BT-Drucksache 18/13377

Aktuelle rechtsextremistische Entwicklungen im Umfeld des Fußballs

Vom 21. August 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13377
18. Wahlperiode 21.08.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Frank Tempel, Dr. André Hahn,
Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu,
Kersten Steinke und der Fraktion DIE LINKE.

Aktuelle rechtsextremistische Entwicklungen im Umfeld des Fußballs

Rechtsextreme und Neonazis versuchen immer wieder, über Fußballvereine und
die Fußballfanszene Anhänger zu werben, und agieren dabei auch grenzüber-
schreitend. So hatte der niederländische Ableger der rassistischen und in weiten
Teilen rechtsextremen Pegida-Bewegung kürzlich eine Anti-Islam-Demonstra-
tion für den 18. Juni 2017 im Stadtzentrum von Enschede angekündigt. Dabei
sollte die Hooligan-Band Kategorie C aus Bremen oder zumindest deren Sänger
Jannes Ostendorfer auftreten (vgl. Westfälische Nachrichten vom 17. Mai 2017).
Nach dem Verbot des Aufmarsches hat der Hauptorganisator, der in Deutschland
lebende Niederländer Edwin Wagensveld, einen neuen Aufmarsch für den
17. September 2017 angekündigt. Ähnlich wie beim ersten Versuch soll laut
Wagensveld „Pegida Nederland“ als Hauptorganisator fungieren, während die
Organisationen „Fortress Europe“, die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa),
„Thügida“, „Wir für Deutschland“ (WfD) und der „Pegida“-Ableger aus dem
Westerwald „Bekenntnis zu Deutschland“ (BzD) als Unterstützer in die Vorbe-
reitung und Durchführung eingebunden sind (vgl. bnr.de vom 19. Juli 2017).
Gleichzeitig warnen Experten seit Jahren vor einer verstärkten Zusammenarbeit
von kriminellen Rockern und rechtem Fußballmilieu. Spätestens seit den Ho-
GeSa-Demos bekommt diese „Mischszene“, in der Rocker, Hooligans und Neo-
nazis gemeinsam gewalttätig agieren, eine größere Aufmerksamkeit. So berich-
tete beispielsweise die „taz“ über die Rocker-Gang „Legion Bremen“, anhand de-
rer sich ein Zusammenschluss aus Hooligans, Türstehern, Neonazis und Teilen
des Motorrad-Rockermilieus exemplarisch zeigen lässt (vgl. taz vom 22. Dezem-
ber 2014). Außerdem gibt es nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragestel-
ler Berichte über aktuelle Zusammenschlüsse gewaltbereiter Fans aus ehemaligen
Ultragruppen wie in Dortmund, Köln und Bielefeld. Die Dortmunder Hooligan-
Gruppe Riot0231 gab allerdings Ende Juli 2017 ihre Selbstauflösung bekannt, um
so einem Verbot durch das Landesinnenministerium zuvorzukommen (www.
reviersport.de/355282---rwe-fans-solidarisieren-hooligan-gruppe-0231-riot.html).
Einzelne Mitglieder dieser gewaltbereiten Gruppen sollen Kontakte zum neona-
zistischen Netzwerk „WhiteRex“ aus Russland unterhalten, das als Bekleidungs-
firma und Veranstalter von Kampfsport-Events im In- und Ausland auftritt. Der
Chef von „White Rex“, Denis Nikitin, stand auch auf der Rednerliste für das
größte deutsche Rechtsrockkonzert „Rock gegen Überfremdung“ am 15. Juli
2017 in Themar in Thüringen, auf dem auch rechte Hooligans aus dem HoGeSa-
Milieu anwesend waren (http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2017/07/16/6-000-
neonazis-feiern-ungestoert-in-thueringen_24365; www.neues-deutschland.de/
artikel/1057503.themar-strafanzeigen-gegen-neonazis.html).

