslandseinsätze von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten entwickeln sich
immer mehr zu einem Mittel deutscher und EU-Außenpolitik. Die Militärdok-
trin der Europäischen Union, die Europäische Sicherheitsstrategie, sieht aus-
drücklich den kombinierten Einsatz militärischer und ziviler (d. h. auch polizei-
licher) Mittel vor, um „einen besonderen Mehrwert“ zu erzielen.
Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen besorgniserregend.
So leistet sie der Vermischung von polizeilichen und militärischen Zuständig-
keiten Vorschub. Die Grenzen zwischen Polizei und Militär drohen zu ver-
schwimmen. Das gilt umso mehr, als gerade bei Einsätzen in Kriegs- und Kri-
sengebieten Polizisten immer wieder in lebensbedrohliche Situationen kommen.
Diese dienen dann wiederum als Legitimation für eine Aufrüstung der Polizei,
bis hin zu Überlegungen, schwerbewaffnete Einheiten der Bundespolizei spe-
ziell für Auslandseinsätze aufzustellen.
Hinzu kommt, dass für polizeiliche Auslandseinsätze keinerlei parlamentarische
Zustimmung erforderlich ist. Je nach Rechtsgrundlage ist noch nicht einmal die
Information des Deutschen Bundestages vorgeschrieben. Damit wird ein wich-
tiger Bereich der Außenpolitik der parlamentarischen Kontrolle entzogen.
Bedenklich ist dies vor allem wegen der gerade bei Einsätzen in Kriegs- und
Krisengebieten stets vorhandenen Eskalationsgefahr. Bei Einsätzen aufgrund
des § 65 des Bundespolizeigesetzes (BPolG) hat der Deutsche Bundestag nicht
einmal ein verbrieftes Rückholrecht.
Ähnliches gilt für Einsätze von Zollbeamtinnen und Zollbeamten.
Schließlich gewinnen internationale Einsätze innerhalb der EU zunehmend an
Bedeutung. Einsätze ausländischer Polizisten in Deutschland sowie deutscher
Polizisten im (EU-)Ausland auf der Grundlage des Prümer Vertrages oder bila-
teraler Abkommen unterliegen ebenfalls keiner parlamentarischen Kontrolle.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. An welchen Missionen auf Grundlage von § 8 Absatz 1 BPolG sind deutsche

Polizistinnen und Polizisten (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit zur
Bundespolizei/zum Bundeskriminalamt – BKA – aufgliedern) sowie Zollbe-
amtinnen und -beamte derzeit beteiligt?

Drucksache 18/2148 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles
Personal (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit zur Bundespolizei/
zum BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte sind
dabei jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen sind
sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen angeben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke haben die Missionen derzeit?
d) Welche Missionen mit deutscher Beteiligung sind im zweiten Quartal

2014 neu hinzugekommen (bitte die rechtliche Grundlage sowie Mandats-
geber und Missionsträger angeben, die Mandatsobergrenze nennen sowie
den Auftrag der eingesetzten deutschen Kräfte bezeichnen), und inwiefern
hat es Mandatsänderungen bei den bereits bestehenden Missionen gege-
ben?

e) Wann werden die Missionen voraussichtlich beendet sein?
f) Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung eine Veränderung hinsicht-

lich der Art und/oder des Umfangs der deutschen Beteiligung, und bis
wann soll diese umgesetzt sein (bitte ggf. konkrete Angaben machen und
Zahlen zu den einzelnen Missionen/Einsätzen nennen)?

