BT-Drucksache 18/13047

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/11528, 18/12999 - Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur (Netzentgeltmodernisierungsgesetz)

Vom 30. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13047

18. Wahlperiode 30.06.2017

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Oliver Krischer, Dr. Julia Verlinden, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung

– Drucksachen 18/11528, 18/12999 –

Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur
(Netzentgeltmodernisierungsgesetz)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass die vermiedenen Netzentgelte
schrittweise abgeschafft werden. Während der Referentenentwurf aus dem November
2016 noch eine Ermächtigungsgrundlage zur bundesweiten Vereinheitlichung der
Netzentgelte enthielt, fehlt diese im Gesetzesentwurf und wird jetzt durch eine Ver-
ordnungsermächtigung ersetzt. Das Gesetzt erlaubt das Vorhalten und den Einsatz von
„besonderen netztechnischen Betriebsmitteln für sogenannte kurative Maßnahmen“
zur Erhaltung der Netzstabilität (also auch Gaskraftwerke). Zwar ist die Bundesnetz-
agentur (BNetzA) vor der Ausschreibung einzubinden, sie hat jedoch keine explizite
Kontrollkompetenz. Die Kosten für diese „Betriebsmittel“ – also auch das Vorhalten
von Gaskraftwerken – werden durch diese Gesetzesänderung auf das Netzentgelt um-
gelegt werden können. Außerdem wird eine neue Umlage für die Offshore-Netzanbin-
dung geschaffen und diese Kosten aus den Netzkosten herausgenommen.

Der Gesetzentwurf lässt eine echte Modernisierung der Netzentgelte vermissen. Rege-
lungen zur Umgestaltung des Netzentgeltsystems sucht man vergeblich. Aufgrund der
zunehmenden fluktuierenden Energiequellen im Stromsystem wäre es aber erforder-
lich, systemdienliches Abnahmeverhalten anzureizen. Dazu hätte es einer Umgestal-
tung der Netzentgeltprivilegien bedurft.

Stattdessen sieht der Gesetzentwurf lediglich eine Verordnungsermächtigung zur Ver-
einheitlichung der Übertragungsnetzentgelte vor und schreibt diese nicht im Gesetz
selbst fest. Die Verordnungsermächtigung verlagert damit die konkrete Ausgestaltung
der Regelung auf die Verwaltungsebene, wo sie nicht hingehört. Damit ist es für das
Parlament nicht mehr möglich, Einfluss darauf zu nehmen, welche Netzentgeltbe-
standteile tatsächlich Bundeseinheitlich umgelegt werden und welche nicht.

Drucksache 18/13047 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die im Gesetz formulierten Zeithorizonte zur Ausgestaltung und Umsetzung eines ein-
heitlichen Übertragungsnetzentgelts greifen zu kurz und verschieben einen Erfolg der
Regelung in zu weite Zukunft. Zudem handelt es sich lediglich um Empfehlungen,
denen der Verordnungsgeber nicht folgen muss. Es ist damit zu befürchten, dass sich
die Ausgestaltung und Umsetzung auf unbestimmte und für das Parlament nicht be-
einflussbare Zeit verschiebt. Es besteht zudem das Risiko, das nicht alle Übertragungs-
netzkostenbestandteile (zeitnah) vereinheitlicht werden.

Die Regelung zum Einsatz von „besonderen netztechnischen Betriebsmitteln für soge-
nannte kurative Maßnahmen“ zur Erhaltung der Netzstabilität erlaubt das Vorhalten
von Reserveleistungen, beispielsweise von Gaskraftwerken. Eine Kontrolle durch die
Bundesnetzagentur der dadurch entstehenden Kosten sieht das Gesetz nicht vor. Da
diese Kosten aber auf die Stromkunden umgelegt werden, hätte es zwingend einer
Kontrollinstanz bedurft, um ein Ausufern dieser Kosten zu verhindern.

Statt echte Transparenz in die Netzentgeltstruktur zu bringen, wird zudem ein Teil der
Übertragungsnetzentgelte, nämlich die Kosten für die Offshore-Netzanbindung, her-
ausgelöst und wird eine weitere Umlage, ähnlich der KWK-Umlage, geschaffen.

Der Gesetzentwurf sieht die schrittweise Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte
bis zum Jahr 2023 vor, ohne für die hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung eine Kom-
pensation zu schaffen.

Dabei ist es vor dem Hintergrund der bestehenden Klimaschutzzusagen der Bundesre-
gierung notwendig, den Bestand an klimaschonenderen KWK-Anlagen auf Basis von
Erdgas, Biogas oder anderen erneuerbaren Energien zu sichern und die zusätzliche
Installation von ebensolchen KWK-Anlagen zu ermöglichen. Doch durch die langwie-
rigen und zweimaligen Änderungen des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) hat
die Große Koalition in der laufenden Legislaturperiode bereits für erhebliche Verun-
sicherung und zusätzliche Hürden für die Betreiberinnen und Betreiber von Kraft-
Wärme-Kopplungsanlagen gesorgt. Die Bedingungen für den Ausbau der klimascho-
nenden KWK haben sich dadurch bereits erheblich verschlechtert.

Der vorliegende Gesetzentwurf zementiert so den von der Bundesregierung einge-
schlagenen Weg. Insbesondere der Wegfall der vermiedenen Netzentgelte gefährdet
die Wirtschaftlichkeit von KWK-Anlagen und wird den Ausbau von klimaschonender
KWK weiter einschränken.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den Gesetzentwurf für die Modernisierung der Netzentgelte so zu ändern, dass er fol-
gende Anforderungen erfüllt:

1. Netzentgeltprivilegien müssen reduziert und so umgestaltet werden, dass private
Verbraucherinnen und Verbraucher entlastet werden und eine echte Flexibilisie-
rung der Netznutzung sowie systemdienliches Abnahmeverhalten angereizt wer-
den.

2. Um die Kosten für den Ausbau des Stromübertragungsnetzes gerechter zu vertei-
len, bedarf es eines bundeseinheitlichen Übertragungsnetzentgelts. Die vorgese-
hene Verordnungsermächtigung muss durch eine gesetzliche Regelung für ein
bundesweit einheitliches Netzentgelt auf Übertragungsnetzebene ersetzt werden,
die alle Netzentgeltbestandteile umfasst und zeitnah umgesetzt wird.

3. Eine Gasreserve ohne jegliche Kontrolle durch die BNetzA ist abzulehnen.
4. Bei einer Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte bedarf es einer Kompensa-

tionsmaßnahme für die KWK.

Berlin, den 30. Juni 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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