BT-Drucksache 18/13227

Hochfliegende US-Langstreckendrohnen im deutschen und italienischen Luftraum

Vom 26. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13227
18. Wahlperiode 26.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Dr. Alexander S. Neu, Petra Pau, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Hochfliegende US-Langstreckendrohnen im deutschen und italienischen Luftraum

Im Rahmen der „European Reassurance Initiative“, mit der die USA mehr Trup-
penpräsenz gegenüber Russland demonstrieren wollen, hat die US-Luftwaffe mit
der drohnengestützen Aufklärung an der NATO-Ostgrenze begonnen (Bundes-
tagsdrucksachen 18/9940, 18/7706 und 18/6978). Zum Einsatz kommen Riesen-
drohne des Typs „Global Hawk“. Nach Angaben der Bundeswehr finden die Mis-
sionen über der Ostsee statt. Die mit optischen und radarbasierten Sensoren zur
Überwachung kleiner, beweglicher Ziele bestückten Drohnen starten auf Sizilien.
In einem eigens eingerichteten Korridor fliegen sie über Italien, Frankreich und
Deutschland. Wie nahe die Drohne dabei der russischen Grenze kommt, ist un-
klar. Die deutsche Freigabe für die Überflüge durch die US-Luftwaffe ist stets für
mehrere Monate befristet und wurde bereits mehrfach verlängert. Der genutzte
Korridor verläuft über den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-
Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklen-
burg-Vorpommern. Laut der Bundeswehr hält sich die „Global Hawk“ dabei auf
dem Hin- und Rückflug jeweils 85 Minuten im deutschen Luftraum auf. Für et-
waige Notlandungen sind die Militärflugplätze Nörvenich und Schleswig vorge-
sehen. Nach Angaben des Bundesministeriums der Verteidigung wurde der Be-
trieb der Aufklärungstechnik beim Transit über Deutschland „strikt untersagt“,
überprüfen wolle die Bundesregierung dies jedoch nicht. Da die „Global Hawk“
in Höhen von bis zu 15 Kilometern fliegen, könnte die US-Luftwaffe von der
Ostsee aus aus Sicht der Fragesteller nicht nur Russland, sondern auch die übrigen
Anrainerstaaten ausspähen.
Das US-Militär operiert derzeit mit zwei „Global Hawk“ von Sizilien. Sie bilden
die Vorhut einer Drohnenflotte der NATO, die ebenfalls fünf „Global Hawk“
auf dem Militärstützpunkt Sigonella stationieren will. Alle bestellten Drohnen
sollten noch im Jahr 2016 nach Italien überführt werden (Defense News vom
25. Januar 2016). Die erste vom US-Rüstungskonzern NORTHROP GRUM-
MAN CORPORATION bereits fertiggestellte Drohne trägt die militärische Ken-
nung „NATO 1“. Sie gehört zum Programm „Alliance Ground Surveillance“
(AGS).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Drohnen welcher Typen hat nach Kenntnis der Bundesregierung

das US-Militär derzeit an welchen Standorten in Deutschland stationiert, und
welcher Aufwuchs ist geplant (Bundestagsdrucksache 18/11113, Frage 1)?

2. Welches Ergebnis ist der Bundesregierung zur Ursache des Absturzes einer
US-Drohne im November 2014 in Hohenfels bekannt (Bundestagsdrucksa-
chen 18/11113, 18/4944, 18/5887)?

Drucksache 18/13227 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Welche Flüge der Riesendrohne des Typs GLOBAL HAWK hat die US-
Luftwaffe nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beantwortung der Bun-
destagsdrucksache 18/9940 von Sigonella kommend über deutschen Lufträu-
men vorgenommen (bitte Datum und Route der Flüge angeben)?

4. Inwiefern fanden die Flüge in dem vom Bundesministerium der Verteidi-
gung eingerichteten Korridor in Deutschland statt, und welche Störungen
oder Abweichungen sind der Bundesregierung bekannt?

5. Inwiefern wurde bei der Ankündigung der Flüge gegenüber dem Bundesver-
teidigungsministerium die Frist von mindestens 72 Stunden vor einem ge-
planten Überflug eingehalten bzw. welche Abweichungen von den vorgege-
benen Auflagen sind der Bundesregierung bekannt?

6. Wann hat das HQ USAFE zuletzt um eine Verlängerung der Überfluggeneh-
migung ersucht, und für welchen Zeitraum wurde diese zuletzt erteilt?

7. Inwiefern hat die Bundesregierung mittlerweile in Erfahrung gebracht, ob
eine Steuerung der GLOBAL HAWK der US-Luftwaffe über der Ostsee
bzw. die Nutzung erlangter Daten auch über die US-Basis in Ramstein er-
folgte bzw. erfolgen kann?