2. An welchen Einsätzen auf Grundlage von § 65 Absatz 2 BPolG (ohne kurz-
fristige Ausbildungslehrgänge im Sinne nachfolgend aufgeführter Fragen)
waren deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zollbeamtinnen und Zoll-
beamte im zweiten Quartal 2014 bzw. sind sie weiterhin beteiligt (bitte nach
Bundesländern, Zugehörigkeit zur Bundespolizei/zum BKA aufgliedern)?
a) Wie viele deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie weiteres ziviles

Personal (bitte nach Bundesländern, Zugehörigkeit zur Bundespolizei/
zum BKA u. a. aufgliedern) sowie Zollbeamtinnen und Zollbeamte waren
bzw. sind dabei jeweils eingesetzt?

b) An welchen Orten und in welchen Stäben, Einrichtungen und Stellen wa-
ren bzw. sind sie tätig (bitte jeweils die einzelnen Personalzahlen ange-
ben)?

c) Welche tatsächliche Gesamtstärke haben die Einsätze derzeit?
d) Welche Einsätze mit deutscher Beteiligung sind im zweiten Quartal 2014

neu hinzugekommen, und inwiefern hat es relevante Änderungen (vor
allem bei Auftrag, Zweck, Durchführung und Kräfteansatz) bei den be-
reits bestehenden Einsätzen gegeben?

3. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich sicherheitsrele-
vanter Vorfälle vor, in die deutsche Polizistinnen und Polizisten sowie Zoll-
beamtinnen und -beamte im zweiten Quartal 2014 involviert bzw. denen sie
ausgesetzt waren?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die politische und militärische Gefähr-
dungslage in den jeweiligen Einsatzgebieten (bitte Veränderungen darstel-
len)?

5. Wie viele Verbindungsbeamtinnen und -beamte des BKA halten sich derzeit
in welchen Ländern auf (bitte jeweils die Einsatzländer und -orte sowie die
zugehörige Zahl von Beamtinnen/Beamten angeben)?

6. Wie viele deutsche Polizeibeamte werden derzeit im Ausland als
a) Dokumentenberater,
b) Sicherheitsbeamte,
c) grenzpolizeiliche Verbindungsbeamte,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2148
d) Unterstützungskräfte sowie Berater in Fragen der Grenzsicherheit einge-
setzt

(bitte jeweils, d. h. zu jedem Unterpunkt, Einsatzländer und -orte sowie die
Zahl der eingesetzten Polizeibeamten nennen und angeben, ob sie vom BKA,
von der Bundespolizei oder einer Länderpolizei gestellt werden)?
e) In welche der durch die Verordnung (EG) Nr. 377/2004 des Rates vom

19. Februar 2014 zur Schaffung eines Netzes von Verbindungsbeamten für
Einwanderungsfragen geschaffenen örtlichen oder regionalen Koopera-
tionsnetze der Verbindungsbeamten der EU-Staaten für Einwanderungs-
fragen sind die in den Fragen 6c und 6d genannten Kräfte eingebunden?

7. Wie viele deutsche Polizeibeamte wurden im zweiten Quartal 2014 im Rah-
men der „Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den
Außengrenzen“ (FRONTEX) eingesetzt
a) als Dokumentenberater im Rahmen welcher Operationen, und an welchen

Standorten,
b) als Mitarbeiter in der Warschauer Zentrale (bitte mit der jeweiligen Funk-

tion auflisten),
c) die im Rahmen von Operationen deutsches Gerät aus dem FRONTEX-

Ausrüstungspool (technical equipment pool) bedienen (bitte mit Einsatz-
standorten und jeweiligem Tätigkeitsprofil angeben),

d) die im Einsatzstaat Maßnahmen zum screening (Identitätsfeststellung
etc.) von Personen durchführen, die ohne erforderliche Einreise- oder
Aufenthaltspapiere aufgegriffen wurden,

e) als Mitglieder der „europäischen Grenzschutzteams“ im Rahmen von ge-
meinsamen Aktionen, Pilotprojekten oder für Soforteinsätze zu Grenz-
sicherungszwecken (bitte einzeln aufführen),

f) im Rahmen gemeinsamer Rückführungsmaßnahmen unter der Koordina-
tion von FRONTEX (bitte mit dem jeweiligen Zielstaat der Maßnahme,
den teilnehmenden EU-Staaten, Gesamtkosten und dem deutschen Kos-
tenanteil auflisten),

g) im Rahmen weiterer FRONTEX-Maßnahmen (bitte Einsatzorte und je-
weilige Tätigkeit angeben),

und wie viele Erkenntnismeldungen oder sonstige Mitteilungen zu besonde-
ren Ereignissen gab es vonseiten der deutschen Kräfte an das Bundespolizei-
präsidium, und was war Inhalt dieser Meldungen?

