BT-Drucksache 18/1429

Zukunft der Breitbandversorgung

Vom 14. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1429
18. Wahlperiode 14.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Herbert Behrens, Katrin Kunert, Halina Wawzyniak, Jan Korte,
Dr. Dietmar Bartsch, Kerstin Kassner, Frank Tempel, Dr. Petra Sitte, Kersten
Steinke, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Zukunft der Breitbandversorgung

Laut Artikel 87f des Grundgesetzes (GG) „gewährleistet der Bund im Bereich
des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und
ausreichende Dienstleistungen“. Im Kommentar von Prof. Dr. Hans D. Jarass
und Prof. Dr. Bodo Pieroth zum Grundgesetz heißt es dazu: „Diese Pflicht ist als
Hoheitsaufgabe anzusehen. [Artikel 87f] Absatz 1 begründet eine ausschließ-
liche Bundesgesetzgebungskompetenz und eine Pflicht des Bundesgesetzgebers
zur Gewährleistung flächendeckend angemessener und ausreichender Dienst-
leistungen. ‚Angemessen‘ bezieht sich auf die Qualität und ihr Verhältnis zur
Eigenleistung, ausreichend auf die Quantität der Dienstleistungen. ‚Flächen-
deckend‘ bezieht sich auf das gesamte Territorium der Bundesrepublik und soll
eine ‚Rosinenpickerei‘ verhindern. Es wird eine Grundversorgung und nicht der
Ausbau einer optimalen Infrastruktur verlangt.“ (vgl. Jarass/Pieroth: Grundge-
setz für die Bundesrepublik Deutschland. Kommentar, 2012. Verlag C.H.Beck
oHG, München, S. 939 f.). Der Verweis der Bundesregierung auf Zuständig-
keiten der Bundesländer und der Privatwirtschaft in der Antwort auf die Kleine
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/950 ist demnach nicht ausreichend. Die
Gewährleistungspflicht liegt beim Bund und die Bundesregierung hat insofern
zu allen Fragen eine Auskunftspflicht.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie begründet die Bundesregierung ihre Aussage „Der Ausbau hoch-

leistungsfähiger Internetverbindungen ist zuallererst Verantwortung der Tele-
kommunikationswirtschaft“ (siehe Bundestagsdrucksache 18/950, Antwort
zu Frage 5), wenn laut Artikel 87f Absatz 1 GG die Verantwortung für an-
gemessene und ausreichende Dienstleistungen im Bereich des Postwesens
und der Telekommunikation ausschließlich beim Bund liegt und laut Arti-
kel 87f Absatz 2 GG die Telekommunikationsunternehmen nur die Dienst-
leistungen zu erbringen haben?

2. Welche Sanktionen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, wenn die Te-
lekommunikationsunternehmen (TK-Unternehmen) ihre Verpflichtung nach
Artikel 87f Absatz 2 GG nicht realisieren?

Drucksache 18/1429 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Wie ist die finanzielle und personelle Ausstattung des Breitbandbüros des
Bundes seit seiner Einrichtung bis heute (bitte in Jahresscheiben und nach
Sach- und Personalmitteln sowie Personalstellen aufschlüsseln)?
Wie werden das Breitbandbüro und seine Angebote angenommen, und
welche Rückmeldungen zum Angebot erhält die Bundesregierung von den
Nutzerinnen und Nutzern (Kommunen, Unternehmen)?

4. Unter welchen Rahmenbedingungen wären TK-Unternehmen und TK-Ver-
bände nach Kenntnis der Bundesregierung bereit, auch künftig in den Netz-
ausbau zu investieren – auch im ländlichen Raum und auch dort, wo sog.
Wirtschaftlichkeitslücken bestehen, und was verstehen sie in dem Zusam-
menhang unter „geeigneten Rahmenbedingungen“ (siehe Bundestagsdruck-
sache 18/950, Antwort zu Frage 5)?

5. In welcher Weise wird sich der Bund gegenüber der Europäischen Kommis-
sion für die rasche Genehmigung einer beihilferechtlichen Rahmenregelung
einsetzen, um Investitionen auch in moderne Netze zu ermöglichen?
Welche Schritte wurden diesbezüglich bisher unternommen, und bis wann
ist eine Rahmenregelung zu erwarten?

6. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass nur ein „Fibre To The Home“
(FTTH)-Glasfaserkabelnetz ein wirklich zukunftsfähiges Netz ist (bitte mit
Begründung)?

7. Ist mit Verweis auf die Beantwortung der Frage 5 in der Antwort der
Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/950
gemeint, dass die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer Ziele zum
weiteren Ausbau der Breitbandversorgung bisher unterversorgte dünnbesie-
delte Regionen nicht vorrangig berücksichtigen wird?
Wenn ja, wie ist dies in Übereinstimmung mit Artikel 87f GG zu bringen?

8. Wie stark werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Möglichkeiten
genutzt, die die „Abweichung der Allgemeinen Technischen Bestimmungen
für die Benutzung von Straßen durch Leitungen und Telekommunikations-
linien (ATB) im Wege des Micro- oder Minitrenching“ in § 68 des Tele-
kommunikationsgesetzes (TKG) bieten?