Drucksache 18/13377 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., „Rechtsex-
treme Tendenzen in der Hooligan-Szene“ (Bundestagsdrucksache 18/13068)
zählt die Bundesregierung zudem mit den „Karlsbande Ultras“ in Aachen, der
„Borussenfront“ in Dortmund, „Division Duisburg“, „Standarte Bremen“, „Nord-
sturm Brema“ und „City Warriors“ in Bremen, „Blue Caps LE“ in Leipzig, „Elb-
florenz“ und „Faust des Ostens“ aus Dresden, „New Society (NS-) Boys“ und
„HooNaRa“ in Chemnitz sowie „Inferno Cottbus“ „rechtsextremistisch beein-
flussbare“ Hooligan- und Ultra-Gruppen auf.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen umfassen nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils die

von der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der
Fraktion DIE LINKE., „Rechtsextreme Tendenzen in der Hooligan-Szene“
(Bundestagsdrucksache 18/13068) genannten „rechtsextremistisch beein-
flussbare“ Gruppen, und wie viele davon sind unter 21 Jahren (bitte entspre-
chend auflisten)?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Vernetzung rechts-
extremer Gruppen im Fußballmilieu im In- und Ausland?

3. Inwieweit besteht eine Vernetzung von rechtsextremen Hooligans aus Russ-
land, England oder der Schweiz mit deutschen Hooligans, und welche Er-
kenntnisse hat die Bundesregierung konkret über die Vernetzung von russi-
schen Rechtsextremen mit dem deutschen Hooligan-Milieu?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über rechtsextreme Straftaten
bei Auftritten der Band Kategorie C im In- und Ausland?

5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Verbindungen von
Hooligans ins Rockermilieu?

6. Welche weiteren Standorte mit derartigen Verflechtungen wie in Bremen,
Cottbus und Aachen sind der Bundesregierung bekannt?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Überschneidung von
Hooligan-Gruppen in Bielefeld, Dortmund, Köln und Berlin mit der rechts-
extremen Szene?

8. Welche Rolle spielt die Band Kategorie C nach Kenntnis der Bundesregie-
rung für die Vernetzung und Überschneidung der rechtsextremen und
Hooligan-Szene?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das als Bekleidungs-
marke und Veranstalter von Kampfsportevents auftretende Netzwerk
„WhiteRex“ und seinen Chef Denis Nikitin?

10. Trat der als Redner für das Rechtsrockkonzert „Rock gegen Überfremdung“
am 15. Juli 2017 in Themar angekündigte Chef von „WhiteRex“ nach Kennt-
nis der Bundesregierung tatsächlich dort als Redner auf, und wenn ja, wel-
chen Inhalt hatte seine Rede?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Teilnahme von An-
hängern der Hooligans gegen Salafisten (HoGeSa) am Rechtsrockkonzert
„Rock gegen Überfremdung“ am 15. Juli 2017 in Themar?
Wie viele HoGeSa-Anhänger und gegebenenfalls andere rechtsgerichtete
Hooligans aus welchen Bundesländern nahmen an der Veranstaltung teil?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über rechtsextreme Handlun-
gen auf Kampfsportevents wie den „Kampf der Nibelungen“ oder die „Im-
perium Fight Night“?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13377

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über personelle Überschnei-

dungen aus der Leipziger Hooligan-/Naziszene und Teilnehmern der „Impe-
rium Fight Night“ sowie dem Sicherheitsdienst PEAS (nun „Black Rainbow
Security“)?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die folgenden rechtsex-
tremen Vorfälle:
a) am 11. Januar 2016 Überfall von Rechtsextremen und Hooligans auf das

linksalternative Leipziger Stadtviertel Connewitz (vgl. u. a. ZEIT ON-
LINE vom 1. September 2016 oder taz vom 12. Januar 2016),

b) Ausschreitungen rechtsextremer Hooligans der inzwischen aufgelösten
Fangruppierung Inferno Cottbus am 28. April 2017 beim Spiel des SV
Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus (vgl. rbb online vom 30. April
2017),

c) rassistische Sprechgesänge und gewalttätige Übergriffe von rechten
Hooligans der ehemaligen „Division Duisburg“ auf antirassistische Ultras
des eigenen Vereins am 25. Mai 2017 beim Niederrheinpokalfinale zwi-
schen Rot-Weiss Essen und dem MSV Duisburg (vgl. DERWESTEN.de
vom 7. Juni 2017),

und warum wurden diese nicht in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/13068 genannt?

Berlin, den 21. August 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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