BT-Drucksache 18/13225

Ausbildungsstätte für Grenzschutzbeamte in der Sahel-Region zur Kontrolle von Migration nach Libyen

Vom 26. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13225
18. Wahlperiode 26.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Ulla Jelpke, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der
Fraktion DIE LINKE.

Ausbildungsstätte für Grenzschutzbeamte in der Sahel-Region zur Kontrolle
von Migration nach Libyen

Die deutsche und die französische Regierung setzen sich dafür ein, in der Sahel-
Region eine Ausbildungsstätte der Europäischen Union für Grenzbeamte („une
école a vocation régionale pour la formation des personnels d’encadrement de la
sécurité intérieure) einzurichten (http://gleft.de/1ND). Sie soll Kräfte der soge-
nannten G5-Sahel-Staaten ausbilden, um die Migration über die Landgrenzen in
Richtung Libyen und die Europäische Union zu verhindern. Zu den G5-Sahel-
Staaten gehören Mauretanien, Mali, Niger, Burkina Faso und Tschad. Im Fokus
stehen vermutlich die afrikanischen Truppen der laufenden Einsätze in Mali und
Niger. Einen ähnlichen Vorschlag hatten die Innenminister Deutschlands und Ita-
liens zuvor an die Europäische Kommission gerichtet. Demnach solle die Euro-
päische Union stärker an der Grenze zum Niger präsent sein, um Geflüchtete
schon dort an der Überfahrt über das Mittelmeer zu hindern (Bundestagsdrucksa-
che 18/13067).
Möglicherweise handelt es sich bei dem Vorschlag auch um das „Sahel Security
College“, das bereits in den Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017 ge-
nannt war und demnach „unter umfassender Koordinierung mit anderen damit
zusammenhängenden Aktivitäten vor Ort“ errichtet und gefördert werden soll
(Ratsdokument 10137/17). Ebenfalls von der Europäischen Union unterstützt
wird die Schaffung einer „gemeinsamen Einsatztruppe“ („Force Conjointe“) der
G5-Sahel-Staaten. Zunächst 50 Millionen Euro sollen dazu dienen, „Terrorismus
und grenzüberschreitende Kriminalität, einschließlich Schleusung und Men-
schenhandel sowie Drogen- und Waffenschmuggel und -handel“ zu bekämpfen.
Dieser „Regionalisierungsansatz“ betont die „Stabilisierung Libyens“.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, auf welche Weise die Euro-

päische Union die Schaffung einer „gemeinsamen Einsatztruppe“ („Force
Conjointe“) der G5-Sahel-Staaten unterstützt?

2. Welche einzelnen EU-Mitgliedstaaten erbringen nach Kenntnis der Bundes-
regierung hierzu weitere, bilaterale Beiträge, und inwiefern sollen diese Ak-
tivitäten mit der „gemeinsamen Einsatztruppe“ verzahnt werden?

Drucksache 18/13225 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Um welche zivilen oder militärischen Einheiten handelt es sich bei der „ge-
meinsamen Einsatztruppe“ (bitte die jeweils verantwortlichen Bundesmini-
sterien nennen)?
a) Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, die „gemeinsame

Einsatztruppe“ in die MINUSMA-Mission der Vereinten Nationen zu in-
tegrieren?

b) Wer ist aus Sicht der Bundesregierung für die militärische und zivile Kon-
trolle der „gemeinsamen Einsatztruppe“ und die Verfolgung dort began-
gener Menschrechtsverletzungen verantwortlich?

4. Welchen Gesamtbetrag skizzieren die G5-Sahel-Staaten für die „gemein-
same Einsatztruppe“?

5. Auf welche Weise und mit welchen Maßnahmen könnte die „gemeinsame
Einsatztruppe“ aus Sicht der Bundesregierung auch der „Zerschlagung der
Geschäftsmodelle der Schleuser und Menschenhändler“ dienen (Schlussfol-
gerungen des Europäischen Rates vom 22. und 23. Juni 2017; bitte die Maß-
nahmen so konkret wie möglich benennen)?
a) Auf welche Weise und mit welchen Maßnahmen könnte die „gemeinsame

Einsatztruppe“ aus Sicht der Bundesregierung auch dazu beitragen, das
vorrangige EU-Ziel zur besseren „Kontrolle des Handels mit von ihnen
[Schleuser und Menschenhändler] verwendeter Ausrüstung“ zu verwirk-
lichen?

b) Welche „Ausrüstung“ ist hier aus Sicht der Bundesregierung konkret ge-
meint?

6. Auf welche Weise soll Libyen aus Sicht der Bundesregierung das im „Akti-
onsplan zur Unterstützung Italiens, zur Verringerung des Migrationsdrucks
und für mehr Solidarität“ der Europäischen Kommission vom 4. Juli 2017
geforderte gemeinsame Vorgehen „zur Verstärkung der Kontrollen an der
Südgrenze in Zusammenarbeit mit den Sahel-G5-Ländern und den Mitglied-
staaten“ umsetzen?
a) Welche Anstrengungen will die Bundesregierung zur Unterstützung des

Vorhabens unternehmen?
b) Auf welche Weise könnten die EU und die Mitgliedstaaten ihr Engage-

ment für Niger und Mali ausbauen, „um Migrationsbewegungen in Rich-
tung Libyen zu verhindern“?

