BT-Drucksache 18/12932

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/11722 - Solidarische und gerechte Finanzierung von Gesundheit und Pflege

Vom 27. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12932
18. Wahlperiode 27.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Pia Zimmermann,
Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der
Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/11722 –

Solidarische und gerechte Finanzierung von Gesundheit und Pflege

A. Problem
Nach Ansicht der Antragsteller ist das deutsche Gesundheitssystem grundsätzlich
solidarisch und gerecht organisiert. In der Realität würden diese Grundsätze je-
doch häufig verletzt. So müssten für viele medizinisch notwendige Leistungen
Zuzahlungen geleistet oder die Leistungen teilweise oder sogar ganz selbst finan-
ziert werden. In der Pflegeversicherung gelte sogar das Teilkostendeckungsprin-
zip. Versicherte mit geringem Einkommen könnten sich oftmals ihre medizini-
sche Versorgung nicht leisten oder seien bei der Pflege auf Sozialhilfe angewie-
sen. Zudem sei die paritätische Finanzierung abgeschafft worden.

B. Lösung
Die Antragsteller fordern die Einführung einer Solidarischen Gesundheits- und
einer Solidarischen Pflegeversicherung, wovon die meisten Menschen profitieren
würden, und die Abschaffung der privaten Krankenversicherung.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12932 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/11722 abzulehnen.

Berlin, den 27. Juni 2017

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Maria Michalk
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12932
Bericht der Abgeordneten Maria Michalk

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/11722 in seiner 229. Sitzung am 31. März 2017 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem
hat er ihn zur Mitberatung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz und an den Ausschuss für Arbeit
und Soziales überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Antragsteller ist das deutsche Gesundheitssystem grundsätzlich solidarisch und gerecht organi-
siert. In der Realität würden diese Grundsätze jedoch häufig verletzt. So müssten in der Gesundheitsversicherung
die Versicherten für viele medizinisch notwendige Leistungen Zuzahlungen leisten oder die Leistungen wie Zahn-
ersatz teilweise und wie Brillen ganz finanzieren. In der Pflegeversicherung gelte sogar das Teilkostendeckungs-
prinzip. Versicherte mit geringem Einkommen könnten sich oftmals ihre medizinische Versorgung nicht leisten
oder seien bei der Pflege auf Sozialhilfe angewiesen. Zudem sei die paritätische Finanzierung abgeschafft worden.

Deshalb fordern die Antragsteller die Einführung der Solidarischen Gesundheits- und Solidarischen Pflegeversi-
cherung, wovon die meisten Versicherten profitieren würden. Im Zusammenhang mit der Einführung müssten die
folgenden sieben Maßnahmen ergriffen werden:
1. Abschaffung der Privaten Krankenvollversicherung und damit auch der Zwei-Klassen-Medizin;
2. Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze und gerechte Einbeziehung hoher Einkommen;
3. Gleichbehandlung aller Einkommensarten und damit Entlastung der Erwerbseinkommen;
4. Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung und damit Entlastung von Beschäftigten sowie Rent-

nerinnen und Rentnern;
5. Abschaffung der Zuzahlungen für medizinisch notwendige Leistungen und damit Entlastung kranker

Menschen;
6. Schaffung eines eigenständigen Versicherungsanspruchs ab Geburt mit bezahlbaren Beiträgen;
7. Verbesserung der Pflegeleistungen und finanzielle Entlastung pflegebedürftiger Menschen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 158. Sitzung am 27. Juni 2017 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11722 zu
empfehlen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 126. Sitzung am 27. Juni 2017 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11722 zu empfehlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss für Gesundheit

Der Ausschuss für Gesundheit hat die Beratungen zum Antrag auf Drucksache 18/11722 in seiner 113. Sitzung
am 26. April 2017 aufgenommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 121. Sitzung am 21. Juni 2017 statt. Als sachverständige Organisationen
waren eingeladen: Bertelsmann-Stiftung, Bundesärztekammer (BÄK), Bundesvereinigung der Deutschen Arbeit-
geberverbände e. V. (BDA), Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Ge-
samtverband e. V. (DPWV), GKV-Spitzenverband, Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD), Verband der Pri-
vatärztlichen Verrechnungsstellen e. V. (PVS), Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) und Ver-
braucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv). Als Einzelsachverständige waren eingeladen: Prof. Dr. Stefan
Greß, Dr. Jochen Pimpertz, Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Prof. Dr. Heinz Rothgang und Prof. Dr. Helge Sodan. Auf

