BT-Drucksache 18/13194

Techniken zur Internetermittlung bei der Polizeiagentur Europol

Vom 20. Juli 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13194
18. Wahlperiode 20.07.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Inge Höger, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Techniken zur Internetermittlung bei der Polizeiagentur Europol

Zur Erleichterung von „Online-Ermittlungen“ hat die Polizeiagentur Europol
das Portal SIRIUS eingerichtet (Ratsdok. 9554/17). Es soll „Expertenwissen zu
Techniken der Internetermittlungen“ zentralisieren (Bundestagsdrucksache
18/12888) und die direkte, gesicherte Kommunikation zwischen den zuständigen
Behörden und den Diensteanbietern ermöglichen. Hintergrund sind die Bemü-
hungen der Europäischen Union, Verbesserungen der Verfahren zur freiwilligen
Kooperation zwischen in den USA ansässigen Providern und Strafverfolgungs-
behörden aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu finden und den Zu-
gang zu „elektronischen Beweismitteln“ zu erleichtern. In SIRIUS sammelt Eu-
ropol jetzt öffentliche Informationen über Möglichkeiten der Anfrage von Ver-
kehrs-, Bestands- und Inhaltsdaten bei den Providern sowie die zuständigen Kon-
taktstellen für etwaige Rechtshilfeersuchen.
Die Einrichtung einer solchen Plattform zu Zwecken des grenzüberschreitenden
Rechtshilfeverkehrs war von der Europäischen Kommission im „Project Team
e-EVIDENCE“, in dem die Mitgliedstaaten sowie der Europäische Daten-
schutzbeauftragte zusammen arbeiten, befördert worden (Bundestagsdrucksa-
che 18/12485, Antwort zu Frage 5). Beim ersten Treffen des Project Teams am
8. Mai 2017 war auch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucher-
schutz sowie eine Landesjustizverwaltung vertreten. Bereits vor Einrichtung des
Project Teams war das geplante Internetportal Gegenstand zweier Expertentref-
fen zwischen der Europäischer Kommission und den Mitgliedstaaten.
Auch die Cloud Evidence Group des Europarates will den Zugang zu „elektroni-
schen Beweismitteln“ erleichtern (Bundestagsdrucksache 18/12485, Antwort zu
Frage 15). Als mögliche Regelungsbereiche nennt die Bundesregierung die Stär-
kung der Rechtshilfe, die Zusammenarbeit mit ausländischen Service Providern
und einen klareren Rechtsrahmen. Ein Mandatsentwurf für das Ausarbeitungs-
verfahren und zu möglichen Inhalten eines Zweiten Zusatzprotokolls zur Cyber-
crime-Konvention wurde bereits an die Mitglieder des Cybercrime Convention
Committee (T-CY) übermittelt. Das Mandat soll bis 31. Dezember 2019 erteilt
werden. Zu den Maßnahmen der T-CY gehört die Einholung der Auffassung des
Europäischen Ausschusses für Strafrechtsfragen (CDPC) für das Zweite Zusatz-
protokoll zum Übereinkommen über Computerkriminalität. Anschließend soll
der Entwurf dem Ministerkomitee zur Annahme vorschlagen werden.

Drucksache 18/13194 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Auf Grundlage welcher US-Rechtsnormen dürfen deutsche Strafverfol-
gungsbehörden bei Internetdiensteanbietern in den USA
a) Bestandsdaten,
b) Verkehrsdaten,
c) Inhaltsdaten
abfragen (bitte die jeweilige Rechtsgrundlage und Kontaktstellen angeben)?

2. Was ist der Bundesregierung über die teilnehmenden Behörden und Dienste-
anbieter am Europol-Portal SIRIUS bekannt, und wann soll dieses einsatz-
bereit sein?

3. Welche Informationen über Möglichkeiten der Anfrage von Verkehrs-, Be-
stands- und Inhaltsdaten bei den Providern sowie die zuständigen Kontakt-
stellen für etwaige Rechtshilfeersuchen sind bei SIRIUS bereits benannt?

4. Welche der auf Bundestagsdrucksache 18/4286 genannten Maßnahmen des
Operational Action Plans (OAP) „Cyberangriffe“ haben sich nach Kenntnis
der Bundesregierung ebenfalls mit Möglichkeiten zum Aufbau einer Platt-
form zur Erleichterung der Herausgabe „elektronischer Beweismittel“ be-
fasst, und welche Ergebnisse sind der Bundesregierung dazu bekannt?

5. Welche Gelder aus welchen Finanzmitteln stellt die Europäische Union nach
Kenntnis der Bundesregierung für Trainingsmaßnahmen zur Erleichterung
der Herausgabe „elektronischer Beweismittel“ zur Verfügung, und wer sind
die Adressaten?

6. Welche Open-Source-Recherchemöglichkeiten im Internet sowie Software-
Tools zu Recherchen im Internet werden nach Kenntnis der Bundesregierung
bei Europol genutzt, bzw. welche entsprechenden Werkzeuge wurden dem
Bundeskriminalamt (BKA) im Rahmen gemeinsamer Projekte (etwa der „In-
ternetauswertungskoordinierungsgruppe“) zur Internetauswertung bekannt?

7. Welche Open-Source-Recherchemöglichkeiten im Internet sowie Software-
Tools zu Recherchen im Internet werden im BKA genutzt?

