BT-Drucksache 18/2098

Verbesserung der Verkehrssicherheit im Radverkehr

Vom 8. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2098
18. Wahlperiode 08.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Matthias Gastel, Harald Ebner, Bärbel Höhn, Christian Kühn
(Tübingen), Stephan Kühn (Dresden), Peter Meiwald, Dr. Julia Verlinden,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verbesserung der Verkehrssicherheit im Radverkehr

Nach wie vor ist die Verkehrssicherheit im Radverkehr ein ungelöstes Problem.
Im Jahr 2013 verunglückten in Deutschland 74 776 Fahrradfahrerinnen und
Fahrradfahrer im Straßenverkehr (Statistisches Bundesamt 2012: Zweirad-
unfälle im Straßenverkehr). Im Gegensatz zum Autoverkehr, bei dem die Zahl
der Unfälle mit Personenschäden insbesondere durch den Einsatz neuer Techno-
logien in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen ist, konnte die Zahl der
Unfallopfer im Radverkehr leider nicht spürbar reduziert werden. Jede vierte im
innerörtlichen Straßenverkehr verunglückte Person ist ein Radfahrer (Forschung
Radverkehr – Analysen – A6/2012).
Dabei sind Fehler beim Abbiegen, Einbiegen und Kreuzen die häufigste Unfall-
konstellation (GDV 2013: Unfälle zwischen Kfz und Radfahrern beim Ab-
biegen). Die meisten Radfahrenden (74 Prozent) kamen bei Zusammenstößen
mit Pkws zu Schaden (Statistisches Bundesamt 2012 Zweiradunfälle im Stra-
ßenverkehr). Besonders tragisch enden Unfälle zwischen rechtsabbiegenden
Lkws und seitlich am Lkw vorbeifahrenden Radfahrern, die geradeaus weiter
wollen und im sogenannten toten Winkel übersehen werden. Diese Unfälle sind
zwar selten, machen jedoch einen hohen Anteil bei den tödlich verunglückten
Fahrradfahrern aus (Forschung Radverkehr – Analysen – A6/2012).
Zu den typischen Gefahren für den Radverkehr, bedingt durch eine mangelhafte
Infrastruktur, zählen fehlende Sichtbeziehungen insbesondere an Kreuzungen,
fehlende bzw. ungeeignete Querungsstellen, zu schmale Radwege, ungeeignete
Oberflächen und Radien sowie Konflikte mit dem ruhenden Verkehr.
„Bei fast allen Unfällen spielt in irgendeiner Weise die nicht angepasste Fahr-
geschwindigkeit eine Rolle“, da bei geringeren Geschwindigkeiten die Chance
deutlich höher ist, rechtzeitig zu bremsen oder auszuweichen, um eine Kollision
zu vermeiden (www.nationaler-radverkehrsplan.de/transferstelle/downloads/
for-a-06.pdf). Zudem stellen auch sogenannte Kavaliersdelikte, wie z. B. das
Parken auf Radwegen, erhebliche Gefahren für den Radverkehr dar (Nationaler
Radverkehrsplan 2020, S. 30).
Mit der zu erwartenden Zunahme im Radverkehr insgesamt und insbesondere
bei den elektrisch unterstützten Fahrrädern (Pedelecs) werden die Anforderun-
gen an die Verkehrssicherheit im Radverkehr kontinuierlich steigen.

Drucksache 18/2098 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Ziele hat sich die Bundesregierung zur Verbesserung der

Verkehrssicherheit im Radverkehr bis zum Jahr 2020 gesetzt?
2. Welche Gesetzgebungsverfahren und Novellen der Straßenverkehrs-Ord-

nung (StVO) und der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) zur
Förderung der Radverkehrsentwicklung und zur Erhöhung der Verkehrs-
sicherheit im Radverkehr plant die Bundesregierung für die 18. Wahlperiode?

3. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung in welchem zeitlichen Rah-
men und mit welchem Budget zur Beseitigung von Unfallschwerpunkten an
Bundesfernstraßen, um die Verkehrssicherheit im Radverkehr zu erhöhen?

4. In welcher Form wirkt die Bundesregierung darauf hin, dass die Bundes-
länder den Neu- und Ausbau und den Erhalt von Radwegen an Bundesfern-
straßen gemäß dem Stand der Technik umsetzen und dabei die Empfeh-
lungen für Radverkehrsanlagen (ERA 2010) zur Anwendung kommen, und
wo sieht sie Defizite bei der Anwendung moderner Standards?

5. Welche Kommunikationsmaßnahmen und Kampagnen plant die Bundes-
regierung für die 18. Wahlperiode in welchem zeitlichen Rahmen und mit
welchem Budget, um die Verkehrssicherheit im Radverkehr zu erhöhen?

6. Wie hat sich die Zahl der tödlich verunglückten, der schwer und leicht ver-
letzten Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer im Zeitraum von 2011 bis
2013 entwickelt?
Und welchen Anteil daran hatten jeweils Kinder und Jugendliche, und wel-
chen Anteil hatten Senioren (über 65 Jahre) (bitte tabellarisch nach Un-
fallarten und Jahren darstellen)?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Höhe der Dunkelziffer
bei den polizeilich nicht erfassten Verkehrsunfällen Radfahrender?

