BT-Drucksache 18/2015

Rechtliche Klarstellung der Vertraulichkeit von Äußerungen im Internet

Vom 2. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2015
18. Wahlperiode 02.07.2014

Antrag
der Abgeordneten Halina Wawzyniak, Jan Korte, Ulla Jelpke, Petra Pau, Martina
Renner, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtliche Klarstellung der Vertraulichkeit von Äußerungen im Internet

Der Bundestag wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der si-
cherstellt, dass Äußerungen, die sich im Internet an einen eingeschränkten Perso-
nenkreis richten, als vertraulich gelten und somit keine arbeitsrechtlichen Maß-
nahmen nach sich ziehen dürfen.

Berlin, den 2. Juli 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion
Drucksache 18/2015 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Begründung

Immer häufiger werden Kündigungen wegen Äußerungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in
Internetforen oder sozialen Netzwerken ausgesprochen. Auch die Rechtsprechung hierzu nimmt zu.

Grundsätzlich hat eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung.
Dieses gilt jedoch nicht schrankenlos. Formalbeleidigungen und Schmähkritik sind dadurch nicht gedeckt
und können deshalb arbeitsrechtlich relevant sein. Sollten solche Äußerungen allerdings in einem vertrauli-
chen Gespräch mit Arbeitskolleginnen und -kollegen fallen, so können sie laut einschlägiger Rechtsprechung
nicht als Begründung für eine Kündigung herangezogen werden. Das Arbeitsgericht Essen bestätigte kürzlich
diese Auffassung (Az. 2 Ca 3550/12).

Ab wann eine Äußerung in einem sozialen Netzwerk oder einem Internetforum als vertraulich gelten kann,
wurde in einigen Gerichtsentscheidungen thematisiert. Die Ergebnisse fallen allerdings unterschiedlich aus.
So urteilte das LAG Hamm am 10.10.2012, dass auch dann keine Vertraulichkeit gegeben ist, wenn ein
Posting nur einem bestimmten Freundeskreis zugänglich ist. Demgegenüber merkte das VGH München am
29.02.2012 in einem anderen Fall an, dass eine Nutzerin oder ein Nutzer selbst dann, wenn er über seinen
Facebook-Account eine Äußerung verbreitet, damit rechnen darf, dass diese vertraulich behandelt wird
(AN 14 K 11.02132).

Der Rechtsprechung fällt es derzeit also schwer, eine klare Unterscheidung zwischen einer öffentlichen und
einer vertraulichen Äußerung in einem sozialen Netzwerk oder einem Internetforum zu treffen. Dies liegt
zum einen an einer fehlenden gesetzlichen Regelung, hängt zum anderen aber auch damit zusammen, dass
sich das Verständnis von Vertraulichkeit bei Internet-Nutzerinnen und -Nutzern gewandelt hat. Eine Ent-
scheidung des BGH liegt noch nicht vor, mithin gibt es keine Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeit-
nehmer.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfragen der Fraktion DIE LINKE. zu dem Thema hat die Bundesregierung
ausgeführt, dass sie eine solche gesetzliche Klarstellung derzeit nicht für notwendig erachtet und dabei auf
die EU-Datenschutz-Grundverordnung verwiesen, die derzeit noch in Verhandlung ist (Bundestagsdrucksa-
chen 18/161 und 18/1122). Es ist aber noch nicht abzusehen, wann die Verhandlungen abgeschlossen sind.
Bis dahin bliebe die Rechtsunsicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie für Arbeitgeberinnen
und Arbeitgeber weiter bestehen. Daher bedarf es jetzt gesetzlicher Regelungen, um die Vertraulichkeit der
Kommunikation im Internet klar zu definieren und die dringend benötigte Rechtssicherheit herzustellen. Ana-
log zur vorherrschenden Rechtsprechung in Bezug auf arbeitsrechtliche Maßnahmen aufgrund von Äußerun-
gen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern außerhalb des Internets sollte eine Äußerung im Internet
dann als vertraulich gelten, wenn sie nur für einen eingeschränkten Personenkreis sichtbar ist. Damit würden
beispielsweise Äußerungen, die sich bei Facebook nur an einen eingeschränkten Freundeskreis richten, als
vertraulich gelten. Beiträge bei Twitter, bei denen eine solche Einschränkung nicht möglich ist, würden da-
gegen nicht als vertraulich gelten.

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