BT-Drucksache 18/1716

Altlastensanierungen im Rahmen des Kalifusionsvertrags vom 13. Mai 1993

Vom 6. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1716
18. Wahlperiode 06.06.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ralph Lenkert, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter,
Hubertus Zdebel, Sigrid Hupach, Martina Renner, Kersten Steinke, Frank Tempel
und der Fraktion DIE LINKE.

Altlastensanierungen im Rahmen des Kalifusionsvertrags vom 13. Mai 1993

Der so genannte Kalifusionsvertrag (Rahmenvertrag) zwischen der Treuhandan-
stalt (THA), der Kali und Salz AG und der Mitteldeutschen Kali AG (MDK)
vom 13. Mai 1993 beinhaltet u. a. Regelungen zu umfangreichen Freistellungen
des neuen Unternehmens K+S KALI GmbH von Altlasten.
Mit dem Abschluss des „Generalvertrages über die abschließende Finanzierung
der ökologischen Altlasten im Freistaat Thüringen“ wurde der Bund aus der Ver-
antwortung für die Altlastensanierung entlassen, während sie an den Freistaat
Thüringen überging. Auf bisher unabsehbare Zeit verlangt die K+S KALI
GmbH monatlich über 1,5 Mio. Euro für Altlastensanierungen.
Der Kalifusionsvertrag stellt noch heute eine erhebliche Belastung für die
Steuerzahler dar, über die in Zukunft noch anstehenden Kosten herrscht Un-
klarheit (Thüringer Allgemeine, 10. April 2014; „Thüringer zahlen monatlich
1,5 Millionen Euro an Kali und Salz“).
Die trotz Geheimhaltungsbemühungen bekannt gewordenen Unterlagen wecken
Befürchtungen, dass mit dem Vertrag der freie Wettbewerb im Bereich des Kali-
bergwerkbaus verhindert wurde und somit Nachteile für die Kunden, und die Be-
schäftigten der stillgelegten Bergwerke, durch das Entstehen eines Marktmono-
pols und den Verlust wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze entstanden (siehe z. B.
DIE ZEIT, Nr. 33; 13. August 1993; http://pdfarchiv.zeit.de).
Da die Bundesregierung die Verantwortung und die Aufsicht über die THA
hatte, ist sie für die Kontrolle der rechtmäßigen Umsetzung des Vertrages zu-
ständig.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Eckdaten waren diejenigen, die laut Antwort der Bundesregierung zu

Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdruck-
sache 18/1445 vom Verwaltungsrat der THA zur Privatisierung der MDK
„im Wege der Zusammenfassung mit den Kali- und Salzaktivitäten der Kali
und Salz AG […] zustimmend zur Kenntnis“ genommen wurden, und zu wel-
chen dieser Eckdaten wurden im Zuge der Vertragsverhandlungen Verände-
rungen durchgeführt (bitte Eckdaten auflisten)?

2. Wurden vom Verwaltungsrat der THA andere Optionen der Privatisierung
(ganz oder teilweise) der MDK als die Fusion mit der Kali und Salz AG dis-
kutiert, und welche Gründe wurden für die Ablehnung dieser Optionen ange-
führt (bitte Optionen und Ablehnungsgründe auflisten)?

Drucksache 18/1716 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Gab es Mitarbeiter der THA, ihres Verwaltungsrates, Vorstandes oder des
Aufsichtsrates, die vor, während und/oder nach ihrer Tätigkeit für die THA
für K+S KALI GmbH bzw. ein Vorgängerunternehmen von K+S KALI
GmbH tätig waren oder wurden (bitte nach Funktion und Dauer der Tätig-
keit für THA und Funktion und Tätigkeit bei K+S KALI GmbH bzw. der
Vorgängerunternehmen auflisten)?

4. Zu welchen Zeitpunkten, jeweils zu welchem Zweck und in welcher Höhe
wurden im Laufe des Prozesses der Fusion zwischen der Kali und Salz AG
Kassel, der THA und der MDK zum Gemeinschaftsunternehmen öffent-
liche Gelder an das Gemeinschaftsunternehmen gezahlt?

5. Wirtschaftsgüter und Anlagevermögen mit welchem Wertumfang hat die
THA dem Gemeinschaftsunternehmen wann zur Verfügung gestellt?

6. Zu welchen Zeitpunkten und in welcher Höhe stellte die THA dem Gemein-
schaftsunternehmen Finanzmittel für Investitionen, Reparaturen, den Aus-
gleich von Personal- und Sozialplankosten, für Rückstellungen (z. B. für
Bergbaurisiken, Demontagen, Versatz oder Stilllegungen), für die Sanie-
rung von Altlasten sowie ggf. für weitere Zwecke zur Verfügung?