Drucksache 18/12932 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
das Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Be-
zug genommen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat seine Beratungen in der 123. Sitzung am 27. Juni 2017 abgeschlossen. Als
Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 18/11722.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, das System des konkurrierenden Nebeneinanders der gesetzlichen und
privaten Krankenversicherung habe sich über Jahrzehnte bewährt. Es sei ein Wettbewerbsvorteil im gesamten
Krankenversicherungssystem, da dadurch der Leistungskatalog aktuell gehalten werde. Eine komplette Zusam-
menlegung beider Versicherungen sei nicht zielführend. Die durch die Antragsteller vorgeschlagene Berücksich-
tigung weiterer Einkommensarten bei der Beitragsbemessung bedeute enormen Bürokratieaufwand und stelle
keine alternative Finanzierung dar. Die derzeitige Verteilung der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversiche-
rung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern sei gerecht, da über die Zusatzbeiträge ein Wettbewerb ent-
stehe, da die Versicherten ihre Krankenkasse frei wählen könnten. Eine paritätisch finanzierte Einheitsversiche-
rung führe zu einer Zweiklassenmedizin, da sich diejenigen, die es sich leisten könnten, ein erweitertes Leistungs-
spektrum über Zusatzversicherungen kaufen könnten.

Die Fraktion der SPD erklärte, ihr Ziel sei ebenfalls die Einführung der paritätischen Bürgerversicherung, da
das Nebeneinander der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung nicht mehr zeitgemäß sei. Sowohl die
künftige Situation der Krankenkassen als auch die der Versicherten und der Patientinnen und Patienten benötige
neue Lösungsansätze, die die paritätische Bürgerversicherung und deren Umsetzungskonzepte biete. Der vorlie-
gende Antrag dagegen thematisiere in keiner Weise die Probleme, die bei der Transformation des derzeitigen
Systems in eine Bürgerversicherung zu lösen seien. Dieser Prozess sei nur sukzessive möglich und müsse recht-
liche Rahmenbedingungen beachten. Es müsse beispielsweise der Bestandsschutz gewährleistet werden und es
würden Übergangsregelungen benötigt. Die geforderte Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze sei verfas-
sungswidrig. Trotz einiger Gemeinsamkeiten in der Zielrichtung lehne man den Antrag aus den genannten Grün-
den ab.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf eine aktuelle Studie, wonach 90 Prozent der Menschen in Deutschland
von der Einführung der von ihr vorgeschlagenen Solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung profitierten
würden. Sie sei die konsequente Umsetzung der Prinzipien der gesetzlichen Krankenversicherung wie Solidarität,
paritätische Finanzierung, Versicherungspflicht und Kollektivvertragssystem. Dadurch werde ein Fremdkörper,
nämlich die private Krankenversicherung, beseitigt und die ungleiche Behandlung von gesetzlich und privat Ver-
sicherten abgeschafft. Durch die Parität würden künftige Ausgabensteigerungen nicht nur durch die Versicherten
finanziert. Bei einer Beitragssenkung, die laut der Studie von Prof. Heinz Rothgang (Uni Bremen) möglich sei,
schaffe sie in der Krankenversicherung außerdem finanzielle Spielräume für die Rücknahme von Zuzahlungen
und Leistungsausschlüssen sowie für eine Deckelung bzw. Absenkung der Eigenanteile in der Pflegeversicherung
mit dem Ziel, eine Pflegevollversicherung zu schaffen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezeichnete die Bürgerversicherung und die Etablierung eines inte-
grierten Krankenversicherungssystems als eine Zielstellung, die man unterstütze. Die Spaltung des Versiche-
rungsmarktes in PKV und GKV verursache Mängel bei der Absicherung von Bevölkerungsgruppen wie Selbstän-
digen und älteren Versicherten, führe zu Fehlanreizen in der Versorgung und behindere eine gerechte und stabile
Finanzierung. Allerdings ignoriere die Linksfraktion bestimmte Probleme, die die Umsetzung mit sich bringe. So
sei die Abschaffung der privaten Krankenversicherung weder nötig noch zu einem Stichtag umsetzbar. Auch die
völlige Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze sei nicht möglich. Es sei vielmehr eine schrittweise Umset-
zung einer Bürgerversicherung erforderlich, die der Antrag aber nicht thematisiere. Deshalb werde man sich bei
der Abstimmung enthalten.

Berlin, den 27. Juni 2017

Maria Michalk
Berichterstatterin

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