9. Für welche Technologien (neben Micro- und Minitrenching) zieht die Bun-
desregierung es in Betracht, weitere Abweichungen allgemeiner technischer
Standards für zulässig zu erklären?

10. Bis wann gedenkt die Bundesregierung, die Verordnung „über Maßnahmen
zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen
für die elektronische Kommunikation“ in nationales Recht umzusetzen, und
inwieweit bedarf es hier noch der Abstimmung mit den kommunalen Unter-
nehmen?

11. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass Bürgerinnen und Bürgern
mit geringem Einkommen ebenfalls über einen Breitbandanschluss von
mindestens 50 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) bis zum Jahr 2018 verfügen
und auch am weiteren Ausbau partizipieren?
Inwieweit gibt es Überlegungen, Computer und den Breitbandanschluss als
Bestandteil des soziokulturellen Existenzminimums anzuerkennen (bitte
begründen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1429
12. Welche zukünftigen Änderungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung
am Breitbandatlas des Bundes geplant, und wann sollen die Änderungen
für den Nutzer sichtbar werden (vgl. auch Antwort zu Frage 20 in der Ant-
wort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdruck-
sache 18/950)?

I. Netzallianz
13. Für welche Positionen setzt sich die Bundesregierung in der Netzallianz

Digitales Deutschland ein?
14. Welche konkreten Vorstellungen in Bezug auf Handlungsfelder, Investitio-

nen und erforderliche Rahmenbedingungen wird die Bundesregierung in
das Kursbuch Netzausbau einbringen?

15. Wie stellt sich die Bundesregierung vor, das Ziel „bis 2018 eine flächen-
deckende Versorgung mit Hochgeschwindigkeitsnetzen von mindestens
50 Mbit/s zu erreichen“ umzusetzen, wenn die Handlungsfelder für alle
Beteiligten erst im Herbst 2014 benannt werden (s. Antwort zu Frage 5 auf
Bundestagsdrucksache 18/950) und eine Vergabe der Frequenzen der Digi-
talen Dividende II erst im Jahr 2016 umgesetzt werden kann und die Lauf-
zeit bestimmter Frequenzen sogar noch deutlich über das Jahr 2016 hinaus-
geht (vgl. „Eckpunkte einer telekommunikationsrechtlichen Bewertung des
Zusammenschlussvorhabens Telefonica/E-Plus“ der Bundesnetzagentur)?

16. Welche Unternehmen und Verbände (bitte einzeln auflisten) haben an der
ersten Sitzung der Netzallianz Digitales Deutschland teilgenommen, und
welche weiteren über die Erstellung eines Kursbuches Netzausbau hinaus-
gehenden Verabredungen hat es auf dieser Sitzung gegeben?

17. Mit welcher Begründung wurde der Verband Kommunaler Unternehmen
e. V. (VKU) als Spitzenverband der kommunalen Wirtschaft, die den Aus-
bau leistungsfähiger Breitbandnetze in Deutschland fördert, in die Auftakt-
gespräche zur Netzallianz Digitales Deutschland nicht eingebunden (Presse-
meldung des VKU vom 7. März 2014)?

II. Fördermittel
18. Welche Fördermittel standen oder stehen nach Kenntnis der Bundesregie-

rung den Bundesländern für den Breitbandausbau zur Verfügung, und in
welcher Höhe wurden diese abgerufen (Angaben bitte seit dem Jahr 2008,
nach Jahren, den verschiedenen Förderprogrammen, den Bundesländern
aufschlüsseln und Soll und Ist gegenüberstellen)?

19. Von welchen Fördermitteln hat die Bundesregierung Kenntnis, die die
Bundesländer selbst für den Breitbandausbau zur Verfügung stellen (vgl.
Antwort zu Frage 15 in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/950 und bitte nach Bundesland, Zeit-
raum und Höhe der Fördermittel aufschlüsseln)?

20. Welche Möglichkeiten bestehen für welche Akteure, mit Hilfe von Pro-
grammen der KfW Bankengruppe, Breitbandinternet zu realisieren, und auf
welche Resonanz stießen die einzelnen Programme der KfW Bankengruppe
(bitte auch die zur Verfügung stehenden Mittel und in Anspruch genomme-
nen Mittel gegenüberstellen)?

21. Welche Fördermöglichkeiten stehen nach Kenntnis der Bundesregierung
insbesondere Kommunen zu, die keinen Eigenanteil an den Kosten für einen
Breitbandausbau leisten können?

Drucksache 18/1429 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
22. Wenn die Bundesregierung keine vollständigen Kenntnisse über Förder-
möglichkeiten der Kommunen für den Breitbandausbau hat, welche Gründe
kann sie dafür angeben vor dem Hintergrund, dass sie durch Artikel 87f GG
grundgesetzlich dazu verpflichtet ist, „im Bereich des Postwesens und der
Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienst-
leistungen“ zu gewährleisten?

Berlin, den 12. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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