BT-Drucksache 18/13012

zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Dr. Konstantin von Notz, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/12804 - Freiwilligendienste ausbauen und weiterentwickeln, Engagement anerkennen und attraktiver machen

Vom 28. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/13012
18. Wahlperiode 28.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Dr. Konstantin von Notz,
Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN
– Drucksache 18/12804 –

Freiwilligendienste ausbauen und weiterentwickeln, Engagement anerkennen
und attraktiver machen

A. Problem
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt in ihrem Antrag fest, freiwilliges
Engagement sei der Kern einer lebendigen Zivilgesellschaft und stärke das Rück-
grat der Demokratie. Freiwilligendienste seien eine besondere vertraglich gebun-
dene und zeitlich befristete Form des Engagements. Sie dienten nicht nur dem
Gemeinwohl, sondern fungierten auch als Bildungs- und Orientierungszeit für die
Freiwilligen. Man wolle, dass jeder junge Mensch die Chance auf einen Freiwil-
ligendienst in dem Bereich seiner Wahl habe.

Entsprechend der hohen Nachfrage fordere man die Förderung von 100.000 zu-
sätzlichen Freiwilligendienstplätzen für unter 27-Jährige. Allen unter 27-Jährigen
solle nach dem freiwilligen Jahr ein Bonus von 1.500 Euro für den Start ins Leben
gezahlt werden. Mit einer Informations- und Imagekampagne für alle Freiwilli-
gendienstformate sollten bisher unterrepräsentierte Zielgruppen gezielt angespro-
chen und auf den Nutzen für die Gesellschaft, die Chancen und den persönlichen
Mehrwert eines Freiwilligendienstes mit erweitertem Bildungs- und freiwilligem
Coaching-Programm aufmerksam gemacht werden. Freiwilligendienste müssten
u. a. durch Teilzeitmöglichkeiten und passgenaue Begleitprogramme insbeson-
dere für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf stärker geöffnet wer-
den.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Drucksache 18/13012 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kosten wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/13012
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/12804 abzulehnen.

Berlin, den 28. Juni 2017

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Paul Lehrieder
Vorsitzender

Ingrid Pahlmann
Berichterstatterin

Svenja Stadler
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Kordula Schulz-Asche
Berichterstatterin

Drucksache 18/13012 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Ingrid Pahlmann, Svenja Stadler, Jörn Wunderlich und
Kordula Schulz-Asche

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/12804 wurde in der 240. Sitzung des Deutschen Bundestages am 22. Juni 2017
dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung und dem Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In dem Antrag wird festgestellt, dass freiwilliges Engagement der Kern einer lebendigen Zivilgesellschaft sei und
das Rückgrat der Demokratie stärke. Freiwilligendienste seien eine besondere vertraglich gebundene und zeitlich
befristete Form des Engagements. Sie dienten nicht nur dem Gemeinwohl, sondern fungierten auch als Bildungs-
und Orientierungszeit für die Freiwilligen. Sie führten zu Begegnungen zwischen Menschen, die sich sonst nie
treffen würden, und schafften neue Horizonte. Sie ermöglichten es auch, dass junge Menschen ins Ausland gingen
(Outgoing) oder aus dem Ausland nach Deutschland kämen (Incoming). Dadurch werde der Effekt des Vonei-
nanderlernens und des interkulturellen Austausches verstärkt.

Angebote zum freiwilligen Engagement sollten allen gesellschaftlichen Gruppen offenstehen. Freiwilligendienste
müssten inklusiver werden. Hierzu gehörten Teilzeitmöglichkeiten und passgenaue Begleitprogramme; insbeson-
dere für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf. Bisher würden Menschen mit Behinderungen, die Frei-
willigendienste absolvieren wollten, auch durch die Vorgaben des Bundesteilhabegesetzes daran gehindert. Mit
gezielter Information, Ansprache und finanzieller Förderung wolle man dafür sorgen, dass jede und jeder seine
Chance ergreifen könne.

Den Freiwilligendienst nach der Schule oder der Ausbildung nutzten viele junge Menschen, um sich zu orientie-
ren, sich auszuprobieren und eine Idee für den weiteren Lebensweg zu bekommen. Um den Orientierungscharak-
ter zu stärken und jeden Einzelnen bei der weiteren Lebensplanung zu unterstützen, solle das begleitende Bil-
dungsprogramm qualitativ aufgewertet und durch zusätzlich finanzierte Bildungstage für ein freiwilliges
Coaching ergänzt werden. Hierzu gehörten Angebote zur Berufsfindung, Ausbildungs- und Studienplanung.

