BT-Drucksache 18/1397

Möglichkeiten zum Stopp von Walfleischtransit durch deutsche Häfen

Vom 8. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1397
18. Wahlperiode 08.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Valerie Wilms, Katharina Dröge, Dieter
Janecek, Nicole Maisch, Annalena Baerbock, Harald Ebner, Bärbel Höhn, Sylvia
Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Christian Kühn (Tübingen), Peter Meiwald, Friedrich
Ostendorff, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Möglichkeiten zum Stopp von Walfleischtransit durch deutsche Häfen

Bereits im Juni 2010 forderte der Deutsche Bundestag in der fraktionsübergrei-
fenden Entschließung „Konsequenten Walschutz durchsetzen und verbessern“
(Bundestagsdrucksache 17/1982) die Bundesregierung unter anderem auf, das
derzeitige Handelsverbot mit Erzeugnissen aus Walen nach dem Washingtoner
Artenschutzabkommen CITES sicherzustellen.
Immer wieder wird Walfleisch von Island und Norwegen auf dem Weg nach
Japan in deutschen Häfen umgeladen. Zuletzt wurden im Januar und Februar
dieses Jahres Walfleischtransporte nach Japan u. a. über den Hamburger Hafen
abgewickelt. Im Juli 2013 wurden sechs Container mit Finnwalfleisch aus dem
akut bedrohten nordost-atlantischen Bestand auf dem Frachtschiff „Cosco Pride“
der Reederei Seaspan Corporation im Hamburger Hafen gefunden (www.bmub.
bund.de vom 9. Juli 2013, „Transit von Walfleisch: Altmaier wendet sich an deut-
sche Häfen“). An diesem Beispiel wird deutlich, dass rechtlich Schlupflöcher
existieren, obwohl Deutschland gemeinsam mit anderen 180 Staaten den Handel
mit Walfleisch zum Schutz der Finnwale unter dem Washingtoner Artenschutz-
abkommen (CITES) verboten hat. Der damalige Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit Peter Altmaier appellierte an die Hafenbe-
treiber, auf freiwilliger Basis die Durchfuhr von Walfleisch zu untersagen. Recht-
liche Schritte wurden bisher nicht eingeleitet.
Ein Rechtsgutachten von Greenpeace vom Juli 2013 (www.greenpeace.de/sites/
www.greenpeace.de/files/publications/20130801-greenpeace-rechtsexpertise-
walfleisch-durchfuhrverbot.pdf), legte Wege offen, wie die Durchfuhr von Wal-
fleisch in Deutschland rechtsverbindlich untersagt werden könnte. In dem vor-
gelegten Gutachten weist Dr. Michéle John nach, dass der Transport von Wal-
fleisch durch deutsches Hoheitsgebiet im Bundesnaturschutzgesetz im Einklang
mit EU-Recht und den Abkommen der Welthandelsorganisation (WTO) verbo-
ten werden könne. Einfuhr und Verkauf von Walfleisch und Walfleischprodukten
sind in Deutschland verboten.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Transport und Um-
ladung von Walfleisch in deutschen Häfen“ (Bundestagsdrucksache 17/14528)
wird darauf hingewiesen, dass die Beratungen für ein Verbot des Transits von
Walfleisch noch nicht abgeschlossen sind.

Drucksache 18/1397 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Beschlüsse wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in inter-

nationalen Gremien zur Durchfuhr von Walfleisch gefasst, und wie verhielt
sich die Bundesregierung jeweils dazu (bitte unter Angabe von Datum, Gre-
mium und Anlass)?

2. Wie vereinbart die Bundesregierung (mit Deutschland als Mitglied der In-
ternationalen Walfangkommission – IWC) ihre ausdrückliche Ablehnung
kommerziellen Walfangs mit der Erlaubnis der Durchfahrt von Walfleisch
durch ihre Häfen?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, welche Wirkung der Brief vom
9. Juli 2013 des ehemaligen Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit Peter Altmaier an die Hafenbetreiber bremenports GmbH
& Co. KG, Hamburg Port Authority und Niedersachsens Ports GmbH & Co.
KG bezüglich der freiwilligen Verzichtserklärung auf die Durchfahrts-
erlaubnis von Walfleisch hatte (bitte Folgen benennen)?

