BT-Drucksache 18/2003

zu der Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter - Drucksache 18/1178 - Jahresbericht 2013 der Bundesstelle und der Länderkommission

Vom 2. Juli 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/2003
18. Wahlperiode 02.07.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
(17. Ausschuss)

zu der Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter
– Drucksache 18/1178 –

Jahresbericht 2013 der Bundesstelle und der Länderkommission

A. Problem
Im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2013 legte die Nationale Stelle zur
Verhütung von Folter den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit auf Abschiebungshaft und
Rückführungen auf dem Luftweg. Auf der Grundlage von Besuchen bei Bundespo-
lizei, Zoll und Bundeswehr sowie von Abschiebungshafteinrichtungen der Länder
hat sie Empfehlungen abgegeben. In dem vorliegenden Bericht positioniert sich die
Stelle zu grundlegenden Fragen des Vollzugs von Abschiebungshaft in der Bun-
desrepublik Deutschland und spricht sich dafür aus, Abschiebungshaft grundsätz-
lich nur noch in eigens dafür vorgesehenen Einrichtungen zu vollziehen.

B. Lösung
Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme der Entschließungen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 18/2003 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung
In Kenntnis der Unterrichtung auf Drucksache 18/1178 wolle der Deutsche Bun-
destag folgende Entschließung annehmen:
„Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame,
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe wird durch das Fakulta-
tivprotokoll vom 18. Dezember 2002 um einen präventiven Ansatz erweitert. Es
sieht vor, den Schutz vor Folter und Misshandlung durch ein Besuchssystem zu
verbessern. Dies ist in Artikel 3 durch die Verpflichtung zur Errichtung nationaler
Präventionsmechanismen beschrieben.
Deutschland hat das Fakultativprotokoll am 4. Dezember 2008 ratifiziert. Die Bun-
desstelle zur Verhütung von Folter hat am 1. Mai 2009 ihre Arbeit aufgenommen,
die Länderkommission am 24. September 2010. Beide Einrichtungen zusammen
bilden als Nationale Stelle den deutschen Präventionsmechanismus zur Verhütung
von Folter. Gegenwärtig sind für die Bundesstelle der ehrenamtliche Leiter und seit
Mai 2013 ein stellvertretender Leiter sowie für die Länderkommission vier ehren-
amtliche Mitglieder tätig. Sie werden von vier hauptamtlichen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern unterstützt.
Hauptaufgabe der Nationalen Stelle ist es, Orte der Freiheitsentziehung aufzusu-
chen, auf Missstände aufmerksam zu machen und den Behörden Empfehlungen
und Vorschläge zur Verbesserung der Situation der Untergebrachten, zur Verhü-
tung von Folter und sonstigen Misshandlungen zu unterbreiten. Dies sind 280 Ein-
richtungen des Bundes sowie fast 2 000 Einrichtungen, für die die Länder zustän-
dig sind.
Der Deutsche Bundestag erkennt das große Engagement der Nationalen Stelle zur
Verhütung von Folter im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2013 an.
Die intensive Auseinandersetzung der zuständigen Bundes- und Ländereinrichtun-
gen mit den jährlichen Berichten der Nationalen Stelle und die zeitnahe Umsetzung
vieler Empfehlungen zeigen das Bestreben aller Beteiligten, das erreichte Niveau
in diesem Bereich weiter zu verbessern. Laut Bericht wurden u. a. die Einsehbar-
keit in Sanitärbereiche, die Raumgröße, der Brandschutz oder die Rechtsbelehrung
beanstandet. Der Deutsche Bundestag geht davon aus, dass die Empfehlungen des
Berichtes auch nicht überprüften Einrichtungen als grundlegende Orientierung
dient.
Den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit legte die Nationale Stelle zur Verhütung von
Folter im Jahr 2013 auf die Abschiebungshaft, deren Vollzug in den Zuständig-
keitsbereich der Länder fällt, sowie auf Rückführungen auf dem Luftweg. Für den
Vollzug plädiert die Nationale Stelle für spezielle Abschiebungshafteinrichtungen,
die es bislang in drei Ländern gibt. Andere Länder nutzen für die Unterbringung
Justizvollzugsanstalten. In den besuchten neun Einrichtungen ist die Länderkom-
mission „auf zahlreiche gelungene und vorbildliche Praxisbeispiele beim Vollzug
der Abschiebungshaft“ getroffen. Auch die beobachteten Rückführungen seien
bezüglich der Verhütung von Misshandlungen zufriedenstellend verlaufen und die
Bundesstelle musste nur geringe Empfehlungen zur Verbesserung der Situation
geben.
2013 besuchte der zuständige VN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter
Deutschland, um die Nationale Stelle zu beraten. In seinem Abschlussbericht stellt
der Ausschuss rechtliche, strukturelle und institutionelle Probleme fest und bezieht
sich dabei vor allem auf die finanziellen und personellen Ressourcen der Stelle und
auf das Auswahlverfahren der Experten. Kritisch sieht er auch den Namen – Natio-
nale Stelle zur Verhütung von Folter –, der bei Einrichtungen Abwehrreaktionen
auslösen könnte. Gleichzeitig begrüßt der Unterausschuss die Anstrengungen der
Behörden zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll und
nimmt zur Kenntnis, dass es nicht nur keine Fälle von Folter gab, sondern die Orte
der Freiheitsentziehung durch eine Reihe von Mechanismen überwacht werden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/2003