8. Sofern ihr weiterhin keine Kenntnisse darüber vorliegen, inwiefern beabsich-
tigt sie, dies über ihr Verbindungskommando der Bundeswehr, das in
Ramstein beim Oberbefehlshaber der US-Luftwaffe angesiedelt ist, in Erfah-
rung zu bringen?

9. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob im Rahmen des G20-Gip-
fels in Hamburg hochfliegende oder lang ausdauernde Drohnen Aufklä-
rungserkenntnisse lieferten, von wem wurden diese erhoben, und wo wurden
diese verarbeitet?

10. Wann im Jahr 2017 wurden oder werden die einzelnen, im Rahmen des
NATO AGS bestellten Drohnen des Typs GLOBAL HAWK nach Kenntnis
der Bundesregierung ausgeliefert und an den vorgesehenen Standort in Si-
gonella/Sizilien überführt?
a) Wann soll ihre Zulassung durch die italienischen Behörden erfolgen, und

welche militärische Kennung wird dann vergeben werden?
b) Soweit diese noch nicht festgelegt ist, wann soll hierüber entschieden wer-

den?
c) Sofern es in Italien weiterhin Probleme des Zulassungsprozesses gibt, wo-

rin bestehen diese?
11. Welche Flüge der NATO-Drohnen sind nach Kenntnis der Bundesregierung

bereits in Italien oder über dem Mittelmeer erfolgt?
12. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung die militärische Anfangs-

befähigung der GLOBAL HAWK der NATO weiterhin für Ende des Jahres
2017 und die volle militärische Einsatzbefähigung weiterhin für Ende des
Jahres 2018 geplant?
a) Wann erfolgt oder erfolgte die vertraglicher Abnahme (sog. site accep-

tance) der ersten NATO-Drohnen?
b) Wann begann oder beginnt die Einsatzprüfung für die einzelnen Drohnen,

und woraus bestehen deren zwei Stufen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13227

13. Inwiefern wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die einzelnen Kom-

munikations- und Auswertungskomponenten wie vorgesehen im Herbst des
Jahres 2016 nach Sigonella ausgeliefert, und worin bestehen diese?
a) Worin unterscheiden sich die sechs mobilen Bodenstationen und die zwei

transportablen Bodenstationen sowie die zwei verlegbaren Drohnen-Kon-
trollelemente (Bundestagsdrucksache 18/11023, Frage 20)?

b) Welche Produkte welcher Hersteller wurden für die Datenverbindung jen-
seits der Sichtlinie (Beyond Line of Sight) zwischen den einzelnen Ele-
menten des NATO AGS als militärisches Kommunikationsnetz ausge-
wählt?

14. Welche in dem von der Bundesregierung im April 2014 an die US-Regierung
übermittelten „Fragenkatalog“ aufgeworfenen Sachverhalte wurden aus
Sicht der Bundesregierung bislang nicht zufriedenstellend beantwortet?
a) Auf welche Weise bleibt die Bundesregierung zur Beteiligung von US-

Standorten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg am tödlichen
Drohnenkrieg des US-Militärs weiterhin „mit den US-Partnern […] in ei-
nem engen Austausch“ (Bundestagsdrucksache 18/11023)?

b) Welche Austausche oder Gespräche haben hierzu in 2017 zwischen dem
Auswärtigen Amt und der US-Regierung stattgefunden?

c) Welche weitergehenden Angaben wurden von US-amerikanischer Seite
bis heute insbesondere dazu gemacht, dass von der Basis in Ramstein eine
Reihe weiterer Aufgaben unterstützt werden, darunter die Planung, Über-
wachung, Auswertung von zugewiesenen Luftoperationen (auch mit be-
waffneten Drohnen)?

d) Da die US-Botschaft erklärt, von den für Drohneneinsätze benötigten
„Fernmelderelaisschaltungen“ würden „einige auch in Ramstein laufen“,
welche weiteren Standorte solcher Schaltungen wurden dem Auswärtigen
Amt für die Verkehre mitgeteilt, die über Ramstein geroutet werden?

e) Welche nunmehr fertiggestellte „Vorrichtung“ für Einsätze bewaffneter
oder unbewaffneter US-Drohnen ist nach Kenntnis der Bundesregierung
gemeint, mit der die US-Armee in Ramstein die „Verbesserung der bereits
zuvor vorhandenen Fernmeldeausstattung“ erzielt?

15. Wie viele deutsche Soldatinnen und Soldaten sind derzeit an Standorten des
AFRICOM stationiert?

16. Inwiefern hält die Bundesregierung auch unter dem neuen US-Präsidenten
Donald Trump ihre Haltung aufrecht, „aufgrund der langjährigen und ver-
trauensvollen Zusammenarbeit mit den USA gibt es für die Bundesregierung
keinen Anlass, an der entsprechenden Zusicherung der USA [dass Aktivitä-
ten in US-Militärliegenschaften in Deutschland im Einklang mit dem gelten-
den Recht erfolgen] zu zweifeln“?

Berlin, den 26. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.