Im Rahmen eines Runden Tisches solle der Bund gemeinsam mit den Ländern, Kommunen, Vertretern der Hoch-
schulrektorenkonferenz und dem Bundesinstitut für Berufsbildung sowie Vertretern der Träger, der Freiwilligen
und der Zivilgesellschaft Maßnahmen zur Stärkung der sozialen sowie inklusiven Öffnung der Freiwilligendienste
und der Anerkennungskultur erarbeiten.

Freiwilligendienste seien in den Händen der Zivilgesellschaft am besten aufgehoben. Die Träger seien die Quali-
tätsgaranten der jeweiligen Freiwilligendienste. Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips sollte deshalb das zivilgesell-
schaftliche Trägerprinzip in den Jugendfreiwilligendiensten bewahrt und im Bundesfreiwilligendienst und in den
internationalen Freiwilligendiensten gestärkt werden.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

1. entsprechend der hohen Nachfrage 100.000 auf alle Formate verteilte zusätzliche Freiwilligendienstplätze
für unter 27-Jährige zu fördern und allen unter 27-Jährigen nach dem freiwilligen Jahr einen Bonus von
1.500 Euro für den Start ins Leben zu zahlen. Mit einer Informations- und Imagekampagne für alle Freiwil-
ligendienstformate sollten gezielt bisher unterrepräsentierte Zielgruppen angesprochen und auf den Nutzen
für die Gesellschaft, die Chancen und den persönlichen Mehrwert eines Freiwilligendienstes mit erweitertem
Bildungs- und freiwilligem Coaching-Programm aufmerksam gemacht werden;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/13012
2. gemeinsam mit den Ländern, Kommunen, Vertretern der Hochschulrektorenkonferenz und dem Bundesin-

stitut für Berufsbildung sowie Vertretern der Träger und der Zivilgesellschaft einen Runden Tisch zur Stär-
kung der sozialen sowie inklusiven Öffnung der Freiwilligendienste und der Anerkennungskultur einzube-
rufen. Hierbei sollten Vorschläge zu folgenden Fragestellungen geprüft und erarbeitet werden:

– welche Anreize und Unterstützungsangebote notwendig und hilfreich seien, um bislang in den Freiwil-
ligendiensten unterrepräsentierte Gruppen für einen Freiwilligendienst zu gewinnen,

– wie im Freiwilligendienst erworbene Kompetenzen als Ausbildungs- oder Studienleistungen anerkannt
und zertifiziert werden könnten und ob bzw. wie ein Jahr Freiwilligendienst zukünftigen Studierenden
ein zusätzliches drittes Wartesemester und einen bevorzugten Zugang zu einem Auslandsemester oder
einem Auslandspraktikum mit Erasmus Plus bringen könne,

– wie ein einheitlicher Freiwilligenausweis mit Vergünstigen bei bundesweit relevanten Anbietern von
Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen und ÖPNV ermöglicht werden könne und wie vorhandene
Angebote von Vergünstigungen – insbesondere im öffentlichen Nahverkehr und bei der Deutschen
Bahn AG – ausgebaut, bekannt und transparenter gemacht werden könnten;

3. das Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst und das Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten
(JFDG) so zu reformieren, dass bürokratische Hürden und der Verwaltungsmehraufwand für die Träger und
Zentralstellen verschiedener Freiwilligendienstformate minimiert würden und damit folgende Punkte umzu-
setzen:

– Träger- und Subsidiaritätsprinzip stärken und Bürokratie abbauen: Es sei eine Vereinfachung und An-
gleichung des Antrags- und Abrechnungsverfahrens sowie eine möglichst einheitliche Finanzierung
(Fördermittelbeantragung und Nachweisführung) für die unterschiedlichen Freiwilligendienstformate
notwendig. Administrative Vorgaben für die Beantragung und Abrechnung der Zusatzförderung von
Freiwilligen mit besonderem Förderbedarf und sog. Incomern müssten erleichtert werden, um den Ver-
waltungsaufwand in Grenzen zu halten. Der Katalog der zuwendungsfähigen Ausgaben solle um Be-
werbungs- und Vermittlungsverfahren sowie die Einsatzstellenakquise ergänzt werden. Die Rechte und
Pflichten von Trägern im Bundesfreiwilligendienst müssten gesetzlich verankert werden.