Die Nationale Stelle weist in ihrem Bericht darauf hin, dass sie mit der gegenwär-
tigen Ausstattung ihrem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werden könne.
Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Justizministerkonferenz am 25./26. Juni
2014 beschlossen hat, den finanziellen Anteil der Länder von 200 000 auf 360 000
Euro aufzustocken. Zugleich soll die Zahl der ehrenamtlichen Mitglieder der Län-
derkommission auf acht verdoppelt werden. Das Expertenteam soll künftig stärker
interdisziplinär zusammengesetzt sein. Da der Bund bereit ist, seinen Anteil von
100 000 auf 180 000 Euro zu erhöhen, werden der Nationalen Stelle ab
2015 540 000 Euro zur Verfügung stehen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich weiterhin konsequent für das Verbot von Folter und anderer grausamer,
unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe im In- und Aus-
land einzusetzen;
die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter weiterhin zu unterstützen;
die Empfehlungen des VN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter in der
Bund-Länder-Arbeitsgruppe konstruktiv weiterzuverfolgen.“

Berlin, den 2. Juli 2014

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Michael Brand
Vorsitzender

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Omid Nouripour
Berichterstatter

Drucksache 18/2003 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Frank Heinrich (Chemnitz), Frank Schwabe, Annette
Groth und Omid Nouripour

