BT-Drucksache 18/13532

Rechtsextreme Vorkommnisse und Verdachtsfälle in der Bundeswehr im Jahr 2017

Vom 6. September 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13532
18. Wahlperiode 06.09.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth,
Dr. André Hahn, Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat, Petra Pau,
Martina Renner, Kersten Steinke und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtsextreme Vorkommnisse und Verdachtsfälle in der Bundeswehr
im Jahr 2017

Seit Bekanntwerden der Affäre um den rechtsextremen Bundeswehrangehörigen
Franco A. und der Diskussion um die Rolle der Wehrmacht in der Traditionspo-
litik der Bundeswehr hat die Zahl von Meldungen über rechtsextreme oder sons-
tige menschenfeindliche Vorfälle in der Bundeswehr erheblich zugenommen. In
der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 18/11882 hatte die Bundesregierung darauf hingewiesen, der Wehr-
beauftragte des Deutschen Bundestages habe für das Jahr 2016 von den Dienst-
stellen der Bundeswehr 63 Meldungen zum Thema Rechtsextremismus erhalten.
Bis Juli 2017 ist diese Zahl auf 96 gestiegen (Rheinische Post, 15. Juli 2017).
Die Fragesteller gehen davon aus, dass für diesen Anstieg nicht eine kurzfristige
Verstärkung rechtsextremer Umtriebe in der Bundeswehr ausschlaggebend ist,
sondern eine Sensibilisierung von Bundeswehrangehörigen. Dennoch zeigt diese
Entwicklung aus ihrer Sicht, dass das Problem mit Rechtsextremismus in der
Truppe größer ist als es in den Meldungen an den Wehrbeauftragten widergespie-
gelt wird. Dies macht es umso dringlicher, Angehörige der Bundeswehr darin zu
bestärken, bei einschlägigen Vorfällen Meldung zu machen.
Aus Sicht der Fragesteller ist jedoch der Umgang der Bundeswehrführung mit
Soldaten, die wegen rechtsextremer Umtriebe auffällig werden, in der Vergan-
genheit weitaus zu tolerant. Die Fraktion DIE LINKE. hatte sich zuletzt in der
Kleinen Anfrage „Rechtsextreme Vorkommnisse in der Bundeswehr im Jahr
2016“ danach erkundigt (Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksa-
che 18/11882). Aus den Antworten der Bundeswehr wird deutlich, dass mehrfach
Soldaten, die mit Hakenkreuzen oder „Sieg Heil“-Rufen erwischt wurden, im
Dienst verblieben und sogar weiterhin Zugang zu Waffen hatten. So erhielt ein
freiwillig Wehrdienstleistender, der ein Hakenkreuz auf der Kapuze seiner Feld-
jacke anbrachte, lediglich einen „strengen Verweis“ (Bundestagsdrucksache
18/11882, Anlage 1 lfd. Nummer 7). Auch ein Soldat, der beim Verlassen der
Kaserne „die Hand zum Hitlergruß aus dem Wagen“ streckte und dem Torposten
„Sieg Heil“ zurief, verblieb im Dienst (ebd., lfd. Nummer 16), genau wie ein Zeit-
soldat, der den „Hitlergruß“ entbot, „Sieg Heil“ sowie „Jude geh heim“ rief (ebd.,
lfd. Nummer 33). In allen diesen und weiteren Fällen hatten die Rechtsextremisten
auch weiterhin Zugang zu Waffen. Hierin sehen die Fragesteller einen besonders
misslichen Umstand, der an die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr – so-
wohl den rechtsextrem orientierten als auch den antifaschistischen unter ihnen –

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falsche Signale sendet. Die Fragesteller halten es für erforderlich, dass die Bun-
deswehr bei rechtsextremem Verhalten ohne jede Toleranz reagiert und ggf. die
gesetzlichen Voraussetzungen für vorzeitige Entlassungen nachgebessert werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Meldungen zu extremistischen, fremdenfeindlichen oder antisemiti-

schen Vorfällen sind den Dienststellen der Bundeswehr im Jahr 2017 be-
kannt geworden (bitte jeden Vorfall einzeln darstellen)?
a) Welchen Status hatten die beschuldigten Soldaten (Berufssoldaten, Zeit-

soldaten, FWDL – Freiwillig Wehrdienstleistende)?
b) Wann fanden die Vorfälle statt, und wann erging die Meldung?
c) Wie wurden die Sachverhalte beschrieben (bitte kurze Wiedergabe des

