BT-Drucksache 18/1371

Arbeitsbedingungen für Zivilstatisten auf US-Militärgelände

Vom 7. Mai 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1371
18. Wahlperiode 07.05.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Annette Groth und der
Fraktion DIE LINKE.

Arbeitsbedingungen für Zivilstatisten auf US-Militärgelände

Die US-Armee bereitet ihre Truppen auch in Deutschland unter anderem durch
den Einsatz ziviler Statistinnen und Statisten, die die Zivilbevölkerung im Kriegs-
gebiet verkörpern sollen, auf Kriegseinsätze im Ausland vor. Diese „Civilians on
the Battlefield“ (CoB) werden einem Bericht von „REPORT MAINZ“ vom
2. April 2013 zufolge („Billiglöhner auf dem Schlachtfeld“) unter „menschen-
verachtenden“ Arbeitsbedingungen beschäftigt. Als Entlohnung gebe es 90 Euro
pro Tag, was angesichts einer abverlangten 24-Stunden-Bereitschaft an sieben
Tagen die Woche, über mehrere Wochen hinweg, in einen Bereich falle, „den man
als sittenwidrig kennzeichnen kann“, zitiert „REPORT MAINZ“ den Arbeits-
rechtler Professor Peter Wedde. Mitunter müssten die Statistinnen und Statisten
den ganzen Tag stehen.
Das US-Militär hat dem Report-Team gegenüber eine Stellungnahme verwei-
gert und auf die Zuständigkeit seines deutschen Vertragspartners verwiesen, der
SST GmbH mit Sitz im bayerischen Velburg. Auf ihrer Homepage weist diese
Firma darauf hin, dass den Beschäftigten das Mitführen von Laptops und Han-
dys verboten sei. Angaben zur Entlohnung finden sich dort nicht.
Die Fragesteller sehen hier auch die Bundesregierung gefordert, die im Rahmen
der von ihr gesehenen deutsch-amerikanischen Freundschaft auf die US-Regie-
rung einwirken sollte, um ausbeuterische Beschäftigungsverhältnisse zu unter-
binden. Die Fragesteller lehnen die aktive Unterstützung der US-Kriege und
damit auch die Beteiligung an CoB-Übungen ab. Nicht zuletzt angesichts der
Tatsache, dass die US-Armee auch völkerrechtrechtlich höchst umstrittene Ein-
sätze durchführt, sollte die Beihilfe von Zivilisten hieran unterbunden oder zu-
mindest erheblich erschwert werden. Eine deutliche Verbesserung der arbeits-
rechtlichen Bedingungen wäre womöglich auch geeignet, die US-Armee zu
einem Verzicht auf solche Übungen in Deutschland zu veranlassen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung vor oder nach dem Report-Bericht über „Billiglöh-

ner auf dem Schlachtfeld“ gegenüber US-Stellen oder der SST GmbH die Ar-
beitsbedingungen bei CoB-Übungen in Deutschland angesprochen, und wenn
ja, welche Positionen hat sie dabei vertreten, und wie hat die US-Seite darauf
reagiert?

2. Inwiefern und unter welchen Umständen gelten die Vorschriften des deut-
schen Arbeitsrechts bei Beschäftigungsverhältnissen auf US-Militärgelände,
bzw. inwiefern gelten abweichende Vorschriften?

Drucksache 18/1371 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von den Arbeitsbedingungen bei
CoB-Übungen, und inwiefern kann sie den Report-Bericht bestätigen?

4. Vermittelt die Bundesagentur für Arbeit (BA) Beschäftigungsverhältnisse für
die SST GmbH, und wenn ja, inwiefern ist die BA den Berichten über men-
schenverachtende Arbeitsverhältnisse nachgegangen, welche Erkenntnisse hat
sie dabei gewonnen, und welche Schlussfolgerungen hat sie gezogen?

5. Sind Arbeitsverträge, die über Wochen hinweg eine 24-Stunden-Bereitschaft
vorsehen, also den kompletten Verzicht auf Freizeit, unter verlangtem Ver-
zicht auf Handys und Laptops, Unterbringungen in völlig komfortlosen Ge-
meinschaftsunterkünften bei einer Entlohnung von 90 Euro brutto täglich,
nach Auffassung der Bundesregierung sittenwidrig?

6. Unterhalten Behörden des Bundes Geschäftsbeziehungen mit der SST GmbH,
und wenn ja, welcher Art (bitte ggf. für die Jahre ab dem Jahr 2010 darlegen)?

7. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, inwiefern die US-Armee
solche CoB-Übungen in Deutschland in der Vergangenheit dazu genutzt hat,
völkerrechtswidrige oder jedenfalls völkerrechtlich stark umstrittene Kriegs-
einsätze vorzubereiten, wie etwa den Irak-Krieg im Jahr 2003?
a) Haben nach Kenntnis der Bundesregierung US-Einheiten, die im Jahr

2003 am Einmarsch in den Irak beteiligt waren, zuvor in Deutschland
CoB-Übungen durchgeführt, und wenn ja, welche Einheiten waren diese,
und wie viele Soldatinnen und Soldaten waren daran beteiligt?

b) Haben nach Kenntnis der Bundesregierung US-Einheiten, die nach Be-
ginn des Einmarschs in den Irak an Besatzungstätigkeiten dort beteiligt
waren, zuvor in Deutschland CoB-Übungen durchgeführt, und wenn ja,
welche Einheiten waren dies, und wie viele Soldatinnen und Soldaten wa-
ren daran beteiligt?

c) Welche Anstrengungen unternimmt sie, um zu verhindern, dass von den
US-Streitkräften auf deutschem Boden CoB-Übungen zur Vorbereitung
von Kriegseinsätzen ohne UN-Mandat geprobt werden?

d) Inwiefern machen sich Statistinnen und Statisten, die solche Einsätze wis-
sentlich mit vorbereiten helfen, strafbar, etwa wegen Vorbereitung eines
Angriffskrieges oder einer Beihilfe zu Straftaten?

8. Welche weiteren Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus dem Re-
port-Bericht gezogen?

9. In welchem Umfang betreibt die Bundeswehr CoB-Übungen (bitte für die
Jahre ab 2004 vollständig unter Angabe der Übungen und Anzahl der jeweils
teilnehmenden Statistinnen und Statisten darlegen)?
a) Welche Firmen bzw. Agenturen werden dabei genutzt?
b) Auf welche Einsatzgebiete wurden die Bundeswehrangehörigen dabei

vorbereitet?
c) Welche Arbeitsbedingungen gelten für die zivilen Statistinnen und Statis-

ten dabei hinsichtlich Art der Unterbringung, Mitnahmemöglichkeit von
Handys und Laptops, Entlohnung, Verhältnis von Bereitschaftszeiten und
Freizeit?

Berlin, den 7. Mai 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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