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Unterrichtung durch die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter auf
Drucksache 18/1178 in seiner 39. Sitzung am 5. Juni 2014 an den Ausschuss für Menschenrechte und huma-
nitäre Hilfe zur federführenden Beratung und an den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbrau-
cherschutz und den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter, bestehend aus der Bundesstelle und der Länderkommission,
wurde im Jahr 2009 auf Grundlage des Fakultativprotokolls zur VN-Antifolterkonvention geschaffen. Sie hat
die Aufgabe, zur Prävention von menschenunwürdiger Unterbringung die Bedingungen und die Behandlung
von Personen, denen die Freiheit entzogen wird, regelmäßig zu prüfen und Empfehlungen zur Verbesserung
abzugeben. Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter legt der Bundesregierung, dem Deutschen Bundes-
tag, den Landesregierungen und den Länderparlamenten jährlich einen gemeinsamen Tätigkeitsbericht vor.
Im Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2013 besuchte die Nationale Stelle insgesamt 36 Einrichtun-
gen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag dabei auf Abschiebungshaft sowie auf Rückführungen auf dem
Luftweg, die erstmals in zwei Fällen von der Nationalen Stelle begleitet wurden. In dem vorliegenden Bericht
positioniert sich die Stelle zu grundlegenden Fragen des Vollzugs von Abschiebungshaft, deren Vollzug in
den Zuständigkeitsbereich der Innenministerien der Länder fällt. Sie spricht sich dafür aus, Abschiebungshaft
grundsätzlich nur noch in eigens dafür vorgesehenen Einrichtungen zu vollziehen, wie dies bislang in drei
Bundesländern geschieht. In den übrigen Bundesländern wird diese Form der Haft in Amtshilfe durch die
Justizministerien in Justizvollzugsanstalten vollzogen.
Die Kapitel III und IV des Jahresberichts beschreiben die Besuchstätigkeit der Stelle, geben ihre Empfehlun-
gen und die Stellungnahmen der Aufsichtsbehörden wieder und weisen auf besonders gute Praxisbeispiele
hin.
Über die Besuchstätigkeit hinaus fanden im Berichtszeitraum zahlreiche internationale Aktivitäten statt. Zu-
dem wurde die Bundesrepublik Deutschland von zwei internationalen Präventionsmechanismen, dem VN-
Unterausschuss zur Verhütung von Folter (SPT) und dem Europäischen Komitee zur Verhütung von Folter
(CPT), besucht.
Die Nationale Stelle weist in ihrem Bericht darauf hin, dass sie mit der gegenwärtigen finanziellen Ausstat-
tung ihrem gesetzlichen Auftrag regelmäßiger Besuche an allen Orten der Freiheitsentziehung nicht gerecht
werden könne.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner 19. Sitzung am 2. Juli 2014 Kenntnisnahme der Unterrichtung auf Druck-
sache 18/1178 empfohlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 22. Sitzung am 2. Juli 2014 Kenntnisnahme
der Unterrichtung auf Drucksache 18/1178 empfohlen.
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 12. Sitzung am 2. Juli 2014 Kennt-
nisnahme der Unterrichtung auf Drucksache 18/1178 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die Unterrichtung auf Drucksache 18/1178
in seiner 16. Sitzung am 2. Juli 2014 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/2003

