BT-Drucksache 18/13356

Arbeit der Ansprechstelle für militärhistorischen Rat bei der Bundeswehr

Vom 16. August 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13356
18. Wahlperiode 16.08.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Alexander S. Neu, Frank Tempel,
Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko,
Niema Movassat, Petra Pau und der Fraktion DIE LINKE.

Arbeit der Ansprechstelle für militärhistorischen Rat bei der Bundeswehr

Beim Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr
(ZMSBw) wurde Mitte Juli 2017 eine Ansprechstelle für militärhistorischen Rat
(AmR) eingerichtet. Es handelt sich hier offenbar um eine Konsequenz aus der
Diskussion um die Traditionswürdigkeit der Wehrmacht und den Umgang mit
Wehrmachtshelmen, -bildern und ähnlichen Gegenständen, die aus der Wehr-
macht stammen oder diese thematisieren.
Die Ansprechstelle soll nach eigener Darstellung „dazu beitragen, durch fachliche
Beratung ein handlungssicheres und angemessenes Vorgehen in den zuständigen
Truppenteilen und Dienststellen zu ermöglichen. Dies betrifft besonders die Zeit
des Nationalsozialismus und der Wehrmacht“ (vgl. www.mgfa.de).
Die Fragestellerinnen und Fragesteller nehmen interessiert zur Kenntnis, dass Ka-
sernenkommandeure nunmehr, 72 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, sei-
tens der Bundeswehr über den Umgang mit der Wehrmacht beraten werden kön-
nen. Sie halten es allerdings für klärungsbedürftig, auf welcher Grundlage die
AmR tätig sein soll. Die Bundesministerin der Verteidigung hat in ihrem Tages-
befehl vom 10. Mai 2017 angekündigt, den Traditionserlass aus dem Jahr 1982
zu überarbeiten, so dass der militärhistorische Rat zum Umgang mit Wehrmachts-
Reliquien, der auf dem gültigen Traditionserlass beruht, in einigen Monaten wo-
möglich schon wieder obsolet sein könnte. Auch eine Beratung zum Thema Ka-
sernennamen dürfte dem ZMSBw im Moment schwerfallen, da das Bundesmi-
nisterium der Verteidigung (BMVg) in den Antworten auf Kleine Anfragen mehr-
fach dargelegt hat, seine Meinungsbildung hinsichtlich von Namensgebern aus
dem Zweiten Weltkrieg sei noch nicht abgeschlossen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welcher Ebene des BMVg wurde die Entscheidung zur Einrichtung der

AmR getroffen?
2. Was waren Beweggründe und Anlass zur Einrichtung der AmR?

Inwiefern erlaubt die Formulierung des ZMSBw, es wolle zu handlungssi-
cherem und angemessenem Vorgehen beitragen, den Schluss, es habe zuvor
auch nicht handlungssicheres und nicht angemessenes Vorgehen gegeben
(bitte möglichst konkrete Beispiele hierfür anführen)?

3. Warum dient die AmR nur zur Beratung von Dienststellenleitern und Vor-
gesetzten, nicht aber auch von einfachen Soldatinnen und Soldaten?

Drucksache 18/13356 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Inwiefern ist die Einrichtung der AmR innerhalb der Bundeswehr kommuni-
ziert worden?

5. Inwiefern werden die Anfragen an die und Ratschläge der AmR protokolliert
oder eine Ergebnisauswertung vorgenommen, und welche Angaben zur bis-
herigen Tätigkeit der AmR kann die Bundesregierung machen?
a) Wie viele Anfragen hat es bislang an die AmR gegeben, und was war

jeweils Gegenstand dieser Anfragen (bitte vollständig angeben)?
b) Wie lauteten die darauf bezogenen Ratschläge der AmR (bitte vollständig

angeben)?
c) In welcher Form (mündlich, schriftlich oder anderweitig) erfolgte die je-

weilige Beratung?
d) Welche Kontrollmechanismen gibt es bezüglich der Ratschläge des AmR,

und werden diese der Forschungsgemeinschaft zugänglich gemacht?
6. Ist vorgesehen, eine Art Ergebniskontrolle durchzuführen, um zu evaluieren,

inwieweit die Ratschläge der AmR umgesetzt werden, und wenn ja, welche
Ergebnisse liegen diesbezüglich bislang vor?