– Freiwilligendienst inklusiv ausgestalten: Für Menschen mit Behinderungen, zur Vereinbarkeit von ge-
sellschaftlichem Engagement und Familie und für Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf
müsse der Freiwilligendienst in Teilzeit ermöglicht werden. Assistenzleistungen für Menschen mit Be-
hinderungen sollten, vorranging als Leistung des Bundesteilhabegesetzes, ermöglicht werden. Darüber
hinaus sei ein stigmatisierungsfreier und niedrigschwelliger Zugang für Jugendliche aus schwierigen
Lebensverhältnissen notwendig. Geflüchteten müsse es unabhängig von der individuellen Bleibeper-
spektive und dem Format des Freiwilligendienstes möglich sein, an einem Freiwilligendienst teilzuneh-
men.

– Das Bildungsprogramm qualitativ weiterentwickeln und mit einem Coaching-Programm ergänzen: Trä-
ger und verbandliche Zentralstellen sollten als Kompetenzzentren für die gesamte pädagogische Bil-
dungsarbeit wirken und müssten entsprechend finanziell ausgestattet werden. Dafür sei eine Umschich-
tung der bisherigen Fördermittel notwendig. Anstatt zentralisierte Doppelstrukturen zu fördern, die die
Trägerorganisationen in ihren Gestaltungsmöglichkeiten einschränkten, sollten die Organisationen da-
rin gefördert werden, die politische Bildung in ihr pädagogisches Gesamtkonzept zu integrieren. Die
Träger sollten prüfen, ob mitunter eine zielgruppenspezifische Seminararbeit – beispielsweise für Ge-
flüchtete – sinnvoll sei. Die isolierte Seminarwoche „Politische Bildung“ an einem Bildungszentrum
des Bundes müsse abgeschafft bzw. in die Verantwortung der zivilgesellschaftlichen Zentralstellen und
ihrer Träger gegeben werden. Für junge Menschen unter 27 Jahren solle das begleitende Bildungspro-
gramm der Träger durch ein freiwilliges Orientierungscoaching ergänzt werden. Hierzu gehörten An-
gebote zur Berufsfindung, Ausbildungs- und Studienplanung.

– Leitlinien zur Arbeitsmarktneutralität: Viele Träger und Zentralstellen befänden sich mit den Gewerk-
schaften in einem fachlichen Diskurs zur Verständigung von Leitlinien zur Arbeitsmarktneutralität. De-
ren Erarbeitung und Einhaltung solle darüber hinaus jedoch verbindlich gesetzlich geregelt werden. Für

Drucksache 18/13012 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Freiwillige und Mitarbeitende in den Einsatzstellen seien unabhängige Ombuds- und Beschwerdestel-
len einzurichten, an die Verstöße niedrigschwellig gemeldet werden könnten.

– Partizipation verbessern und die Alumni-Arbeit ausbauen: Freiwilligendienstleistende sollten neben
dem begleitenden Bildungsprogramm auch strukturell zugesicherte Partizipations- und Einflussmög-
lichkeiten in den Einsatzstellen erhalten. Das System der Sprecherinnen und Sprecher im Bundesfrei-
willigendienst müsse dringend reformiert werden, um echte Wirkung der Partizipation entfalten zu kön-
nen. Vorbild sei hier das FÖJ, das seit seiner Gründung 1986 als Maßnahme der Demokratiebildung
und zur Förderung der Gestaltungskompetenz für bürgerschaftliches Engagement konzipiert sei. Dies
betreffe insbesondere die Übergabe und den Wissenstransfer nach Neuwahl der Sprecherinnen bzw. der
Sprecher. Trägerorganisationen sollten die Teilnehmerinnen auch nach Abschluss des Freiwilligen-
dienstes begleiten. Hierfür müssten entsprechende Mittel und Infrastruktur bereitgestellt werden. Eine
strukturierte Rückkehr- bzw. Ehemaligenarbeit biete sich beispielsweise durch Kooperationen mit be-
stehenden Freiwilligenbörsen oder die Weitervermittlung an Gruppen der eigenen Organisation am ak-
tuellen Lebens- oder zukünftigen Studienort an.

