BT-Drucksache 18/13558

Dopingopfer in Deutschland

Vom 6. September 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13558
18. Wahlperiode 06.09.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. André Hahn, Katrin Kunert, Ulla Jelpke, Jan Korte und der
Fraktion DIE LINKE.

Dopingopfer in Deutschland

Zwischen 10 000 und 12 000 Leistungs- und Nachwuchssportlerinnen und Nach-
wuchssportler sollen in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) leis-
tungssteigernde verbotene Substanzen eingenommen haben, darunter auch minder-
jährige Athletinnen und Athleten (https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsplanthema_
14.25). Viele Sportlerinnen und Sportler wurden seitens des Funktionärs- und
Trainerstabes nicht oder nur unzureichend über das Doping informiert.
Noch heute leiden viele der gedopten Sportlerinnen und Sportler unter gesund-
heitlichen, physischen, psychischen und sozialen Schäden. Vor dem Hintergrund
des ersten und Zweiten Dopingopfer-Hilfegesetzes (DOHG) gingen bis zum
30. Juni 2017 insgesamt 752 Anträge auf finanzielle Hilfe beim Bundesverwal-
tungsamt ein, bisher wurde 434 Dopingopfern eine Entschädigung von jeweils
10 500 Euro gewährt, darunter 194 Personen nach dem 1. DOHG und 240 Perso-
nen nach dem 2. DOHG (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche
Frage 11 des Abgeordneten Dr. André Hahn vom 10. Juli 2017, Bundestagsdrucksa-
che 18/13113, Seite 9, 10).
Für das 2. DOHG ging der Gesetzgeber von ca. 2 000 Anspruchsberechtigten aus
(Bundestagsdrucksache 18/8040). Antragsberechtigt sind ausschließlich Athle-
tinnen und Athleten aus der DDR.
Dabei ist inzwischen unumstritten, dass auch Sportlerinnen und Sportler, insbe-
sondere Minderjährige, in der Bundesrepublik Deutschland ohne ihr Wissen ver-
botene Substanzen verabreicht bekamen (www.spiegel.de/sport/sonst/studie-
der-humboldt-universitaet-systematisches-doping-in-der-brd-a-914597.html; https://
de.wikipedia.org/wiki/Doping_in_der_Bundesrepublik_Deutschland). Die Vor-
sitzende des Vereins doping-opfer-hilfe e. V. Prof. Ines Geipel plädierte gegen-
über der Tageszeitung „neues deutschland“ dafür, dass auch diese Opfer des
Hochleistungssports der Bundesrepublik Deutschland eine entsprechende
Entschädigung erhalten (vgl. nd, 17. August 2017, „Opfer zweiter Klasse“).
In der Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages am 28. Juni
2017 hatten sich bereits die Diskuswerfer Alwin Wagner und Klaus-Peter Hennig
dafür ausgesprochen, dass ehemalige Doper aus der Bundesrepublik Deutschland,
die von Ärzten und Trainern nicht über Spätfolgen des Dopings aufgeklärt wur-
den, finanzielle Hilfen zugesprochen bekommen sollten.

Drucksache 18/13558 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele der 434 Personen, die als „Opfer des DDR-Dopings“ (mit Stand
30. Juni 2017) anerkannt wurden und Leistungen nach dem ersten oder Zwei-
ten Dopingopfer-Hilfegesetz erhielten, waren in der Zeit des Dopings min-
derjährig, wie viele waren volljährig, wurden aber ohne ihr Wissen bzw. ge-
gen ihren Willen gedopt, und wie viele erhielten Leistungen nach § 2 Ab-
satz 1 Nummer 2 2. DHG, weil ihrer Mutter während der Schwangerschaft
Dopingsubstanzen verabreicht wurden?

2. Wie viele der Sportlerinnen und Sportler, die (mit Stand 30. Juni 2017) als
„Opfer des DDR-Dopings“ anerkannt wurden und Leistungen nach dem Do-
pingopfer-Hilfegesetz erhielten, erreichten einen Medaillenplatz bei Olym-
pischen Spielen, Welt- und oder Europameisterschaften, und wie viele Me-
daillen errangen diese Sportlerinnen und Sportler insgesamt (bitte aufschlüs-
seln nach Gold, Silber, Bronze bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaf-
ten, Europameisterschaften)?

3. Wie viele dieser Sportlerinnen und Sportler wurden während ihrer aktiven
Laufbahn bei einer Kontrolle des Dopings überführt?

4. Wie vielen dieser Sportlerinnen und Sportler wurden ihre Medaillenplätze
wegen des Dopings im Nachhinein aberkannt, und wie viele haben ihre Me-
daillen freiwillig zurückgegeben?

5. Wie viele dieser Sportlerinnen und Sportler waren auch nach dem 3. Oktober
1990 im Leistungssport aktiv?

6. Wie erklärt sich die Bundesregierung angesichts der bis zu 12 000 Gedopten
die relativ geringe Anzahl der bisher beim Bundesverwaltungsamt eingegan-
genen Anträge und entsprechend auch der erfolgten Bewilligungen?

7. Rechnet die Bundesregierung weiterhin – wie in der Begründung zum
2. DOHG ausgewiesen – mit bis zu 2 000 Anträgen, oder hat sie ihre diesbe-
züglichen Erwartungen (und damit die verbundenen bereitzustellenden Ka-
pazitäten im Bundesverwaltungsamt) korrigiert?

Wenn ja, auf welche Zahl?
8. Von wem und in welchem Umfang hat der Fonds bisher Zuwendungen nach

§ 1 2. DOHG erhalten?
9. Wie viele Mittel sind bisher (mit Stand 30. Juni 2017) aus dem Fonds abge-

flossen, und wie setzen sich die bisherigen Ausgaben zusammen?
10. Inwieweit werden die für den Fonds vom Bund zur Verfügung gestellten

Mittel in Höhe von 10,5 Mio. Euro reichen, und was soll passieren, wenn mit
Außerkrafttreten des Gesetzes noch Mittel in diesem Fonds vorhanden sind?

11. Gibt es seitens der Bundesregierung Schätzungen, wie viele Sportlerinnen
und Sportler der Bundesrepublik Deutschland ohne ihr Wissen oder als Min-
derjährige verbotene Substanzen verabreicht bekamen?
Wenn nicht, besteht die Absicht, eine entsprechende Studie in Auftrag zu
geben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13558

12. Plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass sie sich dagegen aus-

gesprochen hat, über das Zweite Dopingopfer-Hilfegesetz auch geschädigte
Athletinnen und Athleten aus Westdeutschland finanziell zu unterstützen
(siehe auch Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 14 des
Abgeordneten Dr. André Hahn vom 10. Juli 2017, Bundestagsdrucksa-
che 18/13113, Seite 16), mit Hilfe anderer gesetzlicher Regelungen auch
diese Sportlerinnen und Sportler zu entschädigen?

Wenn nicht, warum nicht?

Berlin, den 6. September 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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