BT-Drucksache 18/1543

Klimaschutzwirkung von Projekten unter dem Joint-Implementation-Mechanismus

Vom 21. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1543
18. Wahlperiode 21.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter Meiwald,
Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Klimaschutzwirkung von Projekten unter dem Joint-Implementation-
Mechanismus

Joint Implementation (JI) gehört neben dem Clean Development Mechanism
(CDM) zu den projektbasierten Mechanismen des Kyoto-Protokolls. Bei JI han-
delt es sich um ein Instrument, das eine gemeinsame Umsetzung von Klima-
schutzprojekten ausschließlich zwischen Industrienationen ermöglicht.
Ein Industrieland kann seine Treibhausgasemissionen entsprechend seiner
Kyoto-Verpflichtung senken, indem es in ein emissionsminderndes Projekt in
einem gastgebenden Industrieland investiert. Das Investorland erhält im Ge-
genzug vom Gastgeberland sogenannte Emission Reduktion Units (ERUs), die
wiederum für zusätzliche Emissionen genutzt werden können. Das Gastgeber-
land muss für die ausgegebenen ERUs in gleicher Anzahl die von der UNO
(United Nations Organization) zugeteilten Assigned Amount Units (AAUs)
löschen, damit eine Doppelzählung vermieden wird.
Dieses Verfahren soll eine effiziente Emissionsreduktion ermöglichen, da Kos-
ten für entsprechende Projekte im Gastgeberland niedriger sein können, als in
dem Land, welches in das Projekt investiert.
Laut Kyoto-Protokoll müssen diese Projekte von den beteiligten Vertragsstaaten
genehmigt werden und die erzielten Emissionsminderungen zusätzlich zu ohne-
hin unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als sinnvoll erachteten Maßnahmen
sein.
In Deutschland ist die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umwelt-
bundesamt die zuständige nationale Behörde zur Umsetzung der marktwirt-
schaftlichen Klimaschutzinstrumente des Kyoto-Protokolls.
Die Generierung von ERUs setzt eine Zuweisung von AAUs an die Vertrags-
staaten voraus. Da für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls
noch keine Genehmigungen erteilt wurden, sind bisherige JI-Projekte bis zum
Ende der ersten Verpflichtungsperiode (2008 bis 2012) befristet.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele und welche JI-Projekte wurden in den Jahren 2008 bis 2012 in

Deutschland genehmigt, und wie viele dieser Projekte wurden durch die KfW
Bankengruppe ggf. (mit-)finanziert (bitte einzeln und in tabellarischer Form
aufführen, mit den zugehörigen Emissionseinsparungen, Dauer und den be-
teiligten Partnern der Projekte)?

Drucksache 18/1543 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele und welche JI-Projekte mit Standort in Deutschland wurden nicht
genehmigt, da die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt wurden (bitte
in tabellarischer Form aufführen, mit den Erläuterungen der Gründe, die je-
weils zu einer Ablehnung geführt haben)?

3. Wie viele und welche JI-Projekte mit deutscher Beteiligung und Projekt-
standort im Ausland wurden bisher genehmigt (bitte in tabellarischer Form
aufführen, mit den zugehörigen Emissionseinsparungen, Dauer und den be-
teiligten Partnern der Projekte)?

4. Wie viele JI-Projekte im Ausland mit deutscher Beteiligung wurden nicht
genehmigt, da die notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt wurden (bitte
in tabellarischer Form angeben, mit den Erläuterungen der Gründe, die je-
weils zu einer Ablehnung geführt haben)?

5. Sind im Allgemeinen die vor Beginn der Projekte gemachten Angaben in
Bezug auf die Emissionseinsparungspotenziale eines Projekts eingehalten
worden, oder unterscheiden sich die tatsächlichen Einsparungen nach Been-
digung eines Projektes oftmals deutlich davon, und wie wird dies überprüft?

6. Bei wie vielen und welchen Projekten wurde die prognostizierte Emissions-
einsparung nicht tatsächlich erreicht, und wie viele Zertifikate wurden den-
noch dafür ausgegeben?

7. Welche Anforderungen muss nach Ansicht der Bundesregierung ein bean-
tragtes JI-Projekt in Deutschland erfüllen, damit es die notwendige Zustim-
mung Deutschlands erhält, und unterscheiden sich diese Anforderungen von
jenen, die ein Projekt mit deutscher Beteiligung im Ausland erfüllen muss?

