BT-Drucksache 18/12963

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/12556 - Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handelsplattformen wirksam bekämpfen - Plattformbetreiber in Haftung nehmen

Vom 28. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12963
18. Wahlperiode 28.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Dieter
Janecek, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/12556 –

Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handelsplattformen wirksam bekämpfen –
Plattformbetreiber in Haftung nehmen

A. Problem
Der Marktanteil von Handelsplattformen im Internet steigt seit Jahren beständig.
Gleichsam mehren sich die Anzeichen für ein massives Steuerbetrugsproblem auf
diesen Online-Marktplätzen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Umsatz-
steuer.

B. Lösung
Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht vor, dass der Deut-
sche Bundestag die Bundesregierung auffordert, einen Gesetzentwurf zur Sicher-
stellung des Steuersubstrats aus dem Onlinehandel aus Drittländern vorzulegen,
das Bundeszentralamt für Steuern finanziell und personell zu diesem Zweck bes-
ser auszustatten und Möglichkeiten zu prüfen, wie die Zusammenarbeit des Bun-
deszentralamts für Steuern mit den zuständigen Landesfinanzverwaltungen zum
Zwecke der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handelsplattfor-
menverbessert werden kann.

Ablehnung des Antrags auf mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Der Antrag diskutiert keine Alternativen.

D. Kosten
Der Antrag diskutiert keine Kosten.

Drucksache 18/12963 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/12556 abzulehnen.

Berlin, den 28. Juni 2017

Der Finanzausschuss

Ingrid Arndt-Brauer
Vorsitzende

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12963
Bericht des Abgeordneten Dr. Thomas Gambke

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/12556 in seiner 237. Sitzung am 1. Juni 2017 dem
Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie dem Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Marktanteil von Handelsplattformen im Internet steigt seit Jahren beständig. Gleichsam mehren sich die An-
zeichen für ein massives Steuerbetrugsproblem auf diesen Online-Marktplätzen. Dies gilt insbesondere für den
Bereich der Umsatzsteuer.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sieht vor, dass der Deutsche Bundestag die Bundesregie-
rung auffordert,

1. einen Gesetzentwurf zur Sicherstellung des Steuersubstrats aus dem Onlinehandel aus dem Drittland vorzu-
legen. Mit dem Gesetzentwurf muss erreicht werden, dass die an der Abwicklung der Geschäfte Beteiligten
an den steuerlichen Pflichten der leistenden Unternehmer beteiligt werden, beispielsweise durch eine Ge-
samtschuldnerschaft entsprechend der im Vereinigten Königreich bereits umgesetzten Maßnahmen, durch
eine Steuerschuldnerschaft von Online-Plattformen oder durch eine Änderung des Telemediengesetzes. Fer-
ner muss der Gesetzentwurf sicherstellen, dass Fehlverhalten sanktioniert werden;

2. das Bundeszentralamt für Steuern finanziell und personell so auszustatten, dass die technische Weiterent-
wicklung des Beobachtungsystems unternehmerischer Tätigkeiten auf Online-Handelsplattformen (Xpider)
verstärkt werden kann;

3. Möglichkeiten zu prüfen, wie die Zusammenarbeit des Bundeszentralamts für Steuern mit den zuständigen
Landesfinanzverwaltungen zum Zwecke der Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug auf Online-Handelsplatt-
formen verbessert werden kann.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 109. Sitzung am 30. Juni 2017 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Antrag auf Drucksache 18/12556 in seiner 121. Sitzung am 21. Juni 2017 erstmalig
und abschließend beraten.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Drucksache 18/12556 abzulehnen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD betonten, das Thema des Umsatzsteuerbetrugs auf Online-
Plattformen beschäftige die Koalitionsfraktionen schon seit einiger Zeit. Der Online-Handel werde weiter zuneh-
men und damit an umsatzsteuerlicher Bedeutung gewinnen. Die im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN enthaltene Problembeschreibung sei zutreffend. Die Diskrepanz zwischen dem Warenangebot auf deutschen
Online-Plattformen von Händlern insbesondere aus Ostasien und der Zahl entsprechender Registrierungen in
Deutschland sei groß. Der Steuerausfall durch Umsatzsteuerbetrug auf Online-Plattformen werde auf 800 Mio.

