BT-Drucksache 18/1651

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/1311, 18/1586 - Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen

Vom 4. Juni 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1651
18. Wahlperiode 04.06.2014

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 18/1311, 18/1586 –

Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch – Ergänzung personalrechtlicher Bestimmungen

A. Problem
Die Dauer der gesetzlichen Erstzuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsamen
Einrichtungen zur Wahrnehmung von Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsu-
chende ist derzeit auf fünf Jahre bis Ende 2015 befristet. Es bestehen in bestimm-
ten Fällen Rechtsunsicherheiten über das Bestehen von Erstattungsansprüchen der
Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber anderen Sozialleistungs-
trägern, wenn für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird.
Dies gilt in besonderem Maße für Erstattungsansprüche gegenüber den Trägern der
gesetzlichen Rentenversicherung.

B. Lösung
Die bislang befristete Regelung zur Zuweisung von Tätigkeiten bei den gemeinsa-
men Einrichtungen wird durch eine dauerhafte Rechtsgrundlage für Zuweisungen
ersetzt. Im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wird zur Klarstellung ein
Erstattungsanspruch zu Gunsten der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchen-
de für die Fälle geregelt, in denen dem Empfänger von Leistungen nach dem SGB
II für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Das betrifft
insbesondere die Fälle, in denen Leistungen aufgrund einer nachträglich festge-
stellten vollen Erwerbsminderung bzw. einer rückwirkend bewilligten Altersrente
mit Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammentreffen. Die
Klarstellung gilt auch rückwirkend. Das ist aufgrund der §§ 102 bis 104 SGB X
erforderlich, die das Ziel verfolgen, Doppelleistungen zu vermeiden und nachran-
gig verpflichtete Leistungsträger so zu stellen, als sei die Leistung eines vorrangi-
gen Leistungsträgers rechtzeitig erfolgt.
Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion DIE LINKE.

Drucksache 18/1651 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Die Neuregelung des § 40a SGB II verhindert andernfalls eintretende ungerechtfer-
tigte Doppelleistungen an die Leistungsberechtigten und verhindert insofern in den
Jahren 2014 bis 2018 nach Angaben der Bundesregierung Mehrausgaben der Trä-
ger der Grundsicherung für Arbeitsuchende von rund 310 Mio. Euro für den Bund
und 125 Mio. Euro für die Kommunen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1651

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/1311, 18/1586 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 4. Juni 2014

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Dr. Martin Rosemann
Berichterstatter

Drucksache 18/1651 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht des Abgeordneten Dr. Martin Rosemann

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1311 ist in der 33. Sitzung des Deutschen Bundestages am 8. Mai
2014 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Innenausschuss,
den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und den Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen
worden sowie an den Parlamentarischen Beirat für nachhaltige Entwicklung zur Begutachtung. Der Haus-
haltsausschuss berät die Vorlage darüber hinaus entsprechend § 96 GO-BT.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende wurde 2010
die Zusammenarbeit von Kommunen und Bundesagentur für Arbeit in gemeinsamen Einrichtungen als Re-
gelfall festgeschrieben. Dem Personal, das bis zum 31. Oktober 2010 in einer Arbeitsgemeinschaft nach
§ 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung
Aufgaben nach dem SGB II wahrgenommen hat, wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2011 Tätigkeiten bei
den gemeinsamen Einrichtungen zugewiesen. Damit wurde die Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrich-
tung als Nachfolger der bisherigen Arbeitsgemeinschaft erhalten. Die in § 44g Absatz 1 Satz 1 SGB II gere-
gelte Zuweisung von Tätigkeiten ab dem 1. Januar 2011 ist jedoch auf fünf Jahre begrenzt. Ziel ist es, die
Funktionsfähigkeit der gemeinsamen Einrichtungen nachhaltig abzusichern und den Personaleinsatz über
diesen Zeitraum hinaus zu verstetigen.
Darüber hinaus bestehen in bestimmten Fällen Rechtsunsicherheiten über das Bestehen von Erstattungsan-
sprüchen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber anderen Sozialleistungsträgern, wenn
für den gleichen Zeitraum eine andere Sozialleistung zuerkannt wird. Dies gilt in besonderem Maße für Er-
stattungsansprüche gegenüber den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Bundessozialgericht hat
diese Frage in seinen Entscheidungen vom 31. Oktober 2012 (B 13 R 11/11 R und B 13 R 9/12 R) nicht ab-
schließend beantwortet. Die Träger der Rentenversicherung sind deshalb teilweise dazu übergegangen, rück-
wirkend zuerkannte Erwerbsminderungs- und Altersvollrenten an die Leistungsberechtigen auszuzahlen, statt
diese an die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für von diesen für deckungsgleiche Zeiträume
gezahlte Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu erstatten. Diese Praxis führt zu erheblichen
Mehrausgaben der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende und gleichzeitig zu ungerechtfertigten
Doppelleistungen an die Leistungsberechtigten. Ziel der geänderten Regelung ist die Herstellung von Rechts-
sicherheit und Rechtsklarheit bei der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen durch die Träger der
Grundsicherung für Arbeitsuchende.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss, der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie der Haushaltsausschuss
haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1311 in ihren Sitzungen am 4. Juni 2014 beraten und dem Deut-
schen Bundestag gleichlautend mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter
Fassung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/1311 in seiner
14. Sitzung am 4. Juni 2014 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung empfohlen. Der Ausschuss hat darüber hinaus die
Unterrichtung der Bundesregierung auf Drucksache 18/1586 zur Kenntnis genommen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1651