8. Ist es nach Auffassung der Bundesregierung problematisch, dass Validie-
rung, Verifizierung und Zertifizierung eines Projektes von Stellen durch-
geführt werden, die dem Auftraggeber schon vor Projektbeginn beratend
zur Seite stehen (siehe z. B. www.tuev-sued.de „CDM- und JI-Projekte“),
und wenn ja, wie gedenkt die Bundesregierung dagegen vorzugehen?

9. Wie ist im Detail sichergestellt, dass Doppelzählungen bei der Emissions-
minderung im Zuge eines JI-Projektes in Deutschland vermieden werden?

10. Wie ist sichergestellt, dass Doppelzählungen bei der Emissionsminderung
für Projekte im Ausland mit deutscher Beteiligung vermieden werden?

11. Wie ist sichergestellt, dass ein JI-Projekt tatsächlich eine zusätzliche Maß-
nahme ist, und gab es bereits JI-Projekte mit deutscher Beteiligung, bei de-
nen dies nicht komplett sichergestellt werden konnte oder kann?

12. Wie wird überprüft, dass bereits genehmigte JI-Projekte im Ausland erfolg-
reich umgesetzt werden?
Gibt es unabhängige Evaluierungen, die den nachhaltigen Betrieb von Pro-
jekten unter deutscher Beteiligung überprüfen?

13. Kann die Bundesregierung ausschließen, dass es im Rahmen von JI-Projek-
ten zu einer verbotenen Doppelförderung kommen kann oder kam?

14. Gibt es in Deutschland Anlagen mit JI-Projekten, die gleichzeitig oder nach-
träglich von der EEG-Umlage (EEG: Erneuerbare-Energien-Gesetz) befreit
werden bzw. wurden?

15. Wie viele JI-Projekte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bisher
weltweit durchgeführt, und wie hoch war im Vergleich zu den CDM-Projek-
ten deren Anteil an Emissionseinsparungen (bitte die Gesamteinsparungen
in CO2-Äquivalent aus JI-Projekten und CDM-Projekten aufzählen und ver-
gleichen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1543
16. Wie viele JI-Projekte wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in der
Ukraine und Russland insgesamt durchgeführt, und wie groß ist der Anteil
dieser Länder an allen bisher ausgegebenen ERUs?

17. Ist nach Ansicht der Bundesregierung im Jahr 2012 ein Unterschied zu den
vorangegangenen Jahren (2009 bis 2011) in Umfang und Anzahl von JI-
Projekten in diesen Ländern zu verzeichnen gewesen?
Wenn ja, worin ist dies nach Meinung der Bundesregierung begründet?

18. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen den großen
Überschüssen an AAUs und einer zunehmenden Vergabe von JI-Projekten
in diesen Ländern (www.forume.de „Übertragung von AAUs von CP1 auf
CP2 – künftige Implikationen für das Klimaregime“, September 2012)?

19. Welchen Einfluss hatten in der Vergangenheit ausgegebene ERUs nach Auf-
fassung der Bundesregierung auf den EU-Emissionshandel und damit auf
den CO2-Preis?

20. Wie steht die Bundesregierung zu dem Zulassungsverfahren von JI-Projek-
ten in der jetzigen Form?
Befürwortet die Bundesregierung die Fortführung des Zulassungsverfah-
rens nach dem Track-1-Verfahren?

21. Befürwortet die Bundesregierung den kürzlich gemachten Vorschlag, die
Zulassung von JI-Projekten ausschließlich in einem internationalen Verfah-
ren, überwacht durch das JI Supervisory Committee, durchzuführen?

22. Welche Bedeutung sollte nach Auffassung der Bundesregierung JI im Rah-
men eines Post-Kyoto-Abkommens (nach dem Jahr 2020) haben?

23. Wertet die Bundesregierung nach den bisherigen Erfahrungen JI insgesamt
als ein erfolgreiches und wirksames Klimaschutzinstrument, und setzt sich
die Bundesregierung auf internationaler Ebene für den Erhalt von JI in der
jetzigen Form ein?

24. Wie sollte der Mechanismus nach Ansicht der Bundesregierung verändert
werden, um nachhaltig und sicher zusätzliche Emissionsreduktionen zu er-
schließen?

Berlin, den 21. Mai 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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