– Taschengeld innerhalb einer Einsatzstelle angleichen: Unabhängig von dem jeweiligen Freiwilligen-
dienstformat sollten innerhalb einer Einsatzstelle einheitliche Taschengelder ausgezahlt werden;

4. in allen Freiwilligendienstformaten adäquate Rahmenbedingungen für Freiwilligendienstleistende aus dem
Ausland (Incoming) zu schaffen. Die Zahl der geförderten Einsatzmöglichkeiten in Freiwilligendiensten für
Interessierte aus dem Ausland solle sich den Zahlen derjenigen Deutschen, die für ihren Freiwilligendienst
ins Ausland (Outgoing) gingen, anpassen. Die pädagogische Begleitung, Vor- und Nachbetreuung im Aus-
land sei anzuerkennen bzw. zu ermöglichen. Für Drittstaatsangehörige müssten die Visavergabeprozesse
deutlich erleichtert und vereinheitlicht werden;

5. die internationalen Freiwilligendienste zu stärken. Dafür solle in den Richtlinien der entsprechenden Pro-
gramme das Subsidiarität- und Trägerprinzip verbindlich implementiert und wohlwollend umgesetzt werden.
Die Verantwortung und Kompetenz für die Umsetzung der Programme liege bei den zivilgesellschaftlichen
Akteuren. Die Bildungsarbeit und pädagogische Begleitung solle in die vollständige Verantwortung der Trä-
ger überführt werden. Unterschiedliche Ansätze in der Bildungsarbeit und Profile von Partnerschaften hätten
ihre Berechtigung. Der Charakter der internationalen Freiwilligendienste als informelle Lerndienste müsse
einschließlich ihres Beitrags zur Emanzipation jungen Menschen erhalten werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner Sitzung am 28. Juni 2017
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. und eines Abgeordneten aus der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat in seiner Sitzung am 28. Juni 2017
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung des Antrags auf Drucksache 18/12804.

Der Ausschuss hat die Vorlage in seiner 97. Sitzung am 28. Juni 2017 beraten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärte, der Antrag sei ein Resultat des Freiwilligensurveys. Die
Zahl derjenigen jungen und alten Menschen, die sich im Rahmen von Freiwilligendiensten für die Gesellschaft
engagierten, sei unglaublich, sie leisteten Hervorragendes.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/13012
Junge Menschen wüssten nach Abschluss ihrer Ausbildung häufig noch nicht, was sie machen wollten. Für sie
biete ein Freiwilligendienst die Möglichkeit einer Orientierung. So gesehen habe eine solche Arbeit nicht nur
einen gesellschaftlichen, sondern auch einen individuellen Wert, der sich langfristig aber auch gesellschaftlich
positiv bemerkbar machen werde. Deshalb plädiere man dafür, die Zahl der Freiwilligendienstplätze in der Al-
tersgruppe unter 27 Jahren um 100.000 zu erhöhen.

Der Freiwilligensurvey habe aufgezeigt, dass es bei den jungen Menschen mit Migrationshintergrund im Hinblick
auf Freiwilligendienste noch eine Unterrepräsentanz gebe. Für diese Gruppe sei ein Orientierungsjahr von ganz
besonderer Bedeutung. Um dieses Orientierungsjahr nicht in Konkurrenz zu der Notwendigkeit, Geld zu verdie-
nen, treten zu lassen, schlage man die Einführung eines Startgeldes von 1.500 Euro am Ende des Einsatzes vor.
Darüber hinaus fordere man einen Runden Tisch zur Stärkung der sozialen und inklusiven Öffnung der Freiwil-
ligendienste und zur Ausarbeitung einer Anerkennungskultur.

Im Übrigen spreche sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen Freiwilligendienste in staatlicher Hand
aus. Stattdessen setze man auf das Träger- und Subsidiaritätsprinzip. Ein weiteres Problem sei mit dem Stichwort
Inklusion verbunden. Inklusion sei in einigen Bereichen bereits sehr gut gelöst, generell aber noch nicht gewähr-
leistet. Weiter wolle man Bildungsangebote und persönliche Coachingprogramme ausweiten, um jedem Interes-
sierten ein Orientierungsjahr anbieten zu können.