GRÜNEN in Kenntnis des Jahresberichts 2013 der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter – Drucksache
18/1178 – folgende Entschließung anzunehmen:
„Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder er-
niedrigende Behandlung oder Strafe wird durch das Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 2002 um einen
präventiven Ansatz erweitert. Es sieht vor, den Schutz vor Folter und Misshandlung durch ein Besuchssystem
zu verbessern. Dies ist in Artikel 3 durch die Verpflichtung zur Errichtung nationaler Präventionsmechanis-
men beschrieben.
Deutschland hat das Fakultativprotokoll am 4. Dezember 2008 ratifiziert. Die Bundesstelle zur Verhütung
von Folter hat am 1. Mai 2009 ihre Arbeit aufgenommen, die Länderkommission am 24. September 2010.
Beide Einrichtungen zusammen bilden als Nationale Stelle den deutschen Präventionsmechanismus zur Ver-
hütung von Folter. Gegenwärtig sind für die Bundesstelle der ehrenamtliche Leiter und seit Mai 2013 ein
stellvertretender Leiter sowie für die Länderkommission vier ehrenamtliche Mitglieder tätig. Sie werden von
vier hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt.
Hauptaufgabe der Nationalen Stelle ist es, Orte der Freiheitsentziehung aufzusuchen, auf Missstände auf-
merksam zu machen und den Behörden Empfehlungen und Vorschläge zur Verbesserung der Situation der
Untergebrachten, zur Verhütung von Folter und sonstigen Misshandlungen zu unterbreiten. Dies sind 280
Einrichtungen des Bundes sowie fast 2 000 Einrichtungen, für die die Länder zuständig sind.
Der Deutsche Bundestag erkennt das große Engagement der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter im
Berichtszeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2013 an. Die intensive Auseinandersetzung der zuständigen
Bundes- und Ländereinrichtungen mit den jährlichen Berichten der Nationalen Stelle und die zeitnahe Um-
setzung vieler Empfehlungen zeigen das Bestreben aller Beteiligten, das erreichte Niveau in diesem Bereich
weiter zu verbessern. Laut Bericht wurden u. a. die Einsehbarkeit in Sanitärbereiche, die Raumgröße, der
Brandschutz oder die Rechtsbelehrung beanstandet. Der Deutsche Bundestag geht davon aus, dass die Emp-
fehlungen des Berichtes auch nicht überprüften Einrichtungen als grundlegende Orientierung dient.
Den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit legte die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter im Jahr 2013 auf die
Abschiebungshaft, deren Vollzug in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt, sowie auf Rückführungen
auf dem Luftweg. Für den Vollzug plädiert die Nationale Stelle für spezielle Abschiebungshafteinrichtungen,
die es bislang in drei Ländern gibt. Andere Länder nutzen für die Unterbringung Justizvollzugsanstalten. In
den besuchten neun Einrichtungen ist die Länderkommission „auf zahlreiche gelungene und vorbildliche
Praxisbeispiele beim Vollzug der Abschiebungshaft“ getroffen. Auch die beobachteten Rückführungen seien
bezüglich der Verhütung von Misshandlungen zufriedenstellend verlaufen und die Bundesstelle musste nur
geringe Empfehlungen zur Verbesserung der Situation geben.
2013 besuchte der zuständige VN-Unterausschuss zur Verhütung von Folter Deutschland, um die Nationale
Stelle zu beraten. In seinem Abschlussbericht stellt der Ausschuss rechtliche, strukturelle und institutionelle
Probleme fest und bezieht sich dabei vor allem auf die finanziellen und personellen Ressourcen der Stelle und
auf das Auswahlverfahren der Experten. Kritisch sieht er auch den Namen – Nationale Stelle zur Verhütung
von Folter –, der bei Einrichtungen Abwehrreaktionen auslösen könnte. Gleichzeitig begrüßt der Unteraus-
schuss die Anstrengungen der Behörden zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll und
nimmt zur Kenntnis, dass es nicht nur keine Fälle von Folter gab, sondern die Orte der Freiheitsentziehung
durch eine Reihe von Mechanismen überwacht werden.
Die Nationale Stelle weist in ihrem Bericht darauf hin, dass sie mit der gegenwärtigen Ausstattung ihrem
gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werden könne. Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Justizminister-
konferenz am 25./26. Juni 2014 beschlossen hat, den finanziellen Anteil der Länder von 200 000 auf 360 000
Euro aufzustocken. Zugleich soll die Zahl der ehren-amtlichen Mitglieder der Länderkommission auf acht
verdoppelt werden. Das Expertenteam soll künftig stärker interdisziplinär zusammengesetzt sein. Da der
Bund bereit ist, seinen Anteil von 100 000 auf 180 000 Euro zu erhöhen, werden der Nationalen Stelle ab
2015 540 000 Euro zur Verfügung stehen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

sich weiterhin konsequent für das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder ernied-
rigender Behandlung oder Strafe im In- und Ausland einzusetzen;
die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter weiterhin zu unterstützen;
die Empfehlungen des VN-Unterausschusses zur Verhütung von Folter in der Bund-Länder-
Arbeitsgruppe konstruktiv weiterzuverfolgen.“