7. Wie viel Verlustausgleich wurde in den Folgejahren nach Abschluss des
Kalifusionsvertrages vom Gemeinschaftsunternehmen beantragt bzw. von
der THA nachgezahlt?

8. Wie viele Barmittel stellte die THA der MDK zweckgebunden bereit?
9. Wurden vereinbarte Zweckbindungen für Zahlungen an das Gemeinschafts-

unternehmen aufgehoben und diese Mittel trotzdem im neu entstandenen
Gemeinschaftsunternehmen verbraucht (bitte Auflistung aller zweckgebun-
denen Zahlungen und ob diese der Zweckbindung entsprechend eingesetzt
wurden, und falls nicht, wann, und wer die Aufhebung der Zweckbindung
für welche Mittel bestätigte)?

10. Auf welcher Rechtsgrundlage wurden in der Zeit von 1993 bis 1999 Altlas-
tensanierungen im Bereich der K+S KALI GmbH durch wen finanziert?

11. Welche Sanierungsmaßnahmen (u. a. horizontaler Versatz, Maßnahmen zur
Reduzierung der Salzbelastung der Werra) gingen über die üblichen bzw.
vereinbarten Freistellungsbestimmungen hinaus?

12. Welche Übersicht über Altlasten des Kalibergbaus war Grundlage der Ver-
einbarung über die Altlastensanierung (bitte Auflistung nach Altlast und
geschätztem Sanierungsaufwand je Standort)?

13. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Laufe der Sanierungen
neue, bei Vertragsabschluss zur Fusion im Jahr 1993 unbekannte Altlasten
entdeckt, für die zusätzliche Sanierungsmittel zu zahlen sind (bitte Auflis-
tung mit geschätzten Sanierungsaufwand)?

14. Wer kontrolliert den ordnungsgemäßen Einsatz der Steuermittel zur Sanie-
rung der Altlasten und den Fortgang der Sanierungsarbeiten?

15. Inwieweit hatte die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob, und wenn ja, in
welcher Höhe, Fördermittel aus dem Thüringer Landeshaushalt (ggf. aus
EU-Fonds kofinanziert) für Kaligruben des Gemeinschaftsunternehmens
ausgereicht wurden?

16. Welche Altlasten wurden mit welchem Aufwand abschließend saniert, und
wie erfolgte die Kontrolle des Einsatzes der Mittel zur Sanierung (in Bezug
zur Auflistung zu Frage 15)?

17. Wie gliedern sich diese Summen ggf. auf Jahresbeträge und Betriebsstand-
orte auf?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1716
18. Sollten Fördermittel im Sinne der Frage 10 geflossen sein, wie stellte die
Bundesregierung sicher, dass eventuelle Doppelzahlungen (z. B. aus dem
Bundeshaushalt) bzw. unrechtmäßige Zahlungen vermieden werden konn-
ten?

19. Falls es ein beihilferechtliches Prüfverfahren der Europäischen Kommis-
sion im Verlauf des Fusionsprozesses gegeben hat, wer hat dieses angemel-
det?

20. Wie war der Verlauf dieses Verfahrens, welche Produktionszeiträume und
Betriebsstandorte waren Gegenstand der Prüfung?

21. Wen hat die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung
in das Prüfverfahren einbezogen?

22. Welche deutschen bzw. internationalen Wettbewerber wurden neben K+S
KALI GmbH und MDK nach Kenntnis der Bundesregierung in diesem Ver-
fahren betrachtet?

23. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Verlauf des Fusionsprozes-
ses die Stellungnahme einer Kartellbehörde eingeholt, bzw. hat sich eine
Kartellbehörde selbst an die Bundesregierung (bzw. direkt an die THA)
gewandt?
Wenn ja, welche Behörde wurde wie im Verfahren aktiv?

24. Wann und mit welchem Prüfergebnis wurde das Verfahren nach Kenntnis
der Bundesregierung beendet?

25. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung die DEUSA International GmbH
(Deusa Solbergwerke und Aufbereitung GmbH Bleicherode; Firmenname
ab dem Jahr 1993) bzw. ihr Vorgängerbetrieb in den Verlauf des beihilfe-
rechtlichen Prüfverfahrens einbezogen worden, und wenn ja, auf wessen
Antrag hin, auf welche Weise, und mit welchem Prüfergebnis?

Berlin, den 6. Juni 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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