BT-Drucksache 18/2057

Langfristige Gewährleistung der Anwendungsforschung im Bereich der Kinderernährung durch das Forschungsinstitut für Kinderernährung e. V. in Dortmund

Vom 3. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2057
18. Wahlperiode 03.07.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Kai Gehring, Kordula Schulz-Asche,
Beate Walter-Rosenheimer, Harald Ebner, Bärbel Höhn, Steffi Lemke,
Friedrich Ostendorff und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Langfristige Gewährleistung der Anwendungsforschung im Bereich der
Kinderernährung durch das Forschungsinstitut für Kinderernährung e. V.
in Dortmund

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Das gilt auch für die Ernährung. Der
kindliche und heranwachsende Organismus hat spezielle Anforderungen an die
Nährstoffzufuhr. Das Essverhalten wird in der Kindheit geprägt – positiv wie
negativ.
In der Kindheit wird der Grundstein für ein gesundes Leben gelegt. Hier liegt die
Chance der Prävention. Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und Empfeh-
lungen zu formulieren, die die Realität der Ernährung von Kindern in Deutsch-
land verbessern, hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung.
Eine eigenständige Forschung zur Ernährung von Kindern ist erforderlich, weil
sich die Erkenntnisse aus der Ernährungsforschung nicht 1:1 auf Kinder über-
tragen lassen. Notwendig ist eine ernährungswissenschaftlich-pädiatrische
Expertise mit einem Fokus auf den kindlichen Organismus mit allen seinen Be-
sonderheiten. Unabdingbar ist weiterhin die Erfahrung in der Durchführung von
Untersuchungen und Studien mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen auf
hohem wissenschaftlichem Niveau.
Das seit Jahren hoch anerkannte Forschungsinstitut für Kinderernährung e. V. in
Dortmund (FKE) untersucht aktuelle Fragestellungen und betreibt Anwen-
dungsforschung im Bereich der Kinderernährung. Sie hat zum Ziel, die Förde-
rung der Gesundheit von Kindern, durch eine gesunde Ernährung von Anfang
an, wissenschaftlich zu erforschen und zu evaluieren und dabei die Lebenswirk-
lichkeit von Kindern und Familien zu berücksichtigen.
Aber auch für die Risikobewertung hinsichtlich Nährstoffen, Kontaminanten
und anderen Stoffen ist die lebensnahe Erforschung der Kinderernährung von
zentraler Bedeutung und wird vom FKE geleistet. Forscherinnen und Forscher
aus ganz Europa greifen auf die Daten des FKE zu (vgl. Öffentlicher Brief des
Kindernetzwerkes e. V. vom 11. Juli 2013 „Fortbestand des Forschungsinstituts
für Kinderernährung in Dortmund“ – gerichtet an die Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel, an den Deutschen Bundestag und die Bundesministerien).
Die fehlende Finanzierung wird eine Schließung Ende des Jahres 2014 dieses
seit 50 Jahren existierenden Forschungsinstituts bedeuten.
In der Vergangenheit ist das FKE durch Bundesgelder und Gelder des Landes
Nordrhein-Westfalen finanziert worden. Ab dem Jahr 2002 ist eine Anwen-

Drucksache 18/2057 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
dungsforschung nur noch durch das Land Nordrhein-Westfalen erfolgt. Bis
heute sind aber auch immer wieder einzeln beantragte Projekte durch Bundes-
ministerien finanziert worden. Da die Forschungsarbeit des FKE allen Bundes-
bürgern zugute kommt und nicht nur denen in Nordrhein-Westfalen, sieht das
Land die Zuständigkeit beim Bund.
Die Langzeitforschung für die Weiterentwicklung der präventiven Ernährungs-
konzepte, die Standard der Kinderernährung in Deutschland sind, wird nicht
weiter geführt und die daraus so wichtigen Folgerungen drohen, verloren zu ge-
hen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welchen Stellenwert misst die Bundesregierung der Anwendungsforschung

im Bereich der präventiven Kinderernährung bei?
2. Betrachtet die Bundesregierung die präventionsbezogene Anwendungsfor-

schung im Bereich der Kinderernährung als nationale Aufgabe, für die sie
auch Verantwortung trägt?