Inhalts der Meldung bzw. des Vorfalls)?
d) Sind diese Soldaten noch im Dienst?
e) Welche disziplinarischen und strafrechtlichen Maßnahmen wurden gegen

die betroffenen Soldaten eingeleitet?
f) Haben die Soldaten weiterhin Zugang zu Waffen, und wenn ja, warum?
g) Werden sie weiterhin als Ausbilder eingesetzt?
h) Erteilen sie weiter als Vorgesetzte Befehle?

2. Wie viele rechtsextreme Verdachtsfälle hat der Militärische Abschirmdienst
(MAD) im Jahr 2017 neu aufgenommen, und auf welches Jahr gehen die
hierfür zugrunde liegenden Informationen zurück?
a) Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, wie viele

rechtsextreme Verdachtsfälle sich im Jahr 2017 insgesamt bestätigt ha-
ben, wie viele sich nicht bestätigt haben, und wie viele noch geprüft wer-
den?

b) Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, wie viele der
im Jahr 2017 erst neu oder wieder aufgenommenen Verdachtsfälle sich
bislang bestätigt, nicht bestätigt haben oder noch geprüft werden?

c) Um welche konkreten Betätigungen ging es in den bestätigten Fällen
(bitte den Status der Soldaten und den Zeitraum zwischen Aufnahme des
Verdachtsfalls und der Bestätigung angeben), und welche Maßnahmen
wurden gegen die Betroffenen ergriffen (bitte einzeln und vollständig auf-
listen)?

3. Will die Bundesregierung Maßnahmen treffen, die ein verschärftes Vorge-
hen der zuständigen Dienstvorgesetzten gegen Soldaten ermöglichen, die für
rechtsextreme Vorfälle verantwortlich sind, und wenn ja, welche?
a) Beabsichtigt die Bundesregierung nunmehr eine Verschärfung des

Dienstrechts, des Soldatengesetzes oder anderer gesetzlicher Grundlagen,
um solche Soldaten schneller entlassen zu können (bitte ggf. ausführen)?

b) Beabsichtigt die Bundeswehr insbesondere, die Dienstvorgesetzten anzu-
weisen, in solchen Verdachtsfällen zumindest den Zugang zu Waffen zu
verwehren, und wenn nein, warum nicht?

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4. Wie viele Meldungen über sexistische bzw. frauenfeindliche, homophobe
oder transgenderfeindliche Vorfälle sind im vergangenen Jahr, und wie viele
in diesem Jahr eingegangen (bitte nach dem Schema von Frage 1 beantwor-
ten)?
a) Welchen Status hatten die beschuldigten Soldaten (Berufssoldaten, Zeit-

soldaten, FWDL)?
b) Wann fanden die Vorfälle statt, und wann erging die Meldung?
c) Wie wurden die Sachverhalte beschrieben (bitte kurze Wiedergabe des

Inhalts der Meldung bzw. des Vorfalls)?
d) Sind diese Soldaten noch im Dienst?
e) Welche disziplinarischen und strafrechtlichen Maßnahmen wurden gegen

die betroffenen Soldaten eingeleitet?
f) Haben die Soldaten weiterhin Zugang zu Waffen, und wenn ja, warum?
g) Werden sie weiterhin als Ausbilder eingesetzt?
h) Erteilen sie weiter als Vorgesetzte Befehle?

5. Welche Erfahrungswerte kann die Bundesregierung aus den seit Juli 2017
vom MAD durchgeführten Extremismusprüfungen von Bundeswehrbewer-
bern berichten (bitte ggf. angeben, wie viele Bewerber jeweils wegen Ver-
dachts auf linksradikale, neofaschistische oder militant-salafistische Einstel-
lungen abgelehnt wurden)?

Berlin, den 6. September 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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