7. Wann sollen die aus Mitteln der „Ertüchtigungsinitiative“ der Bundesregie-
rung verschenkten Lastkraftwagen, geländegängigen Pickups und Motorrä-
der an die nigrische Nationalgarde, Gendarmerie, Polizei und das Militär aus-
geliefert werden (Bundestagsdrucksache 18/13067, Antwort der Bundesre-
gierung zu Frage 1)?
a) Wo werden die aus Deutschland finanzierten Hangars für die von Frank-

reich im Jahr 2019 bereitzustellenden Hubschrauber errichtet?
b) Wo in Bamako sollen die zwei neuen Lehrgänge der EU-Militärmission

EUTM Mali für Offiziere der Militärs aus G5-Sahel-Staaten im Septem-
ber und Dezember 2017 stattfinden?

8. Auf welche Weise (politisch, organisatorisch, finanziell) setzt sich die Bun-
desregierung dafür ein, in der Sahel-Region eine Ausbildungsstätte der Eu-
ropäischen Union für Grenzbeamte (une école a vocation régionale pour la
formation des personnels d’encadrement de la sécurité intérieure) einzurich-
ten (http://gleft.de/1ND)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13225
9. Inwiefern handelt es sich bei dem Vorschlag um das „Sahel Security Col-
lege“, das bereits in den Schlussfolgerungen des Rates vom 19. Juni 2017
genannt war und demnach „unter umfassender Koordinierung mit anderen
damit zusammenhängenden Aktivitäten vor Ort“ errichtet und gefördert wer-
den soll (Ratsdokument 10137/17)?

10. Wo und mit wem wurde der Vorschlag zur Errichtung einer Ausbildungs-
stätte der Europäischen Union für Grenzbeamte in der Sahel-Region vorge-
tragen?
a) Welche zivilen oder militärischen Kräfte der G5-Sahel-Staaten oder ihrer

Anrainer sollen dort ausgebildet werden?
b) Welche Defizite der adressierten Behörden existieren aus Sicht der Bun-

desregierung, und wie könnten diese durch die Ausbildungsstätte der Eu-
ropäischen Union für Grenzbeamte ausgeglichen werden?

c) Welche Behörden der Bundesregierung wollen die Ausbildungsstätte mit
welchen Maßnahmen unterstützen, und wann sollen diese beginnen?

11. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, mit welchen Maßnahmen und
in welchen Programmen die Europäische Union die libysche Regierung darin
unterstützt, in Pilotprogrammen „moderne“ Polizeistationen aufzubauen,
und worin bestehen diese?

12. Inwiefern könnten in der Ausbildungsstätte auch libysche Behörden ausge-
bildet werden, und welche Vorschläge kursieren hierzu nach Kenntnis der
Bundesregierung bereits in Ratsarbeitsgruppen oder beim Europäischen
Auswärtigen Dienst?
a) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche „positiven Ent-

wicklungen in Bezug auf die [libysche] Präsidentengarde“ in den Schluss-
folgerungen des Rates für Auswärtige Angelegenheiten vom 17. Juli 2017
„begrüßt“ wurden?

b) Was ist der Bundesregierung über Pläne oder Überlegungen bekannt, dass
die Europäische Gendarmerietruppe EUROGENDFOR im Rahmen von
EUNAVFOR MED oder EUBAM Trainings für die libysche Präsiden-
tengarde abhalten könnte, etwa indem diese eine polizeiliche Kompo-
nente erhielte?

13. Von wo sollen EU-GSVP-Missionen zur „Regionalisierung“ in der Sahel-
Region koordiniert werden?

14. Aus welchen EU-Mitteln soll die „gemeinsame Einsatztruppe“ unterstützt
werden?
a) Sofern die Mittel aus dem Aktionsprogramm 2017-2018 für die Friedens-

fazilität für Afrika stammen sollen, wann und auf welchem Wege wurde
dies beschlossen?

b) Inwiefern ist es aus Sicht der Bundesregierung möglich, aus der Friedens-
fazilität für Afrika Missionen zu finanzieren, die von regionalen Organi-
sationen durchgeführt werden, die nicht der Afrikanischen Friedens- und
Sicherheitsarchitektur angehören?

15. Welche „Informationskampagnen zur Aufklärung vor den Risiken und Ge-
fahren irregulärer Migration“ werden von der Bundesregierung in Burkina
Faso, Mali und Niger unterstützt, und wer sind die Begünstigten (Bundes-
tagsdrucksache 18/13067, Antwort der Bundesregierung zu Frage 23)?

Drucksache 18/13225 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

16. Mit welchen Vertretern haben sich die Länder Ägypten, Libyen, Tunesien,

Österreich und Deutschland an dem EU-Afrika-Gipfel der Innenminister am
24. Juli 2017 in Tunis beteiligt („Avramopoulos urges more Europe-Africa
migrant cooperation“, ANSA vom 24. Juli 2017)?
a) Welche Verabredungen wurden auf dem Gipfel getroffen, und welche

Maßnahmen sollen folgen?
b) Welche der beteiligten Länder nehmen auf welche Weise an welchen der

Maßnahmen teil, und wer führt diese jeweils an?
c) Auf welche Weise sollen die jeweiligen Maßnahmen die Menschenrechte

und das Geschlechterverhältnis berücksichtigen?
d) Welche Informationskampagnen zur Aufklärung vor den Risiken und Ge-

fahren irregulärer Migration haben die Minister verabredet, und wer führt
diese durch?

Berlin, den 26. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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