3. Hält es die Bundesregierung für notwendig, diese Anwendungsforschung im
Bereich der Kinderernährung langfristig und kontinuierlich finanziell aus-
zustatten?
Wenn ja, warum, und mit welchen Mitteln?
Wenn nein, warum nicht?

4. Wer leistet nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland, neben dem
Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung e. V. (FKE), konzeptio-
nelle Basisarbeit und wissenschaftliche Evaluation zum Thema präventive
Kinderernährung?

5. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Arbeit des FKE im Hin-
blick auf Grundlagen für die Arbeit europäischer Behörden bei, wie zum Bei-
spiel die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA)?

6. Teilt die Bundesregierung die Meinung des Bundesinstituts für Risikobewer-
tung (BfR), wonach die Basisarbeit des FKE unverzichtbar ist für das BfR,
um Kinder in Risikobewertungen adäquat berücksichtigen zu können (Brief
an die damalige Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz Ilse Aigner vom 6. Mai 2013), sowie für die Nationale Still-
kommission (NSK) am BfR?

7. Wie und durch wen beabsichtigt die Bundesregierung in Zukunft, die Risiko-
erforschung und -bewertung hinsichtlich Nährstoffen, Kontaminanten und
anderen Stoffen in Kinderernährung durchführen zu lassen, um unter ande-
rem dem BfR diese Grundlageninformationen zur Verfügung zu stellen?

8. Teilt die Bundesregierung die Meinung des Kindernetzwerks e. V. (Prof. Dr.
Hubertus von Voss), wonach kaum einem Forschungsinstitut im deutschspra-
chigen Raum eine solche öffentliche Wahrnehmung zur praktikablen Lösung
von Ernährungsproblemen auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse ge-
lungen ist und das FKE in seinem Bestand vonseiten des Bundes gesichert
werden muss (Brief u. a. an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom
11. Juli 2013)?

9. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Aussage der Institutsleiterin des
FKE, Prof. Dr. Mathilde Kersting, anlässlich einer Expertentagung der Kin-
derkommission des Deutschen Bundestages am 4. Juni 2014, dass die dauer-
hafte Basisfinanzierung des FKE gefährdet ist?

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10. Seit wann hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass das FKE wegen
fehlender Basisfinanzierung befürchtet, seine Arbeit Ende des Jahres 2014
einstellen zu müssen?
Welche Auswirkungen hätte dies?

11. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die wissenschaftliche und
geschäftsführende Leitung des FKE ehrenamtlich erfolgt?

12. Seit wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung die wissenschaftliche
und geschäftsführende Leitung des FKE ehrenamtlich ausgeführt?

13. Sieht die Bundesregierung Vorteile oder Nachteile in der Tatsache, dass die
wissenschaftliche und geschäftsführende Leitung des FKE ehrenamtlich
ausgeführt wird?

14. Was hat die Bundesregierung bereits getan, um die kontinuierliche präven-
tionsbezogene Anwendungsforschung für den Bereich Kinderernährung
auch in der Zukunft zu sichern?

15. Was beabsichtigt die Bundesregierung zu tun, um die kontinuierliche prä-
ventionsbezogene Anwendungsforschung für den Bereich Kinderernährung
auch in Zukunft zu sichern?

16. Wie könnte eine langfristige Basisförderung dieser Anwendungsforschung,
im Gegensatz zu einer nur befristet geförderten Projektfinanzierung, ausge-
staltet sein?

17. Hat das FKE seit dem Jahr 2012 Fördergelder beim früheren Bundesminis-
terium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV)
bzw. dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)
und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem
Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beantragt?
a) Wenn ja, welche Förderungsziele waren bei den Förderungsanträgen an-

gegeben?
b) Aus welchen Haushaltstiteln und in welcher Höhe hat das FKE in den

Jahren 2009 bis 2014 Gelder aus dem Bundeshaushalt erhalten (bitte
projektscharf darstellen)?

c) Hat das BMELV/BMEL, BMBF, BMG Förderanträge vom FKE in den
letzten fünf Jahren abgelehnt, und wenn ja, mit welcher Begründung?

Berlin, den 1. Juli 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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