7. Welche Maßnahmen sind vorgesehen für den Fall, dass die AmR Kenntnis
von einem solchen Umgang mit Wehrmachtsdevotionalien durch Angehö-
rige der Bundeswehr oder innerhalb von Liegenschaften der Bundeswehr er-
hält, der nach Einschätzung der AmR den Richtlinien der Traditionspolitik
eklatant widerspricht?
Sind entsprechende Meldungen nach oben, an das BMVg oder den General-
inspekteur oder andere Dienststellen, vorgesehen, um diesen ggf. eine Inter-
vention zu ermöglichen, und inwiefern kamen solche bislang vor (bitte kon-
kret und vollständig ausführen)?

8. Steht die AmR prinzipiell auch zur Beratung hinsichtlich der Benennung von
Kasernen und Liegenschaften, darin befindlichen Straßenzügen oder Plätzen,
Molen, Schiffen, Räumlichkeiten usw. zur Verfügung, und wenn ja,
a) wie lauten die Ratschläge der AmR hinsichtlich der Benennung von Ka-

sernen nach Wehrmachtsoffizieren;
b) auf welcher Grundlage basieren die Ratschläge der AmR vor dem Hinter-

grund der Tatsache, dass das BMVg erst vor wenigen Wochen Meinungs-
bildungsprozesse angestoßen hat und eine Klärung bis Jahresende erwar-
tet (Bundestagsdrucksache 18/12736)?

9. Was genau ist die Arbeitsgrundlage der AmR?
Welche Rolle spielt hierbei der Traditionserlass der Bundeswehr, und wie
wird die Problematik gelöst, dass dessen Verbindlichkeit insoweit geschmä-
lert ist, als die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen,
seine Überarbeitung angekündigt hat?

10. Inwiefern ist die AmR aufgefordert worden, in Gänze oder Teilen bestimm-
ten Vorgaben des BMVg zu folgen (bitte ggf. konkrete Ausführungen hierzu
machen)?
Inwiefern ist die Leitungsebene des BMVg in die Arbeit der AmR eingebun-
den, bzw. inwiefern nimmt die AmR Rücksprache mit der Leitungsebene
vor?

11. Steht die AmR auch zur Beratung hinsichtlich von Formulierungen in Reden
und Ansprachen zur Verfügung, und inwiefern gab es bislang entsprechende
Anfragen und Ratschläge (bitte vollständig anführen)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13356

12. Steht die AmR auch zur Beratung hinsichtlich des Umgangs mit Dritten, ins-

besondere Kameradschaftsvereinigungen, Reservistenvereinigungen und
Veteranenvereinigungen zur Verfügung, die Veranstaltungen mit Bezug zur
Wehrmacht innerhalb militärischer Liegenschaften durchführen wollen bzw.
Vertreter der Bundeswehr um Präsenz oder Unterstützung für derlei Veran-
staltungen bitten, und wenn ja, hinsichtlich welcher Vereinigungen ist eine
Beratung bereits erfolgt, wie lautete diese, und was sind die Grundzüge die-
ser Beratung?

13. Gab es in der Vergangenheit ähnliche Beratungsangebote durch das Militär-
geschichtliche Forschungsamt oder auf Basis einzelner Teilstreitkräfte oder
Organisationsbereiche usw., und wenn ja,
a) inwiefern ist deren Arbeit dokumentiert (bitte möglichst ausführlich dar-

stellen), und
b) wo genau waren diese eingerichtet, in welchem Zeitraum, und aus wel-

chen Gründen wurden sie wieder aufgelöst?
14. Ist der Bundesregierung bekannt, ob seitens des ZMSBw kritisiert wird, die

dortige Expertise werde vom BMVg zu wenig abgefragt bzw. zu wenig ge-
hört, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie hieraus?

15. Wie erklärt die Bundesregierung den Umstand, dass Vorgesetzte und Dienst-
stellenleiter 72 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus noch Ratschläge
brauchen, wie sie mit Wehrmachtsdevotionalien umgehen können?

16. Wie genau will das BMVg vorgehen, um den Traditionserlass zu überarbei-
ten (bitte ggf. Arbeitsprogramm beschreiben, Veranstaltungen, Expertenan-
hörungen und dergleichen nennen), und wie genau soll die Basis der Truppe
dabei einbezogen werden?
Welcher Zeitplan gilt dafür, und bis wann soll die Überarbeitung abgeschlos-
sen sein?

Berlin, den 14. August 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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