8. Welche neueren Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Frage, inwiefern
bei Europol Anwendungen zum „Data-Mining“ oder „Wissensmanagement“
eingesetzt werden (Bundestagsdrucksachen 17/3143, 17/11582, 18/571), und
über welche Funktionen verfügt die jeweilige Soft- bzw. Hardware?
a) An welchen Vorführungen von Produkten welcher Hersteller hat das

BKA im Rahmen seiner Marktbeobachtung zu „Data Mining“ teilgenom-
men (Bundestagsdrucksache 18/571, Antwort zu Frage 17)?

b) Welche Tests hat das BKA durchgeführt, und welche Testberichte wurden
angefordert?

9. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern und auf welche
Weise Europol nach der Integration der FIU.net (Financial Intelligence
Units) einen Abgleich von FIU-Daten mit Daten seiner „Focal Points“ vor-
nimmt, um damit neue Erkenntnisse und Ermittlungsansätze zu gewinnen
(Bundestagsdrucksache 18/11111, Antwort zu Frage 18)?

10. Wo soll nach derzeitigem Stand die „Plattform für den Informationsaus-
tausch von Strafverfolgungsbehörden“ (IXP) organisatorisch und administ-
rativ angesiedelt werden, und welche Haltung vertritt die Bundesregierung
dazu (Bundestagsdrucksache 18/571, Antwort zu Frage 24)?

11. Was ist der Bundesregierung über den Inhalt einer „Intelligence Notifica-
tion” von Europol zur Nutzung von Facebook für „Migrantenschmuggel“
über das Mittelmeer und die Ägäis bekannt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13194

12. Welche weiteren Treffen des „Project Team e-EVIDENCE“ haben nach

Kenntnis der Bundesregierung stattgefunden, welche Maßnahmen wurden
dort behandelt, und wer nahm daran teil?

13. Welche Treffen haben seit der Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/6699
in dem vom BKA geleiteten Projekt „Internetauswertungskoordinierungs-
gruppe“ bei Europol stattgefunden, und welche Behörden und Firmen (nicht
nur aus der Europäischen Union) nahmen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung daran teil?
a) Inwiefern stand dabei der Erfahrungsaustausch zu den Möglichkeiten der

Zusammenarbeit mit Anbietern von Kommunikationsplattformen auf der
Agenda, etwa zur Herausgabe „elektronischer Beweismittel“ von sozialen
Netzwerken und Messengerdiensten?

b) Welche Zusammenarbeitsformen mit Anbietern von Kommunikations-
plattformen im Internet wurden vereinbart oder anvisiert?

c) Welche Beiträge haben deutsche Behörden bei den Treffen gehalten?
d) Auf welche Weise wird das Projekt bzw. werden dessen Ziele durch Eu-

ropol unterstützt?
e) Inwiefern haben nach Kenntnis der Bundesregierung mittlerweile Treffen

des Projekts „Maßnahmen gegen inkriminierte Kommunikationsplattfor-
men“ stattgefunden, und was wurde dort besprochen (Bundestagsdruck-
sache 18/6699, Antwort zu Frage 22)?

14. Was ist der Bundesregierung aus der „Internetauswertungskoordinierungs-
gruppe“ oder anderen Zusammenarbeitsformen darüber bekannt, welche EU-
Mitgliedstaaten ihren Polizeien oder Geheimdiensten den „Fernzugriff“ mit
Trojaner-Programmen (auch als „lawful hacking“ oder „remote access“ be-
zeichnet) auf Server erlauben, die sich nicht in ihrem Hoheitsgebiet befinden?

15. Welche neuen Regelungen sollte ein Zweites Zusatzprotokoll zur Cyber-
crime-Konvention des Europarates zur Stärkung der Rechtshilfe, zur Zusam-
menarbeit mit ausländischen Providern und zu einem klareren Rechtsrahmen
aus Sicht der Bundesregierung enthalten?

16. Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung auch die Herausgabe von Inhalts-
daten von Providern, die sich auf dem Hoheitsgebiet der USA befinden, ver-
einfacht werden?

17. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung der Europäischen Kom-
mission, dass der Abbau der Roamingkosten in der Europäischen Union neue
Herausforderungen bei der Überwachung der Telekommunikation bzw. der
Herausgabe „elektronischer Beweismittel“ zur Folge hat (http://gleft.de/
1Nf)?

18. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der gegenwärtige Stand der Ver-
handlungen eines operativen Kooperationsabkommens zwischen Europol
und Israel, das auch den Austausch personenbezogener Daten einbezieht
(Bundestagsdrucksache 18/571, Antwort zu Frage 27)?
a) Welche Entscheidung hat der Europol-Verwaltungsrat zum Entwurf des

Abkommens getroffen?
b) Welche Informationen sollen im Rahmen des Abkommens getauscht wer-

den?
c) Auf welche Daten hätten israelische Behörden demnach Zugriff?
d) Wie lange würden die Daten in Israel gespeichert?
e) Aus welchen Erwägungen begrüßt die Bundesregierung die Aufnahme

der Kooperationsverhandlungen zwischen Europol und Israel?

Drucksache 18/13194 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

19. Was kann die Bundesregierung über das Ergebnis der Prüfung einer Notwen-

digkeit eines „Compromised Data Clearing House“ für Internetnutzer mittei-
len, die vom BKA und den Niederlanden geleitet wurde und an der Europol,
Interpol sowie Computer Emergency Response Teams teilnahmen (Bundes-
tagsdrucksache 18/4286)?

Berlin, den 19. Juli 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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