4. a) Hafenbetreiber welcher Häfen haben sich nach Kenntnis der Bundes-
regierung freiwillig dazu verpflichtet, kein Walfleisch mehr umzuschla-
gen (bitte Hafenbetreiber nach Ländern bzw. Kontinenten aufschlüsseln)?

b) Wenn es keine freiwilligen Verpflichtungen gab, warum nicht?
Wie hat die Bundesregierung darauf reagiert?

5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass durch ein Transitverbot von
Walfleisch durch deutsche Häfen, der Handel mit Walfleisch erschwert wer-
den würde (Antwort bitte begründen)?

6. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein gesetzlich normiertes
Durchfuhrverbot von Walfleisch das legitime Ziel hat, den grundsätzlich
verbotenen kommerziellen Walfang und den damit verbundenen Handel mit
vom Aussterben bedrohten Walarten konsequent durchzusetzen (Antwort
bitte begründen)?

7. Wie verhält sich die Bundesregierung zum in der Vorbemerkung der Frage-
steller genannten Gutachten?

8. Bis wann wird die Bundesregierung einen Gesetzentwurf einbringen, um
rechtlich verbindliche Instrumente zum Stopp von Walfleischumladungen
und Durchfahrten in deutschen und europäischen Häfen zu finden?

9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass nach EU-
Recht ein Durchfuhrverbot für Walfleisch aus Gründen des Artenschutzes
gerechtfertigt ist, und welche Länder wenden dieses nach Kenntnis der Bun-
desregierung bereits an (Antwort bitte begründen)?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Durchfuhrverbot ver-
hältnismäßig ist, da der angestrebte Zweck (ein Verbot von Walfang und
Handel konsequent durchzusetzen) nicht durch andere Maßnahmen erreicht
werden kann, die den Handel innerhalb der EU weniger beschränken (Ant-
wort bitte begründen)?

11. Auch wenn nach den Regelungen von CITES bzw. der EU-Artenschutzver-
ordnung ein Verbot der Durchfuhr von Walfleisch nicht normiert ist, teilt die
Bundesregierung aber die Auffassung, dass entsprechend Artikel 193 Satz 1
des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) Mit-
gliedstaaten nicht gehindert sind, verstärkte Schutzmaßnahmen im Hinblick
auf den Umweltschutz beizubehalten oder zu ergreifen (Antwort bitte be-
gründen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1397
12. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein nationales Verbot der
Durchfuhr von Walfleisch auf die Schutzverstärkungsklausel des Artikels 193
des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) gestützt
werden könnte (Antwort bitte begründen)?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Grundfreiheiten wie
etwa die Warenverkehrsfreiheit gemäß Artikel 34 AEUV, auch für Wal-
fleisch aus Gründen des Umweltschutzes eingeschränkt werden können
(Europäischer Gerichtshof – EuGH, Urteil vom 20. Februar 1979, Rs. 120/
78, Slg. 1979, 649; EuGH, Urteil vom 9. Juli 1992, Rs. C-2/90, Slg. 1992,
I-4431; EuGH, Urteil vom 28. Juni 1994, Rs. C-187/93, Slg. 1994, I-2857,
2881 Rn. 22, Antwort bitte begründen)?

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass nach WTO-Recht ein Durch-
fuhrverbot aus Gründen des Artenschutzes gerechtfertigt sein kann?

15. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass ein Durchfuhrverbot für Wal-
fleisch aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und Umwelt sowie der
nachhaltigen Entwicklung (Artikel XX des Allgemeinen Zoll- und Handels-
abkommens – GATT, insbesondere Artikel XX Buchstabe b GATT) ausge-
sprochen werden kann (Antwort bitte begründen)?

16. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass sich ein Durchfuhrverbot
von Walfleisch auf den Schutz begrenzt vorhandener Ressourcen beziehen
könnte (nach Artikel XX Buchstabe b GATT, Antwort bitte begründen)?

17. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass es gesetzliche Re-
gelungen gibt (z. B. im Bundesnaturschutzgesetz), die die Vermarktung von
Walfleisch konsequent verbieten und die Durchfuhr von Produkten der be-
sonders geschützten Arten der Anhänge A der EU-Artenschutzverordnung
zukünftig verbieten?

Berlin, den 6. Mai 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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