Zur Ausweitung des Platzangebots gehöre auch das Thema Arbeitsmarktneutralität. Hier müssten klare Regelun-
gen und Leitlinien entwickelt werden. Freiwilligendienste seien nicht dazu da, sozialversicherungspflichtige Ar-
beitsplätze zu verdrängen oder zu ersetzen. Es müsse verhindert werden, dass Dritte unter Freiwilligendiensten
litten. Wichtig sei auch, die Partizipationsmöglichkeiten der Freiwilligen in ihren Organisationen zu stärken. Da-
rüber hinaus gelte es, die Alumni-Arbeit zu stärken. Schließlich müssten auch die internationalen Freiwilligen-
dienste gestärkt werden. Um all dies umzusetzen, bitte man um Zustimmung zu dem Antrag.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, auch sie sei sich des Wertes der Freiwilligendienste bewusst und teile viele
der vorgetragenen Punkte. Das betreffe beispielsweise die Inklusion. So begrüße man es ausdrücklich, dass im
Bereich des in Verantwortung des Bundes liegenden Bundesfreiwilligendienstes (BFD) ein wichtiger Schritt in
Richtung einer echten Inklusion unternommen werde.

Auch das Träger-Prinzip unterstütze man. Andererseits begrüße man die Möglichkeit für kleine, nicht verbandlich
gebundene Einsatzstellen, sich dem Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben anzuschließen.
So hätten auch sie die Möglichkeit, einen Bundesfreiwilligendienstleistenden zu bekommen. Auf diesem Wege
fördere man die Vielfalt des Engagements.

In dem Antrag werde der Ausbau des Bildungsprogramms gefordert. Der Wunsch nach mehr Bildung sei immer
legitim, allerdings dürfe man die Freiwilligendienste nicht überfrachten und dabei die eigentlichen Ziele aus den
Augen verlieren. Die Forderung nach 100.000 zusätzlichen Plätzen sei aus der Sicht der CDU/CSU-Fraktion nicht
ganz nachvollziehbar. Masse allein sei keine Lösung, man sehe auch keinen entsprechenden Bedarf. Was man
darüber hinaus nicht mittragen könne, sei die Forderung nach Einführung eines Bonus in Höhe von 1.500 Euro
für diejenigen, die sich mindestens zwei Jahre in hohem Umfang regelmäßig ehrenamtlich engagierten. Mit einem
solchen Bonus werde ein völlig falsches Signal gesetzt. Wenn man neben der Aufwandsentschädigung oder dem
Taschengeld weitere Geldleistungen in der genannten Höhe auslobe, dann könne man sich jede weitere Diskus-
sion über die Frage einer Monetarisierung sparen.

Aus den genannten Gründen könne man dem Antrag nicht zustimmen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, dass es sich um einen vernünftigen Antrag mit guten Lösungsansätzen han-
dele. Inklusive Freiwilligendienste, Stärkung des Träger-Prinzips, einheitliche Regelung für das Taschengeld,
Abbau bürokratischer Hürden, mehr Plätze, das alles sei zu begrüßen. Über die Erforderlichkeit der Erhöhung der
Zahl der Plätze um 100.000 könne man streiten. Darüber hinaus teile man – ausnahmsweise – die Kritik der
CDU/CSU-Fraktion an dem vorgeschlagenen Bonus von 1.500 Euro. Ungeachtet dessen bleibe es dabei, es han-
dele sich um einen vernünftigen Antrag mit guten Lösungsansätzen, deshalb werde man ihm zustimmen.

Die Fraktion der SPD hob hervor, dass der Antrag auch aus ihrer Sicht einige gute Punkte enthalte. Allerdings
diskutiere man im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement seit vier Jahren über eine Monetarisierung des
Freiwilligendienstes. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion könne man die Einführung einer Bonuszahlung von

Drucksache 18/13012 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
1.500 Euro nicht mittragen. Allein deshalb müsse man den Antrag schon ablehnen. Zahlreiche Freiwilligendienst-
leistende kämen aus bürgerlichen Hauhalten, die auf das Geld nicht angewiesen seien. Diejenigen, die es dagegen
benötigten, erreiche man damit nicht. Deshalb werde die Fraktion dem Antrag nicht zustimmen.

Berlin, den 28. Juni 2017

Ingrid Pahlmann
Berichterstatterin

Svenja Stadler
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Kordula Schulz-Asche
Berichterstatterin

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