8. Bei wie vielen der polizeilich erfassten Radverkehrsunfälle im Zeitraum
von 2003 bis 2013 wurden Radfahrende verletzt oder getötet, bei denen sich
der unfallverursachende Kraftfahrer bzw. die unfallverursachende Kraftfah-
rerin vom Unfallort entfernt hatte und nicht festgestellt werden konnte (bitte
tabellarisch nach Jahren aufführen)?

9. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der auffällig hohen Quote
sogenannter Alleinunfälle im Radverkehr in Bezug auf die Infrastruktur-
qualität (vgl. Forschung Radverkehr – Analysen A-6/2012, z. B. Oberflä-
chenbeschaffenheit, unzureichende Breite und Radien der Radwege, Sicht-
beziehungen, mangelhafter oder kein Winterdienst auf Radwegen)?

10. Wie viel Prozent der polizeilich erfassten Alleinunfälle im Radverkehr ent-
fielen laut Information der Bundesregierung auf die Nutzer und Nutzerinnen
von elektrisch unterstützten Fahrrädern (Pedelecs)?

11. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Aussage des Gesamt-
verbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. GDV, dass Radfah-
rende, die bei sogenannten Alleinunfällen verunglücken, selbst die Schuld
für diese Unfälle tragen, obwohl im Radverkehrsbereich keine Erhebung
der Unfallursachen von Alleinunfällen erfolgt, sondern der Radfahrende
automatisch als Hauptverursacher erfasst wird (www.gdv.de/2014/02/
radfahrer-gefaehrden-sich-vor-allem-selbst/)?

12. Zu welchen Ergebnissen kam die ab Sommer 2012 durchgeführte zwölf-
monatige Erhebung der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) von verun-
fallten Radfahrerinnen und Radfahrern, die infolge eines Unfalls in einer
Klinik behandelt werden mussten (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8560)?
a) Was waren die Hauptunfallursachen bei Zusammenstößen zwischen

Radfahrenden und Kraftfahrzeugen, und wie hoch war der Anteil der
verunglückten Radfahrerinnen und Radfahrer?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2098
b) Was waren die Hauptunfallursachen bei Zusammenstößen zwischen Pe-
delecs und Kraftfahrzeugen, und wie hoch war der Anteil der verun-
glückten Radfahrerinnen und Radfahrer?

c) Was waren die Hauptunfallursachen von Alleinunfällen Radfahrender,
und wie hoch war der Anteil der verunglückten Radfahrerinnen und Rad-
fahrer?

d) Was waren die Hauptunfallursachen bei Alleinunfällen von Pedelec-Fah-
rerinnen und -Fahrern, und wie hoch war der Anteil der verunglückten
Radfahrerinnen und Radfahrer?

13. Welche Regelverstöße wurden in den Jahren 2012 und 2013 jeweils im Rad-
verkehr, im Fußverkehr, im Bereich des Pkw-Verkehrs und des Lkw-Ver-
kehrs durch das Kraftfahrtbundesamt erfasst (bitte tabellarisch nach Jahr
und Art der Verkehrsbeteiligung auflisten)?

14. Wie ist seitens der Bundesregierung der aktuelle Verhandlungs- bzw. Ge-
sprächsstand auf nationaler und europäischer Ebene zur verbindlichen Ein-
führung von Fahrerassistenz- und Schutzsystemen, die zur Lebensrettung
ungeschützter Verkehrsteilnehmer (zum Beispiel Abbiegeassistenten, Tot-
winkelwarner, Kreuzungsassistenten, Türöffnerwarnsysteme und Außenair-
bags) beitragen können?
a) Wie ist der Stand im Bereich des Pkw-Verkehrs?
b) Wie ist der Stand im Bereich des Lkw-Verkehrs?

15. Auf wie viel Prozent der Bundesstraßen gilt nach dem Kenntnisstand der
Bundesregierung innerhalb von Ortschaften jeweils eine Höchstgeschwin-
digkeit von bis zu 70 km/h, bis zu 50km/h und bis zu 30 km/h?

16. Plant die Bundesregierung eine Studie in Auftrag zu geben, die überprüft,
ob die fast 20 Jahre alte Fahrradhelm-Norm DIN EN 1078 den heutigen An-
sprüchen an die Schutzwirkung genügt, insbesondere unter Berücksich-
tigung des zunehmenden Anteils an Pedelec-Nutzern?

17. Teilt die Bundesregierung die Auffassung einiger Experten, dass die Ver-
kehrssicherheit für Radfahrende bei einem zunehmenden Radverkehrsanteil
steigt, da sich alle Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer mehr
darauf einstellen (vgl. u. a. Die Neue Radverkehrsstrategie für Berlin,
2013)?
Falls ja, worauf ist dies nach dem Kenntnisstand der Bundesregierung zu-
rückzuführen, und wie kann dieses Wissen ggf. besser an Entscheidungs-
träger vermittelt werden?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung von Experten, wonach die Ver-
kehrssicherheit von Radfahrenden innerhalb von Ortschaften höher ist,
wenn der Radverkehr mittels Radfahrstreifen oder Schutzstreifen der Fahr-
bahn geführt wird, statt auf straßenbegleitenden Radwegen (Forschung
Radverkehr – Analysen A-6/2012)?
Falls ja, welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dafür?

Berlin, den 8. Juli 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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