Drucksache 18/2003 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE. auf Ausschussdrucksache 18(17)31 NEU (2) hat der
Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Die Entschließung auf
Ausschussdrucksache 18(17)31 NEU (2) hat folgenden Wortlaut:
Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter wurde im Jahr 2009 auf der Grundlage des Fakultativproto-
kolls zur UN-Antifolterkonvention geschaffen. Sie hat die Aufgabe, die Bedingungen und die Behandlung von
Personen, denen die Freiheit entzogen wird, regelmäßig zu prüfen und Empfehlungen zur Verbesserung ab-
zugeben.
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist zuständig für die Überprüfung von Strafvollzug und Unter-
suchungshaft, Jugendstrafvollzug und Jugendarrest, Gewahrsamseinrichtungen der Polizei und des Zolls,
Abschiebehaft, Haft- und Arresteinrichtungen der Bundeswehr. Darüber hinaus überwacht sie den Freiheits-
entzug in der Psychiatrie, in Alten- und Pflegeheimen, in Einrichtungen für behinderte Menschen und in der
geschlossenen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Einrichtungen der Jugendhilfe.
Der Deutsche Bundestag dankt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Nationalen Stelle für ihre enga-
gierte Arbeit. Der vorliegende Bericht zeigt eindrücklich die Notwendigkeit der Nationalen Stelle auf. Trotz
fehlender finanzieller, personeller und organisatorischer Infrastruktur leistet die Nationale Stelle eine über-
aus wichtige Aufgabe zur Prävention und Verhinderung von menschenunwürdiger Unterbringung in Gefäng-
nissen. Durch ihre Berichte trägt sie dazu bei, bestehende Missstände aufzuzeigen und damit zu ihrer Verän-
derung beizutragen.
Deutschland verlangt von den Regierungen anderer Länder einen konsequenten Kampf gegen Folter. Der
Deutsche Bundestag erwartet von der Bundesregierung, dass sie selbst mit gutem Beispiel vorangeht. Auch in
Deutschland gibt es menschenunwürdige Bedingungen und Risikoräume, z.B. in Haftanstalten, psychiatri-
schen Kliniken, Pflegeheimen, in der Kinder- und Jugendhilfe und auf Polizeistationen oder in Abschiebe-
hafteinrichtungen. Es treten immer wieder Fälle von Misshandlungen durch die Polizei auf. Der Ausschuss
für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte stellte 2011 „mit tiefer Besorgnis“ fest, dass es in Deutsch-
land Berichte über menschenunwürdige Verhältnisse älterer Menschen in Pflegeheimen gibt. In Haftanstal-
ten und Abschiebeeinrichtungen ist die Privat- und Intimsphäre oft nicht gewahrt. Kinder und jugendliche
Flüchtlinge werden zusammen mit erwachsenen Personen in Abschiebungshaft untergebracht, was sowohl
das Kindeswohl missachtet als auch gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstößt.
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ist unterfinanziert und kann ihre Aufgabe, Misshandlungen
durch regelmäßige unangemeldete Besuche in allen Haft- und Gewahrsamseinrichtungen in Deutschland
vorzubeugen, nicht annähernd erfüllen. Die Vereinten Nationen haben bei der Überprüfung der Umsetzung
des Zusatzprotokolls zur UN-Antifolterkonvention in Deutschland in scharfer Form darauf hingewiesen, dass
die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter die völkerrechtlichen Anforderungen und ihren umfassenden
Auftrag aufgrund ihrer Ausgestaltung und geringen finanziellen Ausstattung nicht ausreichend erfüllen kann.
Der Beschluss der Justizministerkonferenz vom 25. und 26. Juni 2014, das Budget der Nationalen Stelle zur
Verhütung von Folter anzuheben, reicht bei Weitem nicht aus. Der Deutsche Bundestag erwartet von der
Bundesregierung, ein ähnliches finanzielles Niveau wie z.B. in Frankreich, Österreich und der Schweiz zu
schaffen. Hierfür muss das Budget verzehnfacht werden. Gleichzeitig unterstützt der Bundestag eine grundle-
gende institutionelle Reform der Nationalen Stelle, die ihr mehr Rechte und organisatorische Möglichkeiten
einräumt.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1) dafür zu sorgen, dass das Budget der Nationale Stelle zur Verhütung von Folter in Wiesbaden jährlich um
200.000 Euro anzuheben, bis eine jährliche Finanzierung von 1 Million gewährleistet ist;
2) die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter nach folgenden Kriterien zu reformieren:
a) Das Besetzungsverfahren für die Stelle wird transparent und unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft
ausgestaltet.
b) Die Verpflichtung zur multidisziplinären, vielfältigen und geschlechtergerechten Besetzung der Stelle wird
festgeschrieben.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/2003