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass das Gesetz mehr Rechtssicherheit schaffe. Auch für die künftigen
Beschäftigten sei es gut, dass bei den Jobcentern unbefristete Beschäftigungsregelungen geschaffen würden.
Das erhöhe die Sicherheit beim Personal wie bei der Personalplanung. Mehr Rechtssicherheit gebe es auch
durch die Erstattungsregelung für doppelt geleistete Zahlungen und ebenso bei den anderen personalrechtli-
chen Bestimmungen – auch wenn es hier noch einzelne Differenzen mit den Gewerkschaften gebe. Man müs-
se nun u. a. in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe daran arbeiten, wie man zu einer besseren Personalausstattung
und Verbesserungen bei der Qualifizierung komme.
Die Fraktion der SPD begrüßte, dass durch das Gesetz mehr Planungs- und mehr Rechtssicherheit erreicht
werde. Dies sei mit Blick auf die Beschäftigten, die Beratungsuchenden und die Träger der Leistungen von
großer Bedeutung. Gut ausgebildetes Personal sei die entscheidende Voraussetzung für eine gute Beratung
und Vermittlung. Die Herausforderungen seien dabei in den Regelungskreisen des SGB II und des SGB III
sehr unterschiedlich. Das habe Auswirkungen auf die benötigten Qualifikationen. Die Ansprüche an die Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern seien daher besonders hoch. Von ihnen werde eine besonders
hohe Sozialkompetenz und eine ausgeprägte Fähigkeit zur Entwicklung von Problemlösungsstrategien erwar-
tet. Eine dauerhafte Stabilisierung des Personalkörpers in den gemeinsamen Einrichtungen sei daher zentral.
Klar sei aber auch: Der vorliegende Gesetzentwurf könne nicht alle Probleme lösen. Das Thema einer ausrei-
chenden Personalausstattung bleibe auf der Agenda.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, dass mit den gesetzlichen Änderungen die unterschiedliche Behand-
lung der Regelkreise des SGB II und des SGB III zementiert werde. Es gebe dort kein einheitliches System
mehr, obwohl die Zugangsvoraussetzungen Arbeitslosigkeit bei beiden Rechtskreisen gewährleistet sei. Die
Bundesregierung wolle mit ihrem Gesetzentwurf zwar Rechtssicherheit über das Jahr 2015 hinaus schaffen,
gehe aber die grundlegenden Probleme nicht an. Die fehlende Dienstherreneigenschaft und unterschiedliche
Tarifverträge in den Mischverwaltungen von Bundesagentur für Arbeit und kommunaler Trägerschaft spiel-
ten auch weiterhin eine große Rolle. Das gelte auch für die sach- und fachgerechte Personalbemessung. Ins-
gesamt gebe es durch den Gesetzentwurf zwar Verbesserungen bei der Regelung der Erstattungsansprüche.
Wegen inhaltlicher Fehler und der vielen nicht gelösten Probleme enthalte sich die Fraktion aber der Stimme.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lobte den Gesetzentwurf als Schritt in die richtige Richtung. Es
sei begrüßenswert, dass mehr Rechtssicherheit geschaffen und die Personalfluktuation in den Jobcentern
eingegrenzt werde. Eine angemessene Personalausstattung werde damit aber nicht geschaffen. Dass bei den
personalrechtlichen Regelungen die Einspruchsmöglichkeit weitgehend entfalle, diene der Sache nicht; denn
niemand wolle, dass in den Jobcentern Beschäftigte gegen ihren Willen arbeiteten. Auch schaffe die unter-
schiedliche Bezahlung Frustrationen bei den Beschäftigten. Wegen der Verbesserungen, der der Gesetzent-
wurf gleichwohl bringe, werde die Fraktion aber trotz ihrer Kritik diesem zustimmen.

Berlin, den 4. Juni 2014

Dr. Martin Rosemann
Berichterstatter

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