BT-Drucksache 18/1788

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth (Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/979 - Weltagrarbericht jetzt unterzeichnen

Vom 19. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1788
18. Wahlperiode 19.06.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Friedrich Ostendorff, Claudia Roth
(Augsburg), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/979 –

Weltagrarbericht jetzt unterzeichnen

A. Problem
Vor dem Hintergrund, dass rund 842 Millionen Menschen chronisch unterernährt
sind und über 2 Milliarden Menschen unter chronischer Mangelversorgung mit
lebenswichtigen Mikronährstoffen leiden, haben Weltbank und Vereinte Nationen
2002 den Weltagrarrat mit dem Ziel der Reduktion von weltweiter Unterernährung
und Armut berufen.
Der Weltagrarrat hat am Ende eines langen Konsultationsprozesses unter Beteili-
gung von Regierungen, Nichtregierungsorganisationen und Sponsoren sowie inter-
nationalen Agrarunternehmen den Weltagrarbericht (International Assessment of
Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development – IAASTD)
von 2008, „Agriculture at a Crossroads“, verabschiedet.
Dieser Bericht, der eine grundsätzliche Neuausrichtung von Agrarpolitik und Ag-
rarforschung fordert, insbesondere eine Ausdehnung der ökologischen, bäuerlichen
Landwirtschaft, ist bisher von 58 Staaten unterzeichnet worden. Deutschland hat
diesen Bericht bislang nicht unterzeichnet.

B. Lösung
Die Bundesregierung unterzeichnet den Weltagrarbericht (International
Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development
– IAASTD) des Weltagrarrates von 2008, „Agriculture at a Crossroads“.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/1788 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/979 abzulehnen.

Berlin, den 4. Juni 2014

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Peter Stein
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1788

Bericht der Abgeordneten Peter Stein, Dr. Sascha Raabe, Niema Movassat und
Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/979 in seiner 26. Sitzung am 3. April 2014
beraten und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Be-
ratung und an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, der internationalen Verantwortung Deutschlands im
Kampf gegen Hunger und Armut in der Welt gerecht zu werden.
Der Weltagrarbericht (International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for
Development – IAASTD) des Weltagrarrates von 2008, „Agriculture at a Crossroads“, zeige erfolgverspre-
chende Wege auf, wie die Weltbevölkerung in Zukunft nachhaltig ernährt werden könne.
Der Bericht fordere eine Neuausrichtung der Agrarpolitik wie der Agrarforschung und plädiere für eine Aus-
dehnung der nachhaltigen Landwirtschaft in Verbindung mit einer stärkeren Förderung der bäuerlichen
Landwirtschaft; im Gegenzug müssten Grüne Gentechnik, Agrochemie und geistiges Eigentum von Saatgut
kritisch in Frage gestellt werden.
Die Bundesregierung wird vor diesem Hintergrund aufgefordert, den Weltagrarbericht zu unterzeichnen und
die darin enthaltenen Erkenntnisse und Forderungen, die auch durch die Empfehlungen des Büros für Tech-
nikfolgenabschätzung im TAB-Arbeitsbericht Nummer 142 „Forschung zur Lösung des Welternährungs-
problems“ unterstützt werden, umzusetzen.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat die Vorlage 18/979 in seiner 13. Sitzung am
04.06.2014 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage in seiner 13. Sit-
zung am 04. Juni 2014 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hebt hervor, dass der Weltagrarbericht von 2008 das Ergebnis
eines langen Diskussionsprozesses gewesen sei. Dabei sei es um die Kernfrage gegangen, welche Art von
Agrarproduktion tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zur Reduktion des Hungers leisten könne. Neben
dem Hauptaspekt der Ernährung habe man sich damals aber auch mit Fragen der ökologischen, klimatischen
und sozialen Auswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsformen befasst. Die Frage der Art
der Agrarwirtschaft sei in der Erörterung zugespitzt worden: Auf der einen Seite die bäuerliche Landwirt-
schaft und auf der anderen Seite die industrielle Landwirtschaft. Das Ergebnis dieses Vergleichs sei von über
900 Wissenschaftlern aller Disziplinen aus über 110 Ländern erarbeitet worden. Daran hätten die großen
Agrarunternehmen wie etwa Syngenta und auch andere große Betriebe mitgewirkt. Diese Konzerne seien erst
dann aus dem Arbeitsprozess ausgestiegen, als sich abgezeichnet habe, dass die Ergebnisse eindeutig für die
bäuerliche Landwirtschaft sprechen würden. Die Ergebnisse seien später durch weitere Studien der Universi-
täten von Georgia und Washington bestätigt worden. Es sei bedauerlich, dass die jetzige Bundesregierung
wie schon die vorherige dieses Ergebnis nicht anerkennen würde und die Unterzeichnung verweigere. 58
Länder hätten es bereits getan, darunter auch Industrieländer. Durch ihre Mitwirkung bei der German Food
Partnership (GFP) und der New Alliance for Food Security and Nutrition zeige die Bundesregierung umge-
kehrt, dass sie ganz offensichtlich den industriellen Ansatz verfolgen wolle, mit dem letztlich nur Abhängig-
Drucksache 18/1788 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