c) Das Prinzip der Ehrenamtlichkeit der Mitglieder wird größtenteils aufgehoben, da die Arbeit der Nationa-
len Stelle eine ständige Präsenz verlangt. Zusätzlich zu den verbleibenden ehrenamtlichen Expertinnen und
Experten wird eine angemessene Anzahl fester Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt, beides in enger
Absprache mit der Nationalen Stelle.
d) Der Nationalen Stelle werden deutlich mehr Rechte und organisatorische Möglichkeiten zur Sicherstellung
ihres Auftrags eingeräumt.
Den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 18(17)32 hat
der Ausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. abgelehnt. Die Entschließung
auf Ausschussdrucksache 18(17)32 hat folgenden Wortlaut:
Das Verbot von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
gehört zu den wichtigsten Menschenrechtsgarantien. Das völkergewohnheitsrechtliche Folterverbot ist in
Artikel 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in Artikel 7 des Internationalen Paktes über bür-
gerliche und politische Rechte und in Artikel 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschen-
rechte und Grundfreiheiten niedergeschrieben.
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder er-
niedrigende Behandlung oder Strafe (VN-Antifolterkonvention) verpflichtet die Staaten, jede Form von Folter
zu unterbinden und strafrechtlich zu verfolgen. Das Zusatzprotokoll zu der VN-Antifolterkonvention (OP-
CAT) enthält einen präventiven Ansatz und sieht vor, den Schutz vor Folter und Misshandlung durch regel-
mäßige Besuche von Gewahrsamseinrichtungen zu verstärken. Dazu enthält Artikel 3 OP-CAT die Verpflich-
tung, nationale Präventionsmechanismen zu errichten.
Mit der Einrichtung der Bundesstelle zur Verhütung von Folter am 20. November 2008 hat Deutschland
seine Verpflichtungen nach Artikel 3 OP-CAT der Form nach erfüllt. Die Bundesstelle zur Verhütung von
Folter hat am 1. Mai 2009 ihre Arbeit in Wiesbaden aufgenommen. Seit der Arbeitsaufnahme der Länder-
kommission am 24. September 2010 bilden beide Einrichtungen zusammen als Nationale Stelle den deutschen
Präventionsmechanismus zur Verhütung von Folter.
Die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter hat den gesetzlichen Auftrag, Orte der Freiheitsentziehung
aufzusuchen, auf Missstände aufmerksam zu machen und den Behörden Verbesserungsvorschläge zu unter-
breiten. Bereits in ihrem Jahresbericht 2009/2010 beschreibt die Bundesstelle, dass sie ihre Aufgaben „nur
ansatzweise“ erfüllen konnte, da die vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen unzureichend
seien. 2013 wiederholt sie diesen Vorwurf: es sei ihr nicht möglich, ihrem „gesetzlichen Auftrag regelmäßi-
ger Besuche gerecht [zu] werden“, da die vorhandenen personellen und finanziellen Ressourcen unzurei-
chend seien.
Weniger als zehn Mitglieder der Landesstellen sollen mehrere tausend Haftanstalten in Deutschland regel-
mäßig besuchen und Missstände aufdecken. Die ehrenamtliche Leitung der Bundesstelle und ihr Stellvertre-
ter sind für etwa 360 Gewahrsamseinrichtungen zuständig. Die Möglichkeit regelmäßiger Besuche ist daher
nicht gegeben, obwohl dies nach Art. 19 OP-CAT vorgeschrieben ist.
Die „Verwaltungsvereinbarung über die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter nach dem Fakultativpro-
tokoll vom 18. Dezember 2002 zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe“ vom 24. Juni 2010 sieht für die Nati-
onale Stelle zur Verhütung von Folter pro Jahr nur ein Budget von maximal 300.000 Euro vor. Sie wird zu
einem Drittel vom Bund und zu zwei Dritteln von den Ländern finanziert.
Diese Aufstellungen zeigen, dass der Präventionsmechanismus Deutschlands zur Verhütung von Folter ein
bloßes Feigenblatt bleibt. Mit den bisher vorhandenen Mitteln kann die Nationale Stelle ihrem gesetzlichen
Auftrag nicht nachkommen. Im internationalen Vergleich steht Deutschland als negatives Beispiel da.
Darauf wies zuletzt der VN-Ausschuss über das Verschwindenlassen in seinen abschließenden Bemerkungen
zu Deutschland vom 10. April 2014 hin. Er forderte Deutschland erneut auf, der Nationalen Stelle zur Verhü-
tung von Folter ausreichend finanzielle, personelle und technische Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um
ihr Mandat tatsächlich umsetzen zu können (Empfehlungen Nummer 20 und 21).
Die Justizministerkonferenz hat am 25. und 26. Juni beschlossen, den finanziellen Anteil der Länder von
200.000 auf 360.000 Euro aufzustocken. Die Zahl der ehrenamtlichen Mitglieder der Länderkommission soll
auf acht verdoppelt werden und das ExpertInnenteam soll künftig interdisziplinär zusammengesetzt sein. Der
Bund wird seinen Anteil von 100.000 auf 180.000 Euro erhöhen. Wir begrüßen die Erhöhung der Mittel, wie
Drucksache 18/2003 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