8. An welchen weiteren internationalen Einsätzen auf der Grundlage des Prü-
mer Vertrages oder entsprechender bilateraler Abkommen (ausgenommen
die sogenannte Nacheile) haben deutsche Polizisten – soweit die Bundes-
regierung Kenntnis davon hat – im zweiten Quartal 2014 teilgenommen?
a) Wann und wo fanden diese Einsätze jeweils statt (bitte angeben, in wel-

chen Einheiten bzw. in welchen Stäben/Dienststellen usw. die deutschen
Polizeikräfte eingesetzt waren)?

b) Was waren Anlass und Zweck der Einsätze?
c) Wie viele deutsche Polizisten waren daran beteiligt (bitte Herkunft nach

Länderpolizeien/Bundespolizei/BKA angeben)?
d) Von wem gingen die Ersuchen aus?
e) Inwiefern haben die deutschen Polizisten von ihrer Befugnis zur Anwen-

dung unmittelbaren Zwangs Gebrauch gemacht?

Drucksache 18/2148 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
f) Welche Einsatzmittel und Fahrzeuge aus deutschen Beständen wurden
jeweils mitgeführt?

9. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte haben
deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte im zweiten Quartal 2014 durchge-
führt, bzw. an welchen waren sie beteiligt (bitte sowohl bereits abgeschlos-
sene als auch aktuell stattfindende sowie fortgesetzte Maßnahmen ange-
ben)?
a) Wie lauten die Bezeichnungen der Maßnahmen, und wo fanden bzw. fin-

den sie statt?
b) Was sind die Ziele der Maßnahmen, und über welchen Zeitraum erstre-

cken sie sich?
c) Wie vielen und welchen ausländischen Sicherheitskräften wurde bzw.

wird welche Art der Ausbildung gewährt?
d) Worin bestanden bzw. bestehen die Aufgaben und Tätigkeiten der deut-

schen Polizeibeamtinnen und -beamten, und in welchen Stäben, Einrich-
tungen und sonstigen Stellen waren bzw. sind sie vertreten?

e) Wie viele deutsche Polizeibeamtinnen und -beamte waren jeweils an den
Maßnahmen beteiligt (bitte für die einzelnen Maßnahmen detailliert aus-
weisen)?

f) Welche Kosten entstanden bzw. entstehen der Bundesrepublik Deutsch-
land für die Ausbildungsmaßnahmen, und aus welchen Haushaltstiteln
wurden diese bestritten?

10. Welche Ausbildungsmaßnahmen für ausländische Sicherheitskräfte sind für
die nächste Zukunft geplant, welche Kosten werden dem Bund dafür entste-
hen, und aus welchen Haushaltstiteln sollen diese bestritten werden (bitte
nach dem Schema der Fragen 9a bis 9f beantworten)?

11. In welchem Rahmen sind außerdem noch deutsche Polizistinnen und Poli-
zisten bzw. Zollbeamtinnen und -beamte im Ausland eingesetzt, und welche
Tätigkeiten verrichten sie dort (bitte nach Einsatzländern und -orten sowie
Zugehörigkeit zu Bundesländern/BKA/Bundespolizei aufgliedern)?

12. Welche materiellen Ausstattungshilfen sind ausländischen Sicherheitsbe-
hörden in diesem Jahr bislang geliefert sowie zum gegenwärtigen Zeitpunkt
zugesagt, aber noch nicht geliefert worden (bitte konkrete Empfänger, je-
weilige Ausstattung und deren Wert angeben)?

Berlin, den 16. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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