keiten geschaffen würden. Vandana Shiva habe beispielhaft für Indien überzeugend dargestellt, welche nega-
tiven Konsequenzen diese Abhängigkeiten für die kleinen Landwirte bedeuten würden, die sich am Ende in
einer ruinösen Schuldenspirale befinden würden.
Die Fraktion der CDU/CSU weist darauf hin, dass mit dem vorliegenden Antrag nichts Neues gefordert
werde. Da sich die Sichtweise der Bundesregierung seit 2008 nicht geändert habe, brauche man die bereits
früher vorgetragenen und bekannten Argumente hier nicht noch einmal zu wiederholen. Wenn 57 oder 58
Staaten diesen Bericht unterzeichnet hätten, sei das nur ein Teil von insgesamt 110 beteiligten Staaten, und
man müsse sich in diesem Kontext die Frage stellen, warum die anderen Staaten ebenfalls nicht unterzeichnet
hätten. Ferner müsse man sich die Frage stellen, ob sich diejenigen Staaten, die unterzeichnet hätten, auch an
die Empfehlungen des Berichts halten würden. Im Gegensatz dazu folge die Entwicklungszusammenarbeit
der Bundesregierung bereits seit langem den im Bericht geforderten Vorgaben und Grundsätzen. Aktuellstes
Beispiel seien die von der Bundesregierung geplanten „Grünen Zentren“ in Afrika. Vor diesem Hintergrund
werde man den Antrag ablehnen.
Die Fraktion der SPD unterstreicht, dass der Weltagrarbericht ein wesentlicher Baustein für die Ausarbei-
tung der eigenen Konzeption von ländlicher Entwicklung gewesen sei, so wie man dies darauf aufbauend in
vielen Anträgen zum Thema „Ländliche Entwicklung“ zum Ausdruck gebracht habe. Man teile die Auffas-
sung der Fraktion der CDU/CSU, dass der Bericht schon sehr alt sei. Man würde eine Unterzeichnung zwar
ausdrücklich begrüßen, verkenne aber nicht, dass das bereits im Jahre 2009 in der Ressortabstimmung mit
dem Landwirtschaftsministerium nicht möglich gewesen wäre. Wie damals sei auch diesmal der Koalitions-
partner nicht von der Unterzeichnung des Berichts zu überzeugen, so dass man dem Antrag nicht zustimmen
könne. Die SPD-Fraktion werde sich aber weiter dafür einsetzen, dass man die wesentlichen Erkenntnisse
dieses Berichtes umsetzen werde. Auch sei es richtig gewesen, im Koalitionsvertrag die stärkere Förderung
der ländlichen Entwicklung zu verankern. Hinsichtlich des vorliegenden Antrags müsse man sich dem Vo-
tum der Fraktion der CDU/CSU anschließen.
Die Fraktion DIE LINKE. sieht im vorliegenden Antrag einen Test für die Ernsthaftigkeit der Politik der
Bundesregierung, da diese vorgebe, der Hungerbekämpfung die oberste Priorität einräumen zu wollen. Man
selbst habe bereits mehrfach im Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung und Verbraucherschutz die Unter-
zeichnung des Weltagrarberichtes beantragt. Somit werde man dem Antrag zustimmen. Man sei aber der
Auffassung, dass eine bloße Unterzeichnung nicht genüge. Man brauche eine umfassende Veränderung des
globalen Agrar- und Nahrungsmittelsystems, die teilweise weit über die Empfehlungen des Weltagrarberich-
tes hinausgehe. Dazu habe man einen eigenen Antrag eingebracht.

Berlin, den 4. Juni 2014

Peter Stein
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

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