sie die Justizministerkonferenz beschlossen hat, damit ist ein Schritt in die richtige Richtung getan. Aller-
dings reicht dies noch nicht aus.
Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Fakultativprotokoll zum VN-Übereinkommen gegen

Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Strafe nachzukommen,
2. die Bundesstelle zur Verhütung von Folter finanziell auf 300 000 Euro aufzustocken und personell besser

auszustatten, damit diese ihren gesetzlichen Auftrag angemessen erfüllen kann,
3. eine multidisziplinäre Ausgewogenheit innerhalb der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter sicher-

zustellen und diese mit medizinischem und psychiatrischem Personal auszustatten.
Die Fraktion der CDU/CSU lobte die Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter. Deren Enga-
gement werde wahrgenommen. Man wisse, dass die Arbeit vielleicht nicht vollständig so gemacht werden
könne, wie es der Anspruch sei. Die von der Justizministerkonferenz beschlossene Anhebung der finanziellen
Mittel, in deren Folge der Bund habe nachrücken können, sei zu begrüßen. Der Bericht melde auch kritische
Punkte. Man müsse aber ebenfalls wissen, dass keine Fälle von Folter festgestellt worden seien. Es sei darge-
legt worden, dass andere Überwachungsmechanismen und Rückmeldungen wahrgenommen würden. Man
würde sich freuen, wenn der Ausschuss eine gemeinsame Entschließung auf den Weg bringen könne. Es
könne sein, dass man künftig auch noch weitere Schritte auf diesem Weg gehen werde.
Die Fraktion der SPD hob hervor, mit der Entschließung solle die Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhü-
tung von Folter gewürdigt werden. Die Fraktion begrüße ausdrücklich als ersten Schritt, dass die Stelle künf-
tig finanziell bessergestellt werde. Man könne sich aber noch mehr vorstellen und müsse in den Folgejahren
vielleicht einen entsprechenden neuen Anlauf machen.
Die Fraktion DIE LINKE. bedankte sich ebenfalls für die Arbeit der Kommission. Anzusprechen sei die
Situation in deutschen Pflegeheimen, bezüglich derer Deutschland mehrfach kritisiert worden sei, etwa vom
VN-Menschenrechtsrat. Bereits 2011 sei die Empfehlung abgegeben worden, diese Missstände abzustellen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, man habe schon lange zur Kenntnis nehmen müssen,
dass die Arbeit der Nationalen Stelle zur Verhütung von Folter eingeschränkt sei. Hierauf habe zuletzt der
VN-Ausschuss über das Verschwindenlassen in seinem Bericht vom 10. April 2014 hingewiesen und deutli-
che Empfehlungen ausgesprochen. Vor diesem Hintergrund seien die beschlossene Aufstockung der Mittel
sowie der Antrag der Koalitionsfraktionen zwar völlig richtig, reichten jedoch nicht aus. Seine Fraktion ver-
suche, die Empfehlungen der VN eins zu eins umzusetzen.
Berlin, den 2. Juli 2014

Frank Heinrich (Chemnitz)
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Omid Nouripour
Berichterstatter

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