Drucksache 18/12963 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
bis 1 Mrd. Euro pro Jahr geschätzt. Ein weiteres Problem sei die Wettbewerbsverzerrung, die entstehe, wenn
manche Anbieter durch die Umgehung der Umsatzsteuer mit 19 Prozent niedrigeren Angebotspreisen an den
Markt gehen könnten als diejenigen Unternehmen, die die Umsatzsteuer ordnungsgemäß abführen würden. Der
vorliegende Antrag sei aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt überflüssig, da die Finanzministerkonferenz der Länder
am 19. Mai 2017 beschlossen habe, Ende November 2017 konkrete Vorschläge zur Bekämpfung von Umsatz-
steuerbetrug auf Online-Plattformen vorzulegen. Die dabei vorgenommene sorgfältige Prüfung der Handlungsop-
tionen müsse abgewartet werden. Der Vorschlag der deutschen Steuergewerkschaft zur Bekämpfung von Um-
satzsteuerbetrug auf Online-Plattformen werde mit Sicherheit in die Beratungen der Arbeitsgruppe der Bundes-
länder einfließen.

Die Fraktion DIE LINKE. führte aus, Bundesregierung und Koalition hätten bisher nicht erkennen lassen, dass
sie der Bekämpfung des Online-Betrugs eine hohe Priorität und Eilbedürftigkeit einräumen würden. Aufgrund
ihrer Untätigkeit habe sich der Online-Betrug massiv ausweiten können, und er schreite weiterhin rasant voran.

Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, habe in der ARD-Sendung Kon-
traste vom 23. Februar 2017 Folgendes gesagt: „Nach meiner festen Überzeugung laufen die 600 deutschen Fi-
nanzämter dieser gesamten Online‐Entwicklung vermutlich um Jahre hinterher.“

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte daher den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Eine Haftungs-
übernahme durch Online-Plattformen sowie eine stärkere personelle und finanzielle Ausstattung des Bundeszent-
ralamts für Steuern seien Schritte in die richtige Richtung, um den Online-Betrug einzuschränken. Aus Sicht der
Fraktion DIE LINKE. wäre noch eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung des Zolls zu ergänzen, um
auch den Betrug bei Online-Plattformen ohne Zwischenlager vor Ort einzudämmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte eine breite Zustimmung zur Analyse der im Antrag darge-
stellten Problematik fest. Über das weitere Vorgehen dagegen herrsche aber offenbar keine Einigkeit.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bat alle Fraktionen, die Risiken und Chancen der Digitalisierung ernst
zu nehmen. Die Politik reagiere auf diese dynamische Technologieentwicklung nicht schnell genug. Insbesondere
das Bundesministerium der Finanzen müsse in dieser Frage größere Anstrengungen unternehmen. Es sei nicht
ausreichend, gelegentlich Arbeitsgruppen zu Aspekten der Digitalisierung einzuberufen. In den Unternehmen sei
ein „Chief Digital Officer“ mittlerweile üblich. Einen solchen würde man sich im Bundesministerium der Finan-
zen wünschen. Die Chancen, mit Hilfe der Digitalisierung gerade im Onlinebereich die für die Besteuerung not-
wendigen Daten auf elektronischem Weg datensicher zu sammeln, sie auszuwerten und damit die Steuererhebung
einfacher und zuverlässiger zu machen, seien groß. An der über 10 Jahre langen und unbefriedigenden Debatte
um die Manipulationssicherheit von Registrierkassen könne man ablesen, dass die Politik in Deutschland zu lang-
sam auf die Digitalisierung reagiere. In anderen Ländern, wie beispielsweise Estland oder Slowenien, sei man
deutlich weiter, weil die Steuerpolitik flexibel und schnell auf technologische Entwicklungen reagiert habe. In der
kommenden Legislaturperiode des Deutschen Bundestags müsste die Digitalisierung im Rahmen der Steuererhe-
bung ganz oben auf der Tagesordnung vom Bundesregierung und neuer Regierungskoalition stehen.

Zu Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs auf Online-Plattformen würden konkrete Vorschläge auf dem Tisch
liegen. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN warb um Unterstützung für den vorliegenden Antrag, um die
Bundesregierung dazu zu bringen, sich intensiv mit der Thematik zu befassen und so schnell wie möglich um-
setzbare Maßnahmen vorzulegen. Man müsse sich in jedem Fall auf Widerstand auch von inländischen Online-
Händlern einstellen. Dies dürfe die anstehende Regelung in der neuen Legislaturperiode aber nicht verhindern.

Berlin, den 28. Juni 2017

Dr. Thomas Gambke
Berichterstatter

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