BT-Drucksache 18/13234

Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Ausfuhr von U-Booten nach Israel

Vom 26. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13234
18. Wahlperiode 26.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Annette Groth,
Inge Höger, Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der Fraktion
DIE LINKE.

Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Ausfuhr von U-Booten nach
Israel

Der geheim beratende Bundessicherheitsrat hat im Juni 2017 die Ausfuhr von drei
U-Booten des Rüstungskonzerns ThyssenKrupp Marine Systems nach Israel be-
schlossen („Bundesregierung genehmigt U-Boot-Deal“, SPIEGEL ONLINE vom
30. Juni 2017). Die Bundesregierung will, wie schon bei den vorherigen Liefe-
rungen, einen Zuschuss gewähren und ein Drittel der Kosten in Höhe von rund
1,5 Mrd. Euro übernehmen.
In Israel häufen sich hierzu Korruptionsvorwürfe. Die israelische Polizei ermittelt
seit mehreren Monaten im Zusammenhang mit geplanten, verhandelten oder ver-
einbarten Militärexporten von ThyssenKrupp Marine Systems an Israel. Dabei
geht es sowohl um die drei U-Boote als auch um vier Patrouillenschiffe/Korvet-
ten. Mindestens sechs Personen wurden am 10. und 11. Juli 2017 zum Zweck der
Vernehmung festgenommen, mehrere von ihnen wurden zeitweise unter Hausar-
rest gestellt („Verdächtige in Korruptionsaffäre verhört“, SPIEGEL ONLINE
vom 11. Juli 2017). Gegen sie besteht der Verdacht der Bestechung, des Betrugs,
der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung.
Der israelische Premierminister ließ dem SPIEGEL ONLINE zufolge über seinen
Botschafter in Berlin mehrmals im Kanzleramt, im Bundesministerium der Ver-
teidigung und im Auswärtigen Amt „intervenieren, um das Geschäft [mit den
U-Booten] endlich zu besiegeln“. Die Bundesregierung habe erst gezögert, dann
habe sie sich mit der Regierung auf ein „Memorandum of Understanding“ geei-
nigt. Darin sei eine Klausel enthalten, die der deutschen Bundesregierung das
Recht gibt, den Deal aufzukündigen, falls sich die Korruptionsvorwürfe bestäti-
gen. Die für Juli 2017 vorgesehene Unterzeichnung des U-Boot-Deals wurde nun-
mehr gestoppt („Submarine Scandal: Germany Postpones Deal Due to Israeli
Corruption Probe“, haaretz.com vom 18. Juli 2017).
Ein weiterer Korruptionsfall bei der Firma Israeli Aerospace Industries Ltd. (IAI)
könnte ebenfalls die Bundesregierung betreffen („Minister’s son arrested in Israel
Aerospace Industries corruption scandal“, jpost.com vom 22. März 2017). Gegen
die Firma, bei der die Bundesregierung zuungunsten des US-Konkurrenten Ge-
neral Atomics ihre Kampfdrohnen „Heron TP“ bestellen wollte, wird ermittelt.
Bislang wurden mindestens 20 führende Mitarbeiter von IAI verhört und teil-
weise von ihrer Tätigkeit suspendiert. In den Skandal involviert sind mehrere
Likud-Mitglieder sowie der Sohn des israelischen Wohlfahrtsministers Haim
Katz, der sich seit 2 Monaten im Hausarrest befindet. Ebenfalls verwickelt ist die

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Firma DruzNet, die Teile für die Drohne „Heron TP“ liefert („Israel Aerospace
Industries Corruption Scandal: Court Extends Detention of Two Key Figures by
One Day“, www.haaretz.com vom 16. März 2017).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwiefern und mit welchen Bedingungen trifft es, wie von „Haaretz“ berich-

tet, zu, dass der Bundessicherheitsrat die Ausfuhr von drei U-Boten nach Is-
rael genehmigt hat?
a) Welche Kosten oder Bürgschaften wollte die Bundesregierung für den

Deal übernehmen, und wer sind die Begünstigten?
b) Inwiefern ist über den Verkauf der drei U-Boote schon eine endgültige

Entscheidung gefallen, bzw. in welchem Stadium befinden sich die Ver-
handlungen derzeit?

c) Inwiefern trifft es zu, dass im Vertrag mit der israelischen Regierung bzw.
im „Memorandum of Understanding“ eine Klausel enthalten ist, die der
deutschen Bundesregierung das Recht gibt, den Deal aufzukündigen, falls
sich Korruptionsvorwürfe bestätigen?

d) Welche weiteren Bestimmungen enthält das „Memorandum of Under-
standing“ zu einem möglichen Rücktritt der Bundesregierung von dem
Vertrag?

2. Aus welchen Erwägungen hat die Bundesregierung den U-Boot-Deal, wie
von „Haaretz“ berichtet, gestoppt, und welche Absprachen wurden hierzu
mit der Regierung in Israel getroffen?

3. Inwiefern trifft es, wie vom „SPIEGEL ONLINE“ berichtet, zu, dass der is-
raelische Botschafter in Berlin mehrmals im Kanzleramt, im Bundesvertei-
digungsministerium und im Auswärtigen Amt intervenierte, um das Geschäft
mit den U-Booten „endlich zu besiegeln“?

4. Bei welchen Gelegenheiten (bitte konkret benennen) haben das Kanzleramt,
das Bundesverteidigungsministerium und das Auswärtige Amt mit der isra-
elischen Regierung bzw. der Botschaft über den Deal verhandelt?

5. Was ist der Bundesregierung über Korruptionsvorwürfe hinsichtlich verhan-
delter oder vereinbarter Militärexporte des deutschen Rüstungskonzerns
ThyssenKrupp Marine Systems an Israel bekannt?
a) Inwiefern war sie selbst von den Ermittlungen (auch als Zeugin) betrof-

fen?
b) Inwiefern hat die Bundesregierung in der Angelegenheit bereits Kontakt

zu ThyssenKrupp Marine Systems aufgenommen oder wurde von dem
Rüstungskonzern dazu angesprochen?

6. Inwiefern waren die Personen, gegen die in Israel ermittelt wird bzw. die
unter Hausarrest stehen, nach Kenntnis der Bundesregierung aktiv in die Ver-
handlungen mit der Bundesregierung oder ThyssenKrupp Marine Systems
eingebunden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13234
7. Was ist der Bundesregierung über die Verwicklung des israelischen Minis-
terpräsidenten Benjamin Netanjahu in den Korruptionsskandal bekannt
(„Evidence ThyssenKrupp bribed Israeli officials“, ynetnews.com vom
31. Januar 2017)?
a) Über welche eigenen oder von ThyssenKrupp Marine Systems übermit-

telten Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung zu einer Möglichkeit der
Bestechung, des Betrugs, der Geldwäsche und der Steuerhinterziehung im
Zusammenhang mit den Verkaufsabsichten von ThyssenKrupp Marine
Systems?

b) Um welche Informationen, die über die allgemein bekannten Pressemel-
dungen hinausgehen, hat die Bundesregierung die israelischen Behörden
zu den Ermittlungen gebeten, und welche Informationen wurden hierzu
mitgeteilt?

c) Inwiefern ist die Bundesregierung von israelischen Behörden um Unter-
stützung der Ermittlungen oder andere Formen der Amtshilfe gebeten
worden?

d) Sind der Bundesregierung entsprechende israelische Anfragen an andere
deutsche Stellen bekannt?

8. Inwiefern und mit welchen Ergebnissen hat die Bundesregierung insbeson-
dere auch vor dem Hintergrund möglicher finanzieller Unregelmäßigkeiten
im Kontext des U-Boot-Deals Kontakt zum ehemaligen Verteidigungsminis-
ter Israels Mosche Ja’alon, der gegen Benjamin Netanjahu den Vorwurf er-
hob, das Geschäft an ihm ebenso wie an IDF-Stabschef (IDF – Israelische
Verteidigungskräfte) Gadi Eisenkot vorbei durchgeboxt zu haben?

9. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, dass Israel bei Rüstungskäu-
fen im Ausland auf eine Vertragsklausel besteht, die es ausschließt, dasselbe
Waffensystem auch an ein anderes Land des Nahen Ostens zu verkaufen?
a) Sofern eine solche Klausel nach Kenntnis der Bundesregierung existiert,

aus welchem Grund bzw. auf Basis welcher Absprachen hat Thyssen-
Krupp Marine Systems vier U-Boote an die ägyptische Regierung ver-
kauft?

b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern und in welchem
Zusammenhang Benjamin Netanjahu seine Zustimmung zu dem Geschäft
mit Ägypten gegeben hat?

c) Welche Rolle hat die Bundesregierung bei den Gesprächen über die Auf-
hebung der üblichen Sperrklausel gespielt?

d) Sofern eine solche Genehmigung im Einvernehmen mit der Bundesregie-
rung erfolgte, inwiefern war hierin der Staatsanwalt Y. M. eingebunden?

e) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern der damalige
Verteidigungsminister Ja’alon einen leitenden Mitarbeiter seines Minis-
teriums, A. G., nach Deutschland geschickt hat, um in der Angelegenheit
Klarheit zu erlangen?

f) Mit welchen Angehörigen der Bundesregierung hat sich A. G. hierzu ge-
troffen?

10. Inwiefern trifft es, wie von israelischen Medien berichtet, zu, dass sich der
Repräsentant von ThyssenKrupp Marine Systems in Israel, M. G., Netanja-
hus Anwalt D. S. und der deutsche Botschafter in Israel, Dr. Clemens von
Goetze, im Dezember 2015 zu einem Essen trafen, um zwei Monate nach
einem Netanjahu-Besuch in Berlin unter anderen über den U-Boot-Deal zu
verhandeln (ynetnews.com vom 12. Juli 2017, „PM’s personal lawyer ques-
tioned in submarines investigation“?

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11. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, aus welchen Gründen derzeit

gegen A. G. und D. S. in Israel in Zusammenhang mit dem U-Boot-Deal er-
mittelt wird?

12. Bei welchen anderen wesentlichen Gelegenheiten war die Bundesregierung
am Aushandeln des Verkaufs von drei U-Booten und vier Korvetten an Israel
beteiligt (bitte die Daten und Teilnehmenden nennen)?

13. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Korruptions-
ermittlungen rund um die Verkäufe von drei U-Booten und vier Korvetten
an Israel, und inwiefern beobachtet sie die Einleitung neuer Ermittlungen zu
diesen Fällen?

14. Was ist der Bundesregierung im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf
von drei U-Booten über Ergebnisse einer internen Untersuchung zur mögli-
chen Korruption bei ThyssenKrupp Marine Systems bekannt, und inwiefern
hält sie diese für glaubhaft („Korruptionsverdacht bei deutschem U-Boot-
Deal“, dpa vom 28. Februar 2017)?

15. Inwiefern bewertet die Bundesregierung eine derartige interne Untersuchung
als ausreichend für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Thys-
senKrupp Marine Systems, sofern diese nicht durch eigene Ermittlungen von
Polizei und Justiz zumindest ergänzt und gegebenenfalls korrigiert werden?

16. Was ist der Bundesregierung über einen weiteren Korruptionsfall bei der
Firma IAI bekannt, und inwiefern könnte dieser ebenfalls die Bundesregie-
rung betreffen?

17. Inwiefern befinden sich unter den Personen, gegen die in Israel ermittelt
wird, nach Kenntnis der Bundesregierung auch Firmenvertreter oder Staats-
bedienstete, mit denen die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem ge-
planten Kauf von Drohnen im Kontakt